Gretsch Brooklyn GB-E823 Test

„And when you’re in Brooklyn, you better watch your back!“ – So oder so ähnlich beschrieb einst Evan Seinfeld, Frontmann der Hardcore-Legende Biohazard, den brenzligen Alltag im westlichsten Zipfel von Long Island. Genau hier gründete 1883 ein gewisser Friedrich Gretsch aus Mannheim eine kleine Werkstatt für Banjos, Tamburine sowie Trommeln und legte damit den Grundstein für die Erfolgsserie der Familiendynastie, die mittlerweile an Renommee wohl kaum überboten werden kann. Seit 130 Jahren sitzt der Traditionshersteller nun schon fest im Sattel der globalen Instrumentenlandschaft und galoppiert gekonnt durch alle Gezeiten und Genres der Musikwelt.

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Der Tradition verpflichtet, aber dennoch topmodern: Gretsch Brooklyn


Neben der Edelholzfraktion „USA Custom“ sind es heutzutage wohl vor allem auch Gretsch-Sets aus den 50er/60er Jahren, die Trommlerherzen auf der ganzen Welt höher schlagen lassen. Dies nahm das schon längst nicht mehr in New York stationierte Unternehmen just zum Anlass, eine Liaison aus Tradition und Moderne in noch nie dagewesener Deutlichkeit zu konzipieren. Das Resultat ist die “Gretsch Brooklyn Series”. Obwohl das Testset weder müffelt noch die obligatorischen Verschleißspuren einer Vintage-Schießbude trägt, lässt das seit Anfang der 70er Jahre nicht mehr verwendete runde Gretsch-Badge in Kombination mit dem Begriff „Brooklyn“ eine Rückbesinnung auf alte Tage schon irgendwie vermuten. Was sonst noch alt an diesem neuen Gerät ist und ob es dem wohlgepflegten Firmen-Image „That Great Gretsch Sound“ auch wirklich gerecht wird, wird in diesem Review ergründet.

Details

Ahorn und Pappel

Das dreiteilige Testset kommt mit einer 22×18“     Bassdrum, einer 16×14“ Standtom und einem 12×8“ Racktom ins Haus. Die Kessel besitzen eine sauber geschliffene, leicht gerundete, 30° steile Gratung, die dem Fell somit in alter Vintage-Manier etwas mehr Auflagefläche bietet als es die heutzutage gebräuchlicheren 45°-Gratungen tun. Sechs Lagen Holz verschaffen den beiden Toms eine Wandstärke von 5,5 mm, wobei die Bassdrum mit 7,5 mm deutlich dicker ausfällt. Somit sind die Kessel der Brooklyn Series im Vergleich zu den Kesseln der USA Custom Series nur minimal dicker, jedoch in Bezug auf Lagenzahl und Gratung vollkommen identisch. Und was ist jetzt bitteschön so bahnbrechend neu an diesem rotbraunen Wonneproppen? Die Kombination aus Ahorn und Pappel ist der neue (alte) Schrei! Schaut man sich die Zusammensetzung der Kessel im Querschnitt genauer an, so lässt sich von innen nach außen folgende Formel erkennen: A+P+P+A+P+A = Brooklyn! Einmal mehr wird hier die Besinnung auf die „good ol’ times“ klar, stellt die Bauweise der Brooklyn Series doch ein bewusstes Konglomerat aus dem klassischen sechslagigen „Formula Maple Shell“ (seit Ende der 50er vom Hersteller Jasper geliefert) und dessen Vorgänger, dem aus Ahorn/Pappel/Ahorn bestehenden dreilagigen Jasper-Kessel dar.

Sechs Lagen Pappel und Ahorn machen die Brooklyn-Serie aus.
Sechs Lagen Pappel und Ahorn machen die Brooklyn-Serie aus.

Nicht übertrieben streng vintage

In Sachen Hardware und Optik rauscht die Brooklyn-Flotte nur haarscharf am Gretsch’schen Flaggschiff „USA Custom“ vorbei. Weder bei der Tomhalterung, den Spannböckchen, noch den Bassdrumklauen ist ein Unterschied zu erkennen. Um vier der lediglich fünf Spannschrauben am Schlagfell des 12×8“-Racktoms greift das schlicht gehaltene „Tom Suspension System“, welches ein freischwingendes Verhalten des Kessels ermöglicht. Dieses Konstrukt lässt sich bei Belieben auch ganz einfach abmontieren, was für diejenigen ein optisches Feature darstellen könnte, die den kleinen Racker lieber auf einem Snarestativ platzieren. Nimmt man es nun doch nicht so todernst mit der Vintage-Zauberei, gibt es natürlich die obligatorisch mitgelieferte L-Arm/Omni-Ball Tomhalterung, die an dem jeweiligen Beckenständer montiert wird. Die „302“-Stahlspannreifen stellen einen klaren Unterschied der Brooklyn Series dar. Sie sind lediglich zweifach angeflanscht und besitzen eine Stärke von 3 mm – nicht sonderlich viel also! Unter diesen mageren, aber doch sehr massiven Stahlreifen, deren Prinzip wieder einmal weit in die Firmengeschichte zurückgeht (bei Gretsch bis Mitte der 50er populär gewesen), sitzen ab Werk die einlagigen „Gretsch Permatone“-Felle, die aus dem Hause Remo stammen.

Fotostrecke: 6 Bilder Floortom aus dem Gretsch-Shellset

Schön, aber empfindlich

Das Satin-Finish „Tabasco“, das zu den insgesamt neun verschiedenen Finishes der Serie gehört, verleiht dem Set in Kombination mit der ausgezeichneten Verchromung aller Hardwareteile einen schmucken Look und eine hochwertige Ausstrahlung. Diese wird von den schlichten runden Badges nurmehr unterstrichen. Das optische Vergnügen könnte allerdings auch schnell ein Ende haben, stellt sich die seidenmatte Lackierung doch als äußerst empfänglich für Macken, Kratzer und Schlieren heraus – Obacht, Obacht! Im Inneren ziert jeden Kessel der für Gretsch typische „Silver Sealer“ Schutzlack sowie ein Etikett, welches die jeweilige Seriennummer trägt. Beim Anblick des Innenlebens der Kessel bereitet ein Detail jedoch kurzzeitiges Unbehagen: Die Muttern der Spannböckchen wurden hier etwas übereifrig angezogen, so dass so gut wie alle Unterlegscheiben nahezu verbogen sind.

Fotostrecke: 4 Bilder Kommt wieder zum Einsatz: Gretsch Roundbage
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