Es gibt DJs, die verstehen es, die Tanzfläche ohne Unterbrechung und Umschweife zu rocken und die Crowd auf eine durchgehende Reise zu schicken. Dazu gehört aber nicht nur, einen technisch einwandfreien Mix hinzulegen. Entscheidend ist auch, die passenden Tracks parat zu haben. Manch einer schwört in dieser Hinsicht auf bedingungslose Intuition und Beobachtungsgabe, ein anderer auf vorselektierte Playlisten und Erfahrungswerte. Doch reichen technische Finesse und gute Platten heute tatsächlich noch aus? Wie kann sich der DJ in Zeiten von automatischer Beatsynchronisation und Geniuslisten von der Konkurrenz abheben? – Vielleicht durch Harmonic-Mixing, wo Softwarealgorithmen das Lauscherlebnis auf ein harmonisches, höheres Level hieven wollen.
Aber benötigen wir tatsächlich einen Computer, der uns signalisiert, welche Songs zueinanderpassen? Hat ein DJ, der erweiterte Mixtechniken einsetzt, nicht in der Regel auch bereits ein ausgeprägteres Gehör für Harmonien entwickelt? Programme wie Mixed in Key jedenfalls wollen ihm die Zusammenstellung einer wohlklingenden Session erleichtern, denn sie berechnen die Tonarten der Songs, um auch dem musiktheoretisch unerfahrenen Plattendreher ein gesamtheitlich stimmigeres Set zu ermöglichen.
Das Lager der Beschallungsfreunde ist wie immer gespalten. Befürworter motivieren zum Keymix und plaudern über ihre Erfahrungen. Andere pfeifen – vielleicht zurecht – auf den Einsatz des „Schlüssel“-Tags. Wir wollen hier einmal Technik und Tools vorstellen.

Für dich ausgesucht
Harmonic Mixing – die Theorie
Ein Mix ist in sich harmonisch und rund, wenn die Stücke in ihrer Tonart zueinanderpassen. An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf die Musiktheorie, die mit dem Quintenzirkel eine grafische Veranschaulichung der Verwandtschaftsverhältnisse der Tonarten bietet. Die Dur-Tonarten liegen dabei auf dem äußeren Kreisrand, die Moll-Tonarten im Kreisinneren. Laut unserem aktuellen Harmonieverständnis passen diejenigen Tonarten zueinander, die im Abstand einer Quinte (Fünftonschritt oder sieben Halbtonschritten) zu ihr stehen.
Quintverwandte Tonarten sind zum Beispiel G-Dur, D-Dur, C-Dur und e-Moll sowie F-Dur, C-Dur, B-Dur und d-Moll etc. Manch einer erinnert sich vielleicht an Gedächtnisstützen für die Abfolge im Quintenzirkel, wie: Geh Du Alter Esel Hole Fische.

Mit dem Quintenzirkel
Mit dem Quintenzirkel lassen sich Stücke zusammenstellen, die miteinander harmonieren. Um herauszufinden, auf welcher Tonart das Arrangement beruht, kann der angehende Keymixer drei Verfahren anwenden:
1. Er benutzt ein Keyboard und sein geschultes Gehör.
2. Er fragt eine Datenbank ab und hofft, dass der gesuchte Track gelistet ist.
3. Er verwendet eine Software, die digitale Tracks und Live-Inputs analysieren kann.
Im Verlauf dieses Artikels werden wir einen Blick auf vier dieser Programme werfen. Jedoch erweist sich die Übertragung des Quintenzirkels mit seinen Tonhöhenbezeichnungen auf den DJ-Alltag als etwas umständlich. Hier schafft ein modifiziertes System Abhilfe. Die Camelot-Methode stellt eine vereinfachte Zahlenbezeichnung zur Verfügung. Von der Anordnung her entsprechen diese Codes dem Ziffernblatt einer Uhr, das kann sich jeder leicht merken. Oben die Zwölf unten die Sechs.
Angrenzende Nummern dürfen miteinander gemixt werden. Das bedeutet, wenn der momentane Track den Key 12 besitzt, sollte der nachfolgenden Song den gleichen Key oder Key 11 oder 1 aufweisen. Problem gelöst? Noch nicht ganz. Denn das System unterscheidet zusätzlich auch zwischen Haupt(A)- und Nebenkeys(B). Es existieren also quasi zwei übereinandergelegte Ziffernblätter (A und B) wo gleiche Zahlen ebenfalls kombiniert werden können. So ist ein Wechsel von 11 A nach 11B ein aus harmonischer Sicht guter Mix, ebenso 5B & 6B oder 1a und 2A. Ein dissonanter Mix wäre beispielsweise 6B und 5A oder !!b und 4B etc.
Die goldene Regel besagt, man sollte nur angrenzende Tonarten mischen. Eine Zahlenreihe kann den Zusammenhang verdeutlichen. Dies wäre ein harmonisches Beispiel nach „Camelot“: 11B–11A-12A-12B-12B-1B-2B-2B-2A.

Der Computer berechnet die Tonart, der DJ übernimmt die Auswahl von Songs, die aufeinander aufbauen und elegant ineinander übergehen. So kann er Track für Track in den Mix hebeln, ohne gleich befürchten zu müssen, dass der komplette Dancefloor abwandert. Rein von der Theorie her eine gute Sache. Warum hat denn dann noch nicht jeder das Keymixing für sich entdeckt?
Gestatten, Deejay!
Zunächst ist es kaum möglich, bei Änderungen der Tonart einen einzigen vorherrschenden Key festzustellen. Auch ist es etwa auf einer Hochzeit oft egal, ob die Songs harmonieren oder nicht. Der Plattenwunsch ist Gesetz. Ferner macht es keinen Sinn, in einer Indiedisco nach einem zünftigen Stomper einen tonverwandten Dance-Track oder eine harmonisch passende Deutschrocknummer zu spielen. Doch kaum einer wird sich beschweren, wenn auf einer Black-Music-Night zwischen Hiphop, Soul- oder Funkeinlagen, ein paar Clubclassics oder seichte Houseklänge aufgelegt werden.
Und selbst ein genretreuer Mix kann ins Auge gehen, wird er ausschließlich nach Tonartkriterien angelegt. Ich halte es für ziemlich kritisch, einen pumpenden Techousetrack mit einer klassischen Vocalnummer a´la Frankie Knuckles zu verbinden und dann in sphärische oder minimalistische Deephouseklänge abzudriften, nur weil die Keyfolge stimmt. Das lässt folgende Schlüsse zu: 1. Es gibt Veranstaltungen/ Stilrichtungen, für die Keymixing nicht primär gedacht ist.
2. Im Sytlemix sollte man möglichst in einem artverwandten Genre bleiben.
3. Es braucht weit mehr als benachbarte Keycodes.
Harmonic Mixing Techniken in der Praxis
Rock around the clock: Die einfachste Mixtechnik des Camelot System besteht darin, sich grundsätzlich zwischen benachbarten Tonarten zu bewegen, egal ob mit oder gegen den Uhrzeiger. Bei Bedarf wechselt der DJ zwischen innerem und äußerem Ring. Der Mix bleibt harmonisch.Region Shifting: DJs und Tänzer profitieren von der Mix-Harmonie, aber auch von der Individualität eines Sets. Da liegt nicht immer jeder Keycode nebeneinander.
Beim Region-Shifting geht es darum, durch die Veränderung der Tonhöhe in die Tonart des nachfolgenden Tracks zu gelangen. Und wie gelingt das am Besten? Mit dem Pitch-Schieber. Wenn man die Geschwindigkeit eines Songs um etwa 6% erhöht, transponiert man die Tonhöhe um einen Halbschritt beziehungsweise einen Semiton. Nachstehend seht ihr eine Rapid Evolution Auswertung eines Songs, der um genau 6 Prozent gepitcht und neu analysiert wurde. Der 2A Track wird zum 9-A-Stück und kann nun mit einem anderen 9A, 10A, 8A oder 9B Song gemischt werden.
Energy Boost oder Modmixing: Beim Energy Boost Mixing werden 1-2 Semitöne zugelegt, um mehr Dynamik auf dem Dancefloor zu entfachen. Also etwa von 2A nach 9A (1 Semiton) oder zwei Semitöne (14 Steps, also einmal um die Uhr und zwei drauf). Beim Modmix sollte der DJ darauf achten, dass er den Übergang in einer Drumbeat- oder Percussionphase vollzieht, bevor Melodien oder Bässe einsetzen, da sich die Harmonien nicht miteinander vertragen.
Setbau und Harmonic Mixing
Möchte man ein Set von Grund auf nach harmonischen Aspekten planen, könnten vielleicht diese unterschiedlichen Herangehensweisen helfen:
Verfahren 1
Start -und Endtrack eines Mixsets werden festgelegt und die Zwischenräume dann nach Camelot-Regeln aufgefüllt.
Verfahren 2
Der DJ beschließt, zur Peaktime die sechs Tracks A, B, C, D, E, F auf jeden Fall zu spielen. Sie besitzen die Keycodes 2A, 3A, 4A, 5A, 9A und 10A. Er sortiert sie nach ästhetischen Gesichtspunkten, muss aber dabei einmal Region-Shifting anwenden (mögliche Resultate: 5A , 4A, 3A, 2A, 9A, 10A oder 10A, 9A, 2A, 3A, 4A, 5A auch 2A, 9A, 10A, 3A, 4A, 5A ist denkbar). Er überlegt sich dann, mit welchen Tracks er die Hauptzeit vorbereiten will. Danach entscheidet er, welche Songs nach der Peaktime gespielt werden sollen, um das Set rund abzuschließen. Er nimmt den Camelot-Kreis zur Hilfe.Gerade für Mix-CDs oder Radiosendungen sind die zuvor genannten Puzzleverfahren recht gut zu gebrauchen. Bei einem 120-Minuten-Test-Webcast, mit einer durchschnittlichen Bruttolaufzeit von 4 Minuten pro Audiofile mussten 30 Songs herhalten. Davon bildeten zweimal fünf Stücke zwei Peaktimes. Zudem wurden ein Start- und ein Endsong gewählt. Die Zwischenräume wurden passend aufgefüllt.
Insgesamt wurden nur sechs Codes verwendet, um ein einheitlicheres Gesamtgefühl beim Zuhörer zu produzieren. Bei der Vorauswahl konnten mir Beatunes Matchlisten weiterhelfen. Das Ergebnis hat sich für meine Begriffe recht rund angehört. Nur eines darf man dabei natürlich nicht vergessen. Ein Radiostream ist kein Clubset, was der nachfolgende Playlistenauszug eines bekannten deutschen DJs verdeutlichen soll.
Man kann davon ausgehen, dass die vierstellige Tänzerzahl garantiert gut drauf abgegangen ist, obwohl offensichtlich kein Quintenzirkel zum Einsatz kam.
Exercise One & David Sugar – OI OI London, this ist Kreuzberg – 9A
Yapacc & Nice – Object_Object Remix – 2A
Minilogue – Jamaica – 6A
Style Of Eye – The Big Kazoo – 11B
Harmonic Mixing – Mashups und Keymixing
Gerade bei Live-Mashups läuft man schnell Gefahr, während des Loopens und Schnipselmixens Disharmonien zu erzeugen. Sind die Audiodateien jedoch nach Tonart oder Farbcode sortiert, kann der DJ sich einen schnelleren Überblick verschaffen, welche Songs, Instrumentalversionen oder Acapellas auf welchen Beat passen könnten. Live ist dies natürlich nicht so einfach, weil man hier auch von der Improvisation lebt. Gerade nach ein paar Bierchen können spontane Auswüchse dann auch schon mal ins Auge gehen, vor allem wenn mehrere unterschiedliche Harmonien respektive Keycodes ins Spiel kommen. Zum Beispiel passt der 8A-Basslauf wunderbar zum 9A-Riff. Die 9B-Vocals passen zu dem Riff, aber leider nicht zum Bass. Da ist es doch klasse, wenn Farbcodes ein deutliches Signal liefern. Und wie wird’s organisiert? Das kann man nicht pauschalisieren.
Organisatorisches
Je nach verwendetem Tonträger bedarf es eines darauf ausgelegten Ordnungssystems. Bei Schallplatten und CDs ist der Vorbereitungsaufwand höher als beim rechnergesteuerten DJ-Set, wo man sich Hilfsmittel wie automatisch gefilterte Kennzahlenordner zunutze machen kann.
Harmonic Mixing – Vorbereitung eines analogen Vinyl-Sets
Zuerst benötigt der DJ Informationen über Tonart und Tempo der Schallplatten. Hier kann er sich eine der später vorgestellten Online-Datenbanken zunutze machen. Ist ein Track nicht vorhanden, verwendet er eine Line-in fähige Analysesoftware. Dann sortiert er die einzelnen Songs nach ihren BPM und grenzt diese mit Vinyl-Dividern voneinander ab. Innerhalb der einzelnen Tempo-Zonen sortiert er dann nach Keycodes. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Vinyl-Divider mit farblich gekennzeichneten Key-Codes zu beschriften und dann innerhalb der Keycodes nach BPM zu sortieren. Was bedeutet dies nun in Zahlen ausgedrückt? Unter der Voraussetzung, dass der Koffer 80 Platten fasst und das Set innerhalb von 4-6 Tonarten bleibt, 15-20 Scheiben pro Keycode. Da kann man doch was mit anstellen.

Im nicht seltenen Fall „Line-in-Bewertung“ ist das Verfahren recht umständlich und bedarf eines sehr hohen Zeitaufwandes. Beim Mixen von Schallplatten braucht der DJ zudem ein Referenztempo, denn beim Einpitchen der Tracks verändert sich nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die Tonart des Songs. In der Praxis spielt das Keymixing beim Turntablisten eher eine untergeordnete Rolle. Songs, die aus Sicht der Harmonielehre nicht zueinanderpassen, werden während der Drumbeat-Phasen, Intros oder Outros gemixt.
Vorbereitung eines CD-Sets
Zunächst werden auch hier Tempo und Tonart der Songs ermittelt. Dann brennt man alle Lieder mit gleichem Wert auf die gleiche CD, zum Beispiel alle 3A Tracks auf die eine, 4A Material auf die Nächste. Am besten, jede CD ist gleich zweimal vorhanden, denn dann ist es auch problemlos möglich, über einen längeren Zeitraum in der gleichen Tonart zu spielen. Praktischerweise gibt es im Einzelhandel bedruckbare Rohlinge, sodass Tracknamen, Artist BPM und Keycode direkt auf die CD gelabelt werden können.
Auch die Farbmarkierung macht Sinn. Der DJ beschränkt sich vielleicht auf die Camelot-Haupttöne grün, blau und orange und lässt Mischfarben aus. Nach einiger Zeit merkt man sich automatisch, dass 3B „ziemlich grün“ ist. Wer es ganz genau nimmt, kann natürlich auch jede Farbnuance einzeln ausdrucken. Die sinnvollste Anordnung im CD-Koffer ergibt sich aus der Schulmathematik der ersten Klasse.
Wir fangen bei Eins an und hören bei Zwölf auf, 1A kommt vor 1B. So findet man schnell die Tonart der Wahl. Nebenbei bemerkt entspricht es der Camelot -Einteilung. Sollen Tracks unterschiedlichen Geschwindigkeiten gemixt werden, helfen Master-Tempo oder Region-Shifting weiter.
Harmonic Mixing – Vorbereitung eines Laptop-Sets
Der digitale Harmoniker hat es im Gegensatz zu seinen Kollegen eigentlich recht leicht. Er besorgt sich eine DJ-Software, die für ihn die Geschwindigkeit in BPM berechnet, das Keytag ausliest und ein automatisches Beatgrid als Synchronisationsgrundlage anlegt. Damit ist die technische Voraussetzung für den gelungenen Mix theoretisch gegeben. Für den musikalischen Einklang besorgt er sich ein Musikverwaltungsprogramm, mit dem er seinen Tracks nach unterschiedlichen Genres sortieren kann. Im Idealfall mit intelligenten, verknüpfbaren Filtern. Ist die Einteilung vorgenommen, kann er den Comment-Tag nutzen, um die Songs etwa so zu kommentieren: Warm-up Phase, Peak-Time, Breaks, Uppers, Percussion, usw.
Nun kann er eine persönliche Gewichtung anhand des Ratings erstellen (1-5 Sterne). Damit hat auch der Einsteiger schon mal einen gar nicht mehr so groben Leitfaden in der Hand. Fehlt nur noch die Tonart und ein bisschen Dramaturgie. Potentielle Gefahren während des manuellen Pitchvorgangs oder der Autosynchronisation werden einfach durch den Keylock abgefangen.
Doch so einfach funktioniert der Dancefloor nicht. Ausgiebiges Probehören, Testeinsätze und Notfallpläne gehören zum Pflichtprogramm. Ein anderer organisiert seine Playlisten lieber komplett per Hand und lässt vielleicht nach Fertigstellung einen Algorithmus drüberlaufen, um dissonante Schwachstellen herauszufinden und zu überdenken.
Persönliche Einschätzung
Aus meiner Sicht eignet sich Harmonic-Mixing weniger für DJs, die in Beschallungspausen auf Open-Airs auflegen oder für solche, die große Temposchwankungen in ihre Sets einplanen oder für Chartbuster und Mainstream-Deejays. Auch bei Kollegen, die weder Faden noch Mixen, Wedding-DJs und Jukeboxern, kommt Harmonic Mixing eher nicht zum Tragen. Keymixing eignet sich mehr für die wirklich mixende DJ-Fraktion oder für Mashup-Performer, die den Mix mit eigenem Audiomaterial und Samples anreichern. Und nicht zu vergessen für technoverwandte Mischmeister, die lange beat- und temposynchrone Übergänge zelebrieren wollen, ohne ein tonales Chaos anzurichten. Auch Breakbeat-, Trance- und Goa- oder Hip Hop-DJs können von den Keytags profitieren.
Harmonic Mixing – Die Softwares im Überblick
Testsetup
Die Geschwindigkeit der Software-Analyse hängt von der Prozessorleistung des genutzten Rechnersystems ab. Für den Praxistest wurden ein 2,26-GHz-Core2Duo Macbook und ein Sony Vaio mit ebenfalls 2,26 GHz Doppelkern genutzt. Im Tempotest galt es, ein Pop-Album (Snapshot: A Domino Kompilation -12 Tracks) und eine Dance-CD (Bargrooves Over Ice 2 – 26 Tracks) möglichst schnell zu verarbeiten. Im Zuverlässigkeitstest mussten die Kandidaten Mixed in Key, Beatunes, Mixmeister und Rapid-Evolution ihre Treffsicherheit anhand einer Rock-Pop Auswahl und einer House-Zusammenstellung unter Beweis stellen. Dafür ist eine Bezugsgröße nötig. Als Infopools dienten hier „www.trackfinder.com“ und „www.musicnotes.com“, die ich zuvor kurz vorstellen möchte
trackfinder.com
Trackfinder ist ein Internetdienst, der interessierten Usern Informationen zu Tonart und Tempo von Musikstücken per Datenbankabfrage zur Verfügung stellt. Hat der DJ einen Track ausgewählt, schlägt die Website auch dazu passende Musikstücke vor. Abfragen und Ergebnisse können auf einen bestimmten Camelot-Code oder eines von 17 Genres (Techno, House, Electro und Artverwandte) eingegrenzt werden. Zum Testzeitpunkt listet die Page 433.638 Einträge. Meine ersten Anfragen zu brandneuen Housetracks brachten keine Resultate hervor, die Playlistenauszüge aus dem Internet wurden problemlos ermittelt. Eine Suche nach dem Produzenten Dennis Ferrer führte zu über 600 Treffern, Green Velvet verzeichnete gar 2097 Einträge. Diese können bereits auf der Site angehört werden. Ferner sind die meisten Songs mit einem Online-Portal für den Sofort-Kauf verlinkt. Trackfinder dient als Grundlage für den Housemusic-Lauf.
musicnotes.com
Wer´s nicht so mit der Elektronik hat, der findet auf Musicnotes nicht nur Noten, sondern auch weitere Informationen rund um populäre Kompositionen. Und zwar für AC/DC genauso wie für Händel, Beyonce Knowles oder Marilyn Manson. Viele Ergebnisse können als MIDI-Dateien im Browser vorgehört und auf Knopfdruck auch gleich in eine andere Tonart transponiert werden. Der breit gefächerte Pool diente als Grundlage des Rock und Pop-Tests. Neben Fehlinterpretationen werden Volltreffer und kompatible Werte in der nachstehenden PDF-Datei ausgewiesen (Download). Die Prozentbewertung beinhaltet exakte und kompatible Tonarten. Kompatibel sind benachbarte Keycodes. Die folgenden Songs galt es zu analysieren.
House
1. Studio Apartment – Siarre (Sergio Flores Afro Tek Remix)
2. Johnny Corporate – Sunday Shoutin`
3. Seamus Haji Vs Lords Of Flatbush – 24 Hours (NiceTight Derriere)
4. Sunburst Band – Journey To The Sun (Dennis Ferrer Remix)
5. Phunklarique Pierce – Swoosh (Kaiserdisco Remix)
6. Anil Chawla & Dale Anderson – Minimalize
7. Copyright feat. Tasita D’Mour – We Can Rise
8. Copyright feat. Imaani – Wizeman
9. ATFC featuring Lisa Millett – Bad Habit
10. Imaani – Deeper
11. Danism and Haze-Mesmerise
12. All over the world – Furry Freaks
13. Rej – Ame
14. He Is – Ferrer Sydenham Mix
15. Soulsearcher – Can’t_Get_Enough_(Henrik_B_Mix)
16. the Shapeshifters – Chime (Martijn Ten Velden Remix)
17. Awa Band – Timba
18. Osunlade – My Reflection (DJ Gregory Mix)
19. Swim – Matthias Tanzmann
20. Sinus – Nick Curley und Reclick
80´s Rock & Pop
1. Eye Of The Tiger – Survivor
2. The Final Countdown – Europe
3. Africa – Toto
4. Eternal Flame – The Bangles
5. Eye In The Sky – The Alan Parsons Project
6. The Way It Is – Bruce Hornsby and the Range
7. You Spin Me Round (Like A Record) – Dead Or Alive
8. Total Eclipse Of The Heart – Bonnie Tyler
9. I Wanna Dance With Somebody – Whitney Houston
10. Tell It To My Heart – Taylor Dayne
11. Footloose – Kenny Loggins
12. Hold Me Now – Thompson Twins
13. Maneater – Daryl Hall & John Oates
14. Time After Time – Cyndi Lauper
15. Living After Midnight – Judas Priest
16. Sexual Healing – Marvin Gaye
17. Holding Out For A Hero – Bonnie Tyler
18. The Power Of Love – Jennifer Rush
Die Softwares
Rapid Evolution
Rapid Evolution ist ein frei erhältliches Programm zur Organisation der Musikbibliothek. Es versteht MP3, WAV, Ogg Vorbis und AAC-Dateien, ein installiertes Java-Runtime Environment ist zum Betrieb Pflicht. Der Nutzer importiert einzelne Musikstücke, ganze Ordner oder Playlisten (m3u, xml, Excel, Mixmeister5, Mixvibes, Traktor3-nml) und organisiert den Datenbestand anhand gängiger ID3-Tags. Fehlende oder zusätzliche Attribute trägt er über einen umfangreichen Editor manuell ein. RE hat integrierte Analysefunktion um die Tonart oder die Geschwindigkeit eines Songs zu ermitteln. Anhand der Berechnungen kann der DJ nun harmonische Playlisten per Hand anlegen. Der Mixset-Generator hingegen stellt, nachdem der User einen Start-Track ausgewählt und einige individuelle Kennzeichen wie Keywords oder Genre festgelegt hat, eine Computerselektion zusammen.
Für die BPM- und Key-Analyse der Bargrooves-Compilation benötigt Rapid-Evolution etwa 10 Minuten. Beim Domino-Sampler stürzt die Macintosh Fassung mehrfach ohne ersichtlichen Grund ab. Der Wechsel auf das Windows-Notebook war unumgänglich, hier dauerte die Komplettanalyse von 25 Songs rund 20 Minuten.Eindruck: Rapid-Evolution hat viele nützliche Funktionen wie. Import, Export, Tag-Editor, Mixset-Generator und Pitch. Und das alles gibt es kostenlos.
Unter Windows traten keine Probleme auf, die Mac-Abstürze sind jedoch bedauerlich. Hier sollten die Beteiligten baldmöglichst für Abhilfe sorgen, den RE ist eine interessante Musikverwaltung. Die Trefferquote im Genremix liegt zwar leider nur bei 33 Prozent, bei House sind es hingegen 60 Prozent.
Beatunes
Beatunes greift auf die iTunes-Bibliothek zu und erweitert diese um einige nützliche Features. Es findet Dubletten und löscht diese auf Wunsch vom Datenträger. Es weist auf Unstimmigkeiten innerhalb diverser ID3-Bezüge hin (zum Beispiel wenn ein Artist oder Track in mehreren Genres gelistet ist), findet fehlerhafte Schreibweisen, gleicht Metadaten online ab und exportiert Excel Tabellen. Auch Beatunes offeriert BPM-/Keywert Berechnung. Es kennzeichnet artverwandte Songs zusätzlich mit einem Farbcode. Das bedeutet: Zwei grüne Songs ähneln sich eher, als ein Grüner und ein roter.
Beatunes kann auf Wunsch computergestützte gefilterte Matchlisten aus der Bibliothek erstellen, um dem DJ die Songauswahl für einen wohlklingenden Mix zu erleichtern. Mit einem Klick werden Songinfos auf Discogs und Co nachgeschlagen und die eigenen Playlisten über Blogatunes online kommuniziert. Selbst eine Sprachanalyse ist implementiert. Sie erfolgt entweder anhand der iTunes Lyrics oder über eine Google-Abfrage zum Songtitel. Laut Hersteller ist es so einfacher, ein Mixtape in einer gezielten Sprache zu erstellen. Dem möchte ich von minimalistischer Techno-Seite nichts hinzuzufügen.
Eindruck: Beatunes ist nicht nur eine sinnvolle, sondern auch ansprechende Ergänzung zu iTunes, zudem ist es der schnellste Kandidat in der Berechnung der Musikdateien. Für die BPM-, Key- und Farb-Analyse der Crossbeat-Labelcompilation benötigt es nur 1:10 Minuten, für die Bargrooves keine 2 Minuten. Schneller war kein Herausforderer. Und auch was die Trefferquote angeht, schlägt sich Beatunes achtbar. 72 Prozent verzeichnet es bei Rock-Pop, bei House sind es 50 Prozent. Platz zwei. Beatunes kostet 31,95 Dollar.
Mixed in key
Mixed in Key gehört zu den bekanntesten Applikationen, wenn es um Harmonic-Mixing geht. Der 59-Dollar-Vertreter trumpft mit einer ausgesprochen anwenderfreundlichen Oberfläche auf. Einzelne Songs oder ganze Verzeichnisse werden einfach im Programmfenster deponiert oder per Browser geladen, ANALYZE FILES startet die Berechnung. Mixed in Key ist keine Bibliothek wie Beatunes oder Rapid-Evolution. Es berechnet lediglich Key und BPM und trägt das Ergebnis an einer benutzerdefinierten Stelle in den ID3-Tag ein. Vorsicht. Wer in den Voreinstellungen File-Renaming aktiviert, riskiert, dass andere DJ-Softwares den entsprechenden Datei-Verweis nicht mehr auffinden. Daher ist es besser, das Ergebnis direkt in den dafür vorgesehenen Initial-Key-Tag zu schreiben, statt die Datei umzubenennen.
Dieses Tag können Traktor, SSL und Konsorten dann auslesen. Mixed in Key verwaltet die Songs in einer eigenen rudimentären Kollektion, die durch Unterordner organisiert und als Excel Spreadsheet exportiert werden kann. Ein Kopieren einzelner Ordner auf externe Datenträger ist nicht möglich. MIK ist das einzige Programm im Test, das ausschließlich online analysiert. Besteht keine Internet-Verbindung, kann keine Berechnung erfolgen. Der Hersteller verwendet laut eigener Angaben einen besonders teuren und ausgefeilten Prüfalgorithmus, der diese Online-Verbindung zwingend erfordert.
Eindruck: Mixed in Key glänzt mit Stabilität und einfacher Bedienung kann aber im Funktionsumfang nicht mit den übrigen vorgestellten Programmen mithalten. Es unterstützt nur WAV und MP3-Dateien, zudem ist eine ständige Internetverbindung während der Fileanalyse erforderlich. Für die Domino Compilation braucht es 1:40 Minuten, die Bargrooves berechnet es in 6:30 Minuten. Was die Treffsicherheit angeht, liegt MIK bei House um 80 Prozent, bei Poprock um 77 Prozent. Das ist das beste Ergebnis im Testparcour.

Mixmeister
Ein DJ-Mix muss nicht zwangsläufig Live erfolgen. Gerade bei der Produktion von Mix-CDs kommen häufig auch offline Lösungen wie Numarks Mixmeister zum Einsatz. Die DJ-Software ist ab 169 Euro zu haben und arbeitet ähnlich wie ein Sequenzerprogramm nach dem Timeline-Prinzip. Songs werden auf acht Spuren arrangiert, dann wählt der DJ die Positionen im Track aus, an denen die Übergänge erfolgen sollen, und wählt für die überlappenden Bereiche Blendeffekte aus. PLAY spielt den Mix linear ab, während der Wiedergabe schraubt der DJ an den Frequenzen oder bedient interne oder VST-Effekte.
Reglerbewegungen zeichnet die Software auf. Diese Automationen lassen sich dann im Nachhinein bearbeiten. Mixmeister berechnet das Tempo und die Tonart. Auswahl und Anordnung der Songs liegen beim DJ. Für Mixmeister ist eine spezielle Steuerhardware „Mixmeister-Control“ erhältlich, die just eine Preissenkung auf 169 Euro erfuhr. (UVP € 509). MIDI-Learn integriert bei Bedarf vorhandenes Kontrollwerkzeug.
Eindruck: Mixmeister Fusion ist ein nicht-destruktives Tool zum Erstellen von Offline-Mix-Sets, zum Beispiel für CDs. Nicht nur, dass das Anlegen eines harmonischen Sets mit Mixmeister leicht von der Hand geht, intuitiv ist und Spaß macht, automatisches Beatmatching, Übergänge und Effekte bringen zusätzliche Kreativität ins Spiel. Unsere Test-Alben berechnet es in knapp zwei (Domino) und sechs (Bargrooves) Minuten. Was die Trefferquote angeht, kann ich MMF 75 Prozent für das Housepaket attestieren. Beim Pop-Rocksample war leider nur jeder dritte Key kompatibel.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Ergebnisse nur auf die ausgewählten Kollektionen zutreffen. Eine andere Zusammenstellung oder ein anderes Genre können abweichende Resultate hervorbringen. Auch sind fehlerhafte Datenbankeinträge der Websites die den Basiswert stellen grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Daher sollte die Wertung eher als Tendenz betrachtet werden.
Houseliste Download
Rock/Pop-Liste Download
Ergebnisse Gesamt Download
Harmonic Mixing – ein Resümee
Harmonic-Mixing ist ein weiteres kreatives Tool für den DJ und Performer, wie auch Frequenzmixen, Loops oder Effekte. Hat der DJ während eines Sets Vertrauen und Begeisterung beim Zuhörer aufgebaut, kann er das gute Verhältnis durch harmonisch schlecht abgestimmte Tracks gefährden. Falsche Platte zur falschen Zeit. Das gilt für Live-Sets wie für Audio-CDs und Radiostreams. Von einer ausgewogenen Keycode-Folge profitieren Letztgenannte in meinen Augen stärker. In der Disko ist es nicht möglich, rein nach der Theorie zu spielen und den Tanzflur auszublenden.
Doch trotzdem ist Keymixing eine Bereicherung für den DJ. Ein Club-Mix oder Live-Mashup hört sich einfach besser an, wenn störende Überlagerungen vorzeitig eliminiert werden können. Das sich dieser Einklang genauso wie ein verhunzter Mix auf die Tanzfläche überträgt ist logisch. Das sollte man sich ruhig zunutze machen. Um die Technik anzuwenden, ist jedoch etwas Vorarbeit nötig und es bedarf einer abgestimmten Analysesoftware. Unsere vier Beispielprogramme liefern teils richtige und kompatible Ergebnisse, teils berechneten sie aber gerade mal nur jeden dritten Song korrekt. Am zuverlässigsten arbeitete Mixed in Key mit 80 Prozent bei House und 77 Prozent in den Genres Pop & Rock. Beatunes und Rapid Evolution stellen auf Wunsch Matchlisten oder komplett harmonische Sets zusammen.
Die Entscheidung für den richtigen Track zur richtigen Zeit kann indes keine Software fällen und das sollte sie auch nicht. Schließlich lebt ein nachhaltiges DJ-Set von Individualität und den kleinen Geniestreichen, die oftmals erst ein brodelnder Dancefloor herauskitzelt. Ich würde jederzeit ohne zu zögern meinen persönlichen Burner spielen – selbst wenn er nicht ins harmonische Gesamtkonzept passt. Hat man jedoch zwei Scheiben in der Hand, und beide wären Volltreffer, ist es eine Überlegung wert, sich für die harmonische zu entscheiden. Die Mischung macht´s, der Floor wird es danken!
Hersteller-Links:
spun sagt:
#1 - 25.09.2011 um 21:23 Uhr
thx!! für mich der mit abstand beste und informativste artikel zum thema harmonic-mixing..@mixedinkey+co::pls copy;)
Anonymous sagt:
#2 - 16.11.2011 um 03:18 Uhr
top...vielen dank!
dj sagt:
#3 - 05.12.2011 um 20:31 Uhr
Wirklich überzeugend beschrieben.
Ich nutze MIK seit gut 1Jahr und lerne gerne noch was dazu.
Den Bericht lese ich immer wieder gerne.
Er wägt auch objektiv ab und hilft demjenigen der sich helfen lassen möchte.
Andi sagt:
#4 - 09.02.2012 um 19:14 Uhr
kann ich nur bestätigen. Der Bester Bericht/Vergleich im WWW. DANKE!