Key Mixing und Tonart-Analyse: Seit der Einführung des so genannten Master Tempos (auch Key Correction oder Tonartkorrektur genannt) in DJ-Programmen (hier im Vergleich), aber auch Hardware-Playern können Tonarten bei Tempoänderungen konstant gehalten, aber auch gezielt modifiziert werden. DJ-Mixe lassen sich hiermit tonal stimmig gestalten und ihr Energielevel kontrollieren (Harmonic Mixing). Damit man diese Funktion sinnvoll verwenden kann, ist es notwendig, die Tonart eines Songs zu kennen.
Viele DJ- und Vorbereitungsprogramme analysieren daher neben dem Tempo auch die Tonart eines Musikstücks. Im Gegensatz zur Geschwindigkeit, dessen Korrektheit sich sehr einfach anhand des erzeugten Beatgrids überprüfen lässt, ist das Ergebnis der ermittelten Tonart nicht immer einfach objektiv überprüfbar.
Die Gründe hierfür sind unterschiedlicher Natur und liegen nicht selten auch drin begründet, dass Produzenten im Bereich elektronischer Musik musiktheoretische Konventionen schlicht weg ignorieren. Für dieses Feature habe ich gängigsten DJ- und Analyseprogramme ausgewählt und getestet, wie hoch die Trefferquoten bei der Tonartanalyse sind.
Vorgehensweise beim Key Mixing Check
Als Probanden für diesen Tonarten-Analysetest, habe ich die folgenden Programme ausgewählt: Virtual DJ 8, Engine Prime, Rekordbox, Traktor Pro, Serato DJ Pro, Mixed in Key, Djay Pro 2, Cross DJ Pro, und Keyfinder (jeweils in der aktuell verfügbaren Version, Stand 04.09.2019). Die Auswahl umfasst somit sowohl reine Vorbereitungsprogramme, DJ-Programme aber auch Spezialwerkzeuge zur Analyse von Songs.
Um die Qualität der Tonartanalysen beurteilen zu können, habe ich aus meinem Songfundus circa 120 Songs ausgewählt, die aus Genres wie Techno, House, Trance, Drum’n’Bass, Ambient, Elektro, Hip-Hop, Disco, Pop, Reggae, Wave, Punk und Rock stammen.
In der Liste der Tracks befinden sich populäre Songs von AC/DC, Beastie Boys, Bob Marley, Daft Punk, The Cure, aber auch szenespezifische von Massive Attack, Energy 52, Mark Knight, Calyx&Teebee etc. Klar kann man aus diesem Test keine einhundertprozentig wasserdichten Schlussfolgerungen ziehen, aber man gewinnt doch einen recht guten Eindruck welches Programm im Vergleich zu einem anderen eher zuverlässig oder unzuverlässig arbeitet.
Für dich ausgesucht
Die ermittelten Tonarten habe ich mit den Ergebnissen von Ibrahim Sha’ath verglichen, der eine Liste mit 1000 analysierten Tracks im Internet zur Verfügung stellt.
Key Mixing: Analyse anstoßen
Die Ermittlung der Tonarten wird in einigen Programmen automatisch vollzogen, bei anderen muss diese Funktion explizit aktiviert werden und zudem sind oft verschiedene Darstellungen wählbar.
Virtual DJ 8
In Virtual DJ 8 können die gewünschten Ordner einer Festplatte oder Playlisten analysiert werden. Hierzu selektiert man den kompletten Inhalt einer Liste und führt einen Rechtsklick aus. In der Auswahl den Menüpunkt „Batch und BPM und Tags ermitteln“ auswählen. Im Einstellungsfenster im Bereich Options lässt sich die gewünschte Darstellung „Musical/Harmonic“ selektieren.
Engine Prime
Engine Prime dient zur Vorbereitung von Songs, die mit Denon-DJ-Prime-Geräten wie dem Prime 4 oder SC-5000 gespielt werden sollen. Die Software analysiert die Songs direkt inklusive der Tonart, wenn diese per Drag&Drop der Sammlung hinzugefügt werden. In den Preferences der Software kann zwischen verschiedenen Tonart-Darstellungen (Sharps, Flats, Open Key und Camelot) ausgewählt werden.
Rekordbox (DJ)
Die Software Rekordbox kann Songs zur Wiedergabe mit Pioneer-DJ-Playern vorbereiten und als Rekordbox DJ zum Auflegen genutzt werden. Die Ermittlungen der Tonarten erfolgten dann, wenn man diese Funktion explizit in den Programm-Voreinstellungen unter „Analyse“ aktiviert. Eine Umstellung der Anzeige gibt es hier nicht, die Darstellung erfolgt ausschließlich als musikalische Notation.
Traktor Pro
Die DJ-Software Traktor bietet verschiedene Analyseoptionen zur Auswahl, wenn man die gewünschten Songs markiert und nach einem Rechtsklick „Analyze (Async)“ auswählt. Im Preferences-Fenster findet man unter „Analyze Options“ verschiedene Darstellungsmöglichkeiten (Musical, Musical (all sharps) und Open Key).
Serato DJ Pro
Das weit verbreitete neuseeländische DJ-Tool Serato DJ Pro analysiert die Tonart von Songs, wenn man in den Analyseeinstellungen die Option „Tonart bestimmen“ explizit selektiert. Um die Songs einer Playliste zu analysieren, müssen diese markiert und mit der Maus auf das Feld „Dateien analysieren“ gezogen werden. Im Setup-Fenster der Software im Reiter „Library + Anzeige“ gibt es die Anzeigeformate Camelot, Tonart klassisch, Open-Key und Original-Tag zur Auswahl.
Mixed in Key 8.5
Mixed in Key gilt schon länger als Referenz im Bereich der Tonartermittlung und ist spezialisiert auf diesen Vorgang. Die Ergebnisse dieser Analyse können direkt in die MP3-Tags der Songs geschrieben und in Programmen wie Traktor Pro oder Serato DJ Pro genutzt werden. Das Programm analysiert die Tonarten nach dem die Songs per Drag&Drop hinzugefügt wurden, eine manuelle Ergebnisüberprüfung kann per integriertem Piano erfolgen. Die Tonarten lassen sich als Camelot, Flats oder Sharps darstellen.
Djay Pro 2
Die Songanalyse in Djay Pro 2 startet, wenn man die gewünschten Songs markiert und in der Kopfzeile auf den Menüpunkt „Bibliothek“ klickt und den Eintrag „Analysieren“ auswählt. Im Einstellungsfenster kann zudem für die Mediathek die Option „Moll/Dur unterscheiden“ selektiert werden.
Cross DJ Pro
In der Mixsoftware Cross DJ Pro erfolgt die Analyse der Songs durch deren Auswahl und einem Rechtsklick, hierbei sind verschiedene Analyseoptionen auswählbar. Die Anpassung der Tonart-Darstellung erfolgt in den Programmeinstellungen unter „Anzeige“. Es besteht die Möglichkeit zwischen „Classic“ und „Harmonic“ zu wählen.
Keyfinder
Keyfinder ist eine kostenlose Analysesoftware für Mac- und Windows. Das Programm analysiert die Tonart und kann zudem benutzerdefiniert Tonartcodes vergeben. Eine Songauswahl lässt sich per Batch-Prozess ohne weiteres Zutun durchleuchten.
Ergebnisse
Um die Analyseergebnisse bewerten zu können, habe ich alle ermittelten Tonarten der Probanden in einer Tabelle erfasst und mit den Ergebnissen von Ibrahim Sha’ath verglichen. Interessanterweise gab es mehrere Songs, wie der Reggae-Klassiker „Get up Stand up“, das Club-Brett „Colombian Soul“ oder die Stadionhymne „Seven Nation Army“, die von allen Programmen richtig analysiert wurden, aber genauso auch Tracks wie „Professional Distortion“ von Miss Kittin, der Trance-Hit „Cafe del Mar“ und „One more time“ der französischen House-Heros Daft Punk, deren korrekte Tonart keine Software richtig ermitteln konnte.
Die Auswertung hat einen eindeutigen Sieger hervorgebracht, das Analyse-Spezialwerkzeug Mixed in Key 8.5 konnte mit einer Trefferquote von 71% seine Kontrahenten hinter sich lassen:
- Mixed in Key 8.5: 71 %
- Traktor Pro: 61%
- Keyfinder: 61%
- Rekordbox: 55%
- Cross DJ Pro: 53%
- Serato DJ Pro. 50%
- Engine Prime: 45%
- Virtual DJ 8: 33%
An dieser Stelle möchte noch einmal darauf hinweisen, dass das Ergebnis im Speziellen natürlich auf die Auswahl meiner Titel zurückzuführen ist und sich die Prozentzahlen bei anderen Test-Songs sicherlich etwas anders darstellen. Ich denke aber, dass sich das Ranking nur in den seltensten Fällen ändern wird, und zwar dort wo es gleiche oder nahezu gleiche Trefferquoten gab.
Verwendung
Die identifizierten Tonarten nutzen wir für das Harmonic Mixing, eine spezielle Mix-Art, bei der die Song-Auswahl an einem Quintenzirkel ausgerichtet wird.
Damit dieses praxisgerecht erfolgen kann und auch für Nichtmusiker nutzbar ist, verwendet man an Stelle des Quintenzirkels und der klassischen Tonarten-Notation ein so genanntes Camelot Wheel und eine Zahlen-/Buchstabenkombination, die sehr leicht erlernbar ist.
Wie weiter oben erwähnt bieten die meisten DJ-Programme hierzu eine alternative Darstellungsmöglichkeit an oder codieren die Tonarten farblich, damit eine passende Auswahl leichter gelingt.
Weitere Infos, was es mit dem Harmonic Mixing auf sich hat und wie es genau funktioniert, findet ihr in diesem Workshop.
Resümee
Durch die Analyse von Tonarten lassen sich DJ-Mixe musikalisch besser aufeinander abstimmen und die Energie auf der Tanzfläche gezielt steuern. Als Voraussetzung gilt, dass man die Tonarten der Songs in seinem Song-Bestand kennt und diese zuverlässig ermitteln lassen kann.
In diesem Feature habe ich daher die Qualität dieser Analysefunktion untersucht und festgestellt, dass es große Unterschiede zwischen den Probanden gibt.
Den Sieger meiner Untersuchung, das Spezialwerkzeug Mixed in Key 8.5, kann ich jedem empfehlen, der sich seriös dem Thema Harmonic Mixing widmen möchte, da es zuverlässig arbeitet, eine integrierte Überprüfungsfunktion bietet und in sich die Tonarten recht einfach in eine DJ-Software übertragen lassen.