Praxis
Nach dem ersten Anschließen des Gerätes über den DI-Out und aktivierter Speakersimulation konnte ich ohne Probleme und ohne weitere Konfigurationen sofort mit dem Aufnehmen beginnen. Vielleicht abgesehen vom Dynamics-Regler ist das Gerät mit seinen drei Kanälen für jemanden, der schon einmal ein Topteil bedient hat, wirklich selbsterklärend. Allerdings machte sich beim ersten Test des von mir mit Spannung erwarteten USB-Ausgangs erst einmal Enttäuschung breit.
Die USB-Verbindung wurde zwar sofort von meiner DAW (Logic Pro 9) sowohl auf meinem iMac als auch auf meinem MacBook Pro erkannt, aber leider war das Signal mit einem Störgeräusch behaftet, das sich auch mit verschiedenen Konfigurationen, dem Tausch des USB-Kabels oder dem Ändern der Stromversorgung nicht beheben ließ. Nach ein paar Mails und einem Telefonat mit Laneys kompetentem Support setzte man sich aber in Birmingham sofort mit meinem Problem auseinander. Ein paar Tage später bekam ich dann Nachricht, dass in der kommenden Serie dieses Problem nicht mehr auftauchen wird – schuld war die Abschirmung des USB-Ausgangs – und man mir zügig ein zweites Testmodell schicken würde.
Der USB-Ausgang des zweiten, überarbeiteten Modells war dann auch frei von Störgeräuschen und funktionierte so, wie er sollte. Nur ist die Reamp-Funktion des IRT-Studios zumindest im Falle von Apples Logic Pro 9 dem Anschein nach leider nicht zu Ende gedacht. Da Logic für seinen Input- und Output-Device jeweils nur ein Gerät vorsieht – fürs „Reampen“ muss man beide Quellen mit der USB-Verbindung belegen – kann man das Signal zwar an den Amp zurückschicken, aber nicht mehr gleichzeitig abhören. Das macht das „Reampen“ natürlich unbrauchbar. Zur Verteidigung Laneys muss man aber sagen, dass mit ein wenig Konfigurationsarbeit die Reamping-Funktion beispielsweise unter Cubase benutzt werden kann. Ein Tutorial-Video dazu findet man auf Laneys Website.
Da Laneys IRT-Studio dem Spieler die Möglichkeit bietet, das Topteil auch ohne externe Box zu betreiben, bietet es sich an, neben der eingebauten Speakersimulation und einer „echten“ Box auch weitere Speakersimulationen aus dem Rechner mit in den Test einzubeziehen. Dafür habe ich in den folgenden Hörbeispielen verschiedene Simulationen aus Guitar Rig 5 von Native Instruments verwendet.
Weiterhin kamen eine Fender Stratocaster, eine an die Les Paul angelehnte Hagstrom „Super Swede“ sowie ein 12“ Celestion Speaker zum Einsatz. Um einen ausführlichen Eindruck zu bekommen, habe ich jedes Soundbeispiel in derselben Einstellung über die Speakersimulation des Laney, einer Boxensimulation von Guitar Rig 5 und abschließend über den Celestion Speaker aufgenommen, mikrofoniert mit einem Sennheiser E606.
Los gehts mit dem Clean-Channel. Dieser bleibt mit meiner Strat wirklich sehr lange clean. Erst ab einer Volume-Einstellung von 7 gesellt sich bei härterem Anschlag zu den Obertönen die röhrentypische Verfärbung bzw. eine leichte Verzerrung. Doch anfangen will ich erst einmal in den etwas leiseren Gefilden. Der Hall bettet sich, auch höher dosiert, immer gut in den Sound ein. Die digitale Simulation ist ebenfalls sehr gelungen, wie ich finde. Oft denkt man bei Röhrenamps beim ersten Hören entweder an die typische britische oder die amerikanische Färbung des Sounds, an denen sich namhafte Hersteller häufig orientieren. Der Clean-Channel des Laney verhält sich nach meinem Eindruck neutraler, lässt sich aber, wie wir gleich hören werden, mit verschiedenen Boxentypen schön färben.
Das erste Hörbeispiel habe ich mit meiner Strat aufgenommen, wie man wahrscheinlich unschwer hören kann. Aktiviert an der Gitarre war der mittlere- und der Steg-Singlecoil.
Bei der internen Boxensimulation fällt auf, dass ich mit dem Basspoti sehr großzügig umgehen kann, um den gewünschten Sound in den Tiefen zu erlangen. Das dynamische Verhalten der Simulation kann man als völlig o.k. bezeichnen, obwohl nach oben hin noch mehr möglich wäre. Vor allen Dingen die fehlende Wärme und der dadurch resultierende etwas sterile Sound fallen mir auf. Ich schalte die Speaker-Emulation aus, öffne GR 5 und wähle einen 2 x 12“ „American“ Speaker aus. Aber hallo! Jetzt kommt das aufgezogene Basspoti deutlich ins Spiel. Außerdem tönt es sehr „fenderisch“ und auch weicher in den Höhen. In Kombination mit dem mikrofonierten Celestion Speaker wird es leicht hohl in den Mitten, aber auch hier werden die Höhen sanfter dargestellt als mit der internen Simulation des IRT-Studios.
Channel | Volume | Bass | Middle | Treble | Dynamics | Tone | Reverb |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Clean | 6 | +3 | 0 | 0 | 75% | 0 | 7 |
Let’s get funky! Ich drehe das Volume-Poti bis auf 8 und passe den EQ etwas an. Im Laney-eigenen Speaker-Emulationsmodus tönt die Strat wieder etwas kühl und in den Höhen kann man eine leichte Kompression wahrnehmen. Mit dem GR 5 (2x 15“ Twang Speaker) wird es rauer, der kühle Klangcharakter bleibt aber auch hier deutlich. Aber gerade für Funk-Geschichten, die in den 80er Jahren angesiedelt sind, kann das sehr passend sein. Über den Celestion wird es überraschend schmutziger, die Verzerrung ist viel deutlicher und der ganze Sound stellt sich etwas mulmiger dar.
Channel | Volume | Bass | Middle | Treble | Dynamics | Tone | Reverb |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Clean | 5 | +5 | -2 | -1 | 75% | 0 | 6 |
Aber dank des Pre Boosts geht hier noch einiges mehr! Ich fahre die Clean-Lautstärke leicht zurück, aktiviere den Pre Boost und frage mich, was Malcolm Young dazu sagen würde, dass ich diesen Style mit einer Strat spiele. Der EQ wird leicht angepasst und auch der Dynamics-Regler für den neuen Sound justiert, und schon kommen mehr Druck und Bass ins Spiel! Laneys Simulation hat in puncto Schärfe in den Höhen zwar die Nase vorn, wirkt sonst aber auch hier wieder steriler. Die beiden anderen Kombinationen erscheinen dagegen im Gesamteindruck weicher. Für das GR 5 Beispiel habe ich ebenfalls die 2x 15“ Twang Box gewählt.
Channel | Volume | Pre Boost | Bass | Middle | Treble | Dynamics | Tone | Reverb |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Clean | 5 | 4 | +2,5 | -3 | -1 | 25% | 0 | 5 |
So, genug Strat gepielt, jetzt wird es gewichtiger an der Schulter und die Hagstrom kommt zum Einsatz! Ich drehe den Pre Boost noch mehr auf und bekomme den Blues. Herrlich, wie die Verzerrung auf meine Dynamik reagiert. Hier macht nun der kühlere Sound der Laney-Simulation eine sehr gute Figur. Das Bassverhalten über den Celestion ist deutlich ausgeprägter und gibt dem Sound einen muffigen, vintage-artigen Charakter.
Klar ist, dass der Laney im Clean Modus sehr vielseitig sein kann und damit nicht nur harte Rocker erfreuen wird. Auch im vielseitigen Studioalltag kann das Topteil auf jeden Fall mitmischen!
Für dich ausgesucht
Channel | Volume | Pre Boost | Bass | Middle | Treble | Dynamics | Tone | Reverb |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Clean | 5 | 6 | +3 | -2 | 0 | 75% | 0 | 6 |
Weiter gehts im zweiten Kanal. Gain und Volume sind auf 6 und in dieser Einstellung wird es schon richtig heavy. Obwohl der Bassregler wieder deutlich im Plus steht, finde ich die Übertragung beim eigenen Speakersound des IRT-Studios auch hier schwächer. Auch das schon bekannte Bild der Höhen spiegelt sich im zweiten Kanal wider, durch die Schärfe in diesem Bereich bekommt der Sound etwas Sägezahn-artiges. In Kombination mit GR5 und einem 4×12“ „Gratifier“ Boxenmodell pumpt der Bass deutlich mehr und der monierte „Sägezahn“ zieht sich zum Teil aus den Höhen zurück, auch mit dem Celestion bleibt die deutlich stärkere Basswiedergabe offensichtlich. Die Schärfe in den Höhen ist zwar nicht so stark zurückgenommen wie im GR5 Beispiel, aber durchaus dezenter.
Channel | Volume | Gain | Bass | Middle | Treble | Dynamics | Tone | Reverb |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Rhythm | 6 | 6 | +4 | +1,5 | -1 | 75% | 0 | 5 |
Obwohl mit „Rhythm“ betitelt, lassen sich dem zweiten Kanal natürlich auch Solosounds entlocken. Ich habe dafür im nächsten Beispiel den Gainregler um eine weitere Stufe angehoben und dem Sound im Nachhinein zur etwas räumlicheren Darstellung noch ein Delay spendiert. Wie nicht anders zu erwarten, tönt die Paula im ersten Modus wieder etwas dünn. Mein Favorit ist hier die 4x12er „Gratifier“ Kombination aus GR5. Mit dem Celestion machen sich in dieser Einstellung etwas unschöne Mitten breit.
So, jetzt kommt der Moment, auf den ich mich schon die ganze Zeit freue! Ich stimme die Hagstrom auf Drop D und wechsele in den Lead Channel. Hier gibt es gaintechnisch noch mehr auf die Mütze, was schon im ersten Akkordbeispiel deutlich wird. Da auch hier der Bass im hauseigenen Laney Speaker-Modus etwas schwach auf der Brust ist, fallen die anderen beiden Beispiele natürlich wieder basslastiger aus, demonstrieren aber auch die mögliche Low End Wiedergabe des Amps. Im Mix mit anderen Instrumenten würde ich die Signale wahrscheinlich doch mit einem EQ beschneiden. Der schärfere Sound des ersten Beispiels hat in diesem Zusammenhang in manchen Situationen bestimmt eine ganz charmante Note. Die Nase vorn hat aber für mich der 12“ Celestion Speaker.
Channel | Volume | Gain | Bass | Middle | Treble | Dynamics | Tone | Reverb |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Lead | 4 | 8 | (Push)+3 | -2 | (Push)-2 | 75% | 0 | 5 |
Zuguterletzt darf natürlich auch ein Single Note Beispiel im Lead Channel nicht fehlen. Also schnell die Haare auf, den Ventilator an und ein paar Töne stehen lassen! Ich hab auch in diesem Melodiebeispiel dem Sound nachträglich noch ein Delay hinzugefügt. Singen kann der IRT-Studio auf jeden Fall! Meine Eindrücke sind wieder ähnlich wie die bei den vorherigen Beispielen. Mit der 4×12“ „Gratifier“ Kombination aus GR5 singt der Lead Channel für meinen persönlichen Geschmack am schönsten.
Channel | Volume | Gain | Bass | Middle | Treble | Dynamics | Tone | Reverb |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Lead | 4 | 10 | (Push)+3 | +1 | (Push)+1 | 75% | 0 | 5 |
David sagt:
#1 - 30.05.2013 um 00:39 Uhr
Ich verstehe nicht warum der reamp funktioniert nicht unter logic? Scheint hier zu funktionieren..http://www.youtube.com/watc...
Michael Behm sagt:
#2 - 30.05.2013 um 11:54 Uhr
Hallo David,vielen Dank für Deine Anmerkung. Das Video bestätigt aber letztendlich nur meine Feststellung im Test. Um die Reamping-Funktion des IRT's zu nutzen muss man auch den Output mit der USB Verbindung belegen. Daher ist Logic für diesen Moment sozusagen Stumm geschaltet. Der Kollege im Video nutzt zwar den D.I. Out zum Abhören des Ampsignals über einen externen Mixer - andere im Logic aufgenommene Instrumente bzw. Playbacks oder aber auch interne Boxensimulationen lassen sich im Moment des Reamping-Vorgangs aber leider nicht abhören. Daher meine Anmerkung, dass dieses Prinzip nicht ganz zu Ende gedacht wurde. In Cubase lasse sich mehrere Output Geräte aktivieren. Dort müsste der Vorgang also ohne Einschränkungen funktionieren.
Daniel sagt:
#3 - 02.01.2014 um 14:01 Uhr
Wie schaut es denn aus wenn man sich unter Dienstprogramme>Audio-MIDI-Setup ein "Hauptgerät" zusammen stellt?
Mit meinem Interface und der OnBoard Soundkarte geht das ja auch. Das Hauptgerät wähle ich dann in Logic ebenfalls aus und es stehen mir dort dann auch alle In-/Outs zur Verfügung.
Das müsste doch gehen. Der Studio ist ja quasi auch nur ein Gitarren-Interface ;)
Daniel sagt:
#4 - 13.02.2014 um 04:33 Uhr
Ich hab ihn Jetzt hier stehen. Wie vermutet, funktioniert es so wie ich es am 02.01. schrieb. Somit ist das Contra "Reamping Funktion unter Logic" wohl hinfällig!! ;)
Mike Litoris sagt:
#5 - 15.11.2014 um 00:13 Uhr
Kann die "Kritik" an der eingebauten Speakersim nicht wirklich nachvollziehen - in den Beispielen 3-8 würde ich sie den Kontrahenten vorziehen, da diese für meine Ohren "mixunfreundlich" belegt bis grenzwertig dumpf klingen. Suum cuique, des Einen "warm" ist des Anderen dumpf"; des Einen "steril" ist des Anderen "schön bissig"... Als bekennender Treble-Freak würde ich die eingebaute Sim anderen Sims, die "wärmer/belegter" klingen (...Redbox...) jederzeit vorziehen.