Open Tuning / Altered Tuning / Offene Stimmung auf der Gitarre – Gitarren-Workshop

Als Open Tuning (auch Altered Tuning oder Alternate Tuning) bezeichnet man die Stimmung eines Saiteninstrumentes, bei der mehrere oder alle Leersaiten zusammen einen fertigen Akkord ergeben. Die meisten offenen Stimmungen auf der Gitarre setzen sich aus Oktaven, Quinten und Terzen zusammen und können oft schon mit wenigen Handgriffen bzw. Umdrehungen realisiert werden. Mit offenen Stimmungen könnt ihr euer Instrument abseits der gewohnten Griffmuster neu entdecken und eure Kreativität anfeuern.

Open Tuning auf der Gitarre
Credits: Shutterstock / von seto contreras

Den Einstieg machen wir mit einer Reihe von Altered Tunings, die allesamt mindestens vier Saiten der Gitarre in der Standardstimmung belassen. So ist gewährleistet, dass ihr euch in weiten Teilen wie gewohnt auf eurer Klampfe bewegen könnt.

Das Drop-D-Tuning ist ein idealer Startpunkt für weitere Offene Stimmungen auf der Gitarre

DROP D TUNING (auch DROPPED D)

Die Drop-D-Stimmung gehört zu den beliebtesten Alternativstimmungen und bildet eine gute Brücke hin zu weiteren Alternate Tunings. Um das Drop-D-Tuning zu erzeugen, muss man nur die tiefe E-Saite auf D herunterstimmen und erhält so auf den unteren drei Saiten den offenen Powerchord D5. Und gerade deswegen ist diese Stimmung bei E-Gitarristen der härteren Gangart so beliebt: Man erreicht mit sehr einfachen Mitteln einen tieferen Sound, die Powerchords sind einfacher zu greifen als in der Standardstimmung und man muss sein Wissen über Fingersätze von Akkorden und Skalen nur an die tiefe, ehemalige E-Saite anpassen. Beispielriffs in Drop D findet ihr zuhauf in meinem Metalworkshop hier bei bonedo, daher habe ich für diese Stimmung nur eine Übersicht an Akkorden und der D-Skala aufgeschrieben. Bei diesem wie auch bei allen folgenden Tunings rufe ich dazu auf: Probiert einfach wild herum und entdeckt neue Möglichkeiten.

DOUBLE DROPPED D TUNING

Dieses Tuning geht schon eher in die Richtung Open Tuning, denn streng genommen sollen bei einer offenen Stimmung alle Leersaiten zusammen gespielt einen Dur- oder Mollakkord ergeben. Wie der Name vermuten lässt, wird beim Double Dropped-D-Tuning nicht nur die tiefe E-Saite auf D heruntergestimmt, sondern auch die hohe E-Saite. Die mittleren vier Saiten bleiben in ihrer gewohnten Stimmung. In diesem Tuning sind schon viele neue Klänge möglich. Zur Anregung kommen hier wieder einige Akkorde und die D-Dur und -Mollskala in der ersten Lage.

Greift man den D-Akkord wie in dem folgenden Blues-Beispiel mit dem ersten und dritten Finger, kann der dritte Finger auf den tiefen Saiten im dritten Bund eine Menge bluesartiger Riffs und Melodien finden.

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Double Drop D Blues Double Drop D Blues – Slow

Eine ganz andere Art, dieses Tuning zu verwenden, ist das Finden und Spielen von beinahe harfenartigen Melodien in einer Mischung aus Leersaiten und gegriffenen Tönen. Schaut (und hört) euch doch mal die folgenden Noten- und Sound-Beispiele an, und ihr wisst, was ich meine. Hier zunächst die Noten als PDF!

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Double Drop D Picking Double Drop D Picking – Slower

Die Open Tunings G6- und Low-C-Tuning sind beliebte Varianten der „Drop-D-Prinzips“

G6 TUNING

Die nächste Stimmung wird allgemein G6 Tuning genannt, da die offenen Saiten zusammen einen G6 Akkord ergeben. Dieses Tuning eignet sich, wie sollte es anders sein, vor allem für Stücke in G. Die tiefe E-Saite wird auf D und die A-Saite auf G heruntergestimmt. Die anderen vier Saiten bleiben in der Standardstimmung, man kann sich also auf den oberen Saiten ganz “zu Hause” fühlen und dennoch neue Sounds finden.

Auch für diese Stimmung habe ich mir zwei kleine Stücke ausgedacht. Die G6 Stimmung eignet sich gleichermaßen gut für Strummings und Pickingpattern mit einfachen Griffen.

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G6 Chord Progression G6 Chord Progression – Slower G6 Picking Piece G6 Picking Piece – Slower

LOW C TUNING

Das Low C Tuning ist nur einen kleinen Schritt vom G6 entfernt, entfaltet aber doch seinen ganz eigenen Charakter. Dieses Tuning ist nicht ganz so weit verbreitet wie die anderen, klingt aber toll, wie ich finde. Nur die beiden tiefsten Saiten werden beim Low C Tuning “umgetuned”. Die tiefe E-Saite wird auf C heruntergestimmt und die A-Saite auf ein G, während die oberen vier Saiten in der Standardstimmung bleiben. So erhält man eine tiefe C-Quinte auf den Basssaiten, prädestiniert für schön voll klingende C-Akkorde.

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Low C Piece Low C Piece – Slower

Bei den „echten“ offenen Stimmungen ergeben alle Saiten zusammen einen Dur- oder Moll-Akkord

Nun wollen wir uns mit den gebräuchlichsten offenen Stimmungen beschäftigen, bei denen alle Saiten zusammen einen lupenreinen Dur- oder Molldreiklang produzieren.

OPEN-G

Für die Open G-Stimmung wird die tiefe E-Saite auf D, die A-Saite auf G und die hohe E-Saite ebenfalls auf D heruntergestimmt. Die D-, G- und H-Saiten bleiben, wie sie sind. Das ist praktisch, denn so hat man zumindest diese drei Saiten als Orientierungshilfe in der gewohnten Standardstimmung zur Hand. Beim Spielen der Leersaiten erklingt so ein G-Dur-Akkord, wobei die tiefste Saite, also das D, nicht den Grundton des Dreiklangs, sondern die Quinte darunter darstellt. Diese offene G-Stimmung ist unter Folk- und Countrypickern, aber auch bei Bluesgitarristen sehr weit verbreitet. Auch für Slide-Spieler sind diese echten offenen Stimmungen sehr angenehm, da man auf allen sechs Saiten einen Akkord “sliden” kann. Um das zu demonstrieren, habe ich ein kleines Blues-Slidestück geschrieben. Viel Spaß dabei!

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Open G – Slide Blues

Das nächste kleine Übungsstück geht eher in die Richtung der moderneren Solo-Akustikspieler und demonstriert die Möglichkeiten des offenen Klangs der Stimmung. Dabei ist es wichtig, dass man die einzelnen Töne so lange wie möglich ineinander klingen lässt, um so einen harfenähnlichen Sound zu kreieren.

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Open G – Miniature

Aber es geht auch ganz anders. So bedient sich das Stück “Daughter” von Pearl Jam der Open G-Stimmung, allerdings mit einer kleinen Änderung: Die tiefe sechste Saite wird genau wie die fünfte auf G gestimmt.

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Pearl Jam – Daughter

Zum Abschluss unsere Open-G-Sektion möchte ich euch (wie bei den anderen Tunings auch) eine kleine Übersicht über die Dur- und Mollskala in der ersten Position und ein paar Akkordbeispiele im jeweiligen Tuning an die Hand geben. Dazu sei gesagt, dass die Griff- und Skalenbeispiele nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Es gibt in jedem Tuning noch unzählige andere Griffe und Skalen. Die Übersicht soll nur einen Anhaltspunkt bieten. Am meisten Spaß macht es ohnehin, sich neue, eigene Voicings auszudenken.

Open-G und Open-D sind für viele Folk- und Blues-Gitarristen das „Go-To-Tuning“

OPEN D

Auch das Open-D-Tuning ist unter den vorhin bereits genannten Spezialisten sehr beliebt. Und so funktioniert es: Die E-Saite wird zum D, die G-Saite zum Fis, die H-Saite zum A und die hohe E-Saite auch zum D. Wir erhalten so (wenig überraschend) einen D-Durdreiklang! Eine sehr eng verwandte Stimmung ist übrigens Open-E, sie funktioniert genauso, ist nur insgesamt einen Ganzton höher gestimmt als die Open-D-Stimmung. Als Übungsstück ist wieder ein kleiner Blues am Start, außerdem die Picking-Gitarre aus dem Nick Drake Stück “One Of These Things First”, hier im Original-Tuning.

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Open D – Blues Nick Drake – Open D

Und zum Abschluss der Open D-Sektion wieder ein PDF mit einigen Skalen- und Akkord-Beispielen. 

OPEN-C

Das Open C Tuning ist nicht ganz so weit verbreitet wie die beiden vorangegangenen, klingt aber auch super. Diesmal ganz der Reihe nach: Die tiefe E-Saite wird auf C-, die A-Saite auf G, die D-Saite auf C runtergestimmt. Die G-Saite bleibt so, wie sie ist, für die H-Saite geht es hinauf auf C und die E-Saite bleibt auf E. Es ist das Open Tuning mit dem größten Tonumfang in den offenen Saiten. Vom tiefen C bis zum hohen E haben wir zwei Oktaven und eine große Terz on Top. Dadurch ergeben sich wieder einmal ganz neue Melodie- und Akkord-Voicing-Möglichkeiten.
Ich habe mir zum Üben ein Country-Picking-Stück und einen kleinen Blues aus den “Fingern gesaugt”.

Und, wie immer, eine Übersicht der angesagtesten Skalen und Chords in Open C.

Auch offene Moll-Tunings lassen sich auf der Gitarre im „Handumdrehen“ erzeugen

Natürlich gibt es auch offene Molltunings. Aus Open-G, Open-C und Open-D lassen sich die jeweiligen offenen Mollstimmungen erzeugen, indem man die Durterz einen Halbton herunterstimmt und so die Mollterz erhält. Am konkreten Beispiel sieht das folgendermaßen aus:

Open-C (CGCGCE) wird Open-Cm (CGCGCEb)
Open-G (DGDGHD) wird Open-Gm (DGDGBbD)
Open-D (DADF#AD) wird Open-Dm (DADFAD)

Als Praxisbeispiel für ein Open-Dm-Tuning hören wir nun einen Ausschnitt aus dem Song “Into The Stream” von “The Tallest Man Alive”. Wenn man dem Originalsound nahekommen will, muss man den Kapo in den 8. Bund klemmen und den Daumenpick anschnallen.

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Into The Stream

Das nächste Stück ist wieder eine kleine Pickingstudie aus meiner Feder. Hier liegt die Melodie zur Abwechslung mal im Bass.

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Open Dm Picking

Altered Tunings und Open Tunings kann jeder Gitarrist selbst entwerfen

Neben den bereits besprochenen Stimmungen gibt es natürlich noch unzählige weitere, die zwar nicht so verbreitet sind, bei denen es sich aber vielfach um Abwandlungen bekannterer Tunings handelt.
Wie wir bei Open-D und Open-Dm sehen und hören konnten, macht es einen großen Unterschied, ob man eine Saite innerhalb eines Tunings um einen Halbton nach oben oder unten stimmt. Auf die gleiche Art lässt sich aus jedem echten offenen Tuning eine sus-Stimmung (wie DADGAD) machen.
Das Rezept: Man nehme die Terz und erhöhe sie zur Quarte (4) und schon klingt ein sus-Akkord. Open Gsus4 ist zum Beispiel ein solches Tuning: Aus Open-G (DGDGHD) wird durch das Hochstimmen der B-Saite Open-Gsus4 (DGDGCD).

Man kann sich natürlich auch ganz von den offenen Stimmungen lösen und sich komplett eigene Tunings ausdenken, vielleicht eines, in dem zwei oder mehrere Saiten auf den gleichen Ton gestimmt sind. Auf diese Art lassen sich auch neue und fremdartig klingende Sounds und Klangfarben erzeugen. Dem Experimentieren mit Stimmungen sind keine Grenzen gesetzt! Probiert es aus!

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Hermann sagt:

#1 - 25.09.2023 um 13:43 Uhr

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Meine erste Gitarre hab ich gebraucht gegen das rote und das blaue Album (ebenfalls gebraucht) der Beatels eingetauscht. Die war damals auf offen E gestimmt. In Ermangelung an Kenntnissen hab ich das beibehalten und erst viel später rausgekriegt, dass das nicht the normal way to go war. :D Später hab ich dann Kontrabass klassisch gelernt, hab aber das Open E auf fast allen meinen Gitarren beibehalten. Ich spiele zwar nicht mehr, aber im Nachhinein würd ich sagen, dass mir nichts gefehlt hat. Es war halt einfach nur ... anders. ;)

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