Der “Tatort” wird im Jahr 2020 ganze 50 Jahre alt – herzlichen Glückwunsch! Wenn es EINE generationsübergreifende Basslinie im deutschsprachigen Raum gibt, die es seit einem halben Jahrhundert regelmäßig in deutsche Wohnzimmer schafft, dann ist es die der Titelmusik zur Krimiserie „Tatort“. Wer diese Serie kennt, die erstmalig am 29.11.1970 ausgestrahlt wurde, dem wird unweigerlich auch das flotte Bassriff im Gedächtnis geblieben sein. Grund genug für einen eigenen Workshop zur Musik von “Tatort”!
“Tatort” – Komponist und Studio Crew
Das Thema wurde von dem Saxophonisten und Bandleader Klaus Doldinger komponiert und wird seit der ersten Folge verwendet. Am Schlagzeug saß bei den Aufnahmen übrigens kein Geringerer als Udo Lindenberg! 1974 wurde der Part der Rhythm Section in den Münchner „Rainbow Studios“ neu eingespielt.
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Den Bass auf dieser neuen und heute nach wie vor aktuellen Version spielte der deutsche Studiobassist Dieter Petereit. Es war gleichzeitig sein Einstiegsdebüt bei Doldingers Band Passport. Dieter Petereit ist neben der „Tatort“-Musik noch in anderen TV-Themen am Bass zu hören, wie z.B. „Sesamtraße“, „Die Sendung mit der Maus“, „Der Alte“ sowie zahlreiche weiteren TV-Sendungen, von denen nicht wenige heutzutage Kultstatus genießen.
Der „Tatort“-Basspart war für die Studiosession von Klaus Doldinger ausnotiert. Es war also für Dieter Petereit ein klassischer „Sessionjob”. Das Besondere an der Studiosession war jedoch der Umstand, dass Klaus Doldinger die originalen Streicher behalten und lediglich Bass und Schlagzeug ersetzen wollte. Das Tempo der Originalaufnahme schwankte allerdings erheblich, und Click-Tracks waren damals in den Aufnahmestudios noch lange nicht zur Norm geworden.
Daher spielten Dieter Petereit und Drummer Willy Ketzer notgedrungen zu den Streicheraufnahmen, was man durchaus als wagemutiges Unterfangen bezeichnen kann. Trotz dieser widrigen Umstände schafften die beiden Musiker einen „first take“ – das Stück war bereits nach dem ersten Versuch im Kasten!
“Tatort” – das legendäre Bassriff
Das Bassthema in C-Moll bewegt sich in schnellen, ganz leicht angeswingten Sechzehnteln. Dabei wandert die Bassfigur auf der D-Saite von der Mollterz des Akkordes über die Quarte hin zur Quinte, schnell abwechselnd mit dem Grundton. Es ist relativ schwer, diese schnellen Wechsel sauber zu spielen, und im Playback der Originalaufnahme gehen die schicken kleinen Details in der Dichte des Arrangements leider etwas unter, so dass sie nur erahnt werden können. Das gesamte Thema moduliert dann in Takt 11 nach D-Moll. In unserem Beispiel geht es nach vier Takten bereits wieder zurück nach C-Moll.
Hier die Noten und Hörbeispiele dazu:
“Tatort” – weitere Instrumentalstimmen
Wer sich über den reinen Basspart hinaus mit den zwei weiteren Motiven in diesem Thema beschäftigen möchte, der findet nachfolgend zunächst einmal das Bläsermotiv. Dieses Riff bewegt sich in Quinten fort, welche sich übrigens auch ganz wunderbar auf dem E-Bass spielen lassen, wie man hier hören kann:
Die dann hinzukommenden Streicher habe ich im Soundbeispiel als Overdrive-Sound markiert:
Sowohl die Bläser- als auch die Streicherlinie wurden auf dem Steg-Tonabnehmer eines Fender Jazz Bass eingespielt.
Hier das komplette Beispiel:
“Tatort” – Basssound
Dieter Petereit verwendete für die Aufnahme einen Fender Precision Bass mit Roundwound-Saiten und spielte im Studio einen zu jener Zeit insbesondere bei Jazzmusikern sehr populären Combo-Verstärker von Polytone.
In der nachfolgenden Tabelle habe ich euch die wichtigsten Punkte für meinen Studio-Basssound notiert, den ihr in diesem Workshop hören könnt:
Bass | DI/Amp/Box |
---|---|
Fender Precision | Röhren-DI, Frequenzabsenkungen bei 2,4 und 7 kHz |
Fingeranschlag | leichte Kompression mit CLA-2A Simulation |
Volume 10 | |
Tonblende 10 | |
“Tatort” – Playalong für Bass
Hier noch der ganze “Tatort”-Part als Playalong ohne Bass zum Mitjammen für Zuhause:
Ich wünsche euch viel Spaß mit der Musik von “Tatort” und gratuliere allen an der Serie sowie der Musik Beteiligten ganz herzlich zum 50jährigen Jubiläum!
Euer Oliver