Ein guter Synthesizer muss nicht teuer sein. Analysiert man den Markt, wird schnell klar, dass sich heute viele attraktive Produkte finden, die preislich weit unter der 1.000 € Marke liegen. Die besten Synthesizer bis 500 Euro kennst du vielleicht schon. Praktisch sind vor allem Synthesizer mit Tastatur, die im Studio- und Live-Einsatz einfaches Handling bieten und großen Klangspaß versprechen – und zum Glück meist auch halten. Genau diese Tasteninstrumente möchten wir klanglich vergleichen.
Es ist gar nicht nötig sämtliche im Markt verfügbaren Geräte anzuspielen, um dir den Beweis zu liefern, dass preiswerte Synthesizer keinesfalls „billig“ klingen, sondern klare individuelle Stärken aufweisen. Für unseren Workshop haben wir drei Tasteninstrumente ausgewählt und ihre werkseitigen Sounds allesamt ohne jede Nachbereitung live angespielt und direkt aufgezeichnet.
Gleich hörst du 48 Presets in zwölf Klangbeispielen, mit einer Gesamtlänge von über 15 Minuten. Schon jetzt einmal viel Spaß beim Lesen und ein wenig Ausdauer beim Lauschen!
Drei Synthesizer im Porträt
Korg Minilogue XD
Drei Top-Instrumente finden wir spannend für einen Klangvergleich: Aus Japan kommt der Korg Minilogue XD. Mit rund 600 Euro definiert er das obere Ende unserer Preisskala. Er erweitert seinen Vorgänger Minilogue um eine digitale Oszillator-Einheit, für die sich beliebige Wellenformen per Software entwickeln lassen, sowie um eine flexible Effektsektion aus Hall, Delay und Modulationseffekt. Dieser vierstimmige Poly-Synth kommt einem klassischen Analogsynthesizer viel näher als die beiden anderen Vergleichskandidaten.
Für dich ausgesucht
Arturia MicroFreak
Der MicroFreakder französischen Schmiede Arturia ist ein kleiner Spaßvogel. Er verbindet ein stylisches Design mit digitalem Innenleben. Ein bis zu vierstimmiger Digital-Oszillator beherrscht bis zu zwölf Syntheseformen. Die Klaviatur aus 25 poly-touch-fähigen Tasten ist haptisch gewöhnungsbedürftig. Weniger als 300 Euro musst du für den Arturia MicroFreak investieren – ein Schnäppchen also.
Novation Mininova
Schon länger im Umlauf sowie allseits beliebt ist der Mininova des britischen Herstellers Novation. Dieser Synthesizer kommt mit einer flexiblen virtuell-analogen Klangerzeugung mit bis zu 18 Stimmen und einem Vocoder. Soundvariationen während der Performance lassen sich direkt über acht Animate-Tasten abrufen. Der Mininova ist ein smarter Tausendsassa, der nicht viel mehr kostet als der MicroFreak.
Guten Sound bieten auch andere polyfone Budget-Synths: Der Yamaha Reface DX öffnet die Pforten zur klassischen FM-Synthese, sein Bruder Reface CS ist ein virtuell-analoger Synth. Der Roland JD-Xikombiniert Analog-Sounds, Rompler und Vocoder. Eine Alternative zum Mininova ist der Microkorg S. Natürlich ist vor allem auch Behringer mit einigen Produkten zu sehr attraktiven Preisen vertreten, so etwa mit dem Deepmind 6.
- Yamaha Reface DX auf thomann.de
- Yamaha Reface CS auf thomann.de
- Roland JD-Xi auf thomann.de
- Korg Microkorg S auf thomann.de
- Behringer Deepmind 6 auf thomann.de
Pad Demos
Lassen wir die Kandidaten zunächst in der Kategorie „Synthpad“ antreten. Gibt es warme und volle Flächenklänge wie bei einem klassischen Analogsynthesizer? Kann vor allem der Arturia MicroFreak ohne Effekte wie Hall und Chorus mithalten? Durchaus und noch mehr: Er klingt überraschend wuchtig und direkt. Mit seiner FM- und Wavetable-Synthese sind ungewöhnliche Kreationen möglich. Ein wenig an die klassischen Prophet-Synthesizer erinnert der Korg Minilogue XD mit seinen herrlich analogen Pads. Wegen der Samples liefert der Mininova die größte Flexibilität bei Flächenklängen und lässt sein Filter bezaubernd sweepen. Klasse sind die Choir-Pads und überhaupt die vokalen Qualitäten des kleinen Briten. Überzeuge dich selbst mit einem Querschnitt aller drei Synthesizer:
Bass Demos
Vor allem im Studio benötigst du einen Sound: Der Bass stützt das Arrangement und spielt im Groove eine wichtige Rolle. Immer gut sind Standard-Presets, die musikalisch funktionieren. Dieses Kriterium erfüllen alle drei Vergleichskandidaten. Mit einfacher FM-Synthese bringt der MicroFreak knackige Bässe hervor, wobbelt druckvoll und kann auf Wunsch brutal zur Sache kommen. Souverän und modern spielt der Mininova mit. Achte einmal auf die Soundvariationen während des Sounddemos. Diesmal tritt der Korg Minilogue XD durchaus in die Fußstapfen des Urvaters Moog Minimoog, der allerdings über drei Oszillatoren verfügt. Oder wie schätzt du selber die folgenden Presets ein?
Lead Demos
Solistische Eskapaden auf der Bühne und zuverlässige Sounds für instrumentale Hooklines. Wieder einmal begeistert die Animate-Funktion, mit der Live-Keyboarder innerhalb eines Solos einen Leadsoundstilsicher variieren können. Ob EDM oder Vintage Analog, der Mininova kann’s einfach. Dass Korg’s Minilogue XD auch angenehm frech werden kann, demonstrieren die angezerrten, leicht rotzigen Solosounds im Retro Style. Trance und verwandte Spielarten sind mit den werkseitigen Programs auch machbar, versetzen aber den Minilogue XD samt Besitzer nicht in Ekstase. Insgesamt ordentlich ist das Angebot beim MicroFreak. Auch klassische Leadsynths beherrscht er und animiert mit seiner speziellen Klaviatur zu vielen Tastatur-Glissandi.
Arpeggiator Demos
Alle drei Synthesizer bieten einen Arpeggiator. Idealerweise inspiriert er dich mit interessanten Klangphrasen zu neuen Songideen. Beim Mininova findest du schöne hybride Klangfarben, die auch von einem Workstation-Synthesizerstammen könnten. Mit dem MicroFreak kommst du schnell zu wilden digitalen Klangeskapaden, die so richtig heftig aus dem Mono-Ausgang kommen und mit Effekten verwurstet werden wollen. Nochmals zeigt der Korg Minilogue XD, wie niveauvoll Neoklassik bei analogen Synthesizern klingt. Lausche bitte einfach selber in jeweils vier ausgewählte Presets aus der Rubrik „Arpeggiator“:
Gesamteindruck
Schon beim Anspielen der Demos sind uns einige Punkte aufgefallen: Wer trendige und vielseitige Presets als Live-Keyboarder benötigt, ist mit dem Novation Mininova sehr gut beraten. Als einziger unserer drei Kandidaten integriert er noch einen wirklich brauchbaren Vocoder. Seine Animate-Funktion ist ein tolles Live-Performance-Feature. Bei keinem anderen Synthesizer dieser Preisklasse erhältst du per Knopfdruck so viele gelungene Soundvarianten, die übrigens öfter auch für den EDM-Bereich passen. Bereits nach dem Einschalten wirst du dich wohlfühlen und die nach Soundkategorien sortierten Klänge genießen können.
Der Arturia MicroFreak hat einen klaren, direkten und im positiven Sinn kühlen Grundsound. Für traditionellere Live-Projekte ist er wegen seiner haptisch mäßigen Tastatur und mangels Effektsektion eher umständlich handzuhaben, umso besser schlägt er sich beim Frickeln im Studio, wo er sich dank CV-Gate Anschlüssen mit einem Modularsystem anfreunden kann. Es ist erstaunlich, wie schnell sich Sounds beim Programmieren von druckvollen FM-Bässen zu satten Flächenklängen mit Supersaw-Oszillator verwandeln können, indem du einfach die Syntheseform wechselst. Harsche und drahtige Sounds liefert er souveräner als ein Korg Minilogue XD oder Novation Mininova.
Geht es um einen möglichst wertigen analogen Basisklang sowie um eine intuitive oder sogar ehrliche Soundprogrammierung am Gerät, ist der Korg Minilogue XD ein klarer Sieger. Die Werksounds zeigen einen Spagat zwischen Vintage Analog und moderner Elektronik. Mit ihm kannst du aber selbst von Grund auf deine ganz persönlichen Synthesizerklänge erstellen und diese mit dem internen Sequenzer so richtig in Fahrt bringen lassen. Der Aufpreis gegenüber dem ersten Minilogue treibt dir – gemessen am deutlich expandierten Soundpotenzial – allenfalls ein Schmunzeln ins Gesicht.
Schlusswort
Jeder der vorgestellten Synthesizer hat nun seinen akustischen Fingerabdruck hinterlassen. Ins Detail – etwa bei den Oszillatoren und Filtern – mussten wir nicht gehen, um die hörbaren Unterschiede zu verdeutlichen. Alle drei Klangerzeuger machen auf ihre Weise einen guten Job. Sie ergänzen sich klanglich und du erfährst jeweils unterschiedliche Anreize, eigene Sounds zu entwerfen. In der Summe ist es klasse, dass man sich bei diesen erstaunlich günstigen Straßenpreisen mehr als einen Synthesizer leisten könnte. Aber du solltest erst einmal mit einem und vor allem mit dem Tasteninstrument anfangen, dessen Hörbeispiele dir am besten gefallen.
Viel Spaß beim Hören!
Heimann Rudolf sagt:
#1 - 28.11.2019 um 19:47 Uhr
Der Test ist wirklich interessant gestaltet und mit vielschichtigen Klangbeispielen ausgestattet. Großes Lob dafür! Das Fazit entpricht absolut meiner Meinung. Warum man jedoch den de-facto-Marktführer dieses Preissegments - Behringer - ohne jeglichen Kommentar verschweigt bzw. ausgrenzt, erschließt sich weder mir noch der angesprochenen Leserschaft. Die Leser haben definitiv alle Kenntnis von der Existenz der Behringer-Synths. Der Autor nicht? Thema leider versemmelt, Zielgruppe verfehlt.
Matthias Sauer sagt:
#1.1 - 29.11.2019 um 07:13 Uhr
Vielen Dank für Feedback! Freut mich, dass die eigentliche Message vermittelt werden konnte - jeder Budget-Synthesizer ist klanglich anders. Dass wir nicht jedes Produkt vorstellen oder gar testen möchten, wird eingangs kommuniziert - das Thema ist keine Marktübersicht.
Allerdings stimmt es, dass Behringer (konkret der Deepmind) zumindest im Artikel erwähnt werden sollte - weitere Updates folgen.
Übrigens, keine Sorge, auch der Autor hat zumindest einen Behringer zuhause und liest sehr gern News-Meldungen ;)
Antwort auf #1 von Heimann Rudolf
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