Mindset für Tontechniker: Was macht einen guten Tontechniker aus? Exzellente Mixe sind nur ein Teil des Gesamtpakets. Tonkutscher arbeiten immer mit Menschen zusammen. Musiker, Veranstalter, Publikum – jede Partei hat Vorstellungen und Wünsche an den Tontechniker. Der Techniker kann nicht außerhalb dieses Sozialgefüges operieren. Was das bedeutet? Bei einem professionellen Tontechniker stimmt das Gesamtpaket. Ein Beispiel: Es ist völlig egal, wie gut deine Mixe sind: Wenn du regelmäßig zu spät zur Arbeit erscheinst, nie ans Telefon gehst und dich auf der Baustelle nicht als Teamplayer erweist, dann wird die Karriere auf die Kreisliga begrenzt sein.
Den ersten Schritt hast du bereits gemacht. Da du bis hierhin gelesen hast, ist die erste Hürde schon genommen. Ohne inneren Antrieb (intrinsische Motivation) ist der Status Quo nicht zu verbessern. Mut zu Veränderung ist gefragt, aber was genau muss sich ändern, um ein besserer Tontechniker zu werden? Die Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten.
Tontechnik ist Mannschaftssport! Tontechnik ist Mannschaftssport! Ein gequältes „Guten Tag“ als Interaktion reicht nicht aus. Kommunikationsfähigkeit ist eine Kernkompetenz der Tontechnik, zumindest auf professionellem Level. Es reicht nicht, wenn dir dein Mix gefällt. Er muss auch kompatibel mit den Vorstellungen deiner Auftraggeber sein. Dafür ist ein eingehendes Gespräch durchaus hilfreich. Löse die Handbremse! Ein Grund, warum du in deinen Ambitionen als Tontechniker nicht weiterkommst, könnte eine angezogene „Handbremse“ sein. Was hält dich zurück? Vieles dreht sich um zwei Eckpunkte, die ich mit „Mut“ und „Selbstwahrnehmung“ beziffern würde. Es gibt Kollegen die den „nächsten Schritt“ nie gehen und größere Jobs aus einem Mangel an Selbstbewusstsein ablehnen, obwohl sie das geforderte Skill-Set eigentlich mitbringen. Den Gegenpol bilden die Tontechniker, die Jobs in einem Anfall von Größenwahn annehmen, denen sie nicht gewachsen sind. Beides ist nicht zielführend.
Mindset für Tontechniker
Die Fähigkeit zur korrekten Selbsteinschätzung ist immanent wichtig als Tontechniker. Ebenso wichtig wie Kritikfähigkeit. Auch die möchte sortiert werden. Wer kennt nicht den Klassiker, dass sich bei einem Konzert de Leute aus dem Publikum beschweren, es wäre zu laut und anderen ist es zu leise? In diesem Fall liegt man mit seinem Pegel vermutlich genau richtig.
Auf der Kritik-Gewichtungsstufe haben allerdings stets zwei Parteien Vorfahrt: der Künstler und derjenige, der deine Rechnung bezahlt. Mit diesen Leuten muss man auskommen, sonst wird es langfristig schwierig.
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Mindset für Tontechniker: Das ist „live“ – so ist das Leben
Der Autor ist fast dreißig Jahre als professioneller Tontechniker unterwegs und bei manchen Festivals, wo es nur einen Line-Check über Kopfhörer gibt, spüre auch ich eine Anspannung in Voraussicht auf den Sound, der sich nach Betätigung der „Mute All“-Taste aus der PA schält.
Bei Festivals in der Funktion als FoH-Betreuer sehe ich nicht selten bei jungen Kollegen die ein oder andere zittrige Hand. Was mich an meine Anfänge erinnert. Das ist alles ok, soweit man ruhig bleibt und seinen Job macht. Manchmal laufen Dinge einfach nicht so, wie man sich das vorgestellt. Das ist „live“ – so ist das Leben. Wichtig ist nur, dass man von den Ur-Instinkten „Flucht & Angriff“ stets das zweite wählt.
Technische Probleme sind Teil der tontechnischen Wirklichkeit. Fällt beispielsweise die PA auf einem Biker-Festival durch unangenehme Nebengeräusche auf, drehen sich auf einen Schlag fünftausend grimmig dreinschauende Kuttenträger in deine Richtung, um dich mit motivierenden Blicken aufzufordern, die Hintergrundbeschallung zum Biertrinken asap wieder in Gang zu bringen.
Mein Tipp dazu: Durchatmen, ruhig nach der Ursache suchen und solange dranbleiben, bis das Problem gefunden ist. Mir hat es geholfen. BodybuildingIch kenne einen Kollegen, der freitags einen brutal guten Mix abliefert und samstags mit der gleichen Band ein höchst durchschnittliches Ergebnis präsentiert. In der Außenwirkung ist man allerdings immer nur so gut wie der letzte Job. Daher sollte man stets bedacht sein, die bestmögliche Qualität abzuliefern, wenn man eine Liga aufsteigen möchte. Im Grunde ähnlich dem Bodybuilding, wo ein sehr hartes Training an einem Tag keine ausgefalle Trainingseinheit aus der Woche davor kompensiert. Ergebnisse sieht nur, wer konsequent und regelmäßig am Ball bleibt. Klingt unspaßig, ist aber eine der wichtigsten Strategien, um nachhaltig besser zu werden.
Ebenfalls unter das Stichwort „Bodybuilding“ lässt sich eine weitere Voraussetzung für gute Mixe einordnen: Gesundheit! Der Job als Tontechniker ist auf Dauer anstrengend. Wenig Schlaf, ungesundes Essen und eine laute Arbeitsumgebung haben definitiv einen indirekten Einfluss auf den Sound der Show.
Auch wenn sich junge Kollegen mitunter für „unzerstörbar“ halten und kaum eine Backstage-Party auslassen – irgendwann kommt die Quittung für diesen Lifestyle. Mit einem Mindestmaß an Fitness steht man Tour-Stress und die unvermeidlichen Erkältungen einfach besser durch, was wiederum der Konsistenz zu Gute kommt.
Auf der Schulbank
Hausaufgaben müssen gemacht werden und genau darum wird es im zweiten Teil dieses Workshops gehen. Dieser erste Teil will zunächst das Bewusstsein dafür wecken, was es neben den eigentlichen Mix-Fähigkeiten braucht, um das „Mix Monster“ überhaupt zum Leben zu erwecken. Das passende Mindset ist eine wichtige Grundlage für Tontechniker, unterm Strich sind es aber die Mixe, die als Kopfnoten den Großteil eurer Bewertung ausmachen. Daher werde ich im zweiten Teil praktische Tipps präsentieren, wie ihr im Selbststudium eure Mix-Fähigkeiten in überschaubarer Zeit deutlich verbessern könnt. Stay tuned!