Polyverse Music macht Plugins für kreative Musiker, die ihre DAW als Instrument betrachten. Insofern überrascht es nicht, dass das Psytrance-Goa-Duo Infected Mushroom Mitbegründer der Firma ist.
Komplexe Effekte intuitiv greifbar machen und wild modulieren, das eint wohl alle Polyverse-Produkte. Der Neuzugang Comet, ein Reverb, sollte deshalb auch nicht nur als stumpfes Mixing-Tool betrachtet werden. Zeit für einen Test!
Details
Kreativer Reverb
Polyverse Comet ist ein algorithmisches Reverb-Plugin für Windows und OSX für die 64-Bit-Formate VST(3)/AU/AAX – ein musikalisch-kreativer Reverb allerdings, der mehr für den wilderen Einsatz gedacht ist, anstatt minutiös realistische Räume zu modellieren.
Er agiert nach der Devise „Bigger than life“ und trägt selbst dabei noch richtig dick auf, mit dichten Hall-Fahnen und besonders intuitiven Morphing-Möglichkeiten.
Man kann wirklich an jedem Parameter wild kurbeln, ohne dass es zu unschönen Knacksern kommt. Das integrierte MIDI-Mapping und CV-Steuerung über den Sidechain für alle Parameter unterstreichen das gebührend. Beides ist eher selten.
Pragmatische Parameter
Polyverse Comet bietet zwar nur einen Algorithmus und eine überschaubare Anzahl an Parametern, doch läuft man so auch nicht Gefahr, sich in mikroskopischen Details zu verlieren. Mein aktueller Lieblings-Reverb Tai Chi sei hier als krasses Gegenteil genannt.
Jeder einzelne der wenigen Parameter packt allerdings gut zu und der Effekt ist deutlich hörbar. Die meisten dürften dabei soweit bekannt sein: Size, Decay, Detune und Diffuse machen, was sie sollen. Mit High und Low Damping sowie Colour balanciert man wiederum Höhen zu Bässe aus.
Eine interne Saturation gibt es ebenfalls, umso höher der Input, umso stärker der Drive, umso roter die Comet-Animation.
Logarithmischer Glide
Bemerkenswert ist die Kombination aus freien und tempo-synchronen Zeitparametern mit nur einem Regler. Man muss man nicht wie sonst üblich umständlich umschalten, sondern man fährt mit einem Controller alle Möglichkeiten direkt an und programmiert sie ganz unkompliziert innerhalb einer Automation-Lane.
Richtig lässig wird es in Verbindung mit dem Glide-Parameter, der Wertänderungen bei Bedarf sehr träge macht. Reißt man dann beispielsweise einen Fader auf, dauert es eine ganze Weile bis der entsprechende Zielwert erreicht wird. Dadurch erzielt man zunächst wirklich smoothe Transitions.
Das Nachlaufen der Werte wird von der Polyverse Comet GUI toll visualisiert. Überhaupt sind die stylishe Grafik und das funktionale Layout des Comet Plugins sehr zu loben. Vom Linksanschlag bis kurz vor Mitte bedeutet das beim Glide-Parameter: gesyncte Werte von 16/1 bis 1/16 inklusive Punktierungen und Triolen. In der Mitte sitzt entsprechend die Null, nach rechts gibt es die freien Zeitparameter. Das Maximum von 30 entspricht ungefähr 30 Sekunden. Alle Änderungen bzw. Glides werden außerdem logarithmisch gedämpft – sexy!
Preset Morphing
Das nächste Highlight ist der Schnellspeicher für bis zu fünf Presets im unteren Bereich, die man allesamt untereinander ganz unkompliziert in der Reihenfolge verschieben kann. Änderungen an den Presets muss man an dieser Stelle übrigens nicht speichern, denn Wertänderungen bleiben auch nach dem Umschalten zwischen den Presets bestehen. Darüber hinaus gibt es selbstverständlich aber auch noch „richtige Presets“ innerhalb von Polyverse Comet.
Warum das Ganze? Der Clou ist der Morphing-Parameter, mit dem man unter Zuhilfenahme eines MIDI-Befehls bzw. Controllers durch die Variationen browsen kann. In der GUI zieht man den Regler nicht direkt. Das braucht man aber auch gar nicht, man kann ja direkt auf die fünf Presets klicke, ferner kann man Presets mit MIDI-Noten wechseln. Am Rande der erneute Hinweis, dass auch hier die Wertübergänge von einem Preset zum nächsten vom Glide-Parameter bedingt werden. Falls man das explizit nicht möchte, sperrt man die gewünschten Parameter mit dem kleinen Schloss, sodass sie fix bleiben.
Alles in allem, sind die Vorgänge sehr durchdacht und man muss sich tatsächlich die Frage stellen, weshalb die DAW-Hersteller nicht selbst auf solche cleveren Ideen kommen.