Adam Deitch ist seit vielen Jahren einer der Vorreiter des modernen Drummings und lässt in seinem Spiel Einflüsse aus Jazz, Funk, Soul, Hip Hop und Latin zu einem einzigartigen Sound verschmelzen. Während er als Gründungsmitglied der Band Lettuce seine Finesse im Funk Drumming zum Besten gibt, lebt er als eine Hälfte des Duos Break Science seine moderne Seite im Electro-Soul und Future-Bass aus. Mit seinem innovativen Sound inspirierte Adam sogar den legendären Jazzgitarristen John Scofield und trieb damit die visionäre Uberjam-Band zu Beginn des Jahrtausends an.
Adam Deitch: moderne Beats mit traditionellen Wurzeln
Über die Jahre spielte er mit unterschiedlichsten Künstlern und Bands wie Average White Band und The Fugees, während er stets an eigener Musik arbeitete. Kürzlich veröffentlichte Adam sein Soloalbum „Age of Imperfection“, auf dem er seine Fähigkeiten als Produzent und Songwriter von freshen Beats unter Beweis stellt. Wir sprachen mit Adam über seine Einflüsse aus frühester Kindheit, den Weg zum eigenen Sound am Instrument und die unterschiedlichen Herangehensweisen an Produktionen seiner verschiedenen Projekte.
Hallo Adam, schön, dass du dir Zeit nimmst. Wo erwische ich dich gerade?
Ich bin endlich wieder mit meiner Band Lettuce auf Tour und erhole mich gerade an einem Off Day bei meinen Eltern in New York. Demnächst kommt unser neues Album raus, weshalb wir viel live spielen werden.
Du hast gerade von deinen Eltern gesprochen – du kommst aus einem Musikerhaushalt, richtig?
Für dich ausgesucht
Ja, und nicht nur das – meine Eltern sind beide Drummer. Sie sind beide zum Berklee College of Music gegangen und spielen neben Drums noch viele weitere Instrumente. Dadurch bin ich mit verschiedensten Einflüssen aus Jazz, Funk, Soul, R&B und Bands wie den Beatles aufgewachsen. Die Kombination aus diesen teilweise völlig unterschiedlichen Musikrichtungen hat mir sicherlich auch dabei geholfen, eine eigene Stimme am Instrument zu finden. Vor allem die Symbiose im Hip-Hop hat mich wirklich nachhaltig beeinflusst.
Waren diese Stile schon immer die Musikrichtungen, die dich am meisten geprägt haben oder bist du in der Jugend auch mit völlig anderen Genres in Berührung gekommen?
Das mag jetzt lustig klingen, aber ich habe immer noch dieselben Lieblingsdrummer wie zu der Zeit, als ich fünf Jahre alt war. Das waren und sind also Steve Gadd, Fred White von Earth Wind & Fire, Clyde Stubblefield und Jabo Starks. Als ich zehn Jahre alt war, habe ich dann Dennis Chambers und David Garibaldi in der Vinyl-Plattensammlung meiner Eltern für mich entdeckt, die natürlich mein Vokabular am Drumset nochmal deutlich erweitert haben. Funk und Jazz sowie Afro Cuban und African Music waren also immer die wichtigsten Einflüsse für mich.
“Die Entwicklung des eigenen Sounds ist wie das Erlernen der Sprache.”
Heutzutage können junge Drummer alles detailliert online auschecken und teilweise in Slowmotion zu Videos üben. Das ist für den technischen Fortschritt großartig, birgt natürlich aber auch das Risiko, dass irgendwann alle sehr ähnlich klingen. Was würdest du jungen Musikerinnern und Musikern empfehlen, damit sie ihren eigenen Sound finden?
Die Entwicklung des eigenen Sounds ist wie das Erlernen der Sprache. Wenn ein Kind irgendwann anfängt zu sprechen, imitiert es die Klänge der Worte der eigenen Eltern und irgendwann beginnt es ganz von selbst, sich in seiner eigenen Form auszudrücken. Ich denke also, dass nichts falsch dabei ist, wenn man sich zu Beginn sehr intensiv mit Lehrmaterial auseinandersetzt. Worauf man aber immer und in jeder Phase der eigenen Entwicklung achten sollte, ist, dass man wirklich unterschiedliche und vielfältige Einflüsse hat. Wenn man jahrelang nur einen Drummer imitiert, wird man auch irgendwann so klingen. Trotzdem scheitert man natürlich am Ende daran, exakt so zu klingen, weil das Vorbild ja andere Einflüsse hat als man selbst.
Deshalb sollte man irgendwann auch das geliebte Vorbild einmal beiseite legen und sich gezielt andere Einflüsse suchen. Ich fand Dennis Chambers immer großartig, habe mich irgendwann aber aktiv mit Drummern wie Jack DeJohnette, Roy Haynes und Elvin Jones beschäftigt. Schlussendlich gilt für mich: Je breiter die Palette der Einflüsse ist, desto mehr wird man irgendwann nach sich selbst klingen.
Abgesehen von Lettuce veröffentlichst du ja hin und wieder auch Solomaterial. Wie verläuft da dein Prozess des Musikmachens?
Das ist immer unterschiedlich. Ich spiele meist ein bisschen Piano und entdecke da interessante Chord-Progressionen oder beim Spielen am Drumset finde ich inspirierende Grooves. Häufig nehme ich diese Beats dann auf und versuche, am Piano dazu etwas zu kreieren. Oft entstehen dadurch vier bis acht verschiedene Akkordverbindungen, die ich dann auf die unterschiedlichen Zählzeiten des Grooves setze und gucke, wie es sich am besten anfühlt. Danach kümmere ich mich um Basslines und Melodien. So entstehen nach und nach Songs, dich ich dann entweder für mein Quartett oder auch für Lettuce fertigstelle.
Die Drums auf deinem aktuellen Trio-Album haben einen authentischen Vintage Sound, während dein Album „Age of Imperfection“ deutlich moderner klingt. Wie war deine Herangehensweise an die Recordings dieser beiden Projekte?
Das war völlig unterschiedlich. Ich wollte einmal diesen alten Blue Note Sound der späten Sechzigerjahre re-kreieren. Viele dieser Alben sind in New Jersey entstanden, also genau dort, wo ich herkomme. Dafür haben wir die Drums sehr offen ohne Dämpfung oder Tape, mit teilweise nur drei Mikrofonen und einem speziellen Reverb aufgenommen. Eine große Inspiration dafür waren auch der Drummer Idris Muhammad und der Sound aus New Orleans. Für „Age of Imperfection“ war der Prozess wiederum ganz anders. Ich habe Drums in meinem Haus aufgenommen und dann Samples per Hand über die Kick und Snare gelegt, um einen Hybrid Sound zu erzeugen. Damit sind also meine Ghostnotes, Hi-Hats und Toms echt gespielt, aber auf den Hauptsignalen von Kick und Snare liegen nochmal zusätzliche Sounds, wodurch alles viel moderner wird.
Arbeitest du bei so einer modernen Produktion dann viel mit Editing und Quantisierung, um das mechanische Feel zu erzeugen oder hat alles dein natürliches Feel?
Ich versuche das, so gut es geht, zu vermeiden. Mein Feel bleibt also bestehen und ich layere die Samples genau auf meine Signale. Dadurch entsteht die moderne Ästhetik, ohne dass ich mit Beat Detective arbeiten muss und dadurch die Lebendigkeit verloren geht. Meistens verwende ich aber nur zwei bis vier Takte meiner Recordings, weshalb ich diese Loops so detailliert wie möglich ausarbeite. Bei einer kompletten Performance über einen gesamten Song wäre das natürlich sehr viel mehr Aufwand.
Mit der „Deitch Academy“ hat Adam ein eigenes Portal für Online-Unterricht gegründet.
Wie setzt du die daraus entstandenen Sounds dann live um?
Das kommt ganz drauf an. Seit den Neunzigerjahren spiele ich Snares mit Splashbecken darauf, um einen modernen Sound zu erzielen. Außerdem nutze ich gestackte Becken und liebe beispielsweise das Clap Stack von Istanbul Agop und das von Stack Ring Percussion. Manchmal nutze ich auch Haushaltsgegenstände wie Bratpfannen, um spezielle Sounds zu bekommen. Der Kreativität sind da natürlich keine Grenzen gesetzt. Ich mag es besonders, mit akustischen Mitteln elektronisch klingende Sounds zu kreieren. Ich habe mit John Scofield auch mit Gitarreneffekten an den Drums experimentiert. Man sollte sich nicht immer mit den Standardsounds begnügen, finde ich.
Hast du manchmal das Gefühl, uninspiriert zu sein? Und wenn ja, was tust du dagegen?
Für mich waren Drums immer mit Spaß verbunden, weshalb ich nie das Gefühl von Stagnation hatte. Ich habe aber immer mal wieder beim Üben Zeiträume, in denen ich gezielt Abstand nehmen muss, damit ich nicht die Motivation verliere. Wenn ich mich aber einfach nur ans Drumset setze und für mich spiele, beruhigt mich das einfach. Deshalb finde ich es auch wichtig, dass man sich am Instrument Zeit dafür nimmt, es einfach nur zu genießen und nicht ständig versucht, etwas zu üben. Wenn man sich einfach an sein Instrument setzt und zu seinen Lieblingssongs spielt, tut das sehr gut und erinnert einen immer wieder daran, weshalb man das eigentlich macht. Ich liebe es beispielsweise, zu 90s Hip-Hop Mixes auf YouTube zu spielen.
Über deine Website kann man Zugang zur Deitch Academy erlangen. Erzähl uns mal ein bisschen davon.
Ich habe jahrelang privat unterrichtet und viele der Unterrichtsinhalte als kleine Videos aufgenommen, um das Material zu bündeln. Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich wirklich sehr viel Material über die Jahre angesammelt habe und dann beschlossen, das alles hochwertig aufzunehmen und über die Plattform einem breiteren Publikum zur Verfügung zu stellen. Das Ganze ist in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gestaffelt, womit für jeden etwas dabei ist. Sobald ich neues Material habe, wird es in hoher Qualität auf der Website verfügbar sein.
Vielen Dank für’s Gespräch!
Adams Equipment:
Drums: Tama Starclassic Maple
Bassdrum: 22“x16“
Toms: 12“x8“, 16“x16“
Snare: 14“x5,5“ Maple Snare, 14“x5,5“ Metal Snare
Becken: Zildjian
Hi-Hat: 15″ K Light Hi-Hats
Crashes: 20″ K Custom Dark Crash
Ride: 22″ K Custom Dark Ride
Effekt-Becken: 11“ K Custom Hybrid Splash, Stack: 17” K Custom Special Dry FX Crash, 14” K Custom Special Dry FX HiHat Top,10” K Custom Special Dry Splash
Felle: Evans G2 Coated, G1 Clear (Resonanzseite)
Electronics: Roland SPDS-X
Website: https://www.deitchbeatsdontquit.com
Deitch Academy: https://deitchacademy.com
Instagram: https://www.instagram.com/deitchadam