Oft spielen Musiker bei Konzerten mit gemieteter Backline. Die Change-over-Zeit bei Festivals ist meist so knapp, dass nicht jede Band ihre eigene Backline aufbauen kann. Oder der Lagerplatz für die vielen Keyboards, Bass- und Gitarren-Amps fehlt. Und meist ist bei kleineren Gigs kein Backliner vor Ort. Dann stehen Tontechniker und Musiker vor unerwarteten Problemen mit dem fremden Instrument.
Wenn der Musiker nicht bemerkt …
Bei diesem Konzert wollte der Bassist endlich mal keine Kompromisse machen. Eine amtliche Bass-Anlage wurde geordert: Und hier stand sie nun mit einem Ampeg SVT CL Röhren-Basstopteil. Die 300 Watt Vollröhre versprach überzeugenden Bass-Sound. Verkabelt wurde aus dem Bass in eine DI, daraus ins Pult und aus dem Parallel-Out der DI ins Bass-Topteil.
Die Bühne war klein. Deshalb konnte sich der Bassist bestens aus der PA hören und wirkte sehr zufrieden. Die tiefen Frequenzen brachten den Bühnenboden kräftig zum Schwingen und der Musiker legte sich mächtig ins Zeug. Schade nur, dass er vergessen hatte, das Topteil anzuschalten.
Dem Tontechniker fiel das nach einiger Zeit auf und er war hin- und hergerissen, ob er den Bassisten darauf aufmerksam machen sollte, wäre es doch einigermaßen peinlich, erst mitten im Gig den eigenen Amp ins Spiel zu bringen. Schließlich entschied sich der FOHler fürs Schweigen und der Bassist ist bis heute vom Ampeg SVT CL schwer begeistert.
Amp abgeraucht?
Fragt man erfahrene Backline-Vermieter nach ihren skurrilsten Erlebnissen im Rental-Geschäft, so sind es oft behauptete Defekte an den gemieteten Instrumenten, die in Wirklichkeit Bedienfehler sind. Der auf Vintage-Equipment spezialisierte Backline-Verleih Rückkopplung versorgt neben zahlreichen Hamburger Clubs und Studios auch das alljährliche Reeperbahn Festival mit Instrumenten. Inhaber Christian Smukal erinnert sich noch gut an jenen Freitagabend vor ein paar Jahren. Es ist Festival-Time und es ist Rush Hour in Hamburg. Da erhält er einen Notruf des Stage-Managements eines Clubs, das am Reeperbahn Festival teilnimmt.
Der Bass-Amp sei abgeraucht. Das Bass-Signal brumme unerträglich und er solle sofort und schnell und überhaupt einen Ersatz-Amp stellen. Unter Hochdruck rast Smukal durch die Stadt und betritt den Club, nur um festzustellen, dass dem dortigen Techniker der Ground Lift an der DI-Box anscheinend bis dahin unbekannt war. Ansonsten sollte man, so Christian Smukal, erst mal alle möglichen Kabel tauschen, bevor man den Verleiher ruft. Viel häufiger als das Instrument seien defekte Kabel die Ursache für Tonausfälle.
Das Ding mit den Netzteilen
Besonderen Wert legen erfahrene Backline-Verleiher auf hochwertige, gut isolierte Netzteile. Sie sind erstaunt darüber, dass mancher Musiker sehr hochpreisige Effektpedale sein Eigen nennt, sich aber für minderwertige Netzteile entscheidet. Dabei gilt hier die Devise: Wer am Netzteil spart, spart am falschen Ort.
Oft wird bei Störungen auf die Backline geschoben, was eigentlich ein Problem eines Netzteils ist. Bei Touren durch die USA erleben Backliner sogar, dass ein Netzteil in der einen Stadt funktioniert, in der anderen hingegen nicht. Und da Musiker selten Ersatz-Netzteile dabei haben, gilt für Tontechniker beim Soundcheck die Devise: Bei jeglichen Problemen mit Gitarren und Bässen erst mal das Instrument ganz direkt in die DI verkabeln. Wenn’s dann sauber klingt, hat das Sirren/ Brummen/ Knacken mit einem dazwischen geschalteten Effekt zu tun.
Das klingt ja ganz anders klingt als beim Soundcheck Und dann war da der aufgeregte Gitarrist, der bei einem Festival während des ersten Songs feststellte, dass das erstklassige Röhren-Topteil Mesa Boogie Triple Rectifier ihn ungewollt in die klanglichen Sphären von Rammstein katapultierte. Dabei hatte er sich doch sorgfältig alle Einstellungen nach dem Soundcheck gemerkt. Leider wusste er nichts von den Rectifier-Select-Schaltern auf der Rückseite, die einer Gitarre wahlweise einen heftigen Sound verpassen oder eine softe Blues-Note. Dieses Feature hatte jedoch die Vorband genutzt.
Wenn das Keyboard den Piano-Sound nicht rausrückt
Eine ungeahnte Herausforderung können Keyboards sein. Selbst wenn die Band lediglich einen handelsüblichen Pianosound wünscht, muss dieser doch erst mal gefunden werden. Was tun, wenn hartnäckig ein Streicherklang ertönt? Wenn man es als Mischer dann noch mit einer Schülerband zu tun hat, sind der Tonmann oder die Tonfrau schnell selbst gefragt und mitunter überfragt, hat doch jedes Keyboard seine eigene Menüstruktur.
Christian Smukal erinnert an einen absoluten Profimusiker, der auf einem Festival ein Nord Stagepiano nutzen wollte. Die Vorband hatte ihr eigenes Setup ins Piano geladen. Danach gelang es dem nachfolgenden Pianisten nicht mehr, seinen Sound zu finden. Was er nicht wusste: Das Piano lässt sich nur auf Werkseinstellungen zurücksetzen, indem man das Werks-Setup vom Laptop neu lädt. Und wenn dann der Pianist vom Techniker noch erwartet, dass er mal eben ein Tastatursplitting rückgängig macht, wünscht sich selbst der gutwilligste FOH-Mensch, ein erfahrener Backliner möge die Bühne entern.
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