Der koreanische Gitarrenhersteller Sire hat vor einigen Jahren im Low-Budget-Bereich ohne Frage neue Maßstäbe gesetzt und liefert wirklich beeindruckend hochwertige Bässe zu einem erstaunlichen günstigen Preis. Ein wichtiger Baustein in der Erfolgsgeschichte von Sire ist dabei die Partnerschaft mit Basslegende Marcus Miller. Miller brachte seine immense Erfahrung in die Entwicklung der Instrumente mit ein, bis diese schließlich den hohen Standards aller Beteiligten genügten. Marcus Miller spielt bekanntlich bevorzugt Jazz-Bässe, und so ist es kaum verwunderlich, dass Sire ihr Debüt auf dem internationalen Markt mit diesem klassischen und traditionellen Modell gab. Im Windschatten der Jazz-Bässe aus der V-Serie brachten die Koreaner allerdings gleich noch eine zweite Modellreihe in die Geschäfte, die ein eigenständigeres Design bietet und Fans von modernen Bassmodellen ansprechen soll. Die Rede ist von den schicken Instrumenten der sogenannten M-Serie, welche aktuell in den drei Ausführungen M2, M5 und M7 zu haben sind. In diesem Test knöpfen wir uns den Sire Marcus Miller M5 in der fünfsaitigen Ausführung vor, der preislich zwischen dem Einstiegsmodell M2 und dem „High-End“-Modell M7 rangiert.
Lieferumfang / erster Eindruck
Der Sire Marcus Miller wird in einem simplen Karton geliefert, ein Gigbag oder ein Koffer gehört also leider nicht zum Lieferumfang. Wer noch keine passende Transportmöglichkeit zu Hause hat, muss also wohl oder übel abermals das Portemonnaie zücken. Das ist in dieser Preisklasse nicht anders zu erwarten, auch wenn es sicherlich Ausnahmen gibt.
Im Karton finden wir neben dem Bass zwei Inbusschlüssel für die Einstellarbeiten am Bass. Als ich den M5 aus dem Karton nahm, fiel mir sofort das niedrige Gewicht auf. Mein Kofferwaage bestätigt dann auch umgehend den ersten Eindruck: Der Testbass ist mit seinen 3,9 kg für einen Fünfsaiter dieser Preisklasse wirklich extrem leicht! Der Ehrlichkeit muss man allerdings auch erwähnen, dass es in der Serie diesbezüglich vermutlich doch deutliche Schwankungen geben wird. Wer ein leichtes Exemplar sucht, sollte sich also vor dem Kauf besser nach dem Gewicht erkundigen – es sind offensichtlich regelrechte M5-Fliegengewichte in der freien Wildbahn unterwegs!
Neben dem Gewicht macht der M5 auch darüber hinaus einen sehr guten Eindruck und bietet aus verarbeitungstechnischer Sicht keinen Grund zu Beanstandungen. Bei meinem Testbass ist allerdings das Griffbrett wohl aufgrund von Klimaveränderungen leicht geschrumpft, sodass die Bundenden minimal überstehen.
Die Funktion wird dadurch nicht beeinträchtig, aber die Haptik des Halses ist aufgrund der spürbar rauen Kanten eben nicht optimal. Das passiert allerdings leider selbst bei edelsten Boutique-Bässen und ist per se kein Beinbruch – und schon gar nicht auf fehlerhafte Verarbeitung zurückzuführen. Jede Gitarrenwerkstatt kann die überstehenden Bundenden in kürzester Zeit wieder in die Spur bringen, sodass sich der Hals wieder geschmeidig anfühlt.
Korpus
Sire setzt bei der M-Serie auf ein modernes Korpusdesign mit schlanken Korpushörnern, weichen Shapings an der Vorder- und Rückseite und einem ergonomisch geformten Halsansatz, der den Zugang bis zum 24. Bund ermöglicht. Der kompakte Korpus besteht aus leichter Sumpfesche, deren Maserung durch die transparente Hochglanzlackierung in Blau/Türkis/Grün-Farbtönen zum Vorschein tritt. Alternativ ist der M5 auch in schicken weiteren Lackierungen erhältlich.
Die Saiten laufen durch den Korpus (String Through Body) über eine sehr solide wirkende und komfortabel einstellbare Stegkonstruktion mit der Bezeichnung Marcus Miller BigMass 2, die aus dem Hause Sire stammt. Neben der Justierung von Saitenlage und Intonation erlaubt die Bridge auch die unkomplizierte Anpassung der Saitenabstände. Ab Werk beträgt das Spacing komfortable 18 mm.
Obwohl das Aufziehen der Saiten durch den Korpus sicherlich eine sinnvolle Option ist, ist man bei der Marcus Miller BigMass 2 natürlich nicht darauf festlegt: Die Saiten können auch auf herkömmliche Art durch Öffnungen am hinteren Teil der Brücke eingefädelt werden.
Hals
Die angeschraubte Halskonstruktion des 35“-Fünfsaiters (Extra-Longscale-Mensur) setzt sich aus insgesamt fünf Teilen zusammen. Um die Stabilität des Halses zu gewährleisten, wurden drei breitere Streifen aus Ahorn mit zwei schmaleren Mahagoni-Streifen verleimt. Der Halsrücken wurde anschließend mit einer dezenten Versiegelung behandelt. Das Finish fühlt sich sehr organisch an und verhindert unangenehme Bremseffekte bei schwitzigen Händen.
Bei der Wahl des Griffbrettmaterials fiel die Entscheidung auf hartes Ebenholz, das sich im Idealfall klanglich mit schönen klaren Höhen bemerkbar machen sollte. Sire rundet die Griffbrettkanten seit der zweiten Generation ihrer Modelle ab, um eine angenehme Haptik des Halses zu erzielen. Diese Maßnahme ist in der Herstellung durchaus aufwändig und deshalb bei Bässen der unteren Preisklasse absolut nicht an der Tagesordnung – Daumen hoch dafür!
Im Griffbrett sitzen 24 Bünde, und zur Lagenorientierung gibt es die üblichen runden Einlagen auf der Oberseite und an der Flanke. Die Saiten laufen schließlich über einen Knochensattel zur modern gestalteten, schwarz lackierten Kopfplatte, welche fünf geschlossene Stimmmechaniken in einer 3:2-Anordnung sowie den Zugang zum Halspannstab beherbergt.
Tonabnehmer / Elektronik
Klangliche Flexibilität steht beim M5 ganz klar im Fokus und spiegelt sich natürlich auch in der Tonabnehmer– und Elektronikausstattung wider. Sire installiert zwei sogenannte „Marcus Miller Pure“-Humbucker, deren Spulen mit kleinen Schaltern im Cockpit des Basses parallel, seriell oder in den Singlecoil-Betrieb geschaltet werden können.
Die Humbucker leiten das Signal weiter an den Marcus Heritage 3-Preamp. Neben den herkömmlichen Lautstärke- und Panorama-Potis gibt es hier eine 3-Band-Klangregelung mit durchstimmbaren Mitten (200 Hz bis 1 kHz) sowie eine Tonblende für den aktiven und passiven Betrieb. Aufgrund der vielen Funktionen verwendet Sire für den Preamp zwei Doppelpotis – die Tonblende wird im unteren Ring des Lautstärkereglers und die Mittenfrequenzwahl im unteren Ring des Mittenreglers bedient.
Ein Kritikpunkt bei Tests von Sire-Bässen war oftmals die niedrige Qualitätsanmutung der Kunststoff-Potiknöpfe und das lästige Mitdrehen der Doppelstock-Potis. Bei den etwas höherpreisigen Modellen – wie dem M5 – kommen allerdings Knöpfe aus Aluminium zum Einsatz, die erstens deutlich hochwertiger wirken, und zweitens das Mitdreh-Problem beseitigen – großes Lob dafür!
Der Preamp wird von zwei 9 Volt-Batterien gespeist, die in einem kleinen, von der Elektronik separierten Fach auf der Rückseite des Basses untergebracht sind. Im Passivbetrieb funktioniert der M5 erfreulicherweise auch ohne Batterien, sodass man den Gig problemlos zu Ende spielen kann, falls die Stromlieferanten wieder mal in einem unpassenden Moment schlappmachen sollten.