Der Yamaha CS-80 ist ein rares Flaggschiff. Vor allem die ausdrucksvollen Synthesizer-Parts zum Soundtrack von Blade Runner machten diesen 1977 erschienen Analog-Synthesizer berühmt. Neben Vangelis nutzten ihn auch Toto, Hans Zimmer oder Peter Gabriel im Studio. Noch vor dem monströsen CS-80 präsentierte Yamaha die Synth-Preset-Orgel GX-1 in einer sehr limitierten Auflage. Es war schon damals ein Marketing-Strategie von Yamaha, neue Produktserien mit Prestige-Objekten einzuführen, das sich nur wenige Promis wie Stevie Wonder leisteten
Obwohl sich die beiden elektronischen Tasteninstrumente optisch und konzeptionell unterscheiden, sind sich CS-80 und GX-1 von Yamaha in ihrer analogen Klangerzeugung ziemlich ähnlich. So hat sich Cherry Audio wohl zu einer neuen Aufgabe inspiriert gefühlt: GX1 + CS-80 = GX-80. Ob diese Rechnung beim neuen Produkt Cherry Audio GX-80 praxisnah aufgeht? Angesichts der bisherigen Instrumente wie Memorymode, Elka-X oder Mercury-4 sind wir schon jetzt optimistisch. Und die Formel „Viel Synthesizer für wenig Geld“ beherrscht Cherry Audio. Vorsicht, der GX-80 verblüfft mit einer funktionellen Fülle, die wir in diesem Kurztest nur streifen. Im Fokus stehen 16 Audio-Demos, die einige klanglichen Stärken offenbaren.
Checkliste zum Kauf
- Zwei Prestige-Instrumente der 70er vereint
- Typischer Elektronik-Vintage-Sound
- Riesige Preset-Library
- Gute Layer-Möglichkeiten
- Klangausdruck per Anschlag/Druckdynamik
- Günstiger Preis
DETAILS UND PRAXIS
Der Cherry Audio GX-80 auf einen Blick
Das rund 100 kg schwere Vorbild Yamaha CS-80 bietet 2 x 8 Stimmen, eine analoge Klangerzeugung mit Tief/Hochpassfilter, einen Ringmodulator sowie eine dynamisch spielbare Tastatur samt polyfonem Aftertouch. Die Emulation dieses Ausnahme-Instruments haben Arturia und die kleine norwegische Schmiede Memorymoon schon übernommen. Cherry Audio packt noch die Features des GX-1 ins neue Plugin. So erlaubt der GX-80 im Dual Layer Mode das doppelte Stimmenaufgebot, bietet einen Keyboard Split, ergänzt Wellenformen und Filtermodelle. Die spezifischen Parameter des GX-1 erkennt man auf dem GUI des GX-80 anhand der Farbe (orange).
Das Panel Layout ist fünffach unterteilt: Synthesizer-Parameter, Effekte sowie drei Sektionen, die ein ausdrucksvolles musikalisches Spiel ermöglichen: Performance Controls, Global Controls und Left Hand Controls. Wie expressiv man mit dem Yamaha CS-80 performen kann, demonstriert Vangelis in seiner bekannten Musik. Genau diesen besonderen Performance-Charakter zeichnet den großartigen Yamaha-Synthesizer aus.
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Was bietet der Cherry Audio GX-80 klanglich?
Im Browser versammeln sich über 1.000 Presets – ein rekordverdächtiges Aufgebot, so viele Patches gab es noch für keinen virtuellen CS-80. Für den ausgiebigen Check kann ein langes Wochenende verbracht werden. Sie lassen sich nach den bekannten Kategorien (Bass, Pad, Lead, etc.) aufstöbern. Am besten markiert man sich gleich seine Favoriten.
Insgesamt 16 Kostproben zeigen, welche Sounds dieser Software-Synth besonders gut liefern kann. Dazu gehören klassische Brass, Streicher, Leads, Plucks und dank des Ringmodulator auch einige experimentellere Klänge. Böse Zungen würden von einer „Synthesizer-Orgel“ sprechen. Bei ausdrucksvoller Spielweise kann dieser Soft-Synth kraftvoll und erhaben klingen.
Die Klangqualität des GX-80 ist ziemlich gut, aber nicht sensationell. Erfreulicherweise klingen die meisten Presets auch ohne Aftertouch sowie weiteren MIDI-Controller-Einsatz schon rund und lebendig. Bei den Demos haben wir das Aftertouch und Bending daher auch nicht überstrapaziert.
Ist das Plugin leicht zu bedienen?
Eigentlich muss man nicht selber am Panel herumdoktern. Die mitgelieferten Presets dürfte zahlreiche Soundwünsche erfüllen – viel hilft viel. Es braucht aber Zeit, die vielen und guten Performance-Möglichkeiten zu erschließen. Wer den GX-80 intensiv nutzen möchte, sollte Aftertouch nutzen und sich sein eigenes MIDI Controller-Setup anfertigen, mit dem sich wichtige Klangparameter per Knobs und Fader des MIDI-Keyboards oder einer anderen Hardware steuern lassen. Die MIDI-Learn-Funktion hilft dabei. Auch die Focus-Ansicht sorgt bei dieser Fülle an Bedienelementen für eine bessere Übersicht auf dem vollgepackten GUI.
Wie verhält sich der GX-80 zur Konkurrenz?
Wie schon angesprochen: Es gibt zwei weitere Emulationen des Yamaha CS-80, an denen sich Cherry Audio messen lassen muss: Arturia CS-80 V und Memorymoon ME80. Dabei definiert der GX-80 die praktische Mitte und ist klar der Budget-Tipp unter den drei Kandidaten. Bezüglich Sound fällt keines der Plugins deutlich ab, jedes Instrument bringt ein wenig seinen eigenen Charakter ins Spiel.
Cherry Audio GX-80 | Arturia CS-80 V | Memorymoon ME80 | |
System | Mac/Windows | Mac/Windows | Windows |
Preis | 59 Euro | 199 Euro | 40 US-Dollar |
Besonderheiten | CS-80 und GX-1 in einem Plugin | Advanced Features (Modulation und Effekte) | Simple Emulation plus EQ, Delay und Reverb |
Was könnte man verbessern?
Als weitere Features wären vordefinierte Macro-Regler für die gezielte Kontrolle der CS/GX-spezifischen Parameter sowie ein Arpeggiator oder Step-Sequencer wünschenswert. Damit könnte man – ähnlich wie beim Elka-X von Cherry Audio – eindrucksvolle Phrasen im Dual/Split-Mode erstellen. Vielleicht bleiben die Entwickler nicht zu sehr am originalen Produktdesign hängen. Ein bisschen spritziger für aktuelle elektronische Musik könnte der GX-80 schon werden. Beim GX-1 war übrigens noch eine Rhythm Machine integriert. Das wäre auch für den GX-80 eine schöne Option. Überhaupt warten wir schon händeringend auf eine Drum Machine VST von Cherry Audio.
Fazit
Die Gleichung „CS-80 + GX-1 = GX-80“ macht den neuen Synth von Cherry Audio tatsächlich einzigartig. Selbst wenn man die tolle Arturia-Emulation des CS-80 schon hat, reizt und lohnt sich der Kauf. Allerdings sollte man den Vintage-Charme der 70er mögen und Sounds expressiv mit Aftertouch, Handrad und weiteren physikalischen Controllern spielen wollen. Wie seine beiden Originale will der GX-80 als klassisches Musikinstrument mit Händen und Füßen gespielt werden. Für Techno und Co ist der GX-80 wiederum kein bedeutender Gewinn. Ideal ist er für klassische Synthesizermusik, Ambient und Soundtracks.
Alles in allem gehen beiden Daumen hoch: Cherry Audio hat wieder einen richtigen Schnapper herausgebracht. Allein die umfangreiche Library mit rund 1.000 Preis ist eigentlich schon den Preis wert. Und wer hat schon einmal eine solche Rarität wie den GX-1 in seiner DAW erlebt? Also, Demo für 30 Tage nutzen und auf Zeitreise gehen!
- Zwei Raritäten in einem Plugin
- Emulation aller Funktionen inklusive Ringmodulator
- Charaktervoller Vintage-Sound
- Opulente Layer
- Expressive Performance möglich
- Riesige Preset-Library
- Sehr gutes Preis/Leistungsverhältnis