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Vangelis – Sounds für Synthesizer

Der griechische Komponist und Musiker Vangelis ist im Mai 2022 im Alter von fast 80 Jahren verstorben. Er gilt als eine Synthesizer-Ikone und wird seine elektronische Musik nun auf dem Olymp spielen. Bis heute inspiriert er Musiker, Producer und auch Sounddesigner. So wundert es kaum, dass Klänge im Stil von Vangelis in unzähligen Patches für Synthesizer und Sampler auftauchen. Einige Designer haben sogar eine komplette Library mit Vangelis-Patches produziert. Diese Soundware ist oft der beste praktische Einstieg, wenn Musik im Stil des griechischen Ausnahmekünstlers mit aktuellem Equipment produziert oder performt werden soll. Wir stellen eine Auswahl der besten Vangelis-Sounds für Synthesizer vor.

Vangelis-Sounds für Synthesizer
Vangelis-Sounds für Synthesizer. (Quelle: Shutterstock / Kraft74)

Das Vermächtnis

Das Lebenswerk auf einen Blick: Vangelis hat über 17 Soloalben und viele weitere Werke veröffentlicht. Zu seinen bekanntesten Titeln zählen drei Soundtracks: Chariots of Fire (1981), Blade Runner (1982) und Conquest of Paradise (1992).

Wenn man die Musik etwas objektiver betrachten möchte: Auffällig ist die Mixtur aus elektronischen und akustischen Tasteninstrumenten der 1970/80er Jahre, mit dem Vangelis wie mit einem virtuellen Orchester live arbeitete und bekanntermaßen Musik für die Leinwand komponierte. Er ließ sich von keinem Computer inspirieren oder gar dirigieren. Er agierte oft spontan und in einem erstaunlich hohen Tempo an seinen Keyboards. Im Fokus stand bei Synthesizer-Fans vor allem die ausdrucksvolle Performance am Yamaha CS-80, von dem es einige Software-Emulationen gibt.

Vangelis in seinem Studio.
Vangelis in seinem Studio. (Quelle: Vevo)

Vangelis besondere Art zu Arrangieren

Vangelis spielte praktisch wie ein Konzertpianist lange Passagen ein und nahm sie ohne nachträgliches Editieren auf. Auch das Mixing übernahm Vangelis übrigens selbst. In seinem Geräte-Park fanden sich keine besonderen Raritäten, sondern eher Instrumente, die viele andere Musiker während der 1980er und 90er Jahre ebenfalls hatten. Dazu zählten Sampler wie Akai S1000 und Emu Emulator II und Synthesizer wie Korg M1, Roland D-50 und MKS-80, Sequential Prophet VS oder Yamaha DX7. Allerdings nutzte er über 20 Jahre ein maßgefertigtes Setup, das dieses Standard-Instrumentarium für orchestrale Live-Performances tauglich machte.

Vangelis: Yamaha CS-80.
Vangelis schöpfte die Performance-Möglichkeiten des Yamaha CS-80 auf besondere Weise aus. Heute ist dieser Klassiker als Emulation zu bekommen: Arturia CS-80 V. (Quelle: Matthias Sauer)

Was ist typisch für den Vangelis Sound?

Eine kompetente Antwort liefern die Sounddesigner, die sich mit den Synthesizer Patches von Vangelis über viele Jahre intensiv beschäftigt haben. Das sind Søren Hybel alias Luftrum aus Dänemark sowie der in den USA lebende Paul Schilling. Søren Hybel alias Luftrum schätzt vor allem die expressive Performance, Paul Schilling ist von den einfachen, aber magischen Arrangements fasziniert:

Søren Hybel aka Luftrum

„Der Sound von Vangelis hat viel mit Ausdruckskraft zu tun. Man findet so viel Sprache und Musikalität in seinen Klängen, die sich per Velocity, Modulationsrad oder Aftertouch entwickeln. Das macht den Sound von Vangelis so einzigartig. Bei meiner Library „Vangelis for Omnisphere“, meine Hommage an sein Vermächtnis, habe ich versucht, diese enorme Ausdruckskraft bei allen Presets zugänglich zu machen. Wer mich schon länger kennt, weiß, dass in jeder Luftrum-Veröffentlichung immer ein bisschen Vangelis steckt. Er ist und bleibt meine größte Inspiration.”

Vangelis: Sounddesigner Søren Hybel alias Luftrum
Sounddesigner Søren Hybel alias Luftrum, Produzent der Library „Vangelis for Omnisphere“. (Quelle: Søren Hybel)

„Ein Favorit ist natürlich der Soundtrack zu „Blade Runner“ mit dem zurecht sehr oft imitierten CS-80 Lead. Ebenso mag ich die Musik zu „L’apocalypse des Animaux“, „Opera Sauvage“ und „Antarctica“. Es gibt viele Synthesizerklänge von Vangelis, die mich inspirieren. Das gesamte Antarctica-Album ist wunderschön, mit Keys- und Pad-Sounds. Einzigartig finde ich auch den Keys-Sound im Intro von „Hymne“, das man auf dem Album „Opera Sauvage“ hören kann. Eigentlich finden sich bei Vangelis zu viele inspirierende Sounds, um sie alle einzeln zu würdigen.“

Paul Schilling

„Vangelis steht für Vielfalt. Toll finde ich die Mixtur von elektronischen und akustischen Instrumenten, wie auf seiner LP „China“ zu hören. Charakteristisch ist auch das ausdrucksvolle Spiel einfacher Töne mit nur einem Oszillator des von ihm geliebten Yamaha CS-80. Für mich persönlich hat der Vangelis-Sound auch viel mit dem Fender Rhodes zu tun. Viele meiner Lieblingstitel haben etwas Melancholisches und Ätherisches, wobei der Rhodes-Klang mit ein wenig Chorus einiges dazu beiträgt. Das kann man bei dem Stück „Reve“ der LP „Opera Sauvage“ erleben.“

Vangelis: Sounddesigner Paul Schilling
Sounddesigner Paul Schilling, Produzent der Arturia Library „Vangelis Tribute II“. (Quelle: Paul Schilling)

„Bei diesem Track kommt noch ein weiteres Element zum Tragen, das Vangelis meisterhaft beherrscht: Sound-Effekte zur Kreation von Atmosphären. In „Memories of Green“ bringt er wunderbare Effekte, die an ferne Sirenen oder Stadtgeräusche erinnern. Weitere Beispiele finden sich bei seinem Soundtrack zu Bladerunner. Nicht zuletzt bewundere ich seinen Minimalismus. Er verwendet bewusst wenige Komponenten und formt daraus einen fulminanten Sound, der sich über das gesamte Frequenzspektrum verteilt.“

Eine Auswahl der besten Vangelis-Soundware

Der einfachste und effektivste Weg ist, kommerzielle Presets zu erwerben. Damit kann Musik im Stil von Vangelis performen. Die bei weitem umfangreichste Kollektion bei höchstem qualitativem Level liefert Søren Hybel alias Luftrum. „Vangelis for Omnisphere“ ist für den Boliden von Spectrasonics erstellt worden. Die Library bietet 90 Patches und 25 Multis für Omnisphere 2.

uftrum bietet eine umfangreiche Bibliothek mit Patches im Stil von Vangelis
Luftrum bietet eine umfangreiche Bibliothek mit Patches im Stil von Vangelis. (Quelle: Matthias Sauer)
Produktseite Luftrum Vangelis for Omnisphere 2

Das Sound-Pack „Vangelis Tribute 2“ für Arturia Analog Lab enthält 34 Patches, die Paul Schilling kreiert hat. Es sind Leads, Strings und Keys, pulsierende Sequencer und Noise-Effekte.

Paul Schilling hat ikonische Vangelis-Sounds mit den Synthesizern von Arturia erstellt
Paul Schilling hat ikonische Vangelis-Sounds mit den Synthesizern von Arturia erstellt. (Quelle: Mathhias Sauer)
Produktseite Vangelis Tribute 2 für Arturia Analog Lab

Neben diesen beiden hochkarätigen Produkten finden sich auf dem Soundmarkt weitere Angebote. So zum Beispiel die Library “The iconic sounds of Vangelis” für Synthesizer der Roland Cloud und für Roland System-8.

Produktseite The iconic sounds of Vangelis für Roland System-8 (und Roland Cloud)

Cinetrance „The Sound of Vangelis” macht das Oeuvre wiederum als Sample/MIDI-Pack zugänglich.

Produktseite Sample-MIDI-Pack The Sound of Vangelis

Ansonsten bietet die Seite „PresetPatch“ diverse kostenfreie Sounds.

Produktseite PresetPatch

Generell heißt es „Ohren auf beim Preset Diving“: Im Preset Browser so mancher Plugins lassen sich noch überraschend viele Sounds auffinden, die den Klängen von Vangelis nachempfunden sind. Dabei konzentriert sich nicht alles auf Synthesizer, auch Presets für Effekt-Plugins sollte man aufmerksam durchsteppen. So liefert etwa der ChromaVerb von Apple Logic Pro mit dem Setting „Greek Wash“ eine schöne Vorlage für den Nachhall vieler Vangelis-Sounds.

Effekt: Reverb für Vangelis-Sounds
Neben den Instrumenten zählt auch der passende Reverb für den Vangelis-Sounds. Der ChromaVerb von Apple Logic Pro enthält bereits eine Vorlage. (Quelle: Matthias Sauer)

Wie klingen kommerzielle Vangelis-Patches?

Diese Frage beantworten wir möglichst praxisnah. Dazu spielen wir live insgesamt 15 Patches der „Vangelis for Omnisphere 2“ Sammlung von Luftrum an. Es sind allesamt Multis, bei denen mehrere einzelne Patches als Layer oder Split kombiniert sind. Man hört die spezifischen Elemente heraus. Es ist eine Melange aus elektronischen und akustischen Instrumenten. Eine Kombination aus sphärischen Pads und Keys mit prägnanten Sägezahn- oder Sinus-Leads, untermauert von pulsierenden Sequenzen. Eine tragende Komponente ist der weite, nebulöse und leicht schimmernde Hall etlicher Vangelis-Sounds.

Audio Samples
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(Vangelis/Luftrum) Patch „Blade Emerging Explorer“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Blade Runner Scape“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Abraham’s Chakra Strings“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Song to Nemo“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Oracle of Stars“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Sound of Choral“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Blade Grandeur Blues“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Sines of Echo“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Antartica“ (Vangelis/Luftrum) Patch „The Voices of Future Night“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Lagoon Dreamer“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Blade Hymne Harmonies (Vangelis/Luftrum) Patch „Blade Jupiter Stars Together“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Tears in Rain“ (Vangelis/Luftrum) Patch „Shakuhachi Harp“

Wie erstellt man selbst einen Vangelis-Sound?

Keine Frage, es geht auch ohne kommerzielle Library. Sounds von Vangelis kann man eigenhändig nachbilden. Wir möchten hier aber keine Kopie des Blade Runner-Themas anfertigen. Vielmehr geht es um drei verwandte Patches, die Paul Schilling an einer Emulation des Yamaha CS-80 erstellt hat: CS Violine (SoilFest Violin), CS Flöte (SoilFest Flute) und BR Blues (BladeRun Blues Lead). Diese drei Patches sind in der Arturia-Library „Vangelis Tribute 2“ enthalten und man kann sie sich relativ einfach selber programmieren.

CS Violine und CS Flute (Paul Schilling)

Die Vangelis CS Violine basiert auf nur einem Sägezahn-Oszillator bei geöffnetem Filter. Per Anschlag- und Druckdynamik kann man Lautstärke und Vibrato ausdrucksvoll gestalten. Der Aftertouch bewirkt, dass sich das Vibrato zugleich tiefer und schneller bei zunehmender Lautstärke entwickelt. Bei der CS Flute wird lediglich die Eckfrequenz des Tiefpass-Filters auf etwa die Hälfte gesenkt. Das ist schon alles – Vangelis neigte stark zum Minimalismus, wobei er die vielfältigen Einstellungen des CS-80 für ein expressives Spiel ausgiebig nutzte.

BladeRun Lead-Synth im Detail (Paul Schilling)

Der Lead-Synth BladeRun Blues nutzt beide Layer des Yamaha CS-80. Layer 1 besteht aus einer Mischung aus relativ dünner Pulswelle, die sehr langsam moduliert wird, und einer Sägezahnwelle. Das Filter ist fast offen, nutzt aber ein wenig Resonanz, um den schärferen Klang einer Harmonika zu imitieren. Mit Aftertouch und Velocity kann man Filter und Dynamik feinfühlig steuern. Der zweite Layer des Lead-Synths ist im Grunde ähnlich programmiert, verzichtet aber auf die Sägezahnwelle. Layer 1 und 2 sind leicht gegeneinander verstimmt und haben ein moderates Attack und eine kurze Release-Zeit. Hinzu kommt ein feines „Initial Pitch Bend“ während der Einschwingphase, eine spezifische Einstellung des Yamaha CS-80. Eine akustische Kostprobe aller drei Patches geben die nächsten beiden Audio-Demos, die mit Arturias CS-80 Emulation erstellt wurden.

Audio Samples
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Die Patches „SoilFest Violin“ und „SoilFest Flute“ von Paul Schilling Der Lead-Synth „BRBlues Harmonica“ von Paul Schilling

Antarctica Lead (Luftrum)

Weitere Einblicke gibt der Sounddesigner Luftrum. Er skizziert die Entwicklung eines Sounds, den er besonders mag: Es ist der Keys-Sounds, mit dem Vangelis das Thema von „Antarctica“ instrumentiert. Dieser spezielle Sound lässt sich eigentlich keiner bestimmten Soundkategorie eindeutig zuordnen. Er klingt wie ein gesampeltes akustisches Instrument. Es könnte auch ein gezupftes asiatisches Saiteninstrument sein oder ausschließlich von einem Synthesizer stammen.

Antarctica Lead im Detail

Luftrum baut diesen Keys-Sound von Antarctica mit der Engine von Spectrasonics Omnisphere nach. Er nennt ihn „Antarctica Lead“ und verwendet hauptsächlich eine Pulswelle des Roland Juno-60. Der Trick liegt nun bei den ADSR-Hüllkurven und dem Filter. Man nimmt zwei Hüllkurven (Lautstärke und Filter), deren Einstellungen fast identisch sind. Für den originalen Sound dürfte vermutlich nur eine Hüllkurve verwendet worden sein. Es handelt sich um einen sehr scharfen Attack, ein schnelles Decay sowie um ein moderates Sustain. Hinzu kommt ein LFO für Vibrato. Luftrum fügt auch sehr subtil eine Dreieck-Wellenform unter dem Hauptoszillator hinzu, die ein wenig Tiefe erzeugt. Als Effekt dient ein Chorus, der das Attack etwas verzögert und den Klang abrundet, indem er den scharfen Attack ein bisschen abschwächt. Die mittleren Frequenzen hebt er per Equalizer an und verhallt den gesamten Klang mit einem längeren Reverb.

Patch: Antartica Lead
Die letztlich simplen Einstellungen für einen artikulationsreichen Sound wollen mühsam erarbeitet werden, so auch beim „Antarctica Lead“ für Omnisphere. (Quelle: Matthias Sauer)

Einfacher Sound mit viel Ausdruck

Wenn auch die Basis dieses „Antarctica“-Sounds ziemlich einfach und ohne intensive Modulationen funktioniert, kann ein solches Preset viel Zeit erfordern, bis es wirklich richtig überzeugt. Man benötigt einfach die präzisen Einstellungen für alle Parameter – von Filter, Hüllkurven, Chorus und Reverb. Das Filter reagiert samt Lautstärke auf Velocity und kann zusätzlich per Modulationsrad gesteuert werden. Ein größeres Maß an Vibrato kann man per Aftertouch erreichen. Im folgenden Audio-Demo sind die einzelnen Programmier-Schritte zu erfahren. Luftrum spielt zunächst den Oszillator (Juno-60 Pulswelle) und ergänzt danach ein subtiles Dreieck für mehr Tiefe. Anschließend reichert er den Sound mit einem langen, üppigen Reverb und ein wenig EQ an. Im letzten Durchgang ist das Endresultat mit Chorus-Effekt zu erleben.

Audio Samples
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Luftrum zeigt die Programmierung des Patches „Antarctica“ in vier Etappen.

Zum Schluss

Es ist heute ein Leichtes, Vangelis als Preset am eigenen Synthesizer zu konsumieren. Doch es ist nicht allein der Sound: Entscheidend sind neben dem Arrangierstil und Mixing vor allem die expressive Spielweise am Instrument. Und die besondere Fähigkeit, persönliche Emotionen in Musik zu transportieren. Vangelis ist weder Preset-Anwender noch ein typischer DAW-Producer gewesen. Als virtuoser Performer hat er seine Musik quasi live an Tasteninstrumenten eingespielt, was ihn von den meisten aktuellen Vertretern elektronischer Musik unterscheidet. Sein Einsatz physikalischer Controller macht ihn nachahmenswert. Pedale, Räder und andere Spielhilfen kann man nicht oft genug verwenden. Nur so kann die Musik der griechischen Synthesizer-Ikone tradiert werden.

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