Die Toten Hosen haben sich zur Einladung von ‘Pantera’ beim Rockfestival Rock im Park geäußert. Sie üben zwar Kritik am Verhalten von Pantera-Frontman Anselmo, werden aber weiterhin als Headliner beim Rock am Ring und Rock im Park auftreten. Das sorgt für gemischte Gefühle bei den Fans.
Update 24. Januar: Pantera wurde von Rock im Park aus dem Programm genommen. Die offizielle Seite von RiP hat am Abend des 23. Januars ein kurzes Statement zu der Situation veröffentlicht: “Die Band Pantera wird nicht wie angekündigt bei Rock im Park und Rock am Ring 2023 auftreten. In den letzten Wochen haben wir viele intensive Gespräche mit Künstler*innen, unseren Partner*innen und euch, den Festivalfans, geführt, uns mit der Kritik weiter gemeinsam auseinandergesetzt und uns dazu entschlossen, die Band aus dem Programm zu nehmen.”
Die Punker aus Düsseldorf sind seit jeher politisch und stets gegen Rechts aufgetreten. Wörter wie “weltoffen und tolerant” hört man sowohl in Texten als auch in Diskussionsrunden immer wieder. Zwar erwartet Sänger Campino von Bands nicht, sich politisch zu positionieren. “Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn ein Künstler sagt: Politik ist für mich Privatsache, ich sehe meinen künstlerischen Auftrag nicht darin. Das ist völlig in Ordnung”, sagt Campino vor einem halben Jahr in einem Interview mit der dpa.
Im Falle von den Toten Hosen blieb der Band damals wie heute allerdings nicht anderes übrig. “Erst mit dem Wegsterben der ersten Generation von Punkbands, als sich kaum noch jemand aus der Szene politisch geäußert hat, haben wir uns entschlossen, unsere harte Musik mit politischen Botschaften zu verbinden und diese neu entstandene Lücke zu schließen – auch um das Ganze nicht dem rechten Lager zu überlassen.”
Kein Wunder also, dass von den Hosen eine Reaktion erwartet wird, wenn eine Band mit befleckter Geschichte ebenfalls auftritt. Hier geht es um den Fall von der amerikanischen Metal-Band ‘Pantera’. Dessen Sänger Anselmo fiel in der Vergangenheit mehrmals durch rassistische Äußerungen auf. Auf Youtube gibt es eine Zusammenstellung von Clips, in denen der Sänger über “white pride” (dt.: “Stolz von Weißen”) redet. Negativer Höhepunkt war ein Auftritt 2016, bei dem Anselmo auf der Bühne den Hitlergruß zeigte und “White Power” in die Menge grölte (unser Bericht dazu). Die Entschuldigung danach war mau und nicht wirklich glaubhaft. Trotzdem wurde die Band für 2023 bei Rock im Park und zahlreichen anderen Festivals in Europa gebucht.
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Die Toten Hosen melden sich mit zwei Statements zu Wort
Also zurück zu den Hosen. Die ewige Band hat auf Facebook einen langen Meinungsbeitrag zu dem Fall veröffentlicht, schließlich tritt sie auf dem Festival auf. Anfangs wird der politische Diskurs von Seiten des Publikums gelobt. “Wir finden es großartig, dass viele Besucherinnen und Besucher von RaR und RiP politisch sensibel sind und Sachverhalte kritisch hinterfragen, die im Zusammenhang mit der Musik und den auftretenden Acts stehen. Vor allem, wenn es um Rassismus, Homophobie oder Rechtsextremismus geht.” Danach wird zur explizit Stellung zur Causa Pantera genommen. Dabei geht es vor allem um den Vorfall aus 2016.
“Das Video, das den offensichtlich besoffenen Anselmo 2016 beim Hitler-Gruß und dem Rufen einer rassistischen Parole zeigt, ist abstoßend und widerlich. Auch wenn er sich bald danach für sein unterirdisches Verhalten entschuldigt hat und seitdem beteuert, dass er kein Rassist sei und aus seinem damaligen Verhalten gelernt habe, bleibt die Frage, wie glaubwürdig seine Entschuldigung ist und wie man mit dieser Problematik umgeht.” Danach wird argumentiert, dass Pantera bei zahlreichen Festivals in Europa spielen wird und sie den gleichen Booking-Manager wie ‘Rage Against the Machine’ haben.
“Bei RATM darf man wohl davon ausgehen, dass sie sich nicht von einem Agenten vertreten lassen würden, der gleichzeitig rechtsradikale Bands im Programm hat. Wir selber sind Phil Anselmo nie begegnet und können nicht beurteilen, wie es um seine wahre Gesinnung steht. Die ganze Situation empfinden wir als kompliziert und unglücklich”, so die Band um Campino weiter.
Danach schreibt die Band, dass sie auf das “Booking-Team von RaR/RiP grundsätzlich vertrauen” müsse. Schließlich ist es deren Aufgabe zu prüfen, ob eine Band “zum Umfeld des Festivals passt und mit seinem Spirit vereinbar ist.”
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Mehr InformationenReaktion der Fans führt zu weiterem Statement der Toten Hosen
Die meisten Follower auf Facebook zeigten sich mit den Ausführungen zufrieden. “Sehr gutes Statement. Allemal besser als engstirniger Boykott (und damit letztlich auch Selbstaufgabe und Resignation)”, schreibt ein Nutzer. Ein anderer schreibt: “Korrektes Statement. Können sich einige andere als Vorlage nehmen für good practice”. Doch es gab auch einiges an Kritik an dem Posting. Eine Nutzerin schreibt: “Ganz trauriges Statement. ‘Die anderen ziehen auch keine Konsequenzen, also wir auch nicht.’ Mal wieder Kohle vor allem Anderen. Die Toten Hosen sind eben alte Männer, die keinen Ärger mehr wollen.” Ein anderer Nutzer sieht es als unangebracht, mit Leuten wie von Pantera die Bühne zu teilen. “Also ganz viele Worte die sagen: Wir teilen uns mit dem Nazi trotzdem die Bühne, weil wir den Nazi ja nicht persönlich kennen.”
Zwei Tage später reagierten die Toten Hosen dann auch auf die Kritik. Demnach wurde das Statement von vielen, zum Teil absichtlich, falsch interpretiert. “Leider gibt es einige Leute, die unser Statement entweder nicht verstehen oder nicht verstehen wollen und sinngemäß verbreiten „Hosen ist alles egal, Hauptsache Konzert findet statt“. Irrtum! Wer uns kennt und unsere Zeilen richtig gelesen hat, weiß, dass dies gerade eben nicht der Fall ist.” Eine Entscheidung, wie man mit so einer Situation umgehen kann, sei nicht einfach. Letztlich müsse man “alle Fakten berücksichtigen”. Ganz zu Ende scheint die Causa für die Band nicht zu sein. Die Toten Hosen beendeten das Statement mit “Doch es geht natürlich noch um viel mehr. Wir halten Euch auf dem Laufenden.”
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