Yamaha hat ein neues Hardware Set auf den Markt gebracht, welches der Schlepperei endgültig den Schrecken nehmen soll. Es heißt HW3 Crosstown, besteht aus zwei Beckenständern, einer Hi-Hat-Maschine und einem Snare-Stativ und soll zusammen weniger als acht Kilo wiegen.
Ja, es gibt sie noch, die Kollegen, die zu jedem Gig ihr großes „Besteck“ mit fünf Toms und acht Becken mitnehmen, ganz gleich, wo gespielt wird. Insgesamt geht der Trend jedoch in Richtung kleinerer Drumsets, das Zwei-Toms-zwei-Becken-Schlagzeug hat sich als Standard-Outfit für viele Gelegenheiten etabliert. Trotzdem fragt man sich nach dem Einpacken dieses übersichtlichen Ensembles oft, warum das Hardware Case immer noch in der Waschmaschinen-Gewichtsklasse spielt. Müssen dann noch Höhenmeter oder hohe Ladekanten überwunden werden, kann die Angelegenheit gesundheitsbedrohende Züge annehmen, nicht nur ältere Drummer oder solche mit „Rücken“ wissen, wovon hier die Rede ist.
Nun ist es nicht so, dass es bis gestern ausschließlich die absurd schwere Sonor Signature Hardware der 80er Jahre zu kaufen gab. Wer die zu bewegende Masse maximal reduzieren möchte, greift gern zur sogenannten Flatbase Hardware, welche es beispielsweise von Tama in einer extrem abgespeckten Variante gibt, aber auch DW, Pearl und Gibraltar bieten rückenschonendes Gestänge an. Das Material selbst – Stahlrohre und Druckgussmuffen – bleibt jedoch unangetastet. Und genau dort setzen unsere heutigen Teststative an. Sie sind nämlich zu großen Teilen aus Aluminium gefertigt. Wie es um Handling, Stabilität und Gewicht tatsächlich bestellt ist, lest ihr auf den folgenden Zeilen.
Details & Praxis
Die Crosstown Hardware ist wirklich sehr leicht
Der Lieferkarton ist leicht, verdächtig leicht. Fehlt vielleicht etwas? Nein, lautet die Antwort, zusammen gerechnet ergeben die Werte meiner digitalen Küchenwaage tatsächlich knappe acht Kilo für zwei gerade Beckenständer, einen Snare-Ständer und eine Hi-Hat-Maschine. Das entspricht etwa dem Gewicht des Tama Classic Hardware Set, jedoch wird nach dem Auspacken klar, dass sich die Crosstown Komponenten in puncto Dimension, Handling und Praxistauglichkeit eindeutig in Richtung moderner Hardware orientieren. Anders ausgedrückt: Leichtere Hardware dieses Formats habe ich noch nie in den Händen gehalten, weshalb auch der Staun-Faktor höher ausfällt als bei den Flatbase-Alternativen. Der Vergleich mit den beiden leichten Yamaha Beckenstativen auf der Waage entspricht dem gefühlten Gewichtsverhältnis. Ein gerade Beckenständer der 600er Serie wiegt etwa 2400 Gramm, ein 700er knappe drei Kilogramm. Nicht einmal 1500 Gramm bringt hingegen der CS3 Crosstown auf die Waage. Teil des Lieferumfangs ist übrigens eine handliche Stofftasche, welche etwas größer ausfällt, damit auch noch andere Hardware-Teile wie eine Fußmaschine oder die Sitzbasis darin Platz finden. Weil Aluminium als kratzempfindlich gilt, kommen alle Crosstown-Komponenten zudem in einfachen Stoffhüllen, welche den Metall-auf-Metall-Kontakt während des Transports verhindern sollen.
Dünne Alu-Profilbleche bilden die Stativbasis
Der Grund für das Federgewicht ist schnell ausgemacht. Statt auf Stahlrohre und -streben setzt man beim HW3 Hardware-Satz konsequent auf Aluminium. Man könnte auch sagen: Teile aus Stahl oder Guss muss man an den Crosstown Stativen suchen. Ich bin kein Spezialist für Metalle, würde aber vermuten, dass praktisch alles außer der Hi-Hat-Zugstange, dem Stabilisierungsbügel, den Endstücken der Beckenhalter und dem Schrägsteller des Snare-Ständers aus Leichtmetall gefertigt ist. Überall dort, wo normale Stative über Stahlstreben verfügen, kommen demnach Aluminiumblech-Profile zum Einsatz, was ihnen ein durchaus standfestes, propperes Äußeres verleiht. Das Innere der Profile ist hohl. Im Vergleich mit meinen 700er Stativen zeigt sich, dass die Rohrdurchmesser der HW3 Teile etwas dünner sind, und auch die Standfläche der Beckenstative fällt etwas kompakter aus. Dass es Yamaha beim Thema Leichtbau ernst meint, zeigt sich nicht nur daran, dass die kleinen und leichten Becken-Tilter aus der 600er Serie verwendet werden, auch alle Flügelschrauben sind eigens für die Crosstown Komponenten verkleinert worden. Neu designt wurden auch die Muffen, sie besitzen nicht nur eine leicht abgewandelte Form, die Kunststoffeinsätze der Beckenstative können zudem vertauscht werden. So lässt sich das mittlere Rohr herausnehmen und gegen das obere ersetzen. Das Ergebnis ist zwar eine reduzierte maximale Höhe, dafür wird das Stativ nochmals leichter und kompakter. Eine clevere Idee, besonders in einer Zeit, in der niedrig gehängte Becken im Trend liegen. Ohne diese Modifikation liegt die maximale Höhe der Beckenstative bei etwa 110 Zentimetern.
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Die Einstellmöglichkeiten der Hi-Hat-Maschine sind begrenzt
Auch in Sachen Ausstattung haben sich die Yamaha Techniker bei der Crosstown Hardware auf’s Grundlegende beschränkt. So besitzt die Hi-Hat-Maschine weder einen Justiermechanismus für die Federspannung noch eine Drehmöglichkeit für die Beine. Auch die Hi-Hat Clutch hat keine Aussparung im Gewinde zur Schonung des Top-Beckens verpasst bekommen. Statt einer schweren Bodenplatte wird das Pedal von einem klassischen Drahtbügel gehalten, und auf Extras wie ausfahrbare Dornen an den Beinen muss der Crosstown-Spieler ebenfalls verzichten. Immerhin gibt es diese am Basisrahmen.
Eine Wohltat für den Rücken bei nahezu gewohnter Funktionalität
Im Einsatz wird schnell klar, dass sich das HW3 Set funktional verhält wie reguläre Hardware. Das gilt sowohl für das Handling als auch für die Positionierungsmöglichkeiten, alle Abweichungen betreffen das Gewicht der Komponenten. Zunächst greife ich mir das SS3 Snare-Stativ und ersetze mein eigenes, ein doppelstrebiges Yamaha Topmodell mit kleiner Standfläche und mittigem Kugelgelenk. In der Hand gehalten, wirkt der Gewichtsunterschied schon beträchtlich, besonders faszinierend wird es allerdings, wenn man die montierte Snare, am Spannreifen angefasst, am Set umstellen möchte. Es fühlt sich nämlich an, als würde man nur die Snare selbst anheben. In Kombination mit einer flachen und sehr leichten Alu-Snare verstärkt sich der Effekt sogar noch. Ähnlich ist die Erfahrung bei den anderen Komponenten. Während es etwas dauert, bis ich meine schwere DW 5000 Hi-Hat aus dem Set gezirkelt habe, lässt sich die Crosstown Maschine locker mit einer Hand in die frei gewordene Lücke stellen. Die Spielpräzision und die Solidität erreicht sie allerdings eindeutig nicht, was in Anbetracht der Konstruktion jedoch auch nicht zu erwarten war. Ein Doppelpedal lässt sich nur mit Mühe unter die Beine zirkeln, eine Drehoption wäre wünschenswert gewesen.
Weiter geht es mit den Beckenständern. Da mein persönliches Setup Galgenstative benötigt, bedeuten die HW3 Beckenständer zwangsläufig eine Einschränkung. Dies kann jedoch nicht dem Produkt angelastet werden. Umso erfreulicher ist der Umstand, dass diese Teile auch Belastungen wie zum Beispiel das Anbringen einer Multiklammer vertragen. Nicht gummierte Modelle hinterlassen dann zwar Kratzspuren auf dem Aluminium, vom Gewicht her sind aber kleinere Becken und Toms bis circa 12 Zoll kein Problem, sofern sie über einem Standbein ausgerichtet werden. Auch ist es möglich, die Basisteile mit anderen Yamaha Hardware-Komponenten zu nutzen, wie beispielsweise der bekannten Dreifachaufnahme. Natürlich darf man es mit der Beladung nicht übertreiben, und auf wackligen Risern oder sehr flauschigen Teppichen macht das geringe Eigengewicht mit Wankbewegungen früher auf sich aufmerksam als vergleichbare Stahlkonstruktionen. Im Vergleich mit der Alternative Flatbase Hardware haben die Crosstown Stative aber eindeutig die Nase vorn, was Belastbarkeit und Funktionalität betrifft.