Der Legende nach soll Paul McCartney einmal gefragt worden sein, ob Ringo Starr der beste Schlagzeuger der Welt sei. Sinngemäß soll Paul daraufhin gesagt haben: „Ringo ist noch nicht einmal der beste Schlagzeuger der Beatles!“ Was sicherlich mit einer gesunden Portion Sarkasmus verstanden werden sollte, deutet im Kern jedoch auf genau das hin, was Ringo zum einflussreichsten Popschlagzeuger aller Zeiten macht: Er ist sicherlich nicht der versierteste Trommler, jedoch ist er das Paradebeispiel eines Bandschlagzeugers schlechthin.
Es sind die Unreinheiten, die Ecken und Kanten in Ringos Spiel, die den Bandsound der Beatles prägten. Es sind die eigenwilligen Beats und Fills, die Songs wie „Come Together“ oder „Ticket To Ride“ erst so richtig speziell machten und bis heute zu Air-Drumming-Einlagen animieren. In diesem Artikel möchten wir euch einen detaillierten Einblick in die Person und den Schlagzeuger Ringo Starr geben. Viel Spaß!
Wie kam Ringo Starr zu den Beatles?
Richard Starkey alias Ringo Starr wurde 1940 geboren und wuchs in Liverpool, England auf. Vor seiner Zeit bei den Beatles war er von 1959 bis 1962 zunächst der Schlagzeuger bei Rory Storm & the Hurricanes. Bei Engagements in Liverpool und Hamburg lief er bereits in dieser Zeit regelmäßig den Beatles über den Weg. Im Jahre 1961 sprang er erstmals für deren damaligen Schlagzeuger Pete Best für ein Konzert im legendären Cavern Club in Liverpool ein. Der Beatles-Produzent George Martin war es schließlich, der Ringo 1962 als neuen Schlagzeuger in die Band holte, nachdem die Beatles ihren ersten Plattenvertrag bekommen hatten.
Ringo, der heute als einer der bedeutendsten Schlagzeuger überhaupt gilt, musste sich seinen Platz bei den Beatles zunächst erarbeiten. So wurde er beispielsweise bei den Aufnahmen zum Song „Love Me Do“ noch durch den Studioschlagzeuger Andy White ersetzt, der sich für die Version des Songs verantwortlich zeigt, wie sie auf dem Debütalbum der Beatles Please Please Me zu finden ist. Studiolegende Geoff Emerick, der so gut wie jede Session der Beatles zunächst als Assistent und später als Engineer begleitet hat, beschreibt Ringo und seine Rolle in der Band folgendermaßen:
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Den Stammplatz bei den Beatles musste Ringo sich erarbeiten
„To describe him as quiet would be an understatement. In all the years we worked together, I honestly don’t remember having one memorable conversation with Ringo. He was simply not outgoing, and neither was I, so we never really got to know each other. (…) Ringo, like George Harrison, always seemed to have his guard up, and so there was a personal wall between us that I could never quite broach. Perhaps Ringo’s reticence was caused by his lack of education, due to the long periods of schooling he had missed because of the poor health he had suffered as a youngster. Perhaps he was a bit intimidated by the other three Beatles, who seemed far more wordly than him (…).“
“Ihn als ruhig zu beschreiben, wäre eine Untertreibung. In all den Jahren, in denen wir zusammen gearbeitet haben, kann ich mich ehrlich gesagt an kein einziges denkwürdiges Gespräch mit Ringo erinnern. Er war einfach nicht kontaktfreudig, und ich war es auch nicht, sodass wir uns nie wirklich kennengelernt haben. (…) Ringo, wie auch George Harrison, schien immer auf der Hut zu sein, und so gab es eine persönliche Mauer zwischen uns, die ich nie ganz durchbrechen konnte. Vielleicht lag Ringos Zurückhaltung an seiner mangelnden Bildung, da er wegen seiner schlechten Gesundheit als Jugendlicher lange Schulzeiten verpasst hatte. Vielleicht war er auch ein wenig eingeschüchtert von den anderen drei Beatles, die viel wortgewandter schienen als er (…).
(Geoff Emerick, Howard Massey: Here, There and Everywhere: My Life Recording the Music of the Beatles)
Wie sich Ringos Schlagzeugstil formte
Hört man einmal chronologisch durch die Diskographie der Band, lässt sich eine große Weiterentwicklung in Ringos Schlagzeugspiel erkennen, das analog zum Songwriting seiner Bandkollegen über die Jahre immer eigenständiger und abwechslungsreicher wurde. Sorgte er bei früheren Hits wie „Eight Days A Week“ oder „Help!“ noch vor allem für den energetischen Puls im Hintergrund, sind spätere Songs wie „Come Together“ oder „Ticket To Ride“ ohne seine ikonischen Schlagzeug-Einlagen schlichtweg nicht mehr vorstellbar. Mit jedem neuen Beatles-Album wurde seine Stimme am Schlagzeug erwachsener, und damit sein Anteil am Sound der Beatles größer.
Apropos Stimme: Neben Songs wie „Yellow Submarine“ oder „With A Little Help From My Friends“, die Ringos legendär-eigenwillige Gesangskünste demonstrieren, lieferte er obendrein die Inspiration für Songtitel wie „A Hard Day’s Night“ und „Tomorrow Never Knows“, die berühmte Beispiele für seine Vorliebe für Wortspiele sind.
Ringos Equipment
Neben John Bonham gibt es wohl keinen Trommler, den man so sehr mit dem amerikanischen Schlagzeughersteller Ludwig verbindet wie Ringo Starr. Bis zum Auftritt der Beatles in der legendären „Ed Sullivan Show“ spielte Ringo allerdings noch ein Set des britischen Herstellers Premier. In der von einem Millionenpublikum verfolgten TV Show war er zum ersten Mal hinter einem Ludwig Set zu sehen, was für den US-Hersteller in der Folge einen riesigen Hype bedeutete. Somit ist Ringo sicherlich maßgeblich dafür verantwortlich, dass bis heute vor allem Ludwig Drumsets aus den Sechzigern und Siebzigern so beliebt, aber auch recht einfach zu bekommen sind – es wurden damals aufgrund der hohen Nachfrage einfach sehr viele Ludwig Schlagzeuge produziert! In folgendem Video beschreibt er sich treffend als beste Werbefigur, die Ludwig je hatte:
Ringo spielte zuerst die klassische 22″, 13″, 16″- Kombination
Frühere Videos der Beatles zeigen Ringo an einem vierteiligen Drumset, bestehend aus einer 22“ Bassdrum, einer 13“ Racktom, einer 16“ Floortom, sowie einer 14“x5“ Snare (womöglich ein Ludwig Jazz Festival Modell). Bis heute spielt er überwiegend Zildjian Becken, wobei er vor allem in den ersten Jahren seiner Karriere auch Paiste Stambul oder Super Zyn Becken in sein Setup integrierte. Das geschlossene Frontfell der Bassdrum zierte oft der ikonische „The Beatles“-Schriftzug. In den frühen Jahren war sein Drumsound sowohl auf der Bühne, als auch im Studio sehr lebendig und offen. Seine Gewohnheit, immer eine Packung Zigaretten in greifbarer Nähe zu haben, sollte zudem einen Einfluss auf seinen Drumsound haben:
„Ringo, who was a heavier chain smoker than the other three, had a habit of keeping his packet of cigarettes close at hand, right on the snare drum, even while he was playing. In some ways, I think that might have even contributed to his unique drum sound, because it served to slightly muffle the drumskin.“
“Ringo, der ein stärkerer Kettenraucher war als die anderen drei, hatte die Angewohnheit, seine Zigarettenschachtel immer griffbereit auf der Snaredrum liegen zu haben, auch während er spielte. In gewisser Weise könnte das sogar zu seinem einzigartigen Schlagzeugsound beigetragen haben, weil es dazu diente, das Fell etwas zu dämpfen.” (Geoff Emerick, Howard Massey: Here, There and Everywhere: My Life Recording the Music of the Beatles)
Geoff Emerick schuf einen neuen Ringo Sound
Der bereits erwähnte Geoff Emerick spielt bei der Weiterentwicklung von Ringos Drumsound eine zentrale Rolle. Er übernahm 1966 pünktlich zu den Recordingsessions zum Revolver-Album den Posten des Sound Engineers der Beatles. Durch seine große Experimentierfreude revolutionierte der damals gerade einmal 19 Jahre alte Emerick viele bis dahin standardisierte Aufnahmetechniken, was den Klang von Popmusik für immer verändern sollte. So ist etwa das Close Miking der Bassdrum eine der vielen Techniken, die auf ihn zurückgehen:
„I quietly slipped out to the studio and moved both the snare mic and the single overhead mic in close. But before I also moved the microphone that was aimed at Ringo’s bass drum, there was something else I wanted to try, because I felt that the bass drum was ringing too much – in studio parlance, it was too „live“.(…) I decided to do something to dampen the bass drum. Sitting atop one of the instrument cases was an old woolen sweater. (…) I removed the bass drum’s front skin (…) and stuffed the sweater inside. (…) Then I replaced the front skin and positioned the bass drum mic directly in front of it.“
“Ich schlich mich leise ins Studio und rückte sowohl das Snare-Mikrofon als auch das einzelne Overhead-Mikrofon näher heran. Aber bevor ich das Mikrofon, das auf Ringos Bassdrum gerichtet war, ebenfalls bewegte, wollte ich noch etwas anderes ausprobieren, denn ich hatte das Gefühl, dass die Bassdrum zu sehr klingelte – im Studiojargon: zu “live” war.(…) Ich beschloss, etwas zu tun, um die Bassdrum zu dämpfen. Auf einem der Instrumentenkoffer lag ein alter Wollpullover. (…) Ich entfernte das vordere Fell der Bassdrum (…) und stopfte den Pullover hinein. (…) Dann setzte ich das Frontfell wieder auf und positionierte das Bassdrum-Mikrofon direkt davor.”
(Geoff Emerick, Howard Massey: Here, There and Everywhere: My Life Recording the Music of the Beatles)
Die Erfindung der Close-Miking-Technik und Geschirrtücher auf den Toms
Im Zuge der Close-Miking-Technik spielte Ringo zunehmend mit gedämpften Trommeln. Das berühmteste Beispiel ist hier sicherlich der Song „Come Together“, bei dem der Legende nach nasse Geschirrhandtücher im Studio zum Einsatz kamen, um den Toms einen besonders kurzen und speziellen Klang zu entlocken. Ringo spielte in der zweiten Hälfte der Schaffensphase der Beatles zunehmend drei, statt nur zwei Toms. Das legendäre Rooftop Concert der Beatles am 30. Januar 1969 in London ist hierfür ein gutes Beispiel: