Es herrschen noch immer keine klare Regeln für europäische Bands, die in Großbritannien auf Tournee gehen wollen. Einer deutschen Punkband wurde die unklare Regierungslinie nun zum Verhängnis.
Beim Thema Brexit erhöht sich schnell einmal der Stresspegel. Der Mensch als Gewohnheitstier hat hier keine Lust auf neue Regeln, wenn früher alles so einfach war. Die Einreise für europäische Touristen ist nach wie vor einfach. Für arbeitende Personen ist hingegen einiges an Papierkram dazugekommen. Das betrifft auch Musiker, die auf der Insel spielen wollen. Die unklaren Regeln wurden jetzt einer deutschen Band zum Verhängnis.
Die große Enttäuschung gab es für die dreiköpfige Punkband ‘Trigger Cut’ aus Stuttgart. Wie ‘The Guardian’ berichtet wurde ihnen für ihre britische Tournee die Einreise verweigert. Die Bandmitglieder berichten von einer demütigenden Erfahrung, als ihre Pässe konfisziert wurden und sie in einem Raum in Calais (französische Stadt in der Nähe von GB) zur Überprüfung festgehalten wurden. Ralph Schaarschmidt, der Gitarrist der Band, teilte seine Empfindungen auf Facebook mit: “Ich habe mich noch nie so erniedrigt, traurig und schlecht gefühlt wie an diesem Tag.”
Was ist passiert?
Die Stuttgarter waren mit ihrem gemieteten Van mitsamt Equipment unterwegs und planten eine Tournee durch GB. Sie wollten die Fähre von Calais nach Dover (England) nehmen und von dort aus weiter nach London fahren, wo der erste von sieben Gigs geplant war. Ein Grenzschutzbeamter hatte allerdings andere Pläne. Er hielt sie in Calais zur Überprüfung ihrer Unterlagen an. Dabei verlangte er ein “certificate of sponsorship” (COS) von jedem einzelnen Veranstaltungsort, an dem sie spielen sollten.
Der bürokratische Aufwand für ein COS ist allerdings hoch. Neben der Bestätigung der einzelnen Veranstaltungsorte wird unter anderem gefordert, dass ein Sponsor die Band unterstützt, ihre Eignung überprüft und während ihres Aufenthalts im Vereinigten Königreich für sie bürgt. Der erlaubte Aufenthalt liegt zwischen einigen Tagen und bis zu 90 Tagen.
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Trigger Cut hatte die notwendigen COS-Zertifikate nicht dabei. Stattdessen planten die Mitglieder, die Einreise im Rahmen der kostenlosen Ausnahmeregelung “Permitted Paid Engagement” (PPE) vorzunehmen. Die PPE-Regelung ermöglicht es Musikern, die von einer britischen Organisation oder einem Kunden eingeladen und bezahlt werden, bis zu einem Monat lang im Vereinigten Königreich auf Tour zu gehen. Die Musiker müssen jedoch eine offizielle Einladung zu einem Auftritt vorlegen und nachweisen, dass sie für ihren Unterhalt sorgen und ihre Rückreise aus eigener Tasche finanzieren können.
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Mehr InformationenEinreise liegt im Ermessen der Beamten
Die Einreiseverweigerung für Trigger Cut zeigt deutlich, was für eine unangenehme Situation der Brexit für tourende Musiker erzeugt. Musikagent Ian Smith, der “Carry On Touring” und “ukeartswork.info” gegründet hat, um für die Arbeitsmöglichkeiten von Künstlern in der EU und im Vereinigten Königreich zu kämpfen, sagte, er höre jeden Monat von Künstlern aus der EU, denen die Einreise aufgrund der Post-Brexit-Bestimmungen verweigert werde. Smith sagte, dass viele Künstler an der Grenze feststecken, weil die Regierungslinien unklar seien und nur auf Englisch und nicht in den EU-Sprachen gedruckt werden. Ein weiteres Problem sei, dass “einzelne Grenzbeamte nach eigenem Ermessen jede beliebige Person an der Grenze zurückweisen können, und es kein Recht auf Einspruch gibt.”
Frontman Tim Burgess von ‘The Charlatans’ forderte die Regierung auf, den Musikern das Touren zu erleichtern. Burgess betont, dass es für Künstler zu unsicher und unrentabel werden könnte, durch Europa zu touren. Solange es keine Klarheit für die Einreise gibt, werden es sich Bands und Musiker zweimal überlegen, nach Großbritannien zu reisen. Ein Problem sind auch die Kosten für Visa, Zoll und bürokratische Schritte, etwa für die Deklaration von Instrumenten.
Die deutschen Punker haben mit Großbritannien vorerst abgeschlossen. Es ist keine Tour in Zukunft geplant – zu tief sitzt der Stachel. Auf Facebook teilte die Band mit: “Aber leider musste ich [Ralph Schaarschmidt] feststellen, dass Trigger Cut von den englischen Behörden nicht erwünscht ist. Wir werden keinen dritten Versuch unternehmen, dort auf Tournee zu gehen. Der Schmerz und die Demütigung sitzen tief.”
MrTrebron sagt:
#1 - 19.04.2023 um 11:20 Uhr
Hatten die Musiker die Dokumente für die PPE-Regelung dabei oder nicht? Das finde ich irgendwie nicht im Text.
Mathias Walter sagt:
#1.1 - 19.04.2023 um 13:55 Uhr
Ja die PPE Dokumente hatten sie dabei, das war dem Grenzschutzbeamten allerdings zu wenig.
Antwort auf #1 von MrTrebron
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenMrTrebron sagt:
#1.1.1 - 24.04.2023 um 12:28 Uhr
Danke. Das kommt aus dem Text nicht heraus das alle Dokumente und was noch dazu nötig ist, also z. B. die Einladungen, dabei hatten. So ist das echt ein hartes Stück und dann kann ich nachvollziehen warum man da keinen Bock mehr hat.
Antwort auf #1.1 von Mathias Walter
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