Der Siegeszug der Gibson SG begann mit dem Niedergang der Les Paul im Jahr 1961, aber der Grundstein für den Thronwechsel wurde bereits 1958 gelegt. Es war das Jahr der großen Innovationen bei Gibson. Zum einen erhielt die Les Paul ein Sunburst Finish, aber es erblickten auch einige Klassiker das Licht der Welt. Neben der eher traditionellen ES-335 wurden vor allem futuristische Modelle vorgestellt, darunter die Explorer und die Flying V. Außerdem brachte Gibson seine erste Doppelhalsgitarre, die ES-1275 auf den Markt, die heute viele noch mit Jimmy Page assoziieren.
- Die Geburt der Gibson SG als Les-Paul-Ersatz und Umsatzretter
- Die Königin ist tot, es lebe die Königin.
- Die SG als Satan’s Guitar oder Solidbody Guitar?
- Die Gibson SG startete in diversen Varianten und wurde zum Verkaufsschlager
- Die Gibson SG überstand auch die wechselhaften Zeiten der Traditionsmarke
- Der Korpus der SG besteht ausschließlich aus Mahagoni
- Mit ihrem Halsprofil gehört die SG zu den komfortabelsten E-Gitarren
- Die Gibson SG kommt mit der Les Paul Elektronik
- Sound und Einsatzgebiet der Gibson SG
- Fazit
Die Geburt der Gibson SG als Les-Paul-Ersatz und Umsatzretter
Um das alles herstellen zu können, brauchte es neue Fabrikationsstätten und Fachkräfte. Aber die Umsatzzahlen sanken. Obwohl die Les Paul Anfang der 60er-Jahre auf einem sehr hohen Niveau gefertigt wurde, entsprach sie klanglich nicht mehr dem aktuellen Zeitgeschmack. Hier hatte Leo Fender eindeutig die Nase vorn. Im Gegensatz zur Chefetage bei Gibson war er in ständigem Kontakt mit den damals angesagten Profigitarristen der Westküste und passte seine Instrumente dem modernen kalifornischen Surf- und Beatsound an. Kein Wunder also, dass die von der Surfmusik inspirierten Trendsetter wie Dick Dale, The Ventures, The Shadows und The Spotnicks ihre Sounds ausschließlich mit Fender-Gitarren realisierten. Um das Image als konservativer Jazzgitarrenhersteller abzulegen und junge Gitarristen zurückzugewinnen, experimentierte man daher mit abgedrehten Korpusformen. So entschied man sich mit der SG für ein neues, spaciges Gitarrenmodell, das den Umsatz wieder ankurbeln sollte. Im Gegensatz zur Flying V und der Explorer, die erst später zu angesagten Modellen werden sollten, hatte man bei der SG den Bogen in Sachen “Abgedrehtheit” nicht ganz so weit überspannt. Der Korpus hatte bis auf die beiden “Hörner” wieder eine Taille, die besonders dem Spielen im Sitzen entgegenkam. Und so erblickte die Gibson SG im Jahr 1961 das Licht der Welt, während die Les Paul im Sterben lag.
Die Königin ist tot, es lebe die Königin.
Als die SG auf den Markt kam, hieß sie zunächst Les Paul SG, denn sie wurde offiziell als Nachfolger der Ur-Les-Paul vermarktet. Allerdings war Les Paul vom neuen Modell, das seinen Namen trug, nicht begeistert. Der Grund dafür waren nicht nur die beiden Hörner, die seiner Meinung nach eine Verletzungsgefahr darstellten, sondern auch die Halskonstruktion. Obwohl der eigentliche Hals dem der Ur-Les-Paul weitestgehend entsprach, konnte man ihn seiner Meinung nach “biegen wie einen Flitzebogen”. Als das Problem trotz mehrerer Rücksprachen mit der Bitte, den Hals zu verstärken, nicht behoben wurde, untersagte Les Paul dem Gibson-Konzern seinen Namen für das gehörnte Modell weiterzuverwenden. Dadurch endete vorzeitig der Vertrag zwischen Les Paul und Gibson. Inoffiziell dürfte damals aber auch die laufende Scheidung von Mary Ford eine Rolle gespielt haben, da eine Fortführung seines Vertrages die Forderungen seiner ehemaligen Partnerin massiv in die Höhe hätte treiben können. Erst nachdem die Scheidung im Jahr 1966 durch war, nahm Les Paul wieder Kontakt mit Gibson auf. Daraufhin kam es 1968 zur Wiederauflage der Les Paul, die in der Folge zum erfolgreichsten Instrument von Gibson und zu einer der angesagtesten E-Gitarren aller Zeiten wurde.
Die SG als Satan’s Guitar oder Solidbody Guitar?
Nach dem Ablauf des Endorsment-Vertrags mit Les Paul, dessen richtiger Name Lester William Polsfuss war, wurde das gehörnte Modell auf den Namen SG getauft. Dabei steht SG für Solidbody Guitar und nicht für Satans Guitar. Die beiden Hörner waren jedoch keine vollkommen neue Erfindung, sondern die konsequente Weiterentwicklung der Les Paul Junior Doublecut, von deren Korpusform sich auch Brian May hat inspirieren lassen. Im Gegensatz zur SG waren die beiden Cutaways bei den Junior-, TV- und Special-Modellen jedoch weich und abgerundet. Der Hauptvorteil einer Double-Cut-Gitarre ist der leichtere Zugang zu den oberen Lagen. So befindet sich der Hals/Korpusübergang bei einer SG erst in Höhe des 21. Bundes. Dadurch lässt sie sich im Gegensatz zu einer klassischen Les Paul auf den letzten Bünden genauso gut bespielen wie in den tiefen Lagen. Allerdings birgt dieser Vorteil auch einen konstruktionsbedingten Nachteil, da sich die Stimmung bereits leicht verändert, wenn man die Gitarre auf den Rücken dreht.
Die Gibson SG startete in diversen Varianten und wurde zum Verkaufsschlager
Die SG/Les Paul bescherte dem Gibson-Konzern tatsächlich bereits im ersten Jahr höhere Verkaufszahlen. Obwohl sie einfacher konstruiert und herzustellen war, wurde sie damals sogar teurer verkauft als das Vorgängermodell. In den ersten drei Jahren gingen knapp 6.000 SGs über die Ladentheke. Es gab damals mehrere preislich gestaffelte Modelle: die SG Les Paul Junior, die SG Les Paul Standard, die SG Les Paul Special und die SG Les Paul Custom. Ab Mitte der 60er Jahre gab es einige Detailänderungen bezüglich der Halsdicke, des Winkels der Kopfplatte und einer leichten Verbesserung am Hals-Korpusübergang. Und so mauserte sich die SG in den folgenden Jahren zum Verkaufsschlager bei Gibson. Trotzdem sanken die Verkaufszahlen 1968, woran die Neuauflage der Les Paul sicher eine Mitschuld trug. Im Laufe der Zeit erholten sich die Umsatzzahlen jedoch wieder. Ab Anfang der 70er Jahre hatte man das SG Konzept teilweise verändert und den einteiligen Hals durch eine dreiteilige Mahagonikonstruktion ersetzt. Zudem gab es eine Verstärkung am Hals-Korpusübergang und schließlich wurde der Hals weiter in den Korpus hineingesetzt.
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Die Gibson SG überstand auch die wechselhaften Zeiten der Traditionsmarke
Ab Mitte der 70er-Jahre ging die Qualität bei Gibson immer weiter in den Keller. Gleichzeitig drängten die Japaner mit exzellenten Gitarren auf den Markt, was die Umsätze im Jahr 1982 schließlich um fast 30 Prozent einbrechen ließ. Gibson war mit diesem Niedergang jedoch nicht allein, denn die meisten amerikanischen Hersteller litten unter der asiatischen Konkurrenz. Die Umsätze bei Gibson erholten sich erst nach dem Verkauf im Jahr 1986 an Henry Juszkiewicz, David Berryman und Gary Zebrowski, die sich als Klassenkameraden an der Harvard Business School kennengelernt hatten. Endlich konzentrierte sich Gibson wieder auf seine Wurzeln und begann damit, Instrumente mit Originalspezifikationen zu bauen. Verstärkte Qualitätskontrollen verhalfen dem angeschlagenen Konzern außerdem zu einem besseren Image. Und so erschien die SG Standard wieder im Stil eines Originals aus den 60er-Jahren und hieß zunächst SG-62 Reissue. Um dem Zeitgeist der späten 80er zu entsprechen, brachte man dann aber leider auch Modelle mit Floyd Rose- und Kahler-Tremolo auf den Markt, wie die SG 90 und die SG Special 400. Im Jahr 1991 kehrte dann allmählich wieder Ruhe ein. Mit dem einsetzenden Vintage-Trend kamen die SG Custom sowie die SG Special, die mit einem großen Schlagbrett und ohne Humbuckerkappen ausgeliefert wurde, erneut auf den Markt. Im selben Jahr fand dann auch die SG Junior erstmals seit ihrem Verschwinden im Jahr 1970 wieder ihren Weg in die Läden.
Der Korpus der SG besteht ausschließlich aus Mahagoni
Alle SG Variationen aufzuzählen würde den Rahmen dieser Liebeserklärung bei Weitem sprengen, deshalb beschränke ich mich hier auf den absoluten Klassiker, die SG Standard ’61 Vintage Cherry LH. Im Gegensatz zur Les Paul ist der Korpus der SG nicht nur dünner, er besteht auch nur aus einer Holzart, nämlich Mahagoni. Obwohl die Gitarre keine Ahorndecke hat, ist ihr Klang weder indirekt noch muffig, sondern ganz im Gegenteil knackig und direkt. Aber dazu später mehr. Das archetypische matt lackierte Vintage Cherry-Finish, das man so auch mit der Gitarre von Angus Young assoziiert, lässt die Maserung des Holzes sehr schön durchschimmern. Alle Kanten sind mit einem leichten Shaping versehen, um den Spielkomfort und das allgemeine Handling zu verbessern.
Wie bei der Les Paul oder der ES 335 sollte man beim Kauf einer SG unbedingt darauf achten, sich ein Exemplar auszusuchen, das einen knackigen Anschlag oder Twang der tiefen Saiten bietet. Wenn die tieferen Saiten ohne Verstärkung matt klingen, wird es dem Instrument später auch am Verstärker an Klarheit fehlen. Wenn die Gitarre einen knackigen und obertonreichen Klang hat, lässt sich der Sound über den Verstärker viel besser gestalten und man erhält einen offenen Klang mit einer guten Saitentrennung.
Mit ihrem Halsprofil gehört die SG zu den komfortabelsten E-Gitarren
Kommen wir zur Halskonstruktion. Der Spielkomfort wird maßgeblich durch die 22 Jumbo-Bünde und die klassischen Halsmaße beeinflusst, die man auch von der Les Paul kennt, auch wenn die SG in der Regel mit einem etwas schlankeren Halsprofil daherkommt. Ebenso wie bei der Les Paul kommt auch hier der legendäre Materialmix aus Mahagoni und Palisander zum Einsatz. Trapezeinlagen und schwarze Punkte auf der Halsseite, die dem Spieler zugewandt ist, dienen zur Orientierung. Mit den leichten Stimmungsprobleme beim Ziehen am Hals der SG muss man leben. Aber wer zieht schon ständig beim Spielen am Gitarrenhals!? Ich habe eine Gibson 1961 SG Standard Reissue Stop-Bar aus dem Jahr 2003 und hatte weder beim „Erbsenzählen“ im Studio noch auf der Bühne jemals Tuningprobleme. Was die Bespielbarkeit angeht, so gehört die SG zu den komfortabelsten „klassischen“ E-Gitarren, denn die Bespielbarkeit ist bis zum 22. Bund einfach traumhaft.
Die Gibson SG kommt mit der Les Paul Elektronik
Die elektronische Schaltung der 1961 SG Standard entspricht der einer Les Paul.
Mit dem Toggle-Switch kann man zwischen den beiden Humbuckern wählen oder beide gleichzeitig aktivieren. Jeder Pickup hat seinen eigenen Volume- und Tonregler, sodass sich in der Zwischenposition die Mischungsverhältnisse der beiden Pickups gut dosieren lassen.
Sound und Einsatzgebiet der Gibson SG
Den Klang einer SG würde ich als ungeschliffen, rotzig und unperfekt, aber charaktervoll beschreiben. Sie hat einen leicht holzigen Primärklang und liefert im Gegensatz zur Les Paul einen perkussiveren Anschlag. Gleichzeitig ist sie leiser als ihre Vorgängerin mit einem weniger ausgeprägten Sustain. Ich verwende die SG am liebsten für klassische Rocksounds im Stil von Rusty Anderson von Paul McCartney und dem archetypischen AC/DC-Rockbrett.
Der knackige Anschlag sorgt im Studio bereits mit moderater Verzerrung für ein muskulöses Fundament, ohne das Playback zu stark zu verdichten. Die klassische SG ist der perfekte Sparringspartner für Blues, Classic Rock und Punk. Die SG sieht nicht nur ruppiger und weniger kultiviert aus als die Les Paul, sie klingt auch so, was ihren besonderen Reiz ausmacht. Der leicht rotzige Charakter beschert der SG übrigens auch einen ziemlich guten cleanen Halspickup-Sound, den man so mit der Les Paul nicht hinbekommt. Der Grund ist die Position des Halstonabnehmers, der wegen des späten Hals-Korpusübergangs konstruktionsbedingt nicht direkt an die Halsunterkante passte. Er musste nach hinten verschoben werden, wodurch er im Gegensatz zur Les Paul einen etwas knackigeren Ton liefert. Anders verhält es sich mit dem Stegpickup, der mir am vollständig clean eingestellten Amp noch nie besonders gut gefallen hat. Aber hört selbst.
Zusammengeschaltet klingen die beiden Pickups alleine schon wegen der veränderten Position des Halstonabnehmers anders als bei einer Les Paul. Das fette Fundament des wesentlich aufwändiger konstruierten Vorgängers fehlt einfach, was den insgesamt schlankeren Ton erklärt.
Der Halspickup macht auch am vollständig clean eingestellten Amp eine gute Figur. Der Ton ist ausgeglichen und transparent, ohne diesen typischen rotzigen Beigeschmack.
Die Bereiche Medium- und High Gain fasse ich für die folgenden Soundbeispiele zusammen, weil sie klanglich nicht Welten voneinander entfernt liegen. Zwar kommt mit mehr Verzerrung etwas mehr Sustain ins Spiel, aber die Saitentrennung bleibt dank der schwachen Pickups auch hier immer erhalten. Zwar würden kräftigere Pickups den Sound verdichten und die Kompression erhöhen, aber die klassische SG, auf der auch die hier verwendete Gibson 1961 SG Standard Reissue Stop-Bar basiert, hatte recht schwache Humbucker. Klanglich orientierte man sich damals am Sound des P90, den viele jedoch wegen der Nebengeräusche kritisierten. Hier der Bridge-Pickup am Marshall JMP mit vorgeschaltetem Baldringer Dual Drive. Im ersten Beispiel hört ihr die Gitarre mit Medium Gain und im zweiten Beispiel mit etwas mehr Verzerrung.
Stellt man den Pickup-Wahlschalter in die mittlere Position und spielt beide Pickups gemeinsam, bringt die Gitarre einen erstaunlich brauchbaren Rocksound hervor. Der Grund ist der im Vergleich zur Les Paul schlanke Primärton. Wem der Anteil des Halstonabnehmers immer noch zu präsent ist, kann seinen Soundanteil mit dem Volume-Poti leicht zurücknehmen.
Kommen wir zum Halstonabnehmer, der hier wirklich den Vogel abschießt und eben dank seiner moderaten Ausgangsleistung fast wie ein fetter Singlecoil klingt. Der Sound klingt in den tiefen Lagen knackig und in den hohen Lagen fett. Was will man mehr.
Fazit
Rückblickend ist die SG die meistverkaufte Gitarre und das am längsten ununterbrochen produzierte Modell in der Geschichte Gibsons. Auch wenn ihre Konstruktion im Gegensatz zur Les Paul rudimentär erscheint, ist die klassische SG keine Billig-Les-Paul. Sie ist ein eigenständiges Instrument, das sich anders spielen lässt, anders reagiert und anders klingt als das Vorgängermodell. Der rotzige und ungeschliffene Sound einer SG, die sich am Original aus den 60er-Jahren orientiert, ist einzigartig und die Bespielbarkeit einfach phänomenal.
Hobbymusiker sagt:
#1 - 22.04.2023 um 10:25 Uhr
...die SG ist kultbehaftet. Steht sie doch astrein für Atze und wird deswegen wie blöd verkauft. A.Y. mit seiner 1,57cm Körpergröße passte keine LP. tja...so ist das.