Greg Koch zählt sicherlich zu den interessantesten Gitarristen unserer Zeit. Wie kein anderer versteht er es, Elemente aus verschiedenen Stilrichtungen, angefangen bei Blues und Country bis hin zu Rock und Jazz, mit einem irren Spielwitz zu verflechten. Sein unverwechselbarer Sound, seine Flexibilität und seine Chops haben ihm dabei den Respekt vieler Gitarren-Zeitgenossen wie Joe Bonamassa, Steve Vai oder Jeff Beck beschert. Im Rahmen seiner letzten Tour mit dem Koch-Marshall Trio hatten wir die Gelegenheit, dem „Gristle King“ auf die Finger zu schauen!
Die Biografie von Greg Koch
Greg Koch, geboren am 23.6.1966 in Wauwatosa, Wisconsin, wurde in jungen Jahren von seinem älteren Bruder, aber auch von Jimi Hendrix und Eric Clapton stark beeinflusst. Nach dem Studium der Jazzgitarre an der University of Wisconsin-Stevens Point gewann Koch 1989 den 1. Preis beim Bluesbreaker Guitar Showdown, bei dem niemand geringerer als Buddy Guy in der Jury saß. Kurz darauf gründete er seine Band “Greg Koch and the Tone Controls”, die zu einem der beliebtesten Acts der Region wurde. Der große internationale Durchbruch in Gitarristenkreisen gelang ihm, als Steve Vai ihn 2001 auf seinem Label „Favoured Nations“ unter Vertrag nahm und so als echte Szenengröße etablierte. Bis heute nimmt Greg regelmäßig Platten auf und tourt momentan mit dem Koch-Marshall Trio, bei dem übrigens sein Sohn Dylan Koch die Trommelstöcke schwingt.
Das Equipment von Greg Koch
Auch wenn Greg einen immensen Fuhrpark an Amps und Gitarren besitzt, sieht man ihn doch am häufigsten mit einer Telecaster. Diese stammte anfangs noch aus dem Hause Fender, allerdings wechselte er im Laufe seiner Karriere zu Reverend, die ihm ein Signature-Modell, die „Gristlemaster“, auf den Leib zimmerten. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen Tele-Typus, der jedoch mit einem minimal vergrößerten Korpus und den Fishman Fluence “Gristle Tone” Pickups ausgestattet ist. Diese Gitarre gibt es in verschiedenen Ausführungen, z. B. auch mit P90-Pickups aus dem Hause Fishman. Verstärkt wird das Ganze über seine Koch Signature-Amps (die Namensübereinstimmung ist übrigens reiner Zufall und es herrscht keine Verwandtschaft), wie dem “The Greg” oder auch dem “Little Gristle”. Zur Unterstützung kommt gelegentlich noch ein Marshall SV20 hinzu. An der Pedalfront hatte Greg für seine letzte Europatournee ein Wahcko-Pedal, ein Delay Lama und ein Retro Vibe von Jam Pedals im Einsatz. Darüber hinaus verwendet er ein Boss DD-3, ein Mini Vent von Neo Instruments und ein MXR Phase 90. Als Overdrives benutzt er einen MXR Timmy und seinen Gristle King Boost/Overdrive von Tim Jauernig.
Der Workshop
Greg beschreibt sein eigenes Spiel als “Chet Hendrix meeting the Kings (BB, Albert and Freddie) at the first annual Zeppelin-Holdsworth Coffee Guzzlers Hoedown.” Diese Aussage ist sehr treffend, denn in der Tat weist sein Stil eine aberwitzige Mixtur aus Country, Rock, Blues und Jazz auf, die er auf eine sehr musikalische Art und Weise verknüpft. Typische Trademarks sind einerseits die Hybrid-Picking-Technik, bei der er das Plektrum in Kombination mit dem Mittel- und Ringfinger seiner rechten Hand verwendet, um countrymäßige Chicken-Pick-Lines zu erzeugen.
Greg Kochs Chicken-Picking-Technik
Gregs Chicken-Picking besteht im Prinzip aus zwei Komponenten: einerseits eine gepickte Note, die abgedämpft klingt und anschließend das „poppen“ der identischen Note mit dem Zeige- oder Mittelfinger. Hier findet ihr eine Basisübung, die ihr sinnvollerweise sowohl rein im Fingerstyle, als auch mit der Hybridtechnik üben solltet:
Im folgenden Blueslick demonstriert Greg den Soundunterschied zwischen reinem Fingerpicking und seinem Hybrid-Picking:
Nun könnt ihr euch auf den Weg machen, eigene Blueslicks im Chicken-Picking-Style zu kreieren, wie z. B. das Folgende:
Chicken-Picking lässt sich sowohl auf Sololines als auch auf Rhythmuspattern übertragen. Greg demonstriert hier zum einen das typische Mark-Knopfler-Pattern, aber auch seine eigene Abwandlung des “Magic Sam”-Licks:
Greg Koch spielt den Travis Picking Style ohne Thumb-Pick
Das Travis Picking geht auf den amerikanischen Countrymusiker Merle Travis zurück und beschreibt im Prinzip einen Fingerpicking-Style, bei dem die Bassnote auf den Zählzeiten 1 und 3 meist leicht abgedämpft durchläuft. Die Diskantsaiten können nun für die Akkordtöne oder kleinere Melodien verwendet werden, wodurch oft der typische “Boom-Chick”-Sound entsteht. Chet Atkins hat diesen Gedanken etwas weitergeführt und damit schon fast Stride-Piano-mäßige Akkordpattern generiert. Üblicherweise wird das Travispicking mit einem Thumbpick gespielt, Greg hingegen spielt die Basssaiten mit seinem Daumen. Hier findet ihr eine Basis-Übung, die ihr zuerst einmal in einem sehr langsamen Tempo üben solltet. Achtet auf einen ausgewogenen Sound zwischen Plektrum und den Zupffingern!
Das Ganze könnt ihr nun auf andere Akkorde übertragen, wie im ersten Fall über einem A9. Im Anschluss findet ihr einen Blues in A, den Greg komplett im Travis-Picking-Style spielt.
Wie Greg Koch seine Licks durch Chromatik würzt
Da Greg auch eine solide Jazzausbildung genossen hat, finden sich bei ihm auch sehr interessante Konzepte, um seinen Licks etwas Würze zu verleihen. Dazu gehört der Einsatz von chromatischen Zwischentönen, Outside-Playing oder die Insertion von Zwischendominanten in seinen Lines. In der ersten Phrase hört ihr, wie Greg ein Am-Pentatonikshape mit Chromatik auffüllt.
Nun geht es an echte Outside-Konzepte. Für die nächsten Licks kommen keine chromatischen Zwischentöne zu Einsatz, sondern Greg verschiebt sein Pentatonik-Pattern einfach einen Halbton oder Ganzton nach oben oder unten. Grundsätzlich sind wir hier zwar noch in Am, aber die Verwendung von Abm, Bbm oder anderen Penta-Shapes sorgt für extreme Spannung über den Changes.
Ein weiteres Konzept sind sogenannte Dominant-Insertionen, bzw. “Ghost Changes”. Greg ist hier immer noch über einem A7, denkt sich aber die entsprechende Dominante zu A7, was ein E7 wäre, und spielt diese mit der alterierten Tonleiter aus, sodass eine E7/alt-A7-Kadenz entsteht:
Auch der Einsatz von Pentatonik-Substitutionen geben euren Licks eine tolle Spannung. Greg benutzt z. B. gerne Ausschnitte der Cm-, Bm-, Em-Penta über eine A7-Harmonie. Auch spricht Greg von der Verwendung der C#mb5-Penta über einem A7, der diesen zu einem A7/9 Voicing erweitert. Dieses Konzept haben wir übrigens in unserer Pentatonik Workshopreihe behandelt. Hier spielt er ein furioses Bm-Stretchpentatonik-Lick, das in einer A7 Phrase mündet.
Wie Greg Koch Open Strings in seine Licks einbaut
Das Countrygitarrenspiel zeichnet sich auch durch die Verwendung von einigen Leersaiten in den Licks aus. In den folgenden Beispielen zeigt Greg ein paar Tricks, wie man Open Strings in seine Licks integrieren kann. Häufig kommt hierbei noch seine Hybridpicking-Technik zum Einsatz.
Get the Sound
Neben seiner ganz speziellen Finger+Plektrum Spielweise, gibt es natürlich auch ein paar handfeste Equipmenttipps, die hilfreich sind, um sich seinem Sound anzunähern. Eine Telecaster wäre hier naturgemäß das ideale Instrument, aber auch andere Singlecoil-Typen wie Strats oder Jaguars werden euch gute Ergebnisse bringen. Euer Amp sollte für die Cleansounds einen eher amerikanischen, fendrigen Mittenbereich haben und darf auch gerne leicht in den Break-Up gefahren werden. Ein guter Spring-Reverb und ein Kompressor sind ebenfalls sinnvolle Bestandteile für das Setup. Hier findet ihr einen Soundvorschlag mit einem Universal Audio Kompressor und einem Neural DSP Imperial MkII PlugIn:
Ich wünsche euch gutes Gelingen und viel Vergnügen mit Greg Koch!