Musikinstrument oder wissenschaftliche Apparatur? Der Helmholtz-Synthesizer aus dem viktorianischen Zeitalter. Bei dem vorgestellten Instrument handelt es sich um einen Synthesizer, der von Hermann von Helmholtz in den 1860er Jahren erfunden und von Rudolph Koenig gebaut wurde.
Der Helmholtz-Synthesizer wurde entwickelt, um zu erforschen, wie man mit additiver Synthese aus einfachen Klängen komplexe Klänge erzeugt. Also, wie beispielsweise Sinuswellen kombiniert werden können, um verschiedene andere Klangfarben, darunter Vokalklänge und mehr zu erzeugen.
Die Funktionsweise des Helmholtz Synthesizers
Der Helmholtz Synthesizer erzeugt seine Klänge mithilfe einer Reihe von hochreinen Stimmgabeln, die auf unterschiedliche Frequenzen gestimmt sind. Durch Elektromagnete werden sie in Schwingung versetzt. Die Lautstärke der einzelnen Tonhöhen steuert man dabei über eine Tastatur. Das macht es möglich, die Tonhöhen entweder einzeln oder als Obertöne der Grundtonhöhe zu kombinieren, um eine additive Synthese zu erhalten.
Zusätzlich nutzt der Synthesizer einen Helmholtz Resonator, der mit einer verstellbaren Blende ausgestattet ist. Diese Blende wird dabei mechanisch über eine Tastatur bedient und bewegt sich dabei auf den Resonator zu, oder entfernt sich von ihm. Bei diesem Vorgang ändern sich dann der Obertongehalt sowie die Lautstärke des von jeder einzelnen Stimmgabel erzeugten Klangs. Durch diese innovative Konstruktion ermöglicht der Helmholtz-Synthesizer eine präzise Kontrolle über die entstehenden Klangfarben sowie deren Zusammensetzung durch die Kombination unterschiedlicher Obertöne und deren Lautstärke.
Welche Theorie wollte Helmholtz belegen?
Helmholtz bewies mit dem Synthesizer, dass die Klangfarbe von Tönen und Vokalen ein Ergebnis ihrer Komplexität ist. So wie etwa reinweißes Licht in Wirklichkeit alle Farben des Regenbogens enthält, setzen sich klar definierte Töne aus vielen verschiedenen Obertönen zusammen.
Spielt man zum Beispiel das A über dem mittleren C auf einer Orgel, erhält man einen klar definierten Grundton von 440 Hz. Der Ton enthält jedoch nicht nur eine einfache Grundschwingung von 440 Hz, sondern auch eine harmonische Reihe von ganzzahligen Vielfachen dieser Frequenz – die sogenannten Obertöne (880 Hz, 1320 Hz, 1760 Hz usw.). Helmholtz wies mit seinem Synthesizer nach, dass es die Kombination von Obertönen mit unterschiedlicher Intensität ist, welche Klängen und Vokallauten ihre besondere Klangqualität oder Klangfarbe verleiht.
Der Helmholtz Resonator
Resonatoren sind spezielle Klangdetektoren, die auf bestimmte Klangfrequenzen abgestimmt sind. Ähnlich wie ein Astronom ein Prisma verwendet, um Licht in die Elementarfarben zu zerlegen, aus denen es zusammengesetzt ist. Analog dazu setzte Hermann von Helmholtz eine Reihe von Resonatoren ein, um Töne in ihre Elementartöne zu zerlegen. Diese Resonatoren bestätigten zudem Ohms Theorie, dass es sich bei komplexen Tönen um die Fourier-Summe von einfachen sinusförmigen Schallwellen oder Obertönen handelt. Die hier abgebildeten Resonatoren sind – wie man sieht – anders gestaltet als die zylindrischen Pendants im Synthesizer von Helmholtz.
Was der Helmholtz Resonator wissenschaftlich belegt, demonstriert das folgende Video.
Wer war Hermann von Helmholtz?
Hermann von Helmholtz (1821 – 1894) war ein bedeutender deutscher Physiker und Physiologe des 19. Jahrhunderts. Er leistete bahnbrechende Beiträge auf den Gebieten der Elektrodynamik, der Akustik, der Optik und der physiologischen Optik. Als Wissenschaftler trug Helmholtz zudem durch seine präzisen Experimente und theoretischen Analysen wesentlich zum Fortschritt des naturwissenschaftlichen Verständnisses bei. Seine Arbeiten über die Erhaltung der Energie legten überdies den Grundstein für das Energieerhaltungsgesetz. Darüber hinaus hatten sie weitreichende Auswirkungen auf die Physik.
Darüber hinaus hat Helmholtz wesentlich zur Entwicklung der Augenheilkunde beigetragen. Er erforschte die optische Wahrnehmung und legte die Grundlagen für das Verständnis des Farbsehens und der Tiefenwahrnehmung. Seine Arbeiten zur Physiologie des Hörens waren bahnbrechend und beeinflussten folglich die Entwicklung der Audiologie. Hermann von Helmholtz war nicht nur ein herausragender Wissenschaftler, sondern auch ein angesehener Lehrer und Wissenschaftsorganisator. Sein Vermächtnis prägt die Physik, Medizin und Psychologie bis heute.
Wer war Rudoplph Koenig?
Rudolph Koenig (1832 – 1901) war ein bedeutender deutscher Physiker und Instrumentenbauer des 19. Jahrhunderts. Er war zudem bekannt für seine herausragenden Beiträge zur Entwicklung und Verbesserung von Präzisionsinstrumenten, insbesondere auf dem Gebiet der Akustik. Koenig erfand und baute eine Vielzahl akustischer Instrumente, darunter Präzisionsstimmgabeln, Resonanzröhren und Klangstäbe von außergewöhnlicher Qualität. Speziell seine Stimmgabeln waren so präzise, dass sie in der wissenschaftlichen Forschung und im Musikinstrumentenbau weite Verbreitung fanden.
Darüber hinaus leistete Koenig wichtige Beiträge zur Erforschung und Analyse von Schallwellen und Schwingungen. Er entwickelte Experimente und Messmethoden, um die Eigenschaften von Schallwellen zu untersuchen und die Grundlagen der Akustik zu erforschen. Als angesehener Lehrer und Mentor gab Rudolph Koenig sein Wissen und seine Fähigkeiten an zahlreiche Studenten weiter. Sein Engagement für die akustische Forschung und sein handwerkliches Geschick machten ihn zu einer wichtigen Persönlichkeit auf dem Gebiet der Präzisionsinstrumente und der Akustik.
Wer war Georg Simon Ohm?
Georg Simon Ohm (1789 – 1854) war ein deutscher Physiker, der für seine wegweisenden Arbeiten auf dem Gebiet der Elektrizität und des elektrischen Widerstands bekannt wurde. Seine wichtigste Leistung war die Formulierung des nach ihm benannten Ohmschen Gesetzes, das den Zusammenhang zwischen Spannung, Stromstärke und Widerstand in einem elektrischen Stromkreis beschreibt. Ohm führte zahlreiche Experimente durch, um die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten des elektrischen Stroms zu erforschen und zu quantifizieren.
Seine Forschungen ebneten den Weg für das Verständnis der elektrischen Leitung und die Entwicklung der Elektrotechnik. Durch seine präzisen Messungen und mathematischen Analysen leistete Ohm letztendlich einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der elektrischen Theorie. Sein Gesetz und seine Arbeiten hatten schließlich einen bedeutenden Einfluss auf die Elektroindustrie und legten den Grundstein für zahlreiche technologische Fortschritte.
Wer war Jean Baptiste Joseph Fourier?
Jean Baptiste Joseph Fourier (1768 – 1830) war ein französischer Mathematiker und Physiker, der für seine richtungsweisenden Arbeiten auf dem Gebiet der Wärmeübertragung und der mathematischen Analyse bekannt ist. Fourier entwickelte die Fourier-Reihen und die Fourier-Transformation, die es ermöglichen, komplexe periodische Funktionen in eine unendliche Summe von Sinus- und Kosinusschwingungen zu zerlegen. Dieser mathematische Ansatz hat weitreichende Anwendungen in der Physik, den Ingenieurwissenschaften und der Signalverarbeitung.
Die von ihm entwickelte Fourier-Analyse, auch als klassische harmonische Analyse bekannt, ist die Theorie der Fourier-Reihen und -Integrale. Sie dient vor allem dazu, zeitliche Signale in ihre Frequenzanteile zu zerlegen. Aus der Summe dieser Frequenzanteile ist dann eine Rekonstruktion des Signals möglich. Nach der Fourier-Analyse ist also jede noch so komplizierte Eigenschwingung (eines Instruments) eindeutig aus harmonischen Eigenschwingungen aufgebaut, die zerlegt aus einer Summe von Sinusfunktionen bestehen.
Der Helmholtz Synthesizer im Video
Der Synthesizer von Helmholtz war die deutlichste instrumentelle Umsetzung seiner Theorie der Klangfarbe bzw. der Klangqualität. Während seine Kugelresonatoren zusammengesetzte Klänge (Vokale oder musikalische Klänge) in elementare Frequenzen zerlegten, baute der Synthesizer komplexe Klänge aus einfachen Frequenzen auf. Und obwohl es sich wirklich um einen Synthesizer handelt, wurde das Gerät jedoch in erster Linie als wissenschaftliches Instrument und nicht als Musikinstrument konzipiert. Eine eindrucksvolle Maschine, welche die Wissenschaft bedeutend bereicherte.
Im folgenden Video demonstriert David Pantalony, Kurator bei Ingenium, Canada’s Museums of Science and Innovation, den von Hermann von Helmholtz entwickelten Synthesizer aus dem 19. Jahrhundert. Der Synthesizer befindet sich derzeit in der Sammlung wissenschaftlicher Instrumente der Universität Toronto. Er ist zudem Teil einer umfangreichen Sammlung von Instrumenten aus dem späten 19. Jahrhundert, die von Rudolph Koenig in Paris gebaut wurden. Die Fakultät für Physik erwarb sie um 1900.