Dave Smith ist letztes Jahr von uns gegangen, konnte ein letztes Werk aber noch vollenden – und damit eine beeindruckende Karriere abschließen, wo er sie einst begonnen hat. Der Sequential Trigon-6 Synthesizer ist damit nicht nur in technischer, sondern auch „spiritueller“ Hinsicht bemerkenswert – hier bei uns im Test.
Mit dem Minimoog begann der Synthesizer-Wahnsinn bekanntlich. Auch Dave Smith besaß 1972 einen und wollte sich eigentlich nur einen erschwinglichen Sequenzer dazu bauen. Am Ende revolutionierte er mit dem Sequential Circuits Prophet-5 selbst die Synth-Welt – und prägte so ganz nebenbei den Sound der 80er Jahre entscheidend mit. Kein anderer Synth lief so oft im Radio wie der Prophet-5!
Sequential Circuits Prophet-5
Gemeinsam mit John Bowen hatte er unter dem Dach von Sequential Circuits das erste Mikroprozessor-gesteuerte Musikinstrument der Welt geschaffen. Den ersten speicherbaren polyphonen Synthesizer.
Im Prinzip irgendwie die fünfstimmige Variante vom Minimoog nur eben mit „Patch-Memory“ und das alles bereits 1978. Grundsätzlich ist der Prophet vom Grundsound eher „drahtiger“ und vor allem flink. Aber er ist auch „dünner“ im Einzel-Sound – vor allem im Vergleich zum Minimoog, dessen Hüllkurven bei weiten nicht so flink sind, bei Bässen meines Erachtens aber dennoch besser grooven.
Anderseits klumpen selbst die dicksten Chords beim Prophet nicht und der Unison umschifft das „Mono-Defizit“ ebenfalls mit Klasse. Der Rest ist Musik- und Technik-Geschichte. Wobei dazwischen weitere Erfindungen von Dave, wie MIDI, der erste Software Synth „Reality“ sowie seine neuere Synth-Schmide DSI und auch etwas Tom Oberheim stattfanden.
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Dave Smith Instruments Prophet-6
Ab 2002 hat Dave Smith jedenfalls nochmal richtig Gas gegeben und neben dem Evolver, Poly-Evolver, Mopho, Tetra und Tempest auch absurd viele Prophet-Varianten präsentiert. Teils kreativer, teils sonderbar, darunter eben auch den erfolgreichen Prophet-6. Ein wirklich moderner Prophet mit schlauen Features und eine treue Anhängerschaft.
Nicht zu verwechseln mit der Prophet-5 Reissue, die möglichst authentisch wie anno damals und fast ganz ohne modernen Schnickschnack daherkommt. Ob das Dave‘s eigenster Wunsch war oder auf Druck von Focusrite, dem aktuellen Besitzer, geschah, entzieht sich meiner Kenntnis.
Geteilte Freud – doppelte Freud
Mit Oberheim gibt es jedenfalls (Lizenz-)Kooperationen, und so teilen sich einige Synths durchaus die Architektur, kommen aber sicher in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Eine schöne Diversität, aber auch etwas überfordernd. Vor allem dann, wenn so vieles davon Prophet heißt … Nebenbei, es heißt es auch nicht mehr DSI sondern wieder Sequential.
Mit dem Sequential Trigon-6 haben wir Dave Smiths letzte und wahrscheinlich „authentischste“ Interpretation des Minimoogs vor uns im Test. Und damit schließt sich auch der Zauberkreis: Prophet-6, OB-6 und Trigon 6 – eine moderne Trilogie mit dem Sound der besten Ami-Analog-Synths aus der goldenen Zeit – Hands-on mit One-Function-per-Knob sowie behutsam mit digitalen Brot- und Butter-Effekten und effektiven Spielhilfen erweitert!
Checkliste zum Kauf von Sequential Trigon-6
- sechsstimmiger Analog-Synthesizer
- 3 OSCs, 1 LFO, 2x Modulation, 2x Envelope
- Moog Ladder-Low-Pass-Filter
- 2 digitale Effekt-Blöcke
- Distortion, Pan-Spread und Vintage
Details
Sequential Trigon-6 Test: 6-Voice Analog
Der zum Test erhaltene Sequential Trigon-6 ist ein sechsstimmiger Analog-Synthesizer mit halb-gewichteter Tastatur über vier Oktaven mit Velocity und Aftertouch. Er orientiert sich zudem am Minimoog wie kein anderer Dave Smith Synth zuvor.
Seine Filter klingen nach Minimoog, vieles drumherum bleibt allerdings Dave Smith und in einer eigenen Ästhetik. Das grundsätzliche Layout ist in der Mitte weitestgehend identisch – und nur mit Features und Extras außen links und rechts auf der Bedienoberfläche mit üppigen Hardware-Reglern ergänzt. Schauen wir uns das Ganze einmal im Detail an!
The Classic Plus
Zunächst gibt es klassisch-römisch drei diskrete VCOs mit jeweils drei Wellenformen pro Stimme. Die Wellenformen sind gleichzeitig wählbar und damit mischbar.
Dreieck, Sägezahn sowie PWM gehören zu jedem OSC, jeweils mit einstellbarer Pulsbreite. OSC 3 kennt exklusiv noch den Rückwärts-Sägezahn (Rampe) und für OSC2 gibt es hier selbstverständlich gleich von Haus aus OSC-Sync. Sehr gut. Diese beiden OSCs haben zudem Octave-Encoder mit LED-Ring sowie einen zusätzlichen Pitch, der sieben diskrete Semitones up/down liefert.
Jeder Trigon-6 verfügt zudem über Volume-Potis und kann in Summe mit dem dualen Feedback/Drive angedickt werden – weißes Rauschen ist zumischbar. OSC3 kann ferner als LFO arbeiten und vom Keyboard-Pitch ausgenommen werden. Ein „richtiger“ LFO mit acht weiteren Zuweisungszielen kommt obendrein hinzu.
Bob Smith aka Dave Moog
Anschließend geht jede Stimme einzeln in das typische Moog Low-Pass-Ladder, das man hier sogar zwischen 2- und 4-Pole umschalten kann. Das Filter ist resonanzfähig und mit ADSR-Envelope sowie positiven/negativen Envelope-Amount ausgestattet. Ferner kann man das Keyboard-Tracking zwischen aus, halb und voll einstellen.
Hinzukommt ein ADSR-Envelope für den Amp. Für Velocity-Zuweisung an Amp und Filter gibt es jeweils direkte Taster, bei der Minimoog-Reissue musste man dafür Kabel ziehen. Die Hüllkurven-Sektion ist insgesamt deutlich schneller als die von Moog, und stellt damit auch Perkussives überzeugend dar. Und überhaupt: Filter, Envelope und Amp so nah beieinander sind hinsichtlich einer intuitiven Bedienung ein Traum.
Der Minimoog kannte ja lediglich ADS, hatte also kein „richtiges“ Release. „Decay-On“ erzeugte aber etwas ähnliches, wodurch das Decay nach der Sustain-Phase noch einmal abklang, um so quasi Release zu ersetzten.
More Controllers
Den LFO regelt man mittels Modwheel oder Amount-(Offset)-Regler in der Intensität. Seinen Shape stellt man mit dem Encoder/LED-Ring ein. Da stehen dann Dreieck, Sägezahn, Rückwärts-Sägezahn, Rechteck und Random bereit. Die möglichen Mehrfachziele lauten: Freq 1, 2, 3, PWM 1, 2, 3 sowie natürlich Filter und Amp. Lässig! Für Frequency und Amount stehen Potis bereit, LFO Sync wird mit einem beleuchteten Taster daneben aktiviert.
Die Polymod-Sektion bietet weitere Modulation-Verknüpfungen: Die Parameter OSC-3-Amount und Filter-Envelope-Amount regeln dabei Intensität und Polarität – 12 Uhr ist dann gleich 0%. Ziele werden mit den Tastern angewählt, wobei auch hier wieder alle Ziele gleichzeitig funktionieren. FM-Sounds ich komme!
Aftertouch und Modulationszuweisungen erfolgen ebenfalls ohne Umwege. Direkt auf der Bedienoberfläche – keine Menüs, kein Page-2-Schwachsinn. Aftertouch kennt die Ziele Pitch 1, 2, 3, Filter, Amp, LFO sowie FX Mix A und B. Auch die Distortion auf diese Weise zu regeln, wäre zu funky gewesen!
Die Glide-Options des Sequential Trigon-6 zeigen sich im Test ebenfalls üppig und an die Polyphonie angepasst: Fixed Rate und Fixed Time, beides möglich als „Legato-Only“. In Verbindung mit dem Unison kann man so ordentlich abgehen – Chord-Memory, Detune, Note Priority und Stimmen-Begrenzer inklusive.
Spielhilfen en masse
Wahlweise kann dazu der Step-Sequenzer oder der Arpeggiator angeworfen werden – beides gleichzeitig geht nicht. Dave Smith packt gerne Sequenzer rein, und damit hat es irgendwie ja auch angefangen.
Sequenzer und Arp arbeiten zum Takt der großen Clock-Section. Diese werkelt mit und ohne BPM-Sync sowie mit 10 Dividern – für noch mehr MIDI-Schabernack „on-the-fly!” – komfortabel ausgewählt mit einem Encoder und LEDs visualisiert. Faktisch alle Settings sind easy von der Bedienoberfläche erreichbar – nur wirkliche Tech-Settings und Globals sind in Shift-Menüs gewandert.
Neben üblichen Pickup- oder Jump-Verhalten der Potis kann man dort beispielsweise auch „Relative“ einstellen, wobei vom Speicherpunkt der Regler ausgehend „relativ“ bewegt werden kann. Der Live-Panel Mode aktiviert wiederum, was an Reglern auf dem Synth eingestellt ist. Und Preset+Write beschert einem flink ein Init-Patch mit einem OSC. Auch Settings zur Aftertouch-Empfindlichkeit finden sich hier, wobei diese auch kaum Einfluss auf die zu strafe Abstimmung haben.
Ferner können die 500 + 500 = 10*10*10 Presets mit up/down durchgeballert werden und nicht nur old-school über Bank/Tens und die Zahlen 0-9 angewählt werden. Ich mag solche wichtigen Details.
64-Step-Sequenzer im Sequential Trigon-6
Der Sequenzer des Sequential Trigon-6 ist ein Step-Sequenzer ohne Lauflicht. Man kann bis zu 64 Steps inklusive Pausen und Haltebögen sowie mit bis zu 6 Noten pro Schritt nacheinander flink über die Tastatur eingeben bzw. „durchsteppen“. Sofern es die Polyphonie zulässt, kann man zur Sequenz noch mitspielen – Multi- oder Split-Modi kennt der Trigone allerdings nicht.
Bonbon-Effekte sind in 24 Bit/48 kHz Qualität sowie in zwei recht identische und gleichzeitig nutzbare Blöcke aufgeteilt. Gemischt wird dabei mit einem Dry/Wet-Encoder, was praxistauglich ist. Die eingebauten Effekte liefern schließlich solide Brot- und Butter-Effekte wie Chorus, Flanger, Phaser, Delay und Reverb. Und wir erinnern uns: der Effektanteil lässt sich sogar per Aftertouch steuern!
Pan-Spread verteilt aufeinanderfolgende Töne veränderlich nach links und rechts im Panorama. Je größer der Spread, desto drastischer die L/R-Differenz. Hinzu kommen eine griffige analoge Distortion, der mittlerweile obligatorische Vintage-Regler, für die „Error-Randomness der Voices und Filter“. Wobei OB-6 und Prophet-6 dieses Feature erst via FW-Update nachgereicht bekommen haben und es so detailliert dort nun auch nicht ist, wenn ich mich recht entsinne.