Die Gibson Les Paul Classic 2019 aus dem aktuellen Line-Up des amerikanischen Traditions-Gitarrenbauers steht heute zum Test an. Der Hersteller, der im Mai 2018 Insolvenz anmeldete und seither unter Gläubigerschutz steht, hatte die Marke in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit dem Zukauf unzähliger Firmen überfrachtet und sie zum Schluss sogar in einen Elektronik-Konzern umgewandelt. Nun konzentriert man sich wieder auf die Kernkompetenz und versucht so, die Firma zu konsolidieren und den Namen Gibson als traditionellen Hersteller im Markt zu halten.
Offensichtlich macht man Ernst mit diesem Vorhaben, denn unsere Testkandidatin gehört zu einem umfangreichen 2019er Line-Up, das tatsächlich von der Flying V bis zur Firebird reicht. Auf den ersten Blick stellt sich mit der aktuellen Les Paul Classic tatsächlich eine Gitarre vor, bei der die Bezeichnung “classic” gerechtfertigt ist. Nichts deutet auf Experimente hin, die in den letzten Jahren auch zur Schieflage der Firma beigetragen hatten. Was sich Gibson tatsächlich hat einfallen lassen und an welchen Stellschrauben gedreht wurde, wollen wir herausfinden.
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Die Les Paul wird in einem klassischen braunen Formkoffer geliefert, in dem sich auch ein schwarzer Gurt und ein Multitool befinden, mit dem sich das Instrument einstellen lässt. Dazu ein Foto exakt dieser Gitarre und eine Checkliste der Endabnahme. Tatsächlich werden seit einigen Jahren die Koffer, in denen Gibson seine Instrumente liefert, offensichtlich mit Vanille-Duft versehen, sodass das Öffnen auch für die Nase zum Erlebnis wird.
Für dich ausgesucht
Die Les Paul Classic strahlt mich mit ihrem Gold-Finish förmlich an und natürlich muss ich mich in Geduld üben, denn bevor ich ihre verstärkten Qualitäten auf die Probe stelle, muss sie sich einer genaueren Inspektion unterziehen. Wer übrigens eine andere Optik bevorzugt, kann die Gitarre auch in einem Honeyburst erwerben, dabei ist die Maserung durch die Lackierung zu erkennen, was bei unserem Testinstrument aufgrund der deckenden Lackierung nicht möglich ist.
Korpus:
Die Ingredienzien einer klassischen Les Paul sind natürlich auch bei dieser Gitarre zu finden und das beginnt mit dem Mahagoni-Korpus, auf den eine Ahorndecke geleimt wurde. In den letzten Jahren hat Gibson den Korpus ausgehöhlt (auch Weight Relief genannt), so auch hier. Neun Kammern unter der Decke sorgen zwar für eine Gewichtsreduzierung, trotzdem bringt die Gitarre immer noch stattliche 4061 Gramm auf die Waage. Die Decke ist in Gold lackiert, ein cremefarbenes Binding stellt den Übergang zur lediglich mit Klarlack versehenen Zarge dar. Für die Gitarre kommt übrigens Nitrozellulose-Lack zum Einsatz, und der ist durchgehend auf allerhöchstem Niveau aufgetragen.
Für die Tonwandlung sorgen zwei Burstbucker, jeweils in der Hals- und Stegposition, die mithilfe eines Dreiweg-Schalters angewählt werden. Die in Zebra-Optik gehaltenen Doppelspuler passen farblich perfekt zu den ebenfalls cremefarbenen Rähmchen, die wie gewohnt ein Justieren in der Höhe erlauben. Beide Pickups verwenden Alnico 2 Magnete und sind den original PAF-Tonabnehmern nachempfunden. Jedem Pickup sind ein Volume- und ein Tone-Poti zugeordnet, die über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus weitere Funktionen bieten, denn alle sind als Push-Pull-Varianten ausgelegt. Das Hochziehen der Volume-Regler ermöglicht das Splitten des jeweiligen Humbuckers. Dabei wird eine Spule deaktiviert und er arbeitet als Einspuler. Die Tone-Potis ermöglichen mit der Umkehrung der Phase den sogenannten “Out Of Phase Sound”, einen hohlen, nasalen Klang. Zusammen mit dem Pickup-Wahlschalter ergeben sich so eine ganze Reihe verschiedener Sounds, auf die ich im Praxisteil noch näher eingehen werde.
Der aufgezogene 009 -046 Saitensatz wird durch ein Aluminium Stop Bar und über eine ABR 1 Tune-o-matic Brücke in Richtung Kopfplatte geführt, wobei die Brücke wie gewohnt das Feinjustieren jeder einzelnen Saite erlaubt.
Ein passendes Schlagbrett darf natürlich auch nicht fehlen, wer es aber ohne bevorzugt, kann es auch leicht entfernen. Es müssen dazu lediglich zwei Schrauben gelöst werden. Auch die Klinkenbuchse ist wie gewohnt in der unteren Zarge zu finden und mit vier Schrauben am Korpus befestigt. Den beiden Gurtpins hätte man durchaus jeweils einen Gummiring oder Filz spendieren können, um den Lack zu schützen, bei einem Verkaufspreis von über 2000 Euro sollte das kein Thema sein. Die beiden Ausfräsungen an der Rückseite sind mit versenkt angebrachten Kunststoffdeckeln verschlossen. In ihrem Inneren geht es sauber zu, Elektronik und Potis befinden sich auf einer Platine.
Hals:
Der mit dem Korpus ganz klassisch verleimte Hals besteht ebenfalls aus Mahagoni, ist rückseitig mit Klarlack versehen und kommt im beliebten Slim-Taper-Profil. Passend zum Korpus hat auch der Hals ein Binding, das die Bundkanten umschließt und in dem schwarze kleine Punkte zur besseren Orientierung beitragen. Das Palisandergriffbrett ist mit Trapez-Einlagen aus Acryl versehen und besitzt 22 kältebehandelte Medium Bundstäbchen, die tadellos eingesetzt und auf Hochglanz poliert wurden.
Bevor die Saiten auf die sechs akkurat arbeitenden Grover Rotomatic Tuner treffen, laufen sie über einen 43 mm breiten Sattel aus Tektoid und sitzen spielfrei in den Führungsrillen. Dank der angewinkelten Kopfplatte wird genügend Druck auf den Sattel ausgeübt, der die Saiten vor dem Herausspringen bewahrt. Zum Einstellen des Halsspannstabs muss eine Plastikabdeckung in der für Gibson typischen Glockenform entfernt werden, das benötigte Werkzeug ist Teil des Lieferumfangs und im Multitool enthalten.
An der in den USA gefertigten Les Paul Classic gibt es bezüglich ihrer Verarbeitung nichts Negatives zu entdecken, womit wir auch schon im Praxisteil angelangt wären.