Wie das Leben so spielt, fanden kürzlich zufällig drei völlig verschiedene Music Man Stingray-Bässe den Weg zu in meine heimischen vier Wände und blieben für ein paar Tage. Darunter waren ein waschechtes “Pre Ernie Ball”-Modell von 1978, darüber hinaus dessen Neuauflage aus der Music Man Classic Stingray Series, sowie mit dem Stingray Special ein aktuelles Modell. Da lag es natürlich nahe, alle drei Bässe einmal direkt zu vergleichen! Zum einen ist es natürlich interessant herauszufinden, ob der Stingray Classic als “Reissue-Modell” an das Original aus den “Goldenen Siebzigern” heranreicht. Genauso spannend ist aber zu untersuchen, was sich seit der Geburtsstunde des Music Man Stingray bis heute klanglich getan hat. Im Dienste der Wissenschaft habe ich daher alle drei Kandidaten in verschiedenen Klangbeispielen gegeneinander antreten lassen!
Vintage-Schätzchen: Music Man Stingray Pre Ernie Ball ( 1978)
Der vom seligen Leo Fender und seinem Team ersonnene Music Man Stingray erschien 1976 und konnte mit einigen Innovationen aufwarten! Die Highlights waren die erstmals in einem industriellen Großserien-Instrument verbaute Aktiv-Elektronik mit Zweiband-Equalizer sowie der fette Humbucker mit enorm viel Output.
Weitere Features waren die asymmetrisch im Verhältnis 3:1 auf der Kopfplatte angebrachten Stimmmechaniken und die „String Through Body“-Brücke mit integrierten Dämpfern aus Moosgummi.
Im Jahr 1978 wurde die Elektronik überarbeitet und bot nunmehr einen noch brillanteren Sound, was vor allem Fans der in dieser Zeit aufkommenden Slaptechnik sehr begrüßten! Wie schon die ersten beiden Kreationen von Leo Fender – der Fender Precision Bass und der Fender Jazz Bass – entwickelte sich der Music Man Stingray zu einem der drei großen E-Bass-Archetypen.
Music Man Stingray Classic Series
Um den Ur-Stingray zu ehren, brachte Music Man vor circa 15 Jahren den „Stingray Classic“ auf den Markt. Dieser orientiert bei zahlreichen Punkten am Original: lackierter Hals, 2-Band „Boost Only“ Elektronik, Humbucker nach 70er-Jahre-Spezifikationen, „String Through Body“-Brücke mit Moosgummi-Dämpfern etc.
Die Classic Serie ermöglichte es Fans des Ur-Stingrays, einen Bass zu bekommen, der sich wie das Original anfühlt und anhört, ohne jedoch die möglichen Probleme, die Vintage-Instrumente zuweilen mit sich bringen. Dazu gehören vor allem der etwas instabile Hals inkl. Halsspannstab, Risse im ersten Bund, vergammelte Moosgummis etc.
Music Man Stingray Special Series
Im Jahre 2018 wurde auf der NAMM Show die neue „Stingray Special“-Serie vorgestellt. Laut Music Man wurde der Stingray für dieses Projekt quasi auf den Kopf gestellt und nach modernen Maßstäben überarbeitet. Am auffälligsten ist dies sicherlich bei der Formgebung des Bodies, den Hälsen aus Roasted Maple, neuen und leichteren Stimmmechaniken, kraftvollen Neodym-Pickups und der mächtigen Dreiband-Elektronik mit 18 Volt Betriebsspannung.
Video: Soundbeispiele aller drei Music Man Stingray-Bässe
Jeweils sechs verschiedene Soundbeispiele pro Bass haben wir ausgesucht. Dazu gehören folgende Genres:
- Disco-Funk-Groove
- Slap-Groove
- Classic Rock Groove
- Groove im Stile von Rage Against The Machine
Die vier Klangbeispiele wurden ohne die Benutzung des Onboard Equalizers, jedoch mit der Ampeg SGT D.I. aufgenommen. Zuletzt folgen noch ein Slap- und ein Fingerstyle-Groove mit Onboard-Equalizer ohne weiteren Preamp direkt ins Audiointerface. Auf diese Weise kann man gut die unterschiedliche Wirkung der Aktiv-Elektronik aller drei Bässe hören.
Music Man Stingray – das Fazit unseres DIrektvergleichs
Vergleiche wie den aus diesem Artikel nehmen wir in aller Regel ohne Wertung vor – diese soll logischerweise der Leserin und dem Leser überlassen werden. Die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Daher gibt es auch hier wie immer nur meine persönliche Beobachtung!
Der Music Man Stingray von 1978 und sein Reissue-Modell mit namen „Music Man Stingray Classic“ ähneln sich doch schon sehr in Sachen Spielgefühl und Sound. Beim Reissue ist es Music Man also durchaus gelungen, die Vibes des Originals nachzubauen. Dieser ändert sich lediglich beim Benutzen des Onboard-Equalizers: Die Elektronik aus dem Jahr 1978 wirkt nämlich alles in allem doch noch etwas runder und weicher als beim Nachbau. Dies mag z. B. an den verwendeten Bauteilen und/oder deren Alterung liegen. Die neu aufgelegte Elektronik ist jedenfalls deutlich bissiger in den Höhen!
Das aktuelle Modell, der Music Man Stingray Special, unterscheidet sich merklich von den beiden anderen Kandidaten. Der Hals ist schlanker und „schneller“, was nicht zuletzt an dem gölten Finish liegt. Aber auch klanglich hat sich einiges getan, vor allem in den Hochmitten, und der Equalizer arbeitet auf unterschiedliche Weise: Das angesprochene „Weiche und Warme“ ist einem transparent-brillanten und geringfügig aggressiveren Sound gewichen. Vor allem im Zusammenspiel mit der Ampeg SGT D.I. und deren Verzerrung kann man gut hören, wie unterschiedlich der Preamp des Stingray Special im Vergleich zu den anderen beiden Music Man Stingray-Bässe reagiert.
Dürfte ich mir einen Wunsch-Stingray aus allen Modellen „morphen“, so fiele meine Wahl wohl auf den „Classic“ mit der Elektronik des „Pre Ernie Ball“-Stingrays. Mit dem Stingray Special wurde ich persönlich nicht wirklich warm, doch das ist wie gesagt reine Geschmacksache!
Viel Spaß und bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt
Sven sagt:
#1 - 24.09.2023 um 23:21 Uhr
Hallo Thomas! Danke für den Vergleichtest. Top! Eine Frage: Bei den ersten Soundbeispielen steht Treble: flat und Bass: flat Meinst du mit flat ganz runtergedreht also zu? LG, Sven
Thomas Meinlschmidt sagt:
#1.1 - 26.09.2023 um 16:56 Uhr
Hi Sven, bei dem 78er und dem Classic sind es ja Boost Only Elektronik, als zugedreht bedeutet flat. Bei dem Special ist Mittelstellung flat. So sind die Audiofiles entstanden, außer die letzten beiden, die dann isoliert die Wirkungsweise des EQ zeigen. Hilft dir das weiter? LG Thomas
Antwort auf #1 von Sven
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenSven sagt:
#1.1.1 - 27.09.2023 um 14:07 Uhr
Moin Thomas! Ja perfekt. Danke. LG, Sven
Antwort auf #1.1 von Thomas Meinlschmidt
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