In der Techno-Szene gibt es sehr viele Sub-Genres. Darunter ist auch eines, bei dem jeder Name mit dem Wort Hard beginnt. Hardcore-Techno, Hardstyle oder Hard-Trance sind Techno-Styles, bei denen schon der Name eine gewisse musikalische Sprache andeutet. Neben dem schnellen Tempo prägt dabei meistens die komplett zerstörte und verzerrte Kick den Klang.
Bei Rob Papen hat man sich inzwischen aufgemacht, auch diese Klanguniversen mit entsprechender Software zu versorgen. Der seit einiger Zeit erhältliche Software-Synth Raw liefert entsprechende Sounds für diese Klangästhetik. Das niederländische Produzenten-Team Noisia sagte über Raw: „Imagine a synth inside of a distortion effect“.
Nun hat der Synth-Großmeister Papen seine Produktpalette in diese “holländische Richtung” erweitert und Raw Kick veröffentlicht. Wer also nicht einfach nur eine Kick sucht, sondern diese auch ordentlich verzerren will, sollte sich unbedingt Raw Kick anhören. Aber ist das Drum-VST auch für andere Styles geeignet?
Details
Allgemeines
Raw Kick ist für Windows im VST- und AAX-Format in 32 und 64 Bit erhältlich. Für MacOSX 10.8, 10.13.6 steht es in den Formaten AU, VST und AAX zur Verfügung, allerdings nur in 64 Bit. Wie immer im Hause Papen muss zuerst ein Account auf der Herstellerwebseite erstellt werden, nach dem Kauf des Plugins erhält man dann nicht nur den Installer, sondern auch die zum Produkt passende Lizenzdatei, mit der sich das Drum-Plugin nach der Installation freischalten lässt.
Raw Kick übernimmt viele Parameter eines Synthesizers und überträgt diese auf eine Drum-Maschine. Im Kern befinden sich drei Schichten, Layer genannt, die miteinander zu einem Kick-Sound kombiniert werden können. Offensichtlich ließen sich die Jungs bei Rob Papen dabei von der Realität inspirieren, denn es ist üblich, eine Kick aus drei Elementen zu bauen: eins für den Attack, eins für den Tail und eins für die Sub-Frequenzen der Kick. In der Master-Sektion lassen sich die drei Layer dann gemeinsam bearbeiten. Diese vier Elemente sind ganz oben in der GUI angeordnet. Und schon hier kann über die Klangquelle (Model oder Sample), der Einsatz des Sounds (Start), sowohl Pan als auch Volume eingestellt werden. Der Key-Knopf entscheidet darüber, ob bei jeder Taste eines Keyboards derselbe Sound erklingt, oder ob wie bei einem Synthesizer die Tonhöhe variiert. So kann Raw Kick bei entsprechendem Sound auch als Bass gespielt werden. Aktiviert werden die einzelnen Schichten über den kleinen Knopf direkt neben dem Namen. Um die übrigen Parameter sichtbar zu machen, klickt man auf das Augensymbol der jeweiligen Sektion.
Auf der linken Seite der GUI sehen wir drei Displays. Unter Click Pitch lassen sich der Startpunkt, die Decay Curve und die Decay Time einstellen. Daneben im Fenster Kick Volume Contour steuern wir die Hüllkurve des Sounds über fünf Parameter: Start Delay (S), Volume Attack Time (A), Volume Hold Time (H), Volume Decay Curve (C) und Volume Decay Time (D). Besonders interessant ist dabei die Hold-Funktion. Darüber lässt sich eine Kick zu einem Basston verlängern, wie das oft im Hip-Hop getan wird. Die Möglichkeit des Einzeichnens der verschiedenen Parameter wirkt nicht nur sehr plastisch, sondern ist auch praktisch.
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Ebenfalls erwähnenswert ist, dass sich hinter jedem Sektionsnamen ein Menü versteckt, das durch einen Klick auf den Namen geöffnet wird.
Unter Wave finden wir noch einmal etwas sehr Interessantes. Hier wird uns zum einen die Wellenform unseres Kick-Sounds angezeigt, zum anderen haben wir hier die Möglichkeit, unserem Signal Harmonics hinzuzufügen. Bei einer 808-artigen Kick ist das noch nicht so spannend. Verzerren wir unsere Kick aber davor, hört sich das gleich ganz anders an.
Matrix-Steuerung
Darunter in der GUI begegnen wir in der linken Hälfte nun noch drei Elementen: der Raw/XY-, der Noise- und der Mod-Matrix-Sektion. Raw/XY bietet uns ebenfalls eine Art Verzerrung. Besonders interessant ist, dass wir diese über das XY-Pad einzeichnen können, wie man das ja schon von Go2 kennt. Und über Noise lässt sich der Kick ein zusätzliches Klick-Geräusch hinzufügen.
Routing-Optionen
Bevor wir uns nun mit der rechten Seite der GUI beschäftigen, sei noch erwähnt, dass sich das Routing der beiden Sektionen Kick Volume Contour und Noise verändern lässt, indem man unter Path eine Routing-Option auswählt. Somit lässt sich das Signal der Noise-Sektion zum Beispiel direkt zum Output leiten, um zusätzlicher Verzerrung in nachfolgenden Sektionen zu entgehen.
Wählt man in der Layer-Sektion allerdings Sample aus, zeigt sich uns ein völlig anderes Bild. Als Klangquelle nutzen wir nun eines der unzähligen mitgelieferten Samples aus verschiedensten Kategorien oder laden einfach eigene Samples in Raw Kick. Außerdem haben wir auch bei den Audiodateien Kontrolle über Hüllkurve sowie über die Lautstärke, die Tonhöhe und den Startpunkt des Samples sowie zusätzlich eine Reverse-Funktion.
Auf der rechten Seite der GUI wird das Routing nun mit einem Filter inklusive XY-Pad und Distortion-Funktion fortgesetzt und anschließend mit einer LFO-Sektion, einem Pre-EQ, zwei Effekten und einem abschließenden Post-EQ beendet. Durch den Pre-EQ lassen sich bestimmte Frequenzen anheben noch bevor das Signal die Verzerrer-Stufe erreicht, somit sind besondere Distortion-Effekte zu erzielen. Danach kann man das Signal dann mit dem Post-EQ wieder etwas begradigen.
Zum Schluss in der Master-Sektion wartet Rob Papen noch mal mit einigen Features auf. Zum einen begegnen wir noch einmal der Volume-Control, wieder für alle drei Layer separat. Und unter Play Mode kann man zwischen Mono und Legato (mit Glide-Time) umschalten.
Einen Stock tiefer haben wir dann einen Spectrum-Analyser, der – wenn verwendet – alle drei Layer zeigt und ein Display, das uns die Wellenform des Master-Sounds darstellt.
Ganz zum Schluss stellt uns Raw Kick dann noch einen Master-Filter sowie einen EQ und Parallel-EQ zur Verfügung. Dadurch kann man den Sound noch einmal verbessern und über den Mix-Regler dezent oder stark zum Signal hinzumischen.