Als Gitarrist sieht man sich häufig in der Situation, dass man einen Song begleiten muss, dieser jedoch schon so voll mit Keyboard oder anderen Gitarrenparts ist, dass es einem schwerfällt, seinen Platz in der Gemengelage zu finden und die geläufigen Akkord-Begleitpattern einfach nicht sinnvoll einsetzbar sind.
Nun hat man zwei Optionen: Man kann einfach nichts spielen, was manchmal durchaus eine sinnvolle Lösung sein kann. Oder aber man spielt Gitarrenparts, die sich sehr gut in das Backing einfügen und mit denen man niemandem “auf die Füße tritt”. Hierzu bieten sich häufig sehr reduzierte Licks an, die die wesentliche Akkordinformationen enthalten oder aber eine eigenständige Linie im Gesamtbild schaffen können. Verwendung finden dabei oft zweistimmige Elemente, sprich Intervalle, oder aber Singlenotes in Kombination mit Intervallen.
Welche Bausteinchen über welche Akkorde super funktionieren können und wie man sie einsetzt, möchte ich euch hier zeigen.
Quick Facts – Gitarrenbegleitung mit Intervallen und Fills
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Mehr InformationenKleiner theoretischer Exkurs:
Keine Angst, allzu theoretisch wird es hier nicht zur Sache gehen, doch ein paar Dinge müssen im Vorfeld geklärt werden, um das Konzept leichter umsetzen zu können.
Verwendet man Intervalle, so spielt man diese nicht wahllos über eine bestimmte Akkordfolge, sondern man muss sich die Progression näher anschauen und nicht, wie im Rock üblich, in einer Skala über die gesamte Tonart denken, sondern vielmehr in den einzelnen Akkorden der Komposition, da unsere Begleit-Fills ja die Akkordfolge ausdrücken sollen.
In einem Akkordgebilde finden sich nun einige Intervalle zwischen den einzelnen Arpeggiotönen, die allesamt für den Akkord verwendet werden. Versucht, die unteren Griffbilder auf die gängigsten Akkordtypen zu übertragen, zumindest aber auf Dur und Moll, damit ihr für alle Situationen gewappnet seid:
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Erweitern wir den Akkord auf einen Vierklang, gesellen sich noch einige Intervalle dazu. Wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass z.B. ein Gmaj7 Akkord nichts anderes als ein G-Dur plus Bm-Dreiklang übereinander gestapelt ist, d.h., mehrstimmige Akkorde können in ihre Einzelparts zerlegt werden. Das gilt auch für fünfstimmige Akkorde: So ist ein Em9 z.B. ein Em plus G-Dur plus Bm Dreiklang, die wir uns alle zu Nutze machen können.
Alle Intervalle bieten sich nun an, in der Begleitung eingesetzt zu werden, manche mehr, mache weniger, da alle einen anderen Sound generieren. Terzen können sehr lieblich klingen, Sexten haben etwas Gospel- und Bluesartiges, Quarten klingen etwas rockiger und Quinten haben etwas sehr Statisches und werden eher in Form von Powerchords angetroffen. Interessant können Terzen und Sexten auch dann klingen, wenn man sie nicht nur dem Akkordbild, sondern auch der übergeordneten Tonleiter entnimmt und sie sogar chromatisch verschiebt.
Betrachten wir nun die Elemente im Einzelnen. Dazu habe ich jeweils Backingtracks einer einfachen Akkordprogression erstellt, in der wir es sowohl mit Dur als auch Mollakkorden zu tun haben. Das Schöne an unseren Fills ist, dass die Motive, die über einen Durakkord funktionieren, auch sehr häufig über das parallele Moll eingesetzt werden können!
1. Terzen
Unsere Terzen können sowohl aus den Akkorden stammen, als auch in Form von Durchgangsakkorden der Tonleiter entnommen werden, auch wenn diese Töne nicht wirklich Bezug zum Drei- oder Vierklang haben.
Heutzutage kann der Terzensound leicht als zu “cheesy” empfunden werden, da er einen leichten 80er-Jahre-Duft verströmt. Nichtsdestotrotz wird man damit fantastische Ergebnisse erzielen, und typische Gitarrenparts von z.B. Paul Jackson Jr., aber auch John Mayer sind nur so gespickt damit. Hier ein kleines Beispiel zu diesem Thema:
2. Sexten
Im Gegensatz zu Terzen klingen Sexten oftmals etwas offener, bluesiger und sind damit sogar universeller einsetzbar. Besonders vertraut ist der Sound z.B. in Kombination mit einem Tremoloeffekt. Auch hier findet man einige Beispiele bei z.B. John Mayer.
3. Single-Notes mit Intervallen
Sehr häufig tritt das Begleiten mit Intervallen jedoch in einer Mischform aus Single-Notes und zweistimmigen Elementen auf, die man ganz nach Gusto kombinieren darf. Hierbei kann man z.B. auch ostinate Elemente einbringen, dass z.B. ein Single-Note-Riff über die ganz Progression läuft.
Auch hier lohnt es, diverse Studiogitarristen der “Wrecking Crew” oder der 70er und 80er Szene anzuhören, wie Steve Lukather, Paul Jackson jr., Michael Landau, Tommy Tedesco, David Williams u.v.m.
4. Orchestrale Fills
Der Begriff “orchestral” geht eigentlich auf Jimi Hendrix’ Compingform zurück, die man aus Stücken wie “Little Wing” oder “Angels” kennt und mit der man sich wunderbar selbst begleiten kann. Häufig werden hier Akkordverzierungen eingesetzt, wie man sie von Pianisten gerade bei Gospels oder Countrymusik kennt.
Wer in unserer Auflistung bis dato die Quarten als Begleitintervall vermisst hat, wird sie hier in Hülle und Fülle antreffen.
Meist drehen sich diese Ornamente um die Sekunde, Quarte oder Sexte der zugrundeliegenden Akkorde und man garniert damit die Akkordtöne bzw. löst diese Optionen als Vorhalte in Arpeggiotöne auf.
Bei sus4-Verzierungen gilt es übrigens aufzupassen: Die Subdominante hat keine reine Quarte, sondern eine #11!
Hier hört ihr ein paar dieser Fills, die ich bezogen auf die G-Dur-Akkorde im E-, A- und C-Schema aufgeteilt habe. Denkt daran: Fills über den Dur-Akkord klingen auch immer über das parallele Moll, also in diesem Fall über Em!
E-Schema
A-Schema
C-Schema
Der “Quartsextvorhalt” kann ebenfalls sehr reizvoll klingen – Keef Richards lässt grüßen!
Auch diese Akkordverzierung bietet sich bestens über die erste oder die fünfte Stufe an, da wie oben erwähnt die vierte Stufe mit einer übermäßigen Quarte daherkommt.
Zum Abschluss hört ihr eine Akkordfolge mit den Hendrix-Style-Fills.
Und damit wünsche ich euch viel Spaß und ganz tolle neue Compingideen!
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