Zurück in die Zukunft: Mit der AX-Edge präsentiert Roland den jüngsten Synthesizer-Sprössling seiner Keytar-Serie „AX“, die mittlerweile seit knapp 30 Jahren fortbesteht. Moment mal: Keytar – so was gibt es noch? Vom Boom der Umhänge-Keyboards in New Wave- und Metal-Bands der 80er Jahre ist seit Anfang des neuen Jahrtausends scheinbar nicht viel übrig geblieben. Roland ist mittlerweile der einzige von damals diversen Herstellern, der bis heute seine Keytars weiterentwickelt. Hinter dem neuesten Modell verbirgt sich ein vollwertiger, hochmoderner Digital-Synthesizer inklusive Bluetooth-Schnittstelle und Vocoder. Können diese und andere Features das ehemals so kultige Umhänge-Keyboard wieder salonfähig machen? Wir schauen genauer hin.
Details
Äußeres
Welcome to Space: Der Name „AX-Edge“ klingt nicht nur futuristisch, das Gerät sieht auch so aus. Das zackige Plastik-Gehäuse mit rotem Rahmen wirkt aufgeräumt modern und erinnert mich irgendwie an die Karosserie-Kurven eines futuristischen Auto-Prototyps. Die Keytar kommt in zwei Farbausführungen: In Weiß mit klassischen schwarzen und weißen Tasten und serienmäßig auch in schwarz mit zugegebenermaßen sehr cool wirkenden, komplett schwarzen Tasten. Das kennt man sonst eher aus den limitierten Special Editions moderner Keyboards. Apropos: Der Rahmen, „Blade“ genannt, kann bei Bedarf mit einem individuellen Spezialmuster verziert werden. Mit 4,2 kg ist die AX-Edge zwar etwas schwerer als eine herkömmliche Gitarre mit ihren ca. 3 kg, jedoch lässt sie sich dank mitgeliefertem Gurt doch recht entspannt über die Schulter schwingen.
Aufbau und Bedienoberfläche
Die Keytar mag zwar wie eine Gitarre gehalten werden, das technische Zentrum bleibt aber weiterhin die Keyboard-Tastatur. Insgesamt 49 anschlagdynamische, sehr leicht gewichtete Full-Size-Tasten mit Aftertouch lassen sich nicht lumpen. Bei der Tastatur müssen keine Abstriche aufgrund des tragbaren Formates gemacht werden: Hier erhalten wir altbewährte, solide Roland-Qualität. Zur „Keytar“ wird das AX-Edge dank des obligatorischen Halses – ausgestattet mit einem Modulations-Hebel, einem Ribbon-Controller und weiteren zuweisbaren Controllern für intuitive Performances. Hier werden die Sounds kontrolliert, die im Bereich über der Tastatur angewählt werden.
Zehn „Category“-Buttons mit jeweils 32 sample-basierten Programmen liefern insgesamt stolze 320 Basis-Sounds, die in 500 speicherbaren Preset-Sounds organisiert sind. Jedes Programm besteht aus vier sogenannten „Parts“ – einzelne Klangfarben, die dann je nach Belieben miteinander kombiniert und gelayert werden können. Für jeden Part können diverse Klang-Parameter wie Hüllkurven, Filter oder Effekte über Sub-Menüs in dem kleinen Display eingestellt werden. Man kann der AX-Edge demnach nicht vorwerfen, eine limitierte Preset-Schleuder zu sein: Unter der spartanisch gestalteten Bedienoberfläche schlummert ein extrem flexibler Digital-Synthesizer mit diversen Bearbeitungsmöglichkeiten und unzähligen On Board-Effekten.
Für dich ausgesucht
Mangels Dreh-Potis erfolgen jegliche Einstellungen recht mühsam über Plus/Minus-Buttons im Miniatur-Display. Eine spontane, weitreichende Klangbearbeitung auf der Live-Bühne ist nahezu unmöglich. Dafür kann man sich seine Lieblingseffekte auf die Potis und Controller am Keytar-Hals routen und live direkt ansteuern. Speziell die Effekt-Struktur des AX-Edge ist zwar zunächst recht unübersichtlich, jedoch definitiv bemerkenswert. Neben einem ausgiebig einstellbaren Vibrato pro Part gibt es quasi drei Effekt-Stufen: Jeder Part (Layer) eines Programmes hat seine eigenen, isolierten Effekte.
Der Layer-Mix wird schließlich summiert über einen zusätzlichen Multi-Effekt-Algorithmus (79 verschiedene Effekte sind im Angebot) an die Master-Sektion geschickt, die abermals mit Reverb/Delay-Effekten, Kompressoren und parametrischen EQ‘s den Sound „mastert“. Ein Arpeggiator kann mittels Button aktiviert, in seinen Einstellungen jedoch abermals nur über die Sub-Menüs im Display editiert werden. Ein Mikrofon-Eingang auf der Rückseite der Keytar verrät: Auch ein Vocoder ist mit an Bord. Dieser besteht ebenfalls aus vier Parts und kann mit den normalen Keyboard-Sounds gelayert werden. Ein mitgeliefertes Mikrofon finde ich hierfür nicht im Karton, jedoch einen 6,3 mm Klinken-Mikrofon-Eingang, womit wir bei den Anschlüssen wären.
Anschlüsse und Verbindungen
Zunächst ist die AX-Edge mit herkömmlichen Audio-Ausgängen wie Stereo Out und Phones Out ausgestattet. Ebenfalls fast selbstverständlich sind Midi In/Out. Midi-Dateien können jedoch noch auf zwei weitere Arten ausgetauscht werden: Ein USB-Port so wie eine Bluetooth-Schnittstelle lassen die Keytar wahlweise sogar kabellos Midi-Daten empfangen. Per Bluetooth lässt sich auch eine Editor-App mit dem AX-Edge verbinden. Diese ermöglicht detaillierte Sound-Einstellungen, die übersichtlicher erfolgen können, als auf dem kleinen Edge-Display. Schließt man einen USB-Stick an, kann die AX-Edge außerdem externe Audio-Samples – leider nur im mp3-Format – abspielen. Die Stromversorgung erfolgt wahlweise über Batterie (bis zu vier Stunden Batterie- oder Akku-Laufzeit) oder mittels Netzteil. Ein Pedal-Eingang für Sustain/Expression rundet das Angebot an Anschlüssen ab.
Hardy O sagt:
#1 - 16.11.2018 um 21:03 Uhr
An dieser Stelle einfach mal ein dickes DANKESCHÖN für diesen Testbericht!
Schön, dass Ihr Euch auch solcher "Exoten" annehmt. Ich persönlich finde ja, man sieht Keytars viel zu selten. Wenn das jemand richtig spielen kann und die passenden Sounds damit raushaut, macht das für Musiker wie Zuhörer nämlich echt was her... (Aber bitte keine Piano-Sounds im Stehen spielen! Sobald die zweite Hand für mehr als einen kurzen Finger-Tip auf der Tastatur zum Einsatz kommt, bitte auch eine Keytar auf den Keyboard-Ständer ablegen. Danke!)