Das Hughes & Kettner Black Spirit 200 Gitarren-Topteil geht bewusst den Weg zurück zur guten alten Analogtechnik, obwohl immer mehr Hersteller auf digitale Lösungen setzen. Grundlage dafür sind aber nicht etwa die puristischen Vorlagen aus dem letzten Jahrtausend, sondern eine hochmoderne Neuentwicklung, die zwar nach Röhre klingt, aber auf Glaskolben komplett verzichtet.
Wer die Geschichte von Hughes & Kettner kennt, der weiß, dass nicht wenige wegweisende Entwicklungen im Bereich Gitarrenverstärker aus den Werkstätten des saarländische Traditionsunternehmen stammen. Verantwortlich für den authentischen Röhrensound ist bei unserem Testkandidaten die sogenannte “Bionic Tone Generating”-Technologie. Wir wollen herausfinden, was es damit auf sich hat und welches Potenzial in dieser Innovation steckt.
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Konzept
Der Black Spirit 200 ist ein vierkanaliges Gitarrentopteil mit eingebauten Effekten, einem Noisegate, einer integrierten Speakersimulation und einer Endstufenleistung von 200 Watt. Um diese hohe Endstufenleistung bei einem so geringen Gewicht überhaupt hinzubekommen, hat man bei Hughes & Kettner eine spezielle Class-D-Endstufe entwickelt, die in der Lage ist, die natürliche Kompression einer in die Sättigung gefahrenen Röhrenendstufe nachzuahmen. Der Hersteller wirbt damit, dass der Grundsound des Spirit 200 nicht digital, sondern analog realisiert wird. Aber wieso hängt man diesen Fakt so hoch, wo doch jeder Röhrenamp analog arbeitet? Der Clou: Trotz eines röhrenähnlichen Sounds wird nicht nur komplett auf Röhren verzichtet, sondern auch auf Digitaltechnik. Trotzdem verspricht die Produktbeschreibung, dass der Black Spirit 200 in der Lage ist, das komplexe dynamische und klangliche Verhalten einer Röhrenamp-Schaltung zu simulieren.
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Aber was sind die grundlegenden Unterschiede zwischen analogen und digitalen Audiogeräten? Bei digitalen Geräten wird das Audiosignal mithilfe eines Analog-Digital- oder kurz AD-Wandlers in einen digitalen Datenstrom verwandelt, der dann weiterverarbeitet und schließlich wieder in ein analoges Signal zurückverwandelt werden muss. Das bedeutet auch, dass sich die Daten einer ganzen Reihe von Korrekturen unterziehen müssen, was Zeit kostet und zusammen mit der analogen Rückwandlung Latenzen ergibt, auch wenn moderne Wandler sehr schnell arbeiten. Deshalb haben in dieser Beziehung analoge Geräte die Nase vorn, das Signal muss nicht gewandelt und berechnet werden, und Latenzen spielen in der Regel auch keine Rolle.
Aber kommen wir zurück zum Black Spirit 200. Trotz analogem Grundsound verzichtet der Amp schon alleine aufgrund der eingebauten Effekte nicht komplett auf Digitaltechnik. Dabei handelt es sich um drei interne Effektblöcke. Neben einfachem Hall und Delay erzeugt ein weiterer Block entweder Chorus, Phaser, Flanger oder Tremolo. Die Qualität der Effekte ist zwar kein State of the Art, aber für den Live-Einsatz völlig ausreichend. Auch die komplexe Steuerung des Amps mit allen abspeicherbaren Parametern geschieht auf digitalem Weg. Somit hat man hier das Beste aus der analogen und digitalen Welt in einem Gerät miteinander vereint.
Das Frontpaneel
Wir beginnen die Reise über das Bedienpaneel beim Gitarreneingang auf der rechten Seite. Über der Eingangsbuchse befindet sich einer von fünf beleuchteten Tastern, wobei dieser den eingebauten Booster aktiviert. Hält man ihn lange gedrückt, wird das integrierte Bluetooth aktiviert. Ja, ihr habt richtig gelesen! Über Bluetooth lassen sich mit einem iPad und einer kostenlosen Software alle Parameter verändern und abspeichern. So kann man seine Soundkreationen auch problemlos mit anderen teilen und auf andere Amps übertragen. Eine Android-Software soll laut Hersteller in Kürze folgen.
Neben der Eingangsbuchse befindet sich die Kanalumschaltung in Form eines vierstufigen Drehschalters. Zur Auswahl stehen Clean, Crunch, Lead und Ultra. Jeder der vier unabhängigen Kanäle greift auf die gleichen Regler zu, bei denen es sich von rechts nach links um Gain, Volume, Bass, Mid, Treble, Noise Gate und Sagging handelt. Sagging regelt die Simulation einer in die Sättigung gefahrenen Endstufe, wobei dieser typische, pumpende Effekt beim Black Spirit 200, wie bei einem richtigen Röhrenamp, in der Endstufensektion realisiert wird.
Aber die eben genannten Regler verfügen allesamt noch über eine zweite Funktion. Nach dem Drücken des FX-Access-Tasters gelten von rechts nach links folgende Funktionen: Intensity, Mod Type, Delay Time, Delay Feedback, Delay Level, Reverb und Cab Type für die eingebaute Red Box AE+. Die weiteren Regler sind für Resonance, Presence und Master zuständig. Ein echter Knaller ist, dass sich bis auf den Master-Regler tatsächlich alle Parameter programmieren und abspeichern lassen. Es geht hier also wirklich ans Eingemachte. Bleiben noch die drei letzten Taster FX Loop, Store zum Abspeichern der Programme und Power zum Ein- und Ausschalten des Amps. Eine weitere Klinkenbuchse fungiert als Phones bzw. Line Ausgang.
Die Rückseite
Über den Aux-Eingang in Form einer Miniklinkenbuchse lässt sich Audiomaterial aus einer beliebigen Quelle einspeisen. Im Zusammenspiel mit dem Kopfhörerausgang auf der Vorderseite kann man so auch um Mitternacht zu Playbacks üben, ohne die Nachbarschaft auf die Palme zu bringen. Der serielle Einschleifweg besteht aus einer Send- und einer Returnbuchse. Hier sollte man nur qualitativ hochwertige Geräte anschließen, um die Dynamik des Amps nicht zu ruinieren. Der lässt sich dank der beiden MIDI-IN und -THRU-Buchsen auch problemlos in ein größeres Setup einbinden. Man ist hier übrigens nicht auf vier Sounds festgelegt, sondern kann eigene Soundkreationen in bis zu 128 Presets abspeichern und abrufen.
Kommen wir zur integrierten Redbox AE+. Diese überarbeitete Version hält acht unterschiedliche und wirklich sehr gut klingende Boxenmodelle bereit, bei denen im Gegensatz zu Geräten, die mit Impulse-Responses arbeiten, die Frequenzkurven analog nachgebaut wurden. Und das Ganze kann sich absolut hören lassen. Eine DSP-gesteuerte Ambience-Emulation, die die Raumfülle einer 4x12er Box simuliert, wird dem Direktsignal zugemischt und macht den ultradirekten Sound noch authentischer. Folgende simulierte Boxentypen stehen zur Verfügung:
- 1×12″ Modern Thiele-Port
- 1×12″ Modern Front-Port
- 2×12″ Vintage Open Back
- 4×10″ Alnico Open Back
- 4×12″ Vintage Cab
- 4×12″ British Cab
- 4×12″ Modern Cab
- 4×12″ American Cab
Mit zwei kleinen Schaltern lässt sich der Ausgangspegel von Mikrofon- auf Line-Level umschalten und die Speakersimulation bei Bedarf auch komplett deaktivieren. Der Amp bietet einen Speakerausgang mit einer Impedanz von 8 bzw. 16 Ohm. Per Mini-Schiebeschalter wird eine Ausgangsleistung von 2, 20 oder 200 Watt gewählt. Hier muss übrigens nicht zwangsläufig eine Gitarrenbox angeschlossen werden, denn dank der zuschaltbaren Redbox funktioniert der Black Spirit auch mit Fullrangeboxen wie zum Beispiel Gesangsmonitoren. Bliebe noch die Schuko-Buchse für den Anschluss des Euro-Netzkabels zu erwähnen.
FSM 432 MKIII
Das FSM-432 MKIII ist ein optional erhältliches Midiboard aus eigenem Hause, mit dem sich der Black Spirit 200 vom Bühnenrand aus perfekt schalten und verwalten lässt. Das Gerät ist im Prinzip selbsterklärend aufgebaut und erfordert vom Gitarrenhelden keinen übermäßigen geistigen Aufwand. Um die Stromversorgung muss man sich dank der eingebauten Phantomspeisung des Black Spirit 200 keine Sorgen machen, solange man das beigelegte siebenpolige Midi-Kabel benutzt. Das schickt die benötigte Energie zum Midiboard und macht ein zusätzliches Netzteil überflüssig. Auf der Stirnseite befinden sich neben den beiden MIDI-In- und Out-Buchsen noch zwei Anschlüsse für Expression-Pedale oder einzelne Fußschalter. Außerdem gibt es einen Anschluss für ein Netzteil. Ein Schalter bringt den FSM 432 MKIII entweder in den Stompbox- oder den Preset-Modus.
Von oben betrachtet gliedert sich das Board in zwei Teile. Auf der linken Seite befinden sich vier Taster, mit denen man im Stompbox-Modus die einzelnen Kanäle schaltet. Wenn man den ersten Taster drückt, wählt man also immer den cleanen Kanal usw. In diesem Modus lassen sich die Modulation und der Boost auf der rechten Seite separat schalten. Stellt man den kleinen Schalter an der Stirnseite auf Preset-Mode, lassen sich komplette, vorab eingestellte Settings abrufen. So kann man die vier Taster beispielsweise nur mit dem Leadkanal in unterschiedlichen Einstellungen belegen. Mit den Tastern auf der rechten Seite werden in diesem Modus die Bänke geschaltet, sodass man auch live nicht auf vier Sounds festgelegt ist. Im Gegensatz zum Preset-Modus lässt sich das Delay im Stompbox-Modus nur ein- und ausschalten.
Markus sagt:
#1 - 26.08.2019 um 10:54 Uhr
Hallo, ihr schreibt, man könnte beim fsm-432 sowohl im Preset- als auch im Stompboxmodus das Delaytempo tappen.
HK schrieb mir mal, das ginge nur im Presetmodus.
Jetzt weiß ich gar nichts mehr.
Habt ihr das ausprobiert?
VG
Robby Mildenberger sagt:
#1.1 - 30.08.2019 um 13:13 Uhr
Hallo Markus,
Du hast Recht. Im Gegensatz zum Preset-Modus lässt sich das Delay im Stompbox-Modus nur ein- und ausschalten. Wir haben die entsprechende Textpassage geändert. Danke für den Hinweis.Grüße
Robby
Antwort auf #1 von Markus
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenKRYPTYK sagt:
#2 - 18.05.2020 um 06:15 Uhr
Ich habe beim Musicstore das Teil mal angespielt bzw. getestet, ABER diese Dinge disqualifizieren das Topteil für mich. Der Preis, war auch ein Hauptauschlußkriterium für mich beim Head, ebenso beim Combo. Aus welchem Grund also, soll ich mein Equipment jetzt auf den Black Spirit 200 "updaten" ??? Zudem, ich habe meinen AMP und meine Pedale auf dem Board für meinen Sound eingestellt. Den verändert man sowieso nicht, außer von Clean auf Gain.....Oder spielt jemand mit unterschiedlichen Sound bei einem Gig? Also ich meine jetzt mit Sounds, Metal, Blues etc. doch wohl nicht, oder? Was also soll man mit einem AMP der unzählige Sound hat, die man niemals benötigt? Ansonsten hat man (Ich) die Sounds für die entsprechenden Songs auf den Pedals auf dem Board. Da kann die Digitaltechnik noch so voranschreiten, den original Röhrensound bekommt man Digital nicht hin, mit keinem Amp. Da schleppe ich mir lieber bei Auftritten einen Ast, aber ich bleibe immer noch bei meinem Bugera 333 XL. Zudem kann man die gesicherten Presets nur mit dem Fußschalter abrufen, den man natürlich, EXTRA für über 160 € dazu kaufen muss, was ich bei einem AMP-Preis von rund 800€ !!! schon ziemlich dreist finde, ebenso das ein Transport Bag für 30 € noch als extra, hinzugekauft werden muss, so kommt man bei dem Amp schnell mal an die 1000€.Wenn man Bedenkt das man dafür 2 Bugera 33 XL bekommt......Naja, so verdient man als Unternehme Geld..... Mein Fazit: Zum rumprobieren oder als Einstieg in die Welt der Sound und Effekt ist der Black Spirit, bestimmt nicht schlecht,(Wenn man sich das Midiboard FSM432 dazukauft. Aber nur dafür ist es einfach ein zu teures Spielzeug.
Floyd Hendrix sagt:
#3 - 19.05.2020 um 07:21 Uhr
Was machen Musiker wie ich, die KEINE IPad, IPhon oder der gleichen haben? (Ja solche Leute gibt es auch noch !!!) Da hätte ich dann 2 Möglichkeiten, entweder 1.) ein IPad etc. kaufen oder 2.) einen anderen AMP.....Nach abwägen allem Für und wieder, entscheide ich mich dann doch für Möglichkeit 2.....Einen Amp, den auch ein "Rückständiger" wie ich, in Sachen Technik, ganz Einfach an den vorhandenen Regler am AMP einstellen kann. Da ich rund 1500 € zur Verfügung hatte, viel dann meine Wahl auf den Bugera 1990 Infinium & den Bugera 333 XL und den Bugera V55HD und dazu noch 3x je ein 4/12 Box von HB. Ist schon erstaunlich, was man für 1500 € bekommt, wenn man "Rückständige" Technik kauft.......