Seit sich Native Instruments dem Software-Markt nicht mehr im Alleingang stellt, haben die Berliner Soundtüftler auch ihre Produkte verändert. Am meisten fällt dabei ins Gewicht, dass das fette Bundle Komplete nun auch Produkte anderer Hersteller beinhaltet – und das trifft selbst auf das kostenlose Native Instruments Komplete Start zu. Schaue wir uns das Ganze einmal genauer an!
DETAILS & PRAXIS
Download und Verfügbarkeit von Native Instruments Komplete Start
Wie bei allen Softwareprodukten von Native Instruments geht ohne Native Access gar nichts. Nach dem ersten Schritt, dem Anlegen eines Accounts auf der Webseite des Herstellers, kann man sich dann im zweiten Schritt Komplete Start auf den Account buchen lassen.
Im dritten Schritt folgt die Installation von Native Access, wonach man sich dann auch nochmal einloggen muss. Anschließend sollten dort alle freigeschalteten Produkte auftauchen, von wo aus ihr sie dann auf dem heimischen Rechner installieren könnt.
Für dich ausgesucht
Native Access und alle in Komplete Start beinhalteten Plugins laufen ab Windows 10 und macOS 11 (Intel + M1/M2).
Was ist in Komplete Start enthalten?
User des Freeware-Bundles erhalten zum einen sechs Kontakt Libraries: Factory Selection 2, Hypha, Analog Dreams, Ethereal Earth, Irish Harp und Yangqin. Und natürlich gibt es den kostenlosen Kontakt 7 Player zu dieser Libraries direkt mit dazu.
Zum anderen bekommt man zu Komplete Start sechs Effekt-Plugins: Ozone EQ und Vinyl von iZotope, plus Raum, Guitar Rig 7 Player, Supercharger und Replika von Native Instruments.
Die Kontakt-Libraries in Native Instruments Komplete Start
Factory Selection 2 – der Grundstock
Komplete Start enthält eine abgespeckte Version der Factory Library 2, Selection genannt. Die Inhalte sind auf 50 Presets aus den Kategorien Acoustic, Band, Beats, Synth und Vintage begrenzt. Lediglich Orchestral und Choir bleiben den zahlenden Usern vorbehalten. Neben den spielbaren Sounds selbst verfügen die Presets auch immer über einige Regler, über die man auf das Spielverhalten oder den Sound der Presets einwirken kann.
Acoustic beinhaltet verschiedene Instrumente aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt, von Duduk bis Oud, perfekt für World-Music geeignet. Band liefert Instrumente wie Fingered Bass, Jazz Organ, oder Ragtime Piano.
Unter der Kategorie Beats befinden sich vier Presets, die im MPC-Style 16 Sounds auf entsprechenden Pads präsentieren. In der Synth-Kategorie gibt es Arp-, Lead-, Pad- und Bass-Sounds. Vintage orientiert sich dagegen am Instrumentarium der 70er, mit Drum Kits, Bässen und E-Pianos.
Die Jazz-Gitarre im ersten Beispiel klingt weich und atmosphärisch und die Drums im zweiten realistisch und absolut punchy. Beispiel 3 ist ein Preset aus der Abteilung Vintage, String Melody Orchestra klingt tatsächlich nach alter Hardware aus den 70ern.
Native Instruments Komplete Start – Hypha
Hypha ist eine Kontakt-Library, die aus akustischen und elektronischen Quellen Hybrid-Sounds bastelt. Sie unterteilt alle beinhalteten Presets in fünf Kategorien: Bass, Chords, Keys, Pad und Textural. Darunter sind Solo- und Chord-Instrumente, die teilweise auch Sequenzen enthalten oder sich als Akkord spielen lassen. Jedes Preset besteht aus zwei Sounds, die man über ein kleines X/Y-Pad am unteren Rand des Interfaces stufenlos ineinander mischen kann.
Wie bei allen modernen Kontakt-Libraries aus dem Hause Native Instruments gelangt man über das Zahnradsymbol in der rechten oberen Ecke des Interfaces nicht nur zu globalen Einstellungen wie Tuning, Range oder Velocity, sondern auch zu FX-Tab. Außerdem könnt ihr hier alle Effekte mit nur einem Klick deaktivieren.
Das Preset Locomotive im ersten Beispiel demonstriert den hybriden Sound von Hypha eindrucksvoll. Das akustische Element ist eine Art Orgel, die von einem elektronischen Schimmern veredelt wird. Bird Song spielt dagegen auf interessante Weise mit Tuning und Vibrato, während die Chimes in Beispiel drei einfach nur fantastisch klingen.
Analog Dreams – Synth-Sounds aus der Vergangenheit
Eine weitere Kontakt-Library in Native Instruments Komplete Start ist Analog Dreams. Sie stammt aus der Play Series und ist auf den Klang analoger Hardware-Synths ab den 70er Jahren spezialisiert. Die insgesamt 104 Presets der Library sind in die Kategorien Bass, FX, Leads, Pads und Plucks eingeteilt. Auch bei Analog Dreams besteht ein Preset aus zwei Sounds, die nicht nur ausgetauscht, sondern auch einzeln stumm geschaltet werden können.
Über das Würfelsymbol stellt man alle Parameter mit generierten Werten inklusive der beiden Sample-Engines ein. Zudem beherbergt Analog Dreams in der oberen rechten Ecke neben den globalen Einstellungen und der FX-Sektion noch drei weitere Tabs. Das Sound-Tab verantwortet die Detaileinstellungen der beiden Sound-Layer, hinzu kommen ein Macro-Tab und ein gut ausgestatteter Sequencer.
Die ersten beiden Audiobeispiele von Analog Dreams gehen ganz schön zur Sache, man fühlt sich an einen Filmsoundtrack oder harte elektronische Musik erinnert. Warm Hello befindet sich dagegen eher auf der sanften Seite der Library.
Ambient-Sounds mit Ethereal Earth
Auch Ethereal Earth entstammt ursprünglich der Play Series und hat deshalb den gleichen Aufbau. Die Library steht für Ambient-Sound und atmosphärische Pads, Streicher und Lead-Sounds. Die Preset-Kategorien lauten Chords, FX, Metallic, Natural, Pads, Sequenced und Synthy. Auch hier kann man Klänge über den Zufallsgenerator erzeugen.
Genau wie bei Analog Dreams besteht auch bei Ethereal Earth ein Preset aus zwei Sound-Layers, die nicht nur deaktiviert, sondern auch mit anderen Samples angereichert werden können. Und auch hier gibt es wieder die fünf Tabs für Sound, FX, Sequencer, Macros und globale Einstellungen.
Diese Library enthält auch viele Presets, die man als spooky bezeichnen könnte, Foggy Choir ist zum Beispiel so ein Sound. Soft Cell geht dann eher in die Richtung Ambient, während Elevated auf faszinierende Weise rhythmische Elemente nutzt.
Native Instruments Komplete Start – Irish Harp
Es gibt aber auch reine Instrumenten-Libraries in Native Instruments Komplete Start. Für Irish Harp hat man ein Instrument mit 34 Saiten gesampelt und in einem einfachen Interface zusammengefasst. Acht Klang-Presets stehen zur Verfügung, darunter Classic, Modern und Ambient.
Irish Harp kann man aber nicht einfach nur über einen MIDI-Controller spielen: In die Kontakt-Library wurden auch Phrasen und Melodien implementiert. Ihr könnt diese per Sync-Funktion an das Tempo der DAW koppeln oder sogar alle Loops an musikalische Skalen wie Major, Minor, Dorian oder Chromatic anpassen. Und selbst eigenen Skalen könnt ihr festlegen. Damit ist Native Instruments Irish Harp musikalisch extrem vielseitig einsetzbar.
Natürlich assoziiert man eine realistisch klingende Harfe immer auch ein bisschen mit Celtic Music oder ähnlichen Elementen aus der Filmmusikbranche. Und Irish Harp und seine Klang-Presets klingen tatsächlich sehr gut. Doch sind die verschiedenen musikalischen Modi, in denen man sie wiedergeben kann, eigentlich erst so richtig interessant.
Yangqin – Besuch aus einer anderen Welt
Die letzte Kontakt-Library ist Yangqin. Dabei handelt es sich um ein historisches asiatisches Instrument, ein traditionelles Hackbrett, das im Original mit Hämmern gespielt wird. Es besteht aus 144 Saiten, die in 48 Tonhöhen gestimmt werden.
Yangqin ist genau wie Irish Harp aufgebaut, auch hier gibt es acht Klang-Presets, die wie ein Instrument gespielt werden können. Und natürlich ist es auch möglich, der Library ganze Phrasen zu entlocken, allerdings kommen bei Yangqin völlig andere Skalen zum Einsatz: Neben Major und Chromatic gibt es auch Akebono, Hirajoshi oder Iwato.
Auch Yangqin lässt an Realismus keine Wünsche offen, die implementierten Klang-Presets und Phrasen lassen sich somit in ganz unterschiedlichen musikalischen Genres einsetzen.
Die Effekte
Highlight des Bundles – iZotope Ozone EQ
Der Star der Komplete-Show ist zweifelsohne der Ozone EQ, der sich aufgrund der Kooperation von Native und iZotope ebenfalls in Komplete Start befindet. Das Standalone-Plugin ist zudem nicht gedrosselt, wodurch es den vollen Funktionsumfang mitbringt und als eigenständiger EQ auch schon während der Produktion eingesetzt werden kann.
Bis zu acht Bänder stehen zur Verfügung, hinzu kommen Features wie der nagelneue Transient/Sustain-Modus, mit dem man die Transparenz von Tracks verbessern kann. Und selbst die Mid/Side-Funktionalität gibt’s beim Ozone EQ in Komplete Start.
Native Instruments Komplete Start – Raum
Auch über Native Instruments Raum, die prallgefüllte Hall-Wundertüte, darf man sich durchaus freuen. Zwar war Raum nie wirklich teuer, trotzdem handelt es sich dabei um ein tolles Reverb-Plugin, mit dem man so gut wie jeden Halleffekt erzeugen kann.
Die Basis bilden die drei Reverb-Modi Grounded, Airy und Cosmic, die für unterschiedlich große Räume sowie experimentelle und kosmische Halleffekte stehen. Dutzende Presets offenbaren das Potential des Plugins und selbst eine Freeze-Funktion ist an mit Bord.
Beim ersten Klangbeispiel, der Jazz-Gitarre aus der Library Factory Selection, kommt lediglich der Default-Sound von Raum zum Einsatz, der bereits hervorragend klingt. Die Harfe im zweiten Beispiel profitiert dagegen von einem kreativeren Ansatz, der auch Delay-Anteile besitzt.
Oldschool-Sound in jeder Situation – iZotope Vinyl
Die Prognose, dass es Plugins geben wird, die die akustischen Unzulänglichkeiten analoger Audios in die digitale Welt transportieren und im großen Stil bei sämtlichen Produktionen zum Einsatz kommen werden, dürfte zu Beginn der digitalen Revolution für Kopfschütteln gesorgt haben. Und doch sind wir nun genau an diesem Punkt in der Musikgeschichte angelangt. Native Instrumentes Komplete Start hält auch dafür eine Lösung bereit: iZotope Vinyl.
Dieses Plugin umspinnt Signale mit dem speziellen Sound analoger Unzulänglichkeiten, geordnet nach sechs Epochen von 1930 bis 2000. Hinzu kommen mechanische und elektrische Geräusche, Staub-Sounds und die LoFi-Funktionalität. Mit iZotope Vinyl lässt sich garantiert jedes Signal akustisch zerstören.
Dem folgenden Synth-Loop mischt man mit Vinyl nicht nur diverse Störgeräusche bei, sondern verändert das Plugin auch das Tuning des Loops, als würde man ihn auf einer Bandmaschine mit variierender Geschwindigkeit abspielen. Die anschließende Gitarre verzerrt bei den gewählten Einstellungen angenehm.
Einfach gut – Guitar Rig 7 Player
Ein weiterer No-Brainer in Komplete Start ist Guitar Rig 7 Player. Das Plugin dient nicht nur als Amp-Simulation für Gitarren, sondern auch als flexibles Multi-Effekt-Tool auf jedem anderen Signal.
Auch bei der gedrosselten Version Guitar Rig 7 Player sind noch zahlreiche Module aus Kategorien wie Amps und Cabinets, Delay und Echo, Distortion, Dynamics, EQ oder Filter freigeschaltet. Auch die Anzahl an Presets kann sich sehen lassen, ein No-Brainer eben.
Durch die beiden Audiobeispiele zeigt sich, zu welch unterschiedlichen Effekten Guitar Rig 7 Player in der Lage ist.
Tube-Compression mit Supercharger
Supercharger befriedigt die dynamischen Bedürfnisse aller Komplete-Start-User, denn dieses Plugin liefert Tube-Compression von subtil bis heftig. Die Benutzerfreundlichkeit ist durch das One-Knob-Konzept des Effektes gewährleistet, der das Thema Kompression auch Einsteigern zugänglich macht.
Dadurch entfällt auch das Einstellen des Make-up-Gains oder anderer Kompressionsparameter. Punch steht außerdem für Betonung der Transienten, über Dirt wird das Signal zusätzlich mit Sättigung veredelt.
Die Drums im ersten Beispiel bekommen durch Supercharger deutlich mehr Punch und der Raumhall der Snare wird ebenfalls besser wahrnehmbar, wodurch der Loop organischer klingt. Beim Synth-Loop löst das Plugin dagegen ein wenig Verwirrung aus, denn das komplexe Delay im Loop wird durch Supercharger lauter.
Replika, KA, Ka, ka
Jetzt fehlt eigentlich nur noch eine Effektkategorie, und auch die deckt Native Instruments Komplete Start ebenfalls ab. Das Delay Replika nutzt drei Algorithmen, oder Delay-Modi, für Verzögerungseffekte. Modern steht für digital klingende und glasklare Effekte, während sich Vintage Digital an Hardware vergangener Tage orientiert.
Diffusion bewegt sich zwischen den Welten von Delay und Reverb. Im Modulationsmodul gibt es zudem die Möglichkeit, einen klassischen Phaser oder den integrierten Resonanzfilter für noch mehr Bewegung und Klangfinesse einzusetzen.
In Zusammenarbeit mit der Gitarre im ersten Beispiel klingt Replika eigentlich mehr nach Reverb, deswegen aber einfach fantastisch. Genau wie beim zweiten Beispiel, einem Synth-Loop, bei dem zusätzlich noch das Phaser-Modul zum Einsatz kommt.
FAZIT – Native Instruments Komplete Start
Native Instruments Komplete Start ist ein wundervoll rundes Freeware-Angebot für Einsteiger und interessierte Hobbyproduzenten. Sowohl was die Libraries, als auch die Effekte anbelangt, sind alle wichtigen Inhalte vorhanden, auch wenn nicht alle neu sind. Durch die Zusammenfassung all dieser Instrumente und Effekte in einem Bundle spart man sich viel Zeit bei der Installation und Registrierung. Die Highlights sind ganz klar der Ozone EQ und Raum, aber auch Hypha, Irish Harp und Yangqin gefallen mir sehr gut. Komplete Start ist einfach ein rundes Paket und dadurch sehr empfehlenswert.
Features
- sechs Libraries: Factory Selection 2, Hypha, Analog Dreams, Ethereal Earth, Irish Harp, Yangqin
- sechs Effekte: Ozone EQ, Raum, Supercharger, Replika, Guitar Rig 7 Player, Vinyl
- Free Kontakt Player
- viele Presets und Sounds
- Installation und Registrierung über Native Access
- für Windows und macOS
- PREIS:
- Native Instruments Komplete Start ist kostenlos
- Ozone EQ
- Raum
- alle wichtigen Effektkategorien sind abgedeckt
- gute Kontakt-Libraries
- flexible Skalen in Irish Harp und Yangqin