Ist das Konzept der Synthesizer-Workstation für die Musikproduktion noch zeitgemäß oder hat sich die DAW mit ihren Plugins bereits als echte Alternative zur Workstation durchgesetzt? In diesem Jahrtausend scheint fast alles möglich: Man lässt sich von einer KI ganze Musikstücke komponieren, auf dem Smartphone oder Tablet-PC entstehen entspannt coole Beats im Grünen und im Studio winkt die DAW mit inspirierenden und klanglich ansprechenden Plugins. Haben da Hardware-Synthesizer und vor allem die klassische Synthesizer-Workstation überhaupt noch eine Chance?
Kurz gesagt: Wir wollen den Einsatz der Synthesizer-Workstation als Produktionsstätte hinterfragen. Wie man sich vielleicht schon denken kann, die Synthesizer-Workstation selbst und ihr Nutzerkreis haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark verändert. Insbesondere Musiker, die schon in den 1970er und 80er Jahren aktiv waren, werden sich über die heutige Situation wundern und sich vielleicht ein wenig umorientieren.
- Die Synthesizer-Workstation – wie alles begann
- Die Synthesizer-Workstation als Alternative zum Synthesizer wird bis heute optimiert
- Der Computer – die echte Alternative zur Synthesizer-Workstation in der Musikproduktion
- iDAW auf dem Apple iPad als Alternative zur Rechner-DAW
- Chancen für die Synthesizer-Workstation als Alternative
- Musikstil und persönliches Faible entscheiden
- Arranger-Keyboard als Alternative zu Synthesizer-Workstation und DAW
- Kompakte All-in-One Workstations als alternative Musikproduzenten
- Synthesizer mit alternativen Konzepten
- Fazit – Synthesizer-Workstation und ihre Alternativen fürs Produzieren
Die Synthesizer-Workstation – wie alles begann
Eigentlich war es schon immer ein Wunschtraum, mit einem Keyboard allein komplette Songs zu produzieren. Vor fast 50 Jahren sollte dieser dann allmählich Realität werden. Infolge der Digitalisierung während der 1980er Jahre veränderte sich der Markt für Synthesizer und auch das Studio-Equipment deutlich. Die große Premiere hat auch einen Namen: Die zwischen 1988 und 1994 gebaute Korg M1 Music Workstation brachte alles mit, was man zur Musikproduktion in einem Gerät benötigt: Synthesizer, Effekte, Drums und einen 8-Spur-Sequenzer. Als Mitbewerber folgten noch der Yamaha SY77 und später der Roland JV-80, der allerdings auf einen internen Sequenzer verzichtet.
Sowieso lag der interne Sequenzer bei diesen Geräten des Öfteren brach. Man nutzte im Studio lieber einen Home-Computer wie den Atari ST, der serienmäßig bereits über MIDI-Anschlüsse verfügte. Darauf lief dann eine Sequenzer-Software und steuerte MIDI-Synthesizer im Multimode. Gefragt waren möglichst viele Stimmen und Multimode-Parts, die vor allem auch die Rackversionen wie Korg M1R, Roland JV-880 oder Yamaha TG77 boten.
Die Synthesizer-Workstation als Alternative zum Synthesizer wird bis heute optimiert
Seit den späten 1980er Jahren perfektionieren Hersteller ihre klassischen Synthesizer-Workstations, um das Konzept immer noch als Alternative zum Synthesizer oder zum Musik produzieren anzubieten. Nach dem Schneller-Höher-Weiter-Prinzip sind im Laufe der letzten drei Dekaden immer mehr Stimmen, Effekte, Samples oder auch weitere Syntheseformen hinzugekommen. Zudem gibt es auch musikalische Impulse. Ein Multi-Arpeggiator und Step-Sequenzer bedienen beispielsweise bei einer Workstation mehrere Parts gleichzeitig und erzeugen Phrasen oder auch klangliche Effekte.
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Man kann sogar eigene WAV-Dateien in einen Sampler importieren (falls vorhanden), Audio-Spuren sind jedoch bei vielen Synthesizer-Workstations noch Mangelware. Der nicht mehr hergestellte Korg Kronos sowie die aktuelle Nautilus-Serie verfügen beispielsweise jeweils über 16 Audiospuren fürs Harddisk-Recording in deren Sequenzern.
In unserem Feature über „Die besten Synthesizer-Workstations“ kann man sich übrigens ausführlich über die aktuellen Modelle der Hersteller Akai, Korg, Roland, Yamaha und Kurzweil informieren. Dabei muss man nicht direkt in ein Topmodell investieren. Die guten Mittelklasse-Workstations der drei führenden japanischen Hersteller bieten viel fürs Geld und können sich sehen lassen.
Allerdings ist auch die Computer-Entwicklung nicht stehen geblieben. Seit Jahren schon laufen Produktionen mit einem Rechner viel entspannter. Virtuelle Instrumente existieren seit nunmehr 20 Jahren, exzellente MIDI-Sequenzer noch viel länger.
Der Computer – die echte Alternative zur Synthesizer-Workstation in der Musikproduktion
Machen wir uns nichts vor. Im Bereich der Musikproduktion dominiert die DAW (Digital Audio Workstation) mit ihrer Ausstattung. Die Synthesizer Workstation stellt hier keine echte Alternative dar. Man arrangiert bequem am riesigen 4K-Monitor und profitiert vom Total Recall.
Ein Song-Projekt lässt sich so mit allen Klangerzeugern und Effekten sowie samt Mixing und Automation in einem Rutsch speichern und jederzeit wieder aufrufen. Nach getaner Arbeit kann man das Projekt dann noch direkt mit einem KI-basierten Plugin wie Izotope Ozone mastern, als WAV-Datei exportieren und in eine Cloud hochladen.
Zudem kommt man bei der Klangerzeugung und Effekten so richtig ins Staunen. Arturia, Native Instruments, Roland und vor auch kleinere Software-Hersteller bieten ständig neue und aktualisierte Plugins. Allein schon beim Thema „Piano“ überflügeln Plugins das Angebot der Synthesizer-Workstations bei weitem. Daneben sind auch quasi sämtliche beliebte Vintage-Synthesizer emuliert – so die schöne bunte VST-Welt.
iDAW auf dem Apple iPad als Alternative zur Rechner-DAW
Die klassische Digital Audio Workstation (DAW) auf einem Windows- oder Mac-Rechner hat selbst eine Alternative, die iDAW für das Apple iPad. Schon mit einer kostenfreien App wie GarageBand kann man damit und nur mit dem Tablet-PC klassisch Songs produzieren. Fürs iPad gibt es aber auch noch viele weitere Musik-Apps, die mit innovativen Ansätzen beim Komponieren inspirieren.
Ob Apple Logic Pro X, Steinberg Cubase oder Korg Gadget: Unterwegs Skizzen entwerfen und sie 1:1 in die DAW des Studiorechners zu übernehmen und dort zu finalisieren, ist eine Stärke der Kombination aus iDAW und DAW.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man für relativ wenig Geld die verschiedensten DAW-Konzepte auf seinem iPad nutzen kann. Generell sollte man aber einen Touchscreen mögen und damit die meisten Schritte während der Songproduktion erledigen wollen. Wer überhaupt keinen Plan hat und sich erstmal einen Überblick verschaffen möchte, sollte einmal das Feature „Die beste DAW für Anfänger“ lesen.
Chancen für die Synthesizer-Workstation als Alternative
Wie ein klassisches Musikinstrument kann man auch einen Hardware-Synthesizer oder die Synthesizer-Workstation fast ein Leben lang spielen. Der Komfort heißt hier „einschalten und loslegen“. Nicht so bei einem Computersystem, das zunächst einmal komplett installiert und regelmäßig gepflegt werden will. Ein Update auf ein neues Betriebssystem kann mitunter für den Laien fatale Konsequenzen haben. Hinzu kommt, dass Tastatur und Spielhilfen eines Controller-Keyboards nicht immer optimal auf die Plugins abgestimmt sind.
Schon bei der Umsetzung der Anschlagdynamik und des Aftertouch lässt sich dies beobachten. Ein weiterer praktischer Vorteil lautet Mobilität: Mit einer Synthesizer-Workstation kann man überall DAW-frei überall produzieren. Man kann sie als musikalisches Notizbuch verwenden und das Musik produzieren hat mehr einen „Jam-Charakter“. Auch finanziell bleibt es bei der Workstation überschaubar, während hochwertige Plugin-Sammlungen ein Suchtpotenzial bergen und den Kontostand mitunter schnell schrumpfen lassen. Einen Wiederverkaufswert wie bei Hardware-Synthesizer gibt es kaum.
Musikstil und persönliches Faible entscheiden
Ob man einen Studio-Rechner oder eine Synthesizer-Workstation verwendet, hängt von einem weiteren Faktor ab. Die Equipment-Wahl richtet sich idealerweise nach der Musik, die man produzieren möchte. In manchen Fällen kann der technische Aufwand sehr unspektakulär sein. Beispiel: Für Minimal Piano genügt bereits ein Digitalpiano, dessen Sound man aufzeichnet. Einen Rock- oder Country-Song wird wiederum mit einem Studio-Gitarristen authentischer klingen als mit den Presets einer Workstation. Für Techno soll es vielleicht doch besser analoges Equipment sein?
Fakt ist: Alle Synthesizer-Workstations decken vornehmlich den Grundbedarf für Pop/Rock/Elektronik-Mainstream ab. Für weitere Stile kann/muss man dann auf Soundbibliotheken zurückgreifen. Alle Nischen erschließen sich damit aber nicht so gut und bei den VST-Instrumenten ist das Angebot weitaus größer. Zudem greift man heute schneller wie einfacher zu vorproduzierten Audio- und MIDI-Loops und kombiniert sie untereinander. Man komponiert also durchaus anders vor als zur Geburtsstunde der Synthesizer-Workstation.
Arranger-Keyboard als Alternative zu Synthesizer-Workstation und DAW
Die Begleitautomatik eines Arranger-Keyboards hilft viel. Als Software konnte sie sich allerdings bislang nicht richtig behaupten. Es gibt zwar gute Arranger-Plugins wie die Toontrack EZ-Serie (Drums, Bass, Keys), aber eine preiswerte wie umwerfende All-in-One-Lösung liefert selbst das etablierte Programm Band-in-a-Box nicht. Bei der Erstellung von Playbacks kommt man mit einem Arranger-Keyboard schneller zu Ergebnissen als mit dem Computer. Hier sprechen wir beispielsweise von einem Yamaha Genos2, einem Korg Pa5x oder einem Ketron EVENT.
Dies sind indirekt quasi Synthesizer-Workstation Alternativen, mit zusätzlich integriertem Arranger und einigen Live-Tools. Es muss aber nicht unbedingt immer das Topmodell sein.
Schon den preiswerteren Keyboards der Mittelklasse kann man einiges abgewinnen. Überhaupt muss es nicht peinlich sein, mit einem Entertainer-Keyboard im Studio oder auf der Bühne zu arbeiten. Für manche Musiker ist das Arranger-Keyboard oft sogar eine bessere Hilfe beim Arrangieren, Komponieren und Produzieren als die Synthesizer-Workstation. Auch lässt sich elektronische Musik mit dem Arranger-Keyboard realisieren.
Kompakte All-in-One Workstations als alternative Musikproduzenten
Eine aktuelle Variante der klassischen Workstation sind die kompakten All-in-One-Systeme. Sie kombinieren Sounds, Samples, Drums, Sequenzer, Effekte und oft auch ein Audio-Interface in einem Bonsai-Gerät, das in jeden Rucksack passt und frei von jeder Steckdose betrieben werden kann.
Ein Pionier auf diesem Gebiet ist Teenage Engineering aus Schweden. Der OP-1 Field beispielsweise ist für viele Mobil-Producer ein Traum, den man sich allerdings zum Preis von etwa 2.000 Euro erkaufen muss. Neuer und viel günstiger ist demgegenüber der Yamaha SEQTRAK. Natürlich produziert man auch mit einer Groove-Box komplette Playbacks für einen Song. Und auch hier sollte man sich auf ein Einspielen ohne klassische Tastatur einstellen.
Synthesizer mit alternativen Konzepten
Interessante Lösungen bzw. Alternativen bieten auch Desktop-Synthesizer, die sich klanglich und insbesondere dank konzeptionell individueller Stärken hervortun. Einige dieser Exemplare sind beispielweise der Moog Subharmonicon für polyrhythmische Synthesizer-Patterns, der Percussion-Synthesizer Behringer Edge, Soma Lyra-8 für Drones oder aber der Spielzeug-Synth Dato Duo.
Diese Produkte bieten jeweils etwas Besonderes, das man bei keiner DAW so in dieser Form erhält. Wer also neue Wege sucht und sich einmal anders motivieren lassen möchte, holt sich einen dieser Spezialisten ins Studio.
Fazit – Synthesizer-Workstation und ihre Alternativen fürs Produzieren
Das Producing-Konzept der Synthesizer-Workstation als Alternative zur DAW ist eigentlich überholt. Längst ist diese Spezies deutlich eher auf der Bühne mit ihren sofort anspielbaren und umfangreichen Layer/Split-Performances ansässig geworden. Sie ist den oft nur auf eine Syntheseform beschränkten Synthesizern hinsichtlich der Klangerzeugung auch weit überlegen. Wer als Live-Keyboarder unterwegs ist und parallel dazu im Homestudio verschiedene Tracks produziert, profitiert am meisten von der klassischen Workstation. Für Musiker und Produzenten, die nicht live spielen und ausschließlich Musikproduktion betreiben, dient die Synthesizer-Workstation allerdings eher als musikalisches Notizbuch.
Mit einer DAW auf einem Mac oder PC produziert man also insgesamt effizienter. Dabei kann man die Workstation auch als Steuerzentrale gut einbinden und für einen kreativen Schub manch exotischeren Hardware-Synthesizer oder eine iPad-App hinzunehmen. Ganz ohne Rechner läuft die Musikproduktion sowieso nicht. Für OS-Updates und Soundverwaltung des Hardware-Synthesizers, fürs finale Mastering der produzierten Songs sowie für den Upload auf Streaming/Download-Portale braucht man einen Computer.