Kleine Vorwarnung: Heute wird es kontrovers! Es geht nämlich um die Frage, ob Kondensatoren verschiedener Hersteller unterschiedlich klingen. Und das auch noch bei gleichen technischen Werten. Dies hat schon häufig zu hitzigen Diskussionen in diversen Foren geführt. Die einen behaupten, bei gleichen technischen Werten gilt „Kondensator = Kondensator“. Andere wiederum schwören auf den magischen Klang bestimmter Vintage-Teile, wie „Orange Drop“, „Mustard“ oder „Bumble Bee“. Was Elektronik etc. angeht, bin ich persönlich ein absoluter Tiefflieger und kann daher nicht wirklich mitreden. Das möchte ich aber eigentlich auch gar nicht, denn ich will ja Bass spielen! Außerdem bilde ich mir gerne eine eigene Meinung basierend auf meinen selbst gemachten Erfahrungen. Daher habe ich mir einfach einen Orange Drop- und einen Mustard-Kondensator besorgt und werde das Ganze heute tollkühn ausprobieren! Das Beste an der ganzen Sache ist, dass die Investitionen von circa 2,50 Euro pro Kondensator die wohl günstigste „Pimp My Bass“-Maßnahme aller Zeiten ist. Ist also an dem Sound von Kondensatoren wirklich etwas dran oder ist tatsächlich alles nur Voodoo? Finden wir es heraus!
Welche Aufgabe hat ein Kondensator in einem Bass?
Der Kondensator gehört zur passiven Tonblende. Beim Betätigen der Tonblende lässt der Regelwiderstand (= Potentiometer) mehr oder weniger Strom durch den parallel zu den Tonabnehmern geschalteten Kondensator fließen. Dieser Strom wird an die Masse geleitet, also kurzgeschlossen. Der Widerstand des Kondensators wird wiederum von der Frequenz des Eingangssignals beeinflusst. Je höher die Frequenz, desto tiefer die Impedanz und desto mehr hohe Frequenzen werden kurzgeschlossen.
Kurz gesagt: Mit der Tonblende kann man die Höhen bedämpfen und den Sound „dunkler“ machen. Dies geschieht im Gegensatz zu einem aktiven Equalizer ausschließlich in einem subtraktiven Verfahren. Man kann also nur Höhen dämpfen, niemals aber hinzufügen! Folglich bildet die komplett aufgedrehte bzw. geöffnete Tonblende die Nullstellung.
Ausgangslage: Passiver Fender Jazz Bass 1972
Als Versuchskaninchen durfte mal wieder mein Fender Jazz Bass aus dem Jahre 1972 herhalten. Er ging schon durch viele Hände – daher ist leider auch die Elektronik nicht mehr original. In den 1980er-Jahren baute ein früherer Besitzer sogar mal einen aktiven Bartolini-Preamp ein.
Nachdem der Bass ca. 2010 in meinen Besitz gelangte, versetzte ich ihn in seinen ursprünglichen Zustand zurück. Die passive Elektronik wurde mit Komponenten von Fender zusammengestellt. Sie entspricht also ungefähr dem heutigen Stand von Fender-Bässen, und der darin verbaute Kondensator ist ein günstiges „No Name“-Massenprodukt.
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Die drei Kandidaten: Fender “No Name”, Orange Drop, Mustard
Der Orange Drop Kondensator wurde durch die Firma Sprague bekannt und basiert genau wie der Mustard aus dem Hause Mallory auf Polyesterfilm. Diese Technik bot ab Ende der 60er-Jahre mehr Zuverlässigkeit und erhöhte Spannungsfestigkeit als die bis dahin verwendete Papierfolie.
Beide Kandidaten haben den Ruf, sehr gut für Elektronik in Instrumenten geeignet zu sein. Meine beiden Exemplare sind originalgetreue Nachbauten und problemlos im Handel erhältlich. Die aufwändige und teure Suche nach einem Vintage-Schätzchen ist also nicht notwendig.
Der Standardwert eines Kondensators für passive Tonblenden in E-Bässen beträgt 47 nF (Nano-Farad). Sowohl der TAD Orange Drop wie auch der TAD Mustard weisen diesen Wert auf. In meiner Elektronik befindet sich ein Kondensator mit dem Wert 22 nF. Kondensatoren mit diesem Wert wurden vor allem früher für Bass-Elektroniken eingesetzt.
Der Vergleich der drei ist daher nicht 100-prozentig fair, aber auch die verschiedenen Werte sind ja durchaus von Interesse. Der elektrotechnische Aspekt unterschiedlicher Werte soll uns hier nicht interessieren, dafür gibt es andere und vor allem bessere Quellen. Entscheidend für uns ist die Auswirkung auf den Sound, und dies lässt sich auf eine simple Formel zusammenfassen: Je höher der Wert, desto früher und desto stärker ist die Dämpfung.
Soundbeispiele im Video
Da die Tonblende bei geöffnetem Poti nicht aktiv ist bzw. hier der Kondensator keine Rolle spielt, habe ich die Klangbeispiele mit folgenden Einstellungen aufgenommen:
- Tonblende: -50%
- Tonblende: -100%
Um auch wirklich die exakte Position des Potis bei allen drei Kandidaten zu gewährleisten, habe ich entsprechende Markierungen auf dem Schlagbrett eingezeichnet.
Fazit
Wow, diese Ergebnisse hätte ich nicht erwartet! Mitunter fallen die Unterschiede nur sehr gering aus – manchmal jedoch meint man, man höre ein komplett anderes Instrument! Ich finde, dies wird vor allem in den Klangbeispielen mit dem Singlecoil in der Halsposition deutlich. Sicherlich verhält sich das Ganze noch einmal anders an einem Split-Coil- oder Humbucker-Pickup.
Zwischen den einzelnen Kondensatoren höre ich keine wirklichen qualitativen Unterschiede. Sie sind einfach nur „anders“ – was einem gefällt, ist also eher Geschmacksache. Wenn man (wie ich) viel mit der passiven Tonblende arbeitet, kann man daher mit dieser Maßnahme seinen Bass für ganz wenig Geld definitiv noch besser den eigenen Bedürfnissen anpassen.
Viel Spaß und bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt
Peter Staerk sagt:
#1 - 07.03.2024 um 07:34 Uhr
leider bist du mit den Werten der Kapazitäten etwas verrutscht.... Es muss nf und nicht uf heißen. Einen 47uf Elko würde man kaum in das E-Fach rein bekommen
Thomas sagt:
#1.1 - 07.03.2024 um 08:29 Uhr
Hi Peter, oops, mein Fehler. Vielen Dank für den Hinweis. Wird korrigiert. LG Thomas
Antwort auf #1 von Peter Staerk
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