Bei der Verwendung eines Synthesizers hat man es mit vielen Fachbegriffen zu tun, beispielsweise auch mit Portamento und Legato. Wer mit einem polyphonen Synthesizer oder einer Workstation arbeitet, hat sicherlich schon bemerkt, dass auch bei einem polyphonen Synthesizer die meisten Presets in der Kategorie „Lead“ monophon sind. Das heißt, es wird nur eine Stimme verwendet, das Spielen von Akkorden ist nicht möglich. Da liegt die Frage nahe, warum diese Einschränkung? Der Synthesizer bietet doch 8 oder 16 Stimmen oder – im Falle einer digitalen Workstation – sogar noch sehr viel mehr. Warum also die bewusste Beschränkung auf nur eine Stimme? Die Antwort ist einfach.
Ein monophoner Synthesizerklang bietet hochinteressante Phrasierungsmöglichkeiten, die im polyphonen Modus nicht in gleichem Maße möglich sind. Genau genommen geht es dabei um zwei Dinge: Portamento (Glide) und Legato. Was sind also Portamento (Glide) und Legato beim Synthesizer und wie setzt man diese Spielhilfen effektiv ein?
- Was bedeuten Portamento und Legato beim Synthesizer?
- Mit Portamento und Legato Synthesizersounds durch Spieltechnik und Spielhilfen organischer gestalten
- Portamento (Glide) als Spielhilfe beim Synthesizer einsetzen
- Legato als Spieltechnik beim Synthesizer einsetzen
- Die Key Priority-Funktion beim Synthesizer verwenden
- Zum Schluss
Was bedeuten Portamento und Legato beim Synthesizer?
- Portamento oder Glide unterstützt das Wechseln der Tonhöhe von zwei gespielten Noten mit einem Gleiteffekt, dessen Geschwindigkeit des variiert werden kann, um das Timing und den Charakter der musikalischen Phrase zu beeinflussen.
- Legato beim Synthesizer verbindet zwei gespielte Noten nahtlos miteinander, um musikalische Linien und Phrasen mit mehr Kontrolle, Ausdruckskraft und emotionaler Tiefe zu gestalten
Mit Portamento und Legato Synthesizersounds durch Spieltechnik und Spielhilfen organischer gestalten
Was bedeutet Spieltechnik und wie helfen Portamento und Legato?
Mit den Spielhilfen Portamento (Glide) und Legato kann man bei richtiger Spieltechnik vor allem die Lead- und Bass-Sounds von Synthesizern wesentlich organischer und lebendiger gestalten. Diese Spielhilfen, die in vielen Synthesizern als Parameter integriert sind, haben entscheidenden Einfluss auf eine Situation, die bei monophonen Synthesizern sehr häufig vorkommt. Wenn man eine Taste spielt, während ein anderer Ton noch erklingt (was beim Spielen häufig, wenn auch unbeabsichtigt, vorkommt), hat ein monophoner Synthesizer eigentlich kein Problem. Bei einem polyphonen Synthesizer wird der neu gespielte Ton allerdings einfach hinzugefügt, womit beide Töne gleichzeitig erklingen. Ein monophoner Synthesizer hingegen muss aber entscheiden, was mit der Tonhöhe und den anderen Klangparametern passiert, d. h. ob und wie schnell sie an die neu gespielte Taste angepasst werden. Dies geschieht über die Parameter Portamento und Legato.
Portamento und Legato unterstützen das Spiel monophoner Synthesizersounds
Das klingt nach einer Einschränkung, aber mit etwas Übung kann man diese Einschränkung spielerisch ausnutzen und als Ausdrucksmittel einsetzen. Und genau aus diesem Grund werden Leadsounds und Bässe auch bei polyphonen Synthesizern gerne monophon programmiert. Nur so kann man sie – beispielsweise mit Portamento und Legato – wirklich ausdrucksstark spielen und kontrollieren. Wie man diese Einstellungen nutzen kann, um beispielsweise Lead-Sounds lebendiger zu gestalten, zeige ich an einigen Beispielen. Nehmen wir als Beispielphrase die unvergessliche Melodie des mittlerweile über 25 Jahre alten Klassikers „Nuthin’ But A ‘G’ Thang“ von Dr. Dre featuring Snoop Doggy Dogg. Ähnliche Synthesizer-Melodien prägten später eine ganze Ära des Hip-Hops. Im Original ist die Melodie sehr gleichförmig phrasiert. Den passenden Sound dazu habe ich auf meinem Moog Sub 37 annähernd reproduziert.
Mithilfe von Portamento und/oder Legato kann man diese einfache Linie also auf ganz verschiedene Weisen gestalten, und das, ohne die gespielten Töne oder den Rhythmus zu verändern.
Portamento (Glide) als Spielhilfe beim Synthesizer einsetzen
Wofür verwendet man Portamento?
Der Portamento-Parameter – je nach Synthesizer oft auch „Glide“ genannt – ist eine Spielhilfe, die bestimmt, wie schnell die Tonhöhe beim Wechsel von einem Ton zum nächsten angepasst wird. Ursprünglich stammt diese Funktion von spannungsgesteuerten, analogen Monosynths. Dort kann man mithilfe von Portamento (Glide) bestimmen, ob sich die Steuerspannung (CV) für die Oszillatorfrequenz sprunghaft ändert oder innerhalb einer einstellbaren Zeit stufenlos angepasst wird. Bei digitalen Synthesizern geschieht dies natürlich nicht mit einer Steuerspannung, sondern das Verhalten des Oszillators wird digital simuliert. Das Ergebnis ist allerdings das gleiche: Mit etwas Portamento „gleitet“ die Tonhöhe sanft von einem Ton zum nächsten. Hier hört man die gleiche Phrase wie oben zunächst mit einer kurzen und dann mit einer längeren Portamento-Zeit, wobei die Zieltonhöhen in diesem Tempo gerade noch erkennbar sind.
Portamento lässt Töne fließen
Mit etwas Geschick kann man Portamento verwenden, um flüssigere und lebendigere Phrasierungen zu erzeugen. So wie sie mit akustischen Soloinstrumenten wie Streichern, Gitarren (Bendings), einigen Blasinstrumenten und nicht zuletzt der menschlichen Stimme möglich sind. Allerdings klingt es in der Regel seltsam und unnatürlich, wenn die Übergänge zwischen allen Tönen fließend sind, wie in den letzten beiden Audiobeispielen. Ideal wäre es daher, wenn wir nur einige wenige Tonübergänge mit einem Portamento versehen könnten, während alle anderen sofort erfolgen. Auch das ist bei den meisten Synthesizern möglich, und hier kommt der Legato-Parameter ins Spiel.
Legato als Spieltechnik beim Synthesizer einsetzen
Wofür verwendet man Legato?
Legato ist eine Spieltechnik in der Musik, bei der Noten ohne Unterbrechung gespielt werden. So setzt ein Geiger beim Legato den Bogen nicht ab und ändert auch nicht die Strichrichtung, während bei Blasinstrumenten der Ton nicht mit der Zunge neu angeblasen wird. Das Resultat ist eine fließende Melodie. Beim Synthesizer setzt man den Legato-Parameter als Spielhilfe ein, wenn man eine Taste spielt, während man eine andere noch hält. Dabei ist ein wichtiges Detail zu beachten: Damit der „Legato-Fall“ eintritt, muss man tatsächlich mindestens eine Taste permanent drücken. Das Keyboard-Gate muss also beim Übergang von einem Ton zum nächsten ununterbrochen geöffnet sein. Bei einem Synthesizer ist es durchaus möglich, dass sich zwei Töne überlappen, ohne dass man zwei Tasten gleichzeitig spielt. Beispielsweise bei einem Sound mit langer Release-Zeit. In diesem Fall ist die Voraussetzung für Legato nicht gegeben, hier muss man also auf die richtige Spieltechnik zu achten.
Legato beim Synthesizer sinnvoll verwenden: Fall 1
Drückt man bei aktivierter Legato-Funktion eine Taste während man eine andere hält, dann passieren bei den meisten Synthesizern zwei Dinge. Im ersten Fall wird eine eventuell eingestellte Portamento-Zeit verwendet, während einzeln gespielte Noten davon unbetroffen bleiben. Also genau das, was wir gerade eben im Abschnitt zu Portamento wünschenswert fanden. So kann man also durch Aktivierung von Legato und einer entsprechenden Spieltechnik bestimmen, zwischen welchen Tönen ein stufenloser Übergang erfolgen soll, um die Melodie aufzulockern. Hier ein erklärendes Audiobeispiel anhand der gleichen Melodie.
Legato beim Synthesizer sinnvoll verwenden: Fall 2
Bei vielen Synthesizern werden die Hüllkurven bei „Legato“ nicht neu getriggert. Während die Hüllkurven für Lautstärke, Filter, Tonhöhe und evtl. weitere Parameter normalerweise bei jeder Note neu mit ihrer Attack-Phase beginnen, laufen sie bei Legato einfach an dem Punkt weiter, den sie bei der vorherigen Note gerade erreicht haben. In der Praxis bedeutet dies meist, dass die Hüllkurven in ihrer Sustain-Phase verharren. Eventuelle Modulationen der Lautstärke und/oder des Filters, die bei abgesetztem Spiel am Anfang jeder Note stattfinden, bleiben bei Legato bei der neuen Note aus. Mit einem entsprechend programmierten Sound und der richtigen Spieltechnik kann man damit allerdings einiges erreichen. Nicht nur einen flüssigeren Gesamtklang, sondern auch einzelne Noten hervorheben, indem man sie eben nicht Legato spielt, sodass die Hüllkurven von vorne beginnen. Um dies zu demonstrieren, habe ich dem Beispielsound eine deutlich hörbare Filtermodulation per Hüllkurve hinzugefügt. So klingt es jetzt ohne Legato.
Legato mit dem Synthesizer spielen lernen
Es folgen nun verschiedene Phrasierungen mit der Legato-Funktion. Der einzige Unterschied zwischen den Versionen ist die Spielweise, bei der sich jeweils unterschiedliche Noten überlappen. Es erfordert auch in der Umsetzung etwas Übung, das Legato-Verhalten des Synthesizers beim Spielen genau zu kontrollieren. Man muss lernen, neben dem Anschlag auch das Loslassen von Tasten genau im Griff zu haben. Ferner muss man jederzeit die Kontrolle darüber haben, welche Noten sich überlappen und welche nicht. Wenn man das aber gemeistert hat, dann eröffnet es viele Möglichkeiten zum ausdrucksstarken Spiel mit Lead- und Bass-Sounds.
Legato-Spezialfälle bei Synthesizern
Bei manchen Synthesizern, wie beispielsweise dem hier verwendeten Moog Sub 37, kann man für jede einzelne Hüllkurve gezielt bestimmen, ob sie neu getriggert werden soll oder nicht. Diese Einstellung verbirgt sich meist hinter Bezeichnungen wie „Retrigger“ o. ä. und ist quasi eine separate Legato-Einstellung für jede Hüllkurve. Bei einem so ausgestatteten Instrument kann man natürlich viel genauer bestimmen, was passieren soll, wenn man zwei Tasten gleichzeitig spielt. Auch für LFOs gibt es oft einen Retrigger- oder Key-Sync-Parameter, der bestimmt, ob der LFO bei jedem Tastenanschlag vom Anfang seiner Schwingungsform startet oder einfach frei weiterläuft.
Die Key Priority-Funktion beim Synthesizer verwenden
Was bedeutet Key Priority im Zusammenhang mit Portamento und Legato?
Für den effektiven Einsatz von Protamento und Legato bieten viele Synthesizer auch eine Einstellung namens Key Priority oder Note Priority. Mit dieser legt man fest, welche Taste Vorrang hat, wenn man zwei oder mehr Tasten gleichzeitig spielt. Ein monophoner Synthesizer muss sich schließlich für eine der Noten entscheiden. Im normalen Spielbetrieb ist die Einstellung „Last“ oder „Newest“ am praktikabelsten, bei der immer die zuletzt gespielte Note erklingt. Je nach persönlicher Spielweise und Melodie können aber auch die Einstellungen „Highest“ und „Lowest“ sinnvoll sein, die manche Synthesizer zusätzlich anbieten.
Zum Schluss
Die eigene Spieltechnik und die gebotenen Spielhilfen eines Synthesizers feilen die Entfaltung des Sounds auf ganz besondere Weise. Während man den Klang eines akustischen Instruments in Echtzeit durch den Einsatz von Atem oder Kraft in Fingern und Händen gestaltet, so bedarf es beim ‚statischen‘ Synthesizer spezieller Spielhilfen, deren Einsatz besondere Aufmerksamkeit in der Spieltechnik erfordert. Dazu gehören Portamento und Legato. Viel Spaß beim Erlernen und Anwenden dieser nützlichen Funktionen.