Altbewährtes neu aufzulegen ist absolut en vogue, kaum ein Drum-Hersteller mit nennenswerter Historie, der nicht die alten Konstruktionspläne wieder heraus gekramt hätte, um das trommelnde Volk mit Gutem von gestern zu erfreuen. Auch Tama bildet hier keine Ausnahme, und so zierten die 40th Anniversary Snaredrums die alten Böckchen aus den Siebzigerjahren. Aber auch in Sachen Hardware ließ man eine Legende wiederauferstehen, nämlich die Camco Fußmaschine, ein klassisches Design, welches noch heute von vielen Drummer geschätzt wird. Offenbar ist man bei Tama der Ansicht gewesen, dass im Pedal-Portfolio durchaus noch eine weitere Retro-Maschine fehlt, und so stellte man zur NAMM 2018 unser heutiges Testmodell vor, das HP50 Classic Pedal. Wer jetzt sagen kann, wie die originalen Vorbilder für diese kurios aussehende Einzelmaschine hießen, ist ein echter Kenner!
Für die Antwort habe ich einige Zeit im Netz gestöbert, denn im Gegensatz zur Camco handelt es sich bei der HP50 nicht um eine exakte Kopie eines einzelnen Urahnen, sie kann eher als retro-inspiriert bezeichnet werden. Die Tama Konstrukteure haben sich offenbar einerseits das 6740 Hi Beat Pedal sowie das einsäulige King Beat Modell zum Vorbild genommen, die höhenverstellbare Rahmenkonstruktion – ein auffälliges Ausstattungsmerkmal der HP50 – findet sich jedoch nirgends in den alten Tama Katalogen. Stattdessen werde ich bei den Yamaha Maschinen der 70er fündig, Rogers hat eine ähnliche Konstruktion bei seinen Swivomatic Pedalen verwendet. Mal sehen, wie sich das Tama „Retro-Potpourri“ so spielt.
Details & Praxis
High Tech der 70er
Von den Daten her handelt es sich bei der HP50 zunächst um ein unspektakuläres, kompakt gehaltenes Einzelpedal: Eine Säule, keine Bodenplatte und die üblichen Einstellmöglichkeiten der Federspannung, des Trittplatten- sowie des Beater-Winkels. Angetrieben wird der Beater von einer Einzelkette, welche über eine leicht exzentrische Umlenkrolle (Cam) läuft. Gebürstetes Aluminium, Chrom und Gussteile bestimmen das Erscheinungsbild, optisch erinnert mich die Maschine damit an eine Mischung aus der Tama Speed Cobra und dem Jojo Mayer Perfect Balance Pedal von Sonor. Mit letzterem hat sie technisch gemein, dass sich integrale Teile des Rahmens klappen, beziehungsweise verstellen lassen. Womit wir schon bei den „neuen“ Merkmalen der Maschine wären, denn die HP50 lässt sich in der Gesamthöhe verstellen. Statt den Beater zu verschieben oder eine kleine Bassdrum mit einem Riser zu versehen, müssen an der Tama nur zwei seitlich an der Säule angebrachte Stimmschrauben gelöst werden, und schon lässt sich der obere Teil der Säule mit Beater, Cam und Kette in einem Bereich von etwa vier Zentimetern absenken.
Die negativen Begleiterscheinungen der anderen beiden Lösungen, wie die Veränderung der Beater-Balance und des Aufschlagwinkels sollen damit nicht auftreten. Eine grobe, zum Drummer hin angebrachte Skala soll die Orientierung erleichtern. Die Säulenkonstruktion selbst thront zwar nicht auf einer Bodenplatte, ist jedoch insgesamt massiv gestaltet und besitzt einen relativ großen Fußabdruck. Zwei Metallstangen stellen die Verbindung zum Fersenteil her, anders als bei anderen Pedalen dieser Bauart sind diese Stangen jedoch über eine verchromte Metallbrücke mit der Basis verbunden. Eine Flügelschraube ermöglicht es, diese Verbindung zu lösen, um das Pedal zum Transport zu verkleinern. Zur Befestigung der Maschine an der Bass Drum dient ein normaler, seitlich bedienbarer Klemmmechanismus, auf einen Spannreifenschutz in Form von Gummierungen verzichtet die HP50.
Das spektakulärste Ausstattungsmerkmal des Classic Pedals ragt schon optisch hervor. Statt einer fest installierten, seitlich neben dem Rahmen angebrachten Feder samt Justiermechanismus, ist diese Einheit als schwenkbarer „Arm“ ausgelegt. In der Betriebsposition verläuft der Arm etwa parallel zum Beater-Schaft, nach dem Lösen einer Flügelschraube kann er nach unten geschwenkt werden, wodurch sich gleichzeitig die Feder entspannt und der Beater in die Waagerechte fällt. Der Schlägel selbst ist natürlich – passend zum Konzept – nicht als modernes zwei- oder sogar vierseitiges Modell konzipiert, sondern klassisch rund geformt und aus Filz gefertigt. An der Verarbeitung gibt es nichts auszusetzen, alle Lager sind von guter, spielarmer Qualität. Die Frage ist jetzt natürlich, was der schwenkbare Mechanismus bringt, oder ob es vielleicht doch gute Gründe dafür gab, diese Bauweise damals nicht weiter zu verfolgen. Mal sehen, was der Praxiseinsatz dazu sagt.
Die schwenkbare Feder macht die Federeinstellung komfortabel
Die erste Amtshandlung bei einem Pedaltest besteht natürlich in der Arretierung der Maschine an der Bass Drum, welche hier problemlos funktioniert. Auch nach längerem, kräftigen Spiel steht die HP50 fest und sicher. Freunde makelloser Holzspannreifen werden sich vielleicht an der mangelnden Gummierung stören, ein Feature, das einige der alten Vorbilder übrigens schon besaßen. Im Werkszustand ist mir der Tretwiderstand etwas zu hart – eine willkommene Möglichkeit, die Federeinstellung zu betätigen. Sehr angenehm fällt dabei auf, dass man sich nicht mehr ganz auf den Boden bücken muss, denn die sich konternden Rändelschrauben sind hier viel besser zu erreichen als bei anderen Maschinen. Einmal justiert, macht mir das Pedal wirklich Spaß. Es läuft im besten Sinne unauffällig, dabei schnell und ohne großen Kraftverlust. An die Laufkultur einer Speed Cobra oder noch teurerer High End-Pedale kommt sie natürlich nicht ganz heran, aber letztlich geht es hier auch um Geschmacksfragen. Drummer mit großen Füßen sollten jedoch die relativ kleine Trittplatte bedenken.
Einen Riser kann die Höhenanpassung nicht ersetzen
Bisher steht die HP50 an einer 22 Zoll großen Bassdrum, die Säule ist maximal ausgefahren. Damit trifft der Schlägel etwas unterhalb der Mitte auf das Fell. Die Konstruktion ist also nicht darauf ausgelegt, 24er oder 26er Kicks auf der Fellmitte spielen zu können, sondern darauf, an kleinere Formate als 22 Zoll angepasst zu werden. Und das funktioniert wirklich gut. An einer 20er ist das Zentrum perfekt anvisierbar, auch an einer 18er lassen sich mit dem absenkbaren Rahmen zentraler treffende Schlägelpositionen verwirklichen. Wunder sollte man aber nicht von der Konstruktion erwarten, denn so weit kommt die Maschine nicht herunter, als dass sie einen Riser ersetzen könnte, der dann tatsächlich eine exakt mittige Auftreffposition – und den damit verbundenen Zusatz-“Wumms“ – ermöglicht. Spätestens an einer 18er muss zudem zum Stimmschlüssel gegriffen werden, um die Trittplattenhöhe an den niedrigen Rahmen anzupassen, sonst schlägt die Platte unten auf. Diese Einstellung geht aber schnell von der Hand, man schraubt einfach die Fixierplatte am oberen Kettenende ab und setzt die Kette auf dem dafür vorgesehenen Kranzabschnitt um.