Neben Songs wie „I Wish“, „Sir Duke“ oder „Isn’t She Lovely“ zählt der Song „Superstition“ definitiv zu den bekanntesten aus der Feder der Soul-Legende Stevie Wonder. Er ist auf dem 15. Album „Talking Book“ von 1972 zu finden. Zu jener Zeit begann Stevie Wonder, sein Image des jugendlichen Wunderkindes hinter sich zu lassen und zu einem unabhängigen und experimentellen Künstler zu reifen.
Folgerichtig ist Stevie Wonder nicht nur als Produzent des Albums gelistet, sondern fungierte auch als Quasi-Ein-Mann-Band im Studio und spielte den Großteil der Instrumente selbst ein. Laut des damals assistierenden Produzenten Robert Margouleff soll Wonder den Song „Superstition“, den wir uns in diesem Workshop genauer anschauen, in sage und schreibe 15 Minuten eingetrommelt haben!
Die „Superstition“ Drumsounds und Grooves
“It was all free play, but emphasized the backbeat. Stevie’s drumming also has very subtle tempo changes in it, and that’s one thing that made it so magical.” (Robert Margouleff, PRO SOUND NEWS: BEHIND THE MAGIC – RECORDING STEVIE WONDER’S “SUPERSTITION”)
Das Drum-Intro gibt uns die Chance, das Schlagzeug hinter „Superstition“ für vier Takte solo zu hören. Mit einer guten Portion Tape-Distortion klingt es ziemlich „crunchy“. Es wurde höchstwahrscheinlich mit einem recht überschaubaren Arsenal an Mikrofonen aufgenommen. Die einzelnen Teile des Drumsets (auch die Toms, wie später zu hören ist) sind eher mono, also mittig im Stereopanorama, abgebildet. Spannend ist dabei, dass jedoch die Hi-Hat im Stereobild links und obendrein recht präsent zu hören ist, was für den Einsatz eines extra Hi-Hat-Mikrofons spricht.
Die Hi-Hat ist nicht nur im Gesamtmix, sondern auch was das Notenbild betrifft, prominent im Intro-Beat (und auch im restlichen Song) vertreten. Nach dem kurzen Pickup auf der Snare startet Stevie Wonder mit dem leicht geshuffelten Beat, der zunächst aus einer Bassdrum auf allen vier Zählzeiten und einem Backbeat auf „2“ und „4“ besteht. Besonders wird das Ganze erst durch die Hi-Hat, die Stevie über die acht Takte hinweg offensichtlich frei von einem festen Pattern spielt. Dabei ist die Art und Weise, wie er die Hi-Hat spielt, maßgeblich entscheidend für den Charakter des Beats: Er spielt die Hi-Hat nicht nur leicht geöffnet, sondern auch mit einem deutlichen Swing-Feel, was dem Beat eine luftig-lockere Note verpasst. Hier könnt ihr euch einmal das Intro in voller Gänze sowie in vier einzelnen Abschnitten anhören:
Drum-Intro als Übung für schnelle Hi-Hat-Figuren
Das Drum-Intro lässt sich wunderbar als Übung sehen, um Hi-Hat-Figuren auch in schnelleren Tempi locker und flexibel spielen zu können. Um sich die achttaktige Strecke besser einprägen zu können, lässt sie sich im ersten Schritt wunderbar zum Bassdrum-Viertelpuls auf der Snare spielen (beidhändig). Am besten geht man dabei zunächst schrittweise vor und schaut sich das Ganze Takt für Takt an, bevor man versucht, alle acht Takte hintereinanderweg zu spielen. Sobald sich das komfortabel anfühlt, macht man das Gleiche auf der Hi-Hat, zunächst beidhändig und dann einhändig. Wenn man jetzt noch die Snare auf „2“ und „4“ hinzunimmt, ist das Drum-Intro komplett.
Nach dem Intro ändert sich der Beat
Mit Einstieg der restlichen Instrumente ändert sich der Beat recht deutlich. Während die Bassdrum im Intro noch als Viertelpuls fungierte, wird sie nun im Vers-Teil bewegter und erinnert leicht an eine Samba Bassdrum-Figur. Die Hi-Hat bleibt ebenfalls bewegt und recht frei in ihrem Pattern.
Im Refrain wird es wild
Im Refrain spitzt sich das Ganze zu, indem der Beat nun mit zusätzlichen Hi-Hat-Lifts, Ghostnotes sowie kleinen Fill-ins noch dichter wird. Besonders spektakulär ist hier der Sechstolen-Lauf über die Toms im dritten Takt, der für große Intensität sorgt.
Schaut man sich die einzelnen Notenbeispiele an, wird klar, dass Stevie Wonder den ganzen Song über improvisiert und sich vermutlich vor der Aufnahme nicht groß Gedanken darum gemacht hat, was genau er spielen wird. So ist es nicht verwunderlich, dass er in einem weiteren Refrain etwas komplett anderes spielt als im ersten. Besonders im vierten Takt des folgenden Notenbeispiels zeigt sich, das Stevie nicht nur ein fantastischer Groove-Drummer ist, sondern obendrein ziemlich ausgefallene und virtuose Fill-ins auf Lager hat:
Hier könnt ihr euch eine Live-Version von „Superstition“ mit Stanley Randolph am Schlagzeug anschauen:
Ich wünsche euch viel Spaß beim Anhören und Nachspielen der Soundfiles.
Bis zum nächsten Mal!
Jonas
Michael sagt:
#1 - 20.07.2024 um 09:07 Uhr
Danke für den Artikel. Schade wird Jeff Becks Anteil daran nicht erwähnt, der - soweit ich gelesen habe - Teile davon kreiert und eingespielt haben soll.
Michael sagt:
#2 - 20.07.2024 um 09:08 Uhr
PS: Die Version von Beck, Bogert & Appice sollte man sich unbedingt auch anhören.