Mikrofonkabel, Instrumentenkabel, Adapterkabel, Cinch-Kabel, Patchkabel, Lautsprecherkabel, S/PDIF-Kabel, TOSLINK-Kabel und viele andere mehr: Trotz zunehmender Drahtlosigkeit ist das Audio-Kabel aus dem Alltag des Musikers oder Toningenieurs nicht wegzudenken.
Beachtlich ist dabei alleine die Anzahl an verschiedenen Kabel-Varianten, die sich im Laufe der Hobby- oder Berufsausübung ansammeln.
Diese Vielfalt unter den Audio-Kabeln sorgt manchmal für Verwirrung: Das Kabel, das bei mir zwischen den Ausgängen des Monitor-Controllers und den Eingängen meiner aktiven Abhöre hängt, sieht einem Mikrofonkabel nicht nur verdammt ähnlich, es ist auch eines. Das Audio-Kabel an der HiFi-Anlage mit seinen Cinch-Steckern ist vom S/PDIF-Kabel auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden. Das digitale AES/EBU-Kabel wiederum sieht aus wie ein stinknormales Mikrofonkabel, ist es aber nicht ganz. Und öfter als mir lieb ist, sehe ich als Live-Techniker, wie einfache Instrumentenkabel (“Gitarrenkabel”) als Boxenkabel zwischen Gitarren-Topteil und 4x12er-Box missbraucht werden.
Es ist also an der Zeit, mal ein bisschen aufzuräumen im gedanklichen Kabelsalat!
In diesem Artikel bekommst du Antwort auf folgende Fragen rund um das Thema Audiokabel:
Wodurch unterscheiden sich analoge und digitale Kabel?
Was sind symmetrische und unsymmetrische Audiokabel?
Unterscheiden sich Lautsprecherkabeln von normalen Instrumentenkabeln?
Wie sind Audiokabel generell aufgebaut?
Zusammenfassung, Tipps und Hinweise
- Der Aufbau eines Kabels – ein oder zwei Innenleiter – wird durch die Leitungsführung bestimmt: Symmetrisch benötigt mindestens zwei Innenleiter, unsymmetrisch mindestens einen Innenleiter plus eine Abschirmung.
- Unsymmetrische Kabelwege sollten wegen der Störanfälligkeit gegen elektromagnetische Einstreuungen so kurz wie möglich gehalten werden.
- Immer wenn es möglich ist, solltet ihr die symmetrische Verkabelung der unsymmetrischen vorziehen!
- Für alle symmetrischen Verbindungen im Studio ist ein hochwertiges Mikrofonkabel eine gute Wahl.
- Je länger die Kabelwege werden, desto wichtiger wird die Qualität des Kabels, aber: Im normalen Bühnen- und Studioalltag bewegen wir uns in einem sehr sicheren Rahmen, was die verwendeten Kabellängen angeht.
- Hinhören sollte man bei Instrumenten mit hochohmigen Ausgängen! Bei Instrumentenkabeln kann die Kabellänge durchaus den Klang beeinflussen!
- Keine Instrumentenkabel anstelle von Lautsprecherkabeln benutzen!
- Wer sowohl viel im Livebetrieb als auch im Studio unterwegs ist, sollte sich getrennte Kabelsätze besorgen, denn die Anforderungen an die an Bühnen- und Studiokabel sind unterschiedlich, vor allem was das Handling und die Robustheit betrifft.
- Man sollte sich nicht übermäßig viele Gedanken zum Kabel machen! Wer vernünftige Kabel von etablierten Herstellern verwendet, kriegt sein Signal sauber übertragen. Analoge Signalübertragung ist keine große technische Herausforderung.
- Für unseren Kabelalltag ist das Mikrofonkabel so eine Art eierlegende Wollmilchsau, denn ich schätze mal 95 % (oder gar mehr) aller unserer anfallenden Verkabelungen können mit einem Mikrofonkabel, oder besser gesagt, mit einem symmetrischen Kabel erledigt werden.
- Meine Empfehlung: Besorgt euch lose Meterware eines guten Marken-Mikrofonkabels, dazu einen Schwung Stecker und lötet die benötigten Kabel selbst. Billiger kommt ihr nicht zu einer hochwertigen Verkabelung!
Fünf Arten, wie ein Audio-Signal übertragen werden kann
Als Musiker oder Toningenieur bekommen wir es mit fünf verschiedenen Arten von Audiosignalen zu tun, die wir auf Bühnen, im Proberaum oder im Homerecording-Studio übertragen müssen. Vier davon lassen sich leicht danach unterscheiden, ob sie digital oder analog und symmetrisch oder unsymmetrisch sind:
Signalart | Übertragungsform |
---|---|
analog | unsymmetrisch |
analog | symmetrisch |
digital | unsymmetrisch |
digital | symmetrisch |
Es gibt also:
- 1. analoge Signale, die unsymmetrisch übertragen werden
- 2. analoge Signale, die symmetrisch übertragen werden
- 3. digitale Signale, die unsymmetrisch übertragen werden
- 4. digitale Signale, die symmetrisch übertragen werden
Und es gibt noch:
5. digitale Signale, die optisch übertragen werden
Nummer fünf, das optisch übertragene Digitalsignal fällt etwas aus der Reihe (deswegen bekommt es später einen eigenen kurzen Absatz gewidmet), aber die vier ersten Signalarten unterscheiden sich vor allem in zwei Dingen: Ob es sich um ein analoges oder digitales Signal handelt. Und ob dieses Signal unsymmetrisch oder symmetrisch übertragen wird.
Analogkabel oder Digitalkabel?
Als Musiker und/oder Toningenieur haben wir es in Regel mit analogen Signalen zu tun. Aber in der Veranstaltungstechnik und zunehmend auch im Studiobereich gilt es vermehrt, digitale Signale zu übertragen. Der Unterschied zwischen einem analogen und einem digitalen Signal liegt vor allem in der Bandbreite. Die Bandbreite eines analogen Audiosignals kennen wir, das sind die berühmten 20 bis 20000 Hertz. Bei digitalen Signale ist die zu übertragende Bandbreite zwar geringer, aber die zu übertragenden Frequenzen sind viel höher. Ein S/PDIF-Signal etwa spielt sich zwischen 100 kHz bis maximal 6 MHz ab (bei 48 kHz Samplingrate). Für digitale Signale ist das immer noch ziemlich niedrig, dennoch stellen diese hohen Frequenzen spezielle Anforderungen an das übertragende Kabel.
Symmetrisch oder unsymmetrisch?
Der zweite grundsätzliche Unterschied betrifft die Leitungsführung, also ob das Signal symmetrisch oder unsymmetrisch übertragen wird. Im englischen heißt die symmetrische Leitungsführung “balanced” und die unsymmetrische “unbalanced”.
Möchte man Strom übertragen, benötigt man zwei Leiter, einen Hin- und einen Rückleiter, um den Stromkreis zu schließen. Bei der unsymmetrischen Leitungsführung nutzt man die Abschirmung des Kabels als zweiten Leiter zur Signalrückführung. Ein Kabel zur unsymmetrischen Übertragung benötigt also nur einen Innenleiter und die Abschirmung. Leider sind Signale auf dem Weg der Übertragung starken Störeinflüssen ausgesetzt, allen voran elektromagnetischen Einstreuungen, wie sie zum Beispiel durch Stromkabel erzeugt werden. Überall wo Strom durchfließt entsteht ein Magnetfeld und liegt ein Stromkabel neben einem Audiokabel, induziert dieses Magnetfeld eine Störspannung, die vom nachfolgenden Verstärker ebenfalls verstärkt wird. Ergebnis: Es brummt. Außerdem kann es noch zur gefürchteten Masseschleife kommen, weil alle Geräte über die Abschirmung der Kabel miteinander verbunden sind und Störspannungen weitergereicht und weiterverstärkt werden. Aber es gibt Abhilfe: die symmetrische Leitungsführung.
Die symmetrische Leitungsführung
Hier kommen zwei Innenleiter für den Signaltransport zum Einsatz, die Abschirmung ist nicht an der Übertragung der Audiosignale beteiligt. Die beiden Innenleiter sind gegenphasig geschaltet, wodurch sich Störspannungen bei der Zusammenführung der beiden Signale auslöschen.
Für uns sind zwei Dinge wichtig: Zum einen können wir zwei Geräte nur dann symmetrisch verkabeln, wenn das sendende Gerät ein symmetrisches Signal liefert und das empfangende Gerät ein symmetrisches Signal verarbeiten kann. Zum anderen benötigen wir für die symmetrische Übertragung ein Kabel mit mindestens zwei Innenleitern.
Warum nicht alles symmetrisch verkabeln?
Wenn die symmetrische Übertragung so viel besser ist, warum dann nicht alles auf diese Weise übertragen? Der erste Grund ist eher banal: Symmetrische Übertragung ist wesentlich teurer. Man benötigt zusätzliche Elektronik in den Geräten und die Kabel benötigen das doppelte an Material für den Innenleiter. All das kostet!
Der zweite Grund warum man nicht alles symmetrisch verkabeln kann, ist ein technischer: Es gibt Equipment, das kein symmetrisches Signal liefern kann. Zum Beispiel die hochohmigen Pickups von passiven E-Gitarren und Bässen. Natürlich könnte man dieses Signal direkt in der Gitarre in ein symmetrisches umwandeln (es gibt auch Instrumente, bei denen das getan wird, Alembic-Bässe zum Beispiel), aber da kommt Grund Eins erneut ins Spiel: Das sind zusätzliche Kosten.
Die Kabel für die fünf unterschiedlichen Signalarten
Kabeltyp 1: analoges Signal, unsymmetrisch übertragen (Instrumentenkabel)
Wie eben beschrieben benötigt man für eine unsymmetrische Übertragung ein Kabel mit einem Innenleiter plus Abschirmung. So ein Kabel kennt jeder von euch: das Instrumentenkabel. Dieses wird als Gitarrenkabel oder Basskabel, aber auch zwischen Effektpedalen und auch beispielsweise an einem Rhodes verwendet. Weil das Signal auf seinem unsymmetrischen Kabelweg recht ungeschützt ist, sollte das Kabel bei dieser einadrigen abgeschirmten Übertragung so kurz wie möglich gehalten werden.
Auch ein unsymmetrisches Analogkabel: Lautsprecherkabel
Ein weiteres Beispiel für ein unsymmetrisches Kabel ist ein Lautsprecherkabel. Die Besonderheit ist hier, dass auf die Abschirmung verzichtet wird und als Signalrückführung einfach ein zweiter Innenleiter verbaut wird. Das Ausgangssignal einer Endstufe ist sehr kräftig, bewegt sich im Rahmen von mehreren bis hin zu dutzenden Volt bei leistungsstarken PA-Anlagen. So ein starkes Signal ist recht widerstandsfähig gegen äußere Störungen, aber auch hier gibt es Grenzen. Deshalb ist es ratsam, die Lautsprecherkabel zwischen einer Endstufe und einem passiven Lautsprecher so kurz wie möglich zu halten.
Wichtig bei der Wahl des richtigen Audiokabels: Signalstärke
Die analogen Signale, mit denen wir es zu tun haben, besitzen sehr unterschiedliche Signalstärken. Ein Mikrofonsignal ist nur wenige Millivolt stark, ein Linesignal hat schon mal über ein Volt Signalstärke. Das Ausgangssignal von passiven Saiteninstrumenten liegt irgendwo zwischen Mikrofon- und Linesignal, während ein modernes Keyboard durchaus mal Linepegel am Ausgang liefern kann. Noch stärker sind dann die Endstufensignale, die – wie eben gesagt – bei leistungsstarken PA-Anlagen locker im hohen zweistelligen Voltbereich liegen können. Je stärker das Signal ist, desto unempfindlicher wird es gegen störende Einflüsse, deshalb kann man bei einem Lautsprecherkabel auf die Abschirmung verzichten.
Kabeltyp 2: analoges Signal, symmetrisch übertragen
Weil sich gezeigt hat, dass ein unsymmetrisches Mikrofonsignal wegen seines schwachen Pegels keine großen Kabelstrecken überleben würde, ist man schnell dazu übergegangen, das Signal von Mikrofonen symmetrisch zu übertragen. Ein Mikrofonkabel besitzt dafür mindestens zwei Innenleiter, die möglichst eng miteinander verdrillt sind.
Bei einer korrekten symmetrischen Verkabelung hat die Abschirmung des Kabels nichts mit der eigentlichen Signalübertragung zu tun. Im Prinzip ist die Abschirmung dann eine Art flexibel weitergeführter Teil der Metallgehäuse der beiden verbundenen Geräte. Und weil die Abschirmung für die eigentliche Signalübertragung nicht gebraucht wird, gibt es Hersteller, die bei Mikrofonkabeln sogar auf die Abschirmung verzichten, weil es besser klingen soll.
Kabel und Klang
Ob, wie und warum Kabel einen Einfluss auf das zu übertragende Signal haben, das ist ein schwieriges Thema. Das allwissende Internet und die einschlägigen Foren sind voll von hitzigen geführten Diskussionen. Bevor ihr in diese Diskussion einsteigt, macht doch erstmal ein paar Versuche und findet heraus, ob ihr bei unterschiedlichen Kabeln eine Verschlechterung oder Verbesserung an eurem Arbeitsplatz hören könnt.
Star-Core- oder Quad-Kabel
Die Auslöschung von Störgeräuschen durch die symmetrische Leitungsführung funktioniert umso besser, je ähnlicher die Störgeräusche auf den einzelnen Innenleiter einwirken. Im Idealfall streut das Störgeräusch auf alle Adern in gleicher Stärke und zur gleichen Zeit ein. Dann wäre das Ergebnis nach der Auslöschung null Störgeräusche. Schaut man sich den Aufbau eines Kabels genauer an, so wird klar, dass das in der Realität nicht möglich ist. Aber man kann versuchen dem Ideal so nahe wie möglich zu kommen: mit vier Innenadern.
Verdrillt man zwei Adernpaare und lötet jeweils eine Ader aus jeweils einem Paar am Ausgang auf denselben Steckerpin, verbessert sich die Auslöschung von Störgeräuschen um 15 bis 20 dB! Solche Kabel nennt man Quad-Kabel oder Star-Core-Kabel und eigentlich haben sie nur einen Nachteil: Sie sind wegen des doppelten Materialeinsatzes beim Innenleiter natürlich teurer. Und Quad-Kabel haben noch einen Vorteil: Die Kabelkapazität sinkt.
Die Kabelkapazität
Es gibt eine Reihe elektrischer Kabeleigenschaften, die für unsere Übertragung wichtig sind und die Kabelkapazität ist eine davon. Der Innenleiter ist von der Abschirmung durch eine Isolationsschicht getrennt, durch diesen Aufbau wird das Kabel zu einem Kondensator mit gar nicht mal so kleinen Kapazitätswerten. In Verbindung mit dem Ausgangswiderstand des angeschlossenen Gerätes bildet das Kabel ein RC-Glied, in tontechnisches Amtsdeutsch übersetzt: ein High-Cut-Filter.
Die Kabelkapazität ist ein Wert, der mit zunehmender Länge des Kabels steigt, er liegt bei einem Standard-Mikrofonkabel etwa um die 120 pF pro Meter (bei guten Kabeln aber deutlich darunter). Zusammen mit dem Widerstandswert kann man die Arbeitsfrequenz des Filters berechnen und kommt bei einem Widerstandswert von 600 Ohm (Ausgangswiderstand eines Mikrofons) und 120 pF auf eine Länge von 110 Metern, bis die Arbeitsfrequenz dieses Filters unter 20 kHz fällt und damit relevant wird. Bei einem Markenkabel mit einer Kapazität unter 100 pF geht nähern wir uns dann den 200 Metern. Sprich: Bei Mikrofonkabeln müssen wir uns in der Regel keine Gedanken über die Kabelkapazität machen. Das sieht beim Instrumentenkabel aber anders aus!
Die Kabelkapazität beim Instrumentenkabel
Anders als bei Mikrofonkabeln müssen wir uns beim Instrumentenkabel durchaus Gedanken um die steigende Kapazität des Kabels bei zunehmender Länge machen – zumindest, wenn wir Instrumente mit passiven Pickups spielen. Dann ist der Ausgangswiderstand wesentlich höher ist als bei einem Mikrofon, was die Arbeitsfrequenz des High-Cut-Filters nach unten wandern lässt. Wer also zuhause bequem mit einem kurzen Kabel an seinen Sounds bastelt, wird sich auf der Bühne eventuell wundern, wo die ganzen Höhen sind, wenn er dasselbe Setup mit dem zehn Meter langem Rock-Star-Show-Kabel spielt.
Die Medaille hat aber auch eine andere Seite: Es gibt durchaus Gitarristen, die genau diesen Höhenklau suchen, also bewusst schlechte oder zu lange Kabel verwenden, weil es ihrem Sound die entsprechende Note gibt. Letztlich hilft hier nur hinhören, Kabel wechseln und wieder hinhören!
Kabeltyp 3: digital, unsymmetrisch übertragen
Für die S/PDIF-Schnittstelle wurde bei der Entwicklung eine unsymmetrische Leitungsführung gewählt, weil der verwendete Cinchstecker verbreitet und überall verfügbar war. Das führt dazu, dass in vielen Studioracks stinknormale analoge HiFi-Cinchkabel digitale Signale im S/PDIF-Format übertragen. Das macht im Normalfall keine Probleme, weil die Frequenzen nicht allzu hoch und die Wege meistens kurz sind. Wer es aber gescheit machen möchte und längere Strecken überbrücken muss, sollte zu einem Kabel greifen, das für die digitale Übertragung gemacht ist: das Koaxialkabel. Das sind Kabel, die für digitale Übertragung konstruiert sind und einen definierten Wellenwiderstand haben.
Wellenwiderstand des Audio-Kabels
Die technischen Werte von Kabeln werden immer wichtiger, je höher die zu übertragenden Frequenzen sind. Eine besondere Rolle spielt hier der Wellenwiderstand. Die technischen Hintergründe sind recht komplex, im Prinzip geht es darum auch hochfrequente Signale möglichst ohne Verlust von A nach B zu übertragen und kluge Köpfe haben herausgefunden, dass bei 75 Ohm die Dämpfung des Signals im Kabel am geringsten ist. Im TV- und Rundfunkbereich verwendet man deshalb Koaxialkabel mit 75 Ohm Wellenwiderstand.
Wer sich S/PDIF-Kabel selbst löten möchte, wird bei den Kabeln zur digitalen Videoübertragung fündig, dort sind 75-Ohm-Koaxialkabel gängig.
Koaxial oder optisch? Was, wann und warum?
In vielen Fällen hat man die Wahl, ob man das Signal der digitalen Schnittstelle am Audiointerface auf optischem Wege oder über ein Koaxialkabel überträgt. Für den Klang macht es keinen Unterschied, der Inhalt des digitalen Signals wird ja nicht verändert. Das wäre ja auch schlimm!
Aber das optische Kabel lässt sich schwieriger verlegen, weil es nicht stark gebogen werden darf, denn der Lichtleiter darf nicht abgeknickt werden. Zudem ist die maximale Länge eines Lichtleiterkabels auf einige Meter (man findet Angaben von fünf bis zehn Metern) beschränkt, bevor es sprichwörtlich dunkel am Ende des Tunnels wird. Bei größeren Leitungslängen ist das Koaxialkabel demnach die bessere Wahl. Einen großen Vorteil hat das optische Kabel aber: Es sorgt ganz automatisch für eine galvanische Trennung. Brummschleifen gibt es bei der optischen Übertragung nicht.
Kabeltyp 4: digital, symmetrisch übertragen
Im Tonstudio-Jargon ist die S/PDIF-Schnittstelle eine “Consumer”-Variante, die professionelle Ausführung nennt sich dann AES/EBU. Das Protokoll zur Übertragung ist nahezu identisch, aber das AES/EBU-Signal wird symmetrisch übertragen, mit all seinen Vorteilen. Zudem ist die Signalstärke höher, was dazu führt, dass man ein AES/EBU-Signal über mehrere hundert Meter übertragen kann.
Ein AES/EBU-Kabel hat einen Wellenwiderstand von 110 Ohm. Und genau in diesem Wert unterscheidet es sich von einem normalen Mikrofonkabel.
Kabeltyp 5: das optische Kabel
Die S/PDIF-Schnittstelle lässt sich sowohl über das Koaxialkabel, als auch über einen Lichtwellenleiter übertragen. Zum Einsatz kommt dabei das TOSLINK-Verfahren, entwickelt von der Firma Toshiba (TOSLINK setzt sich zusammen aus Toshiba und Link). Das Kabel überträgt dabei Lichtimpulse, im Prinzip funktioniert das wie bei einem Morsesignal: Licht an = 1, Licht aus = 0 – das Ganze oft genug und wir haben ein digitales Signal übertragen. Das optische TOSLINK-Kabel kommt auch bei der ADAT-Schnittstelle zum Einsatz.
Digitale Kabel als analoge Kabel benutzen?
Jetzt sieht das AES/EBU-Kabel wie ein Mikrofonkabel aus und das elektrische S/PDIF-Kabel ja genauso aus wie ein analoges Cinchkabel. Kann ich diese Kabel auch für analoge Signale-Verbindungen benutzen? Übertragungstechnisch gesehen ist das natürlich möglich.
Digitale Kabel sind abwärtskompatibel, da sie für die Übertragung sehr hochfrequenter Signale konstruiert sind, stellt sie das niederfrequente Audiosignal vor keine Herausforderung. Nur ein Punkt will mir einfallen, wo es zu einem Problem kommen könnte: Ein AES/EBU-Kabel wird meist verlegt und dann in Ruhe gelassen, deshalb verzichten manche Hersteller auf eine zusätzliche Maßnahme, die Griffgeräuschen und Trittschall entgegen wirkt. Nutzt man so ein digitales Kabel als Mikrofonkabel, bekommt man Probleme mit der Kabelmikrofonie.
Was ist Kabelmikrofonie?
Ich habe es schon erwähnt: Innenleiter und Abschirmung bilden einen Kondensator, was dazu führt, dass ein Kabel “mikrofonisch” sein kann. Das Kondensator-Mikrofon ist sicherlich ein Begriff, dort stehen sich zwei leitenden Membranen in kleinem Abstand gegenüber. Eintreffende Schallwellen versetzen diese Membranen in Schwingung, der Abstand der beiden Membrane verändert sich, was letztlich eine Wechsel-Spannung erzeugt, die den Schwingungen der Schallwellen entspricht. Jetzt stellt euch vor, jemand tritt während eines Gigs auf das Kabel! Der Abstand von Innenleiter und Abschirmung wird kurzfristig verändert, das Kabel wird zum Mikrofon und es entsteht eine Störspannung, die im Folgenden mitverstärkt wird. Um diese Störgeräusche zu eliminieren, verbauen die Kabelhersteller einen zusätzlichen Schirm aus leitendem Plastik, der die Mikrofonie des Kabels weitgehend verhindert.
Und umgekehrt: analoge Kabel für digitale Übertragung?
Kann man zum Beispiel ein analoges Cinchkabel an der S/PDIF-Schnittstelle betreiben? Im Löt-Workshop zu den Cinchkabeln habe ich schon mal was dazu geschrieben: Es geht, allerdings nur wenn der Kabelweg kurz bleibt. Da in einem Homestudio-Rack die Leitungswege im Allgemeinen nicht so lange sind, betreiben viele von uns ein analoges Cinchkabel an der digitalen Schnittstelle und machen sich keinen Kopf – weil’s funktioniert.
Wenn der Kabelweg aber zu lang wird – die Grenze wird hier bei zwei bis drei Metern gesetzt – sollte man ein Kabel verwenden, das für die Übertragung hochfrequenter Signale gedacht ist, das eben schon erwähnte Koaxialkabel.
Etwas weniger Gedanken muss man sich bei AES/EBU-Kabeln machen. Da kommt man mit einem “normalen” Mikrofonkabel schon ziemlich weit. Die Experten sagen, dass man bis 100 Meter ein analoges Mikrofonkabel nutzen kann. Der Grund liegt im nahezu identischen Aufbau eines Mikrofonkabels und eines digitalen AES/EBU-Kabels.
Kabelkonstruktion
Ein Kabel muss nicht nur das Signal elektrisch sauber übertragen, es muss dabei im Handling praktikabel sein – leider sind das zwei gegensätzliche Konstruktionsanforderungen. Ein Beispiel: Ein massiver starrer Innenleiter mit 0,5 mm Durchmesser ist sicherlich ein idealer Signalleiter, nur als Instrumentenkabel kaum zu gebrauchen. Wenn die obigen Fragen wie Signalart und Leitungsführung geklärt sind, sollte man sich noch kurz Gedanken über den Einsatzort des Kabels machen.
Die Flexibilität eines Kabels
Sobald Kabel im Betrieb bewegt werden, müssen sie zu einem gewissen Grad flexibel sein, sonst ist der Kabelbruch vorprogrammiert. Für die Flexibilität eines Kabels sind zwei Dinge verantwortlich: Der Aufbau des Innenleiters und die Ausführung der Abschirmung.
Die Innenleiter
Kern und Seele eines Kabels sind die Innenleiter, hierüber fließt unser so mühsam generiertes Signal. Die Innenleiter bestehen entweder aus verschiedenen feinen Kupferlitzen oder einem massiven Kupferdraht. “Unsere” Kabel bestehen meist aus verseilten Kupferlitzen, je dünner diese einzelnen Litzen sind, desto flexibler wird das Kabel. Diese Litzen bilden zusammen den Leitungsquerschnitt des Innenleiters, der ist so wichtig, dass er sogar auf dem Kabelmantel steht.
Wie dick muss der Innenleiter eines Audiokabels sein?
Bei Mikrofonkabel gilt: je länger die Kabel desto dicker der Querschnitt. Mikrofonkabel haben in der Regel einen Querschnitt von 0,20 bis 0,5 mm2.
Richtig wichtig wird der Querschnitt aber bei Lautsprecherkabeln, weil hier richtig hohe Spannungen und Ströme fließen. Bei einem Lautsprecherkabel für den Gitarrenverstärker sollte man nicht unter 2 x 1,5 mm2 anfangen, bei 2 x 2-2,5 mm2 ist man auf der sicheren Seite. In der Veranstaltungstechnik, wo die Kabelwege lang sind, werden aber wesentlich dickere Lautsprecherkabel verlegt. Jetzt ist auch klar, warum ein Instrumentenkabel mit einem Leitungsquerschnitt von unter einem Quadratmillimeter kein gutes Lautsprecherkabel abgibt!
Die Abschirmung von Audiokabeln
Die Abschirmung umhüllt im besten Falle den kompletten Innenleiter, die Abdeckungsrate wird vom Hersteller mit einem Prozentwert angegeben. Ist der Innenleiter ohne Lücke von der Abschirmung umhüllt, spricht man von einer hundertprozentigen Abdeckung. Es gibt verschiedene Varianten der Abschirmung, die alle ihre Vor- und Nachteile haben.
Kabel-Abschirmung einfachster Art: Wendelschirm
Die einfachste Art der Abschirmung ist der Wendelschirm, dabei werden einfach parallele Kupferlitzen um die Innenleiter herumgewickelt. Ein Kabel mit Wendelschirm ist sehr flexibel. Im Wendelschirm können sich aber nach exzessivem Biegen oder einfach durch häufigen Gebrauch die einzelnen Litzen verschieben. Die Abschirmung bekommt dadurch Lücken, das Schutzschild verliert an Effektivität. Es gibt deshalb Kabel, die zusätzlich zum Wendelschirm noch einen zweiten Schirm aus einem leitenden Vlies besitzen, damit wird dann eine hundertprozentige Abdeckung der Innenleiter erreicht, das Kabel bleibt aber immer noch ausreichend flexibel.
Der Kreuzgeflecht- oder Flechtschirm bei Audiokabeln
Beim Kreuzgeflechtschirm wird ein Geflecht an Kupferlitzen um das Kabel geflochten, was die mechanische Stabilität der Abschirmung gegenüber dem Wendelschirm bedeutend verbessert. Allerdings ist die Abdeckungsrate beim Kreuzgeflechtschirm etwas geringer und auch das Handling leidet, weil diese Art der Schirmung weniger flexibel ist. Um eine hundertprozentige Abdeckung zu erreichen, wird auch der Kreuzgeflechtschirm sehr häufig mit einem leitenden Vlies kombiniert. Weil die Herstellung eines Kreuzgeflechtschirmes aufwendig ist, sind entsprechende Kabel teurer als die Wendelschirm-Kollegen.
Folienschirm in Audiokabeln
Wer einfach eine hundertprozentige Abdeckung der Innenleiter erreichen möchte, wickelt eine leitende Folie um die Leiter herum. Hierfür wird meist eine Aluminiumfolie verwendet, die sich allerdings schlecht verlöten lässt. Deshalb wird ein Folienschirm bei Audiokabeln oft mit einer kupfernen Beilauflitze kombiniert, einem zusätzlichen unisolierten Innenleiter, der über die ganze Länge des Kabels leitenden Kontakt zur Schirmfolie hat und am Kabelende auf die Stecker gelötet wird. Ein Kabel mit Folienschirm ist weniger flexibel als ein Kabel mit Wendelschirm, hat aber ebenfalls das Problem, dass sich die Folie bei Bewegung verschieben kann und dadurch Lücken in der Abschirmung entstehen. Folienschirmungen findet man deshalb vor allem bei Installationskabeln oder Multicorekabeln.
Welche Abschirmungsart ist die beste?
Es gibt keinen “besten” Schirm, in unserem Audio-Alltag treffen wir auf alle drei Arten. Ob sich die genannten Probleme als nachteilig erweisen, ist von der Anwendung abhängig. Bei Kabeln, die viel bewegt werden, die also eine möglichst hohe Flexibilität aufweisen müssen, ist der Wendelschirm die erste Wahl. Im Recordingstudio, wo Kabel nicht ganz so viel bewegt werden und wo längere Kabelwege (im schlimmsten Fall parallel zu stromleitenden Kabeln) schon mal vorkommen können, wird sich ein Kabel mit Kreuzgeflechtschirm wohler fühlen und bei Installations- oder Multicorekabeln, die einmal verlegt kaum noch bewegt werden, ist der Folienschirm die erste Wahl.
Außenmantel von Audiokabeln
Natürlich hat das ganze Kabel noch einen Außenmantel, der die fragilen Innenleiter und die Schirmung schützen soll. Neben den rein mechanischen Belastungen, zum Beispiel eines Bühnenkabels, spielen hier im Bereich von öffentlichen Gebäuden auch die Sicherheitsverordnungen eine Rolle, allen voran ist hier die Brandschutzverordnung zu nennen. Für Betreiber eines professionellen Tonstudios mit Publikumsverkehr ist das nicht ganz unwichtig!
Roadrunner sagt:
#1 - 02.01.2023 um 21:47 Uhr
Vielen Dank diesen toll geschriebenen Artikel! Sehr infomativ! RR