Aller Anfang ist schwer, sagt das Sprichwort. Aber muss das immer so sein? Oder kann man eine so spannende, aber auch anstrengende Reise wie Klavierspielen lernen nicht auch deutlich leichter gestalten? Die folgenden Anfängerfehler habe ich bei vielen Klavierschülern registriert, die ihren Klavierunterricht bei mir aufnahmen. Auch Schüler, die bereits einiges gelernt hatten und erst dann zu mir kamen, zeigten oft dieses Verhalten. Viele Dinge tun wir eben unbewusst, weil wir nicht wirklich verstanden haben, wie genau lernen funktioniert.
Ausreden vermeiden
„Ich hatte diese Woche keine Zeit Klavier zu üben“, ist eine der häufigsten Ausreden, die man als Anfänger hervorbringt, wenn die so wichtige und obendrein Spaß machende Zeit mit dem Instrument vernachlässigt wurde. Diese Ausrede kennt wahrscheinlich jeder Klavierlehrer. Das klingt zunächst besser als zu sagen, man hatte keine Lust. Und man fühlt sich nach der anfänglichen Beichte wahrscheinlich auch ein bisschen erleichtert.
Eigentlich müsste der Schüler sagen: „Es war mir diese Woche einfach nicht wichtig genug“, oder „Ich hatte keine Lust“. Aber so etwas gesteht man sich selbst nicht so leicht ein, geschweige denn vor dem Klavierlehrer. Denn für die wirklich wichtigen Dinge im Leben finden wir eben immer Zeit. Essen, das Telefonat mit Freunden oder mal eben fünf Minuten Facebook checken, dafür ist lustigerweise immer Zeit.
Warum erzähle ich dir das? So abgedroschen es auch klingen mag, ohne Fleiß kein Preis. Und das ist wirklich einer der häufigsten Anfängerfehler. Viele glauben, man kann etwas lernen, ohne es zu tun. Aber das funktioniert natürlich nicht. Du würdest ja auch nicht Mitglied im Fußballverein werden, nur um den anderen beim Trainieren zuzuschauen, ohne selbst mitzumachen. Bei jedem Mannschaftssport würde so sehr schnell auffallen, dass sich alle außer dir weiterentwickeln und du würdest die Lust am Sport schnell verlieren und den Verein wieder verlassen.
Gerade bei einem Instrument, wie dem Klavier, fehlt aber oft der Kontakt zu anderen Musikern. So fällt nicht so schnell auf, dass man sich seit geraumer Zeit eigentlich nicht weiter entwickelt hat. Und man kann sich ganz leicht selbst belügen, und die letzte Woche, in der man wieder einmal nicht eine Minute am Klavier saß, schönreden. Und die Woche davor usw. Aber Unterricht macht eben nur dann Sinn, wenn man das im Unterricht Erlernte anwendet und damit umgeht. Einmal die Woche beim Lehrer zu erscheinen reicht da leider nicht aus.
Für dich ausgesucht
Was kannst du ändern?
Frage dich einfach, was du erreichen willst. Wenn du richtig gut Klavier spielen willst, muss es dir wichtig sein. Und du wirst wohl regelmäßig etwas Zeit und Anstrengung investieren müssen, so wie es die machen, die ein Ziel erreichen möchten. Ein Instrument zu spielen ist eine komplexe Angelegenheit. Willst du sie meistern, musst du regelmäßig Üben. Du musst bei einem Instrument ja nicht nur sehr viel lernen, du musst vor allem viele Fähigkeiten aufbauen. Und das geht nur durch regelmäßiges Üben und Geduld.
Plane regelmäßiges Üben und halte dich an bestimmte Zeiten. Stelle dir zum Beispiel einen Wecker, immer zur gleichen Zeit. Wenn er klingelt, setzt du dich sofort ans Klavier und übst zehn Minuten. Oder, immer, wenn du nach Hause kommst, übst du erst Klavier, bevor du etwas Anderes machst. Berufstätige können einfach zehn Minuten früher aufstehen und üben, bevor sie zur Arbeit gehen. So oder so kommst du dann immer auf dein Pensum. Und glaub mir, das wird sich lohnen. Außerdem wirst du vor Stolz auf dich fast platzen, wenn du das einige Zeit durchziehst!
Schaue bewusst auf die Noten
Viele Anfänger schauen beim Klavier spielen permanent auf die Hände. Und natürlich ist das verlockend, schließlich sieht man beim Klavier im Vergleich zu anderen Instrumenten eben alles und kann es ausgiebig beobachten. Das ist aber aus mehreren Gründen keine gute Idee.
Und genau das können auch deine Hände für dich tun, wenn du sie lässt. Mache sie zu deinen Angestellten und lasse sie unbedingt mithelfen! Schaust du beim Klavier spielen aber ständig auf deine Hände, verhinderst du diese Entwicklung. Meine Erfahrung zeigt, dass sich Schüler sehr oft verspielen, wenn sie sich nicht auf ihre Hände verlassen. Vertrauen sie aber darauf, dass diese genau wissen, was zu tun ist, klappt das Stück direkt meist völlig fehlerfrei. Schaue dir dazu auch meinen Artikel 8 Tipps zum Üben wie die Profis genauer an. Darin erkläre ich dir ausführlich, worauf es beim Üben eigentlich ankommt.
Am besten übst du anfangs so, indem du alle Finger spielen lässt, ohne dabei auf die Hände zu schauen. Lege deine Hände einfach irgendwo auf die Tasten, schließe die Augen und dann spiele alle zehn Finger. Steuere sie nur über deine Gedanken, nicht aber über deine Augen, an. Danach entscheidest du immer durch Zufall und erst kurz vorher, welcher Finger gespielt werden soll. So lernst du in kurzer Zeit, alle Finger direkt anzusteuern, ohne sie davor anschauen zu müssen.
Und wenn du ein neues Stück beginnst, versuche die Töne doch erst einmal zu finden mit dem Blick ausschließlich auf den Noten. Du wirst erstaunt sein, wie gut das geht. Triffst du nicht, schaust du dir die genaue Distanz an und vollziehst sie dann mit deiner Hand mehrfach nach. So lernen deine Hände Distanzen einzuschätzen. Nach einiger Zeit musst du dann überhaupt nicht mehr runter schauen. Blinde Pianisten wie Stevie Wonder beweisen ja, dass es auch so funktioniert.
Außerdem musst du so deine Stücke nicht immer komplett auswendig lernen, das ist dann viel weniger Arbeit. So kommt es auch nicht ständig zu Denkpausen, weil dir der nächste Ton oder Akkord gerade mal wieder nicht einfällt. Und das führt uns zum nächsten Punkt.
Noten richtig lesen, nicht raten!
Notenlesen ist kein Hexenwerk. Hast du damit auch Probleme? Dann lies am besten meinen Artikel Notenlesen verständlich erklärt. Dort findest du eine genaue Anleitung und alles Wichtige zu diesem Thema. Wenn du dich an den dort beschrieben Ablauf hältst, dann gehörst du auf diesem Gebiet schnell zu den Profis.
Glaube an dich und deinen Erfolg
Ich erlebe oft, dass Schüler bei ausbleibendem Erfolg frustriert sind. Manche antworten auf eine ihnen gestellte Aufgabe auch mit: „Ich glaube ja nicht, dass das jetzt klappt“. Und dabei begehen sie einen großen Fehler. Dein Mindset *, wie du beim Lernen mit dir selbst sprichst, was du denkst, was du von dir erwartest und was du am Instrument erreichst hängt natürlich alles direkt damit zusammen. Auch hier solltest du an Sport denken. Sagt der Boxer vor seinem Kampf zu sich: „Heute werde ich sicher heftig einen auf die Mütze bekommen“? Oder denkt der Sprinter vor dem Rennen daran, dass er keine Chance hat und Letzter werden wird? Du kannst dir sicher vorstellen, welche Auswirkungen das auf seine Leistung hätte.
* Der Begriff “Mindset” ist ein englischer Begriff, der vielfältig übersetzt werden kann. Im Allgemeinen hat er folgende Bedeutung: Denkweise – Einstellung – Gesinnung – Haltung – Lebensphilosophie – Mentalität – Orientierung – Weltanschauung
Denke positiv und versuche Fehler ganz nüchtern zu sehen. Sie zeigen dir nur, wo du dich noch verbessern kannst und wo du noch üben musst oder dass du dich vielleicht einfach besser konzentrieren musst. Vielleicht hast du den Fehler beim Üben einfach überhört, aber der Lehrer bekommt ihn im Unterricht natürlich mit. Dann solltest du aufmerksamer sein, immer wieder überprüfen, ob du das Stück genau so spielst, wie es notiert ist. Hab‘ einfach Spaß, auch beim Üben! Ich persönlich habe mir zum Beispiel angewöhnt über Fehler einfach zu lachen. Danach übe ich die Stelle einfach so, dass der Fehler nie wieder auftritt. Falls doch, lache ich wieder darüber und gehe noch einmal an diese Stelle. Egal wie hartnäckig sich ein Stück wehrt, bleibe unbedingt positiv!
An Teilerfolgen erfreuen
Musik hören lernen
Du lernst Stücke dadurch auch viel schneller, weil du dabei stets weißt, was du ausdrücken möchtest. Und der Zuhörer erlebt etwas, das über die Töne hinaus geht. Du erzählst eine Geschichte. Das ist es, worum es in der Musik geht.
Üben kann man lernen
- Wenn du zu schnell übst, erzeugst du nicht den wichtigen Übe-Effekt, egal was, oder wie viel du übst. Außerdem machst du so viele Fehler, die sich einprägen. Unterfordere dich anfänglich immer und steigere erst dann dein Tempo. So lernst du viel schneller und machst weniger Fehler.
- Wiederholung ist die Mutter des Lernens. Auch Dinge, die du schon richtig gespielt hast, können durch Wiederholungen nur noch sicherer werden. Übst du zunächst nur mit einer Hand, musst du das auch wiederholen. Kommt die zweite Hand ins Spiel muss auch das immer wiederholt werden, bis die Koordination beider Hände stimmt. Ohne Wiederholungen bist du nur in der Lage, das Stück zu verstehen, kannst es aber nicht wirklich spielen. Das führt uns zum letzten Punkt.
- Verwechsle ‘Verstehen’ nicht mit ‘Können’. Wissen muss nur verstanden werden. Aber ein Instrument zu spielen ist eine manuelle Fähigkeit. Diese muss trainiert werden. Theorie ist die Basis der Praxis. Aber ohne Praxis ist Theorie nutzlos. Konzentriere dich deshalb beim Üben auf die Bewegungen deiner Hände und Arme, diese speichert dein Gehirn. Sie lassen dich dein Stück dann irgendwann auswendig, sicher und frei spielen.
All das und noch viel mehr kannst du sehr ausführlich in diesem Artikel 8 Tipps zum Üben wie die Profis nachlesen.
Alex Finsterbusch sagt:
#1 - 14.01.2024 um 17:22 Uhr
Als angehende Pianistin finde ich diesen Artikel äußerst relevant und motivierend. Die Betonung des Notenlesens und das Vermeiden von Raten sind wichtige Erinnerungen für Fortgeschrittene wie mich. Die Idee, Musik mit Emotionen und Bildern zu verknüpfen, um eine tiefere musikalische Erfahrung zu schaffen, ist etwas, das ich definitiv in meine Praxis integrieren werde. Außerdem sind die Übetipps am Ende des Artikels äußerst hilfreich. Musikalische Reise ist wirklich wundervoll, und ich werde sicherlich die Teilerfolge feiern und Spaß am Üben haben. Diese Seite hat mir auch geholfen https://www.pianohof.de/klavierstimmer