Was Jazz ist, das konnte man in den 50er oder 60er Jahren noch genau definieren. War er doch damals sehr populär und wurde überall gehört und gespielt. Heute allerdings kommt immer wieder die Frage auf: “Ist das noch Jazz?”
Wie geht Jazz überhaupt?
Ob Instrument oder Gesang, für beides gilt dasselbe: Nimm ein Thema bzw. einen Song, der dir gefällt, überlege dir, wie du diesen Song interpretieren möchtest und bediene dich der “tools”, die es im Jazz gibt, um den Song so spannungsreich und individuell wie möglich zu gestalten.
Ehrlich gesagt hat es nie nur eine Definition von Jazz gegeben, denn Jazz ist über einen langen Zeitraum unter multikulturellem Einfluss entstanden. Aus unterschiedlichen Emotionen und Energien, die in Amerika Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts aufeinandertrafen.
Tatsache ist auch, dass sich der Jazz in jedem Jahrzehnt wieder neu erfindet und somit die Türen für eine Weiterentwicklung stets geöffnet hat. Das heißt nichts anderes, als dass sich andere Stile mit traditionellem Jazz immer wieder vermischen und somit neue Formen von Jazzmusik entstehen.
In den 70er Jahren nannte man das dann Fusion Jazz oder Jazzrock, wenn funkige oder rockige Beats unter Jazzharmonien gelegt wurden.
Heutzutage ist der Einfluss von Pop- und Soulmusik enorm groß geworden. Man hat erkannt, dass man Jazz durch solche Einflüsse weicher und zugänglicher machen und damit ein größeres Publikum erreichen kann. Generell aber ist alles möglich. Ob Hip Hop- oder Rockgrooves, lateinamerikanische Musik oder Singer-Songwriter-Songs, alles ist mit Jazz kombinierbar.
Hier ein Beispiel aus unserer heutigen Zeit. Jamie Cullum interpretiert “Don’t stop the music” von Rihanna und Esperanza Spalding “Overjoyed” von Stevie Wonder.
Jamie Cullum – Don’t stop the music
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Mehr InformationenEsperanza Spalding – Overjoyed
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Mehr InformationenWelche Tools gibt es?
Ganz einfach – alle Aspekte, die mittlerweile zum Jazz dazugehören.
Um einen Song so zu interpretieren, dass er nach Jazz klingt, kannst du folgende Tools benutzen.
- Arrangement / Instrumentierung
- Improvisation (Scatting)
- Reharmonisation (Harmonien verändern oder mit Zusatztönen anreichern)
- Tempo und Rhythmus variieren
- Blues (Pentatonik / Blue Note Singing)
- Swing (Swing Feel)
- Latin (Samba, Bossa, Cha-cha-chá….)
- R&B, HipHop, Soul
- Erzählen (“singing without time” bei Balladen )
Wo genau kommt der Jazz her?
Um den Jazz zu verstehen, sollte man wissen, dass dieses Genre im Blues und Gospel verwurzelt ist. Er ist also in seinem Ursprung “schwarze Musik”.
Jedoch erst als die Marching Bands in New Orleans ihre Voodoo-Rhythmen aus Afrika mit Kirchenmusik, Barmusik und Marschmusik aus Europa verschmolzen – das war die Stunde der Geburt des Jazz: gespielt mit afrikanischem Spirit auf europäischen Blasinstrumenten und Trommeln, insbesondere bei Beerdigungen und Karnevalsfeiern. Diese neue, wilde Mischung war so energetisch, dass die Menschen dazu sangen und tanzten, und bald feierten und tanzten die Leute in New Orleans überall und zu jeder Zeit mit den Paraden auf den Straßen.
Eines der berühmtesten Stücke aus dieser Zeit ist “When the saints go marchin’ in”.
Was in New Orleans startete, verbreitete sich schnell auf dem ganzen Kontinent. Und so wurden in den Städten neue Stile kreiert. Raggtime z. B. lieferte mit einer Art variiertem Rhythmus (“ragged time”) einen wesentlichen Einfluss für die Entwicklung des Swing. Dixieland Jazz oder Chicago Jazz wurden ebenso populär. Chicago war ein Melting Pot. Dort ging man hin, um mit den coolen Jazz Cats zu jammern und Nacht für Nacht die Tanzclubs zum Kochen zu bringen.
In den späten 20er Jahren entwickelte sich der Swing, und das vor allem in größeren Formationen, den Big Bands. Swing ist ein off-beat-betonter Rhythmus. Achtelnoten werden triolisch phrasiert. Das heißt, dass zwei Achtelnoten die erste und die dritte Note einer Triole darstellen. Die erste ist mit der zweiten verbunden und klingt daher länger. Dadurch klingen die beiden Achtelnoten nicht gleich lang, sondern die erste klingt länger als die zweite. So sprichst du Achtelnoten hintereinander:
“Daaba daaba daaba daaba daaba…..”
Jazz Swing Feel zu haben und zu können war und ist ein absolutes Muss, denn nur so können alle Musiker in einer Band zusammen auf einer “Welle schwingen”!
Hier noch einmal sehr schön erklärt:
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Mehr InformationenWenn es um Swing Feel beim Gesang geht, kommt man um Frank Sinatra nicht herum.
Hier ein Beispiel mit der fantastischen Count Basie Big Band und dem Cole Porter Hit “I’ve got you under my skin”
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Mehr InformationenTIPP: Achte mal auf Frank Sinatras Artikulation. Er benutzt die Konsonanten wie Schlaginstrumente. So schafft er es, jede Silbe zum Swingen zu bringen.
Wie wurden Jazz-Standards überhaupt zu Jazz-Standards?
Musicals waren in den 30er und 40er Jahren sehr beliebt und brachten Komponisten wie George Gershwin, Cole Porter, Irving Berlin, Oscar Hammerstein u. a. hervor. Sie schrieben einen Hit nach dem anderen. Aber nicht nur durch die Musiktheateraufführungen wurden diese Songs weltberühmt, sondern auch durch die Neuinterpretationen von Jazzmusikern.
Noch heute finden sich in den sogenannten “Real Books” sämtliche dieser alten Musicalsongs in vereinfachter Form. Während die Originale den Verse (ähnlich dem Rezitativ bei einer Arie) beinhalteten, wurden im Jazz überwiegend die Hauptthemen verwendet. Komplexe Klavier- oder Orchesterbegleitungen wurden auf einfache als Akkordsymbole dargestellte Harmonieverbindungen heruntergebrochen. Nach und nach wurden den Akkorden spannungsreichere Töne hinzugefügt und die Melodien wurden variiert. Ebenso konnte das Tempo und der Rhythmus verändert werden.
Wer sich einmal die Originalversionen von George Gershwin oder Cole Porter etc. angesehen hat, der stellt fest, dass viele Stücke, die für die Frauen geschrieben wurden, in sehr hohen Tonarten stehen. Das liegt daran, dass die Sängerinnen in den Musical Theaters überwiegend mit klassischer Stimme gesungen haben. In den Jazzclubs allerdings, wo man die Songs benutzte, um Jazz daraus zu machen, transponierten die Jazzsängerinnen die Songs in angenehmere tiefe Tonarten. Somit konnten sie einen ehrlichen und stärkeren Ausdruck schaffen.
TIPP: Suche dir eine Tonart für die Songs, in der du mit Leichtigkeit das gesamte Thema singen kannst. Manchmal braucht man für unterschiedliche Besetzungen unterschiedliche Tonarten, während man in einer Big Band eher höher und somit lauter singen möchte (also höhere Tonart wählen), so bietet es sich an, tiefere Tonarten für kleine Besetzungen zu wählen.
Am wichtigsten war jedoch die individuelle Interpretation und Improvisation eines Musikers. Sehr bald stachen einige besondere Solisten heraus, die in den nachfolgenden Jahrzehnten zum Vorbild von vielen hundert anderen Musikern wurden: die Saxophonisten Lester Young, Coleman Hawkings, Ben Webster, Charlie Parker, John Coltrane, Trompeter wie Louis Armstrong, Dizzy Gillespie, Miles Davis, um nur einige zu nennen.
Billy Holiday ist eine der berühmtesten Jazz- und Bluessängerinnen aller Zeiten. Sie orientierte sich stark an Lester Young und hat versucht die Spielweise dieses Saxophonisten in ihren Gesang zu übernehmen. Es ging ihr also nicht nur um saubere Intonation, Textverständlichkeit oder Stimmklang, sondern viel mehr um Phrasierung, Timing und Feeling.
TIPP: Höre dir verschiedene Instrumentalisten und Sänger bzw. Sängerinnen an und vergleiche deren Interpretation mit dem, was in den Noten steht. Suche dir einen Song aus und singe ihn Ton für Ton nach. Je mehr du nachsingen kannst, desto besser. So lernst du, wie es sich anfühlt, mit einem Jazz Feel zu singen.
In diesem Video kannst du dich gleich auch an die Saxophonsoli heranmachen. Sie sind sehr leicht nachzusingen.
Billy Holiday – “Fine and mellow”
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Mehr InformationenTo Scat or not to Scat
Angefangen hat angeblich Louis Armstrong mit dem Scatten. Er war ja in erster Linie Trompeter und hat ganz einfach seine improvisierten Lines auf die Singstimme übertragen. Mit seiner kratzigen Stimme klang das Ganze auch gleich wie ein Instrument.
TIPP: Hier lohnt es sich einmal genauer hinzuhören, denn von Louis Armstrong können wir lernen, dass Improvisationen nicht kompliziert sein müssen, um gut zu sein. Er benutzte lediglich die Basics des Jazz und schaffte es damit, einen simplen Song anzureichern und amüsant vorzutragen.
Ella Fitzgerald war eine Sängerin, die nicht nur Blues und Balladen singen, sondern auch Spaß und Leichtigkeit in ihren Gesang miteinbeziehen wollte. Sie liebte die populäre Musik der Weißen, zu denen man tanzte und zog sich ihre Inspiration daraus. Sie war eine Jazzsängerin, die über sich selbst lachen konnte und sich auf der Bühne herrlich amüsierte. Das spiegelte sich auch in all ihren Platten wider. Sie benutzte, wie Louis Armstrong vor ihr, einfache Silben, um Instrumente und deren Art zu improvisieren nachzuahmen.
Ella Fitzgerald – It don’t mean a thing
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Mehr InformationenAuch Vokal Ensembles nutzten dieses Element, um ihre Performance interessanter und lebendiger zu gestalten.
Jon Hendricks von “Lambert, Hendricks and Ross” z. B., oder Eddie Jefferson sangen Soli von Instrumentalisten nach und versahen die Melodien mit Text. Oft waren diese Texte lustig und unterhaltsam. Später übernahmen andere Vokal Ensembles diese Tradition und perfektionierten sie. Sogar ganze Big Band Arrangements wurden gesanglich umgesetzt – Fantastisch!
Manhattan Transfer:
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Mehr InformationenAber auch wenn Scat-Gesang oder das Nachsingen von Soli immer mehr Bestandteil des Programms von Jazzsängern wurde, war es nie ein Muss! Aber wenn schon, dann bitte so:
Jon Hendricks, Dave Lambert, Annie Ross:
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Mehr InformationenWie singt man eine Jazzballade?
Um eine Ballade nach Jazzballade klingen zu lassen, ist es wichtig, dass man das Thema erzählerisch darstellt. Daraus ergibt sich oft so etwas wie “Singing without time”. Was natürlich nicht bedeutet, dass die Melodie komplett losgelöst von Form oder Rhythmus ist. Jedoch lehnt man sich beim Singen sehr weit zurück und stellt sich vor, man würde den Text spannend erzählen. Natürlich weiß ein Sänger zu jedem Zeitpunkt, wo er sich in der Form befindet und an welcher Stelle er die Melodie an die Harmonien anpassen muss. Dadurch ergibt sich eine individuelle Interpretation, die fast schwebend klingt.
Solche Interpretationen lassen sich für gewöhnlich nicht leicht nachsingen, da sie spontan aus einem Gefühl entstanden sind. Wenn man also denselben Song singen will, sollte man sich an das Original halten und daraus seine eigene Version machen.
Um zu verstehen, wie es sich anfühlt, eine Jazzballade zu interpretieren, sollte man aufmerksam den großen Jazzsängerinnen zuhören. Shirly Horn z. B. war eine Meisterin im Jazzballaden singen. Aber auch Carmen McRae oder Nancy Wilson setzten den Inhalt eines Songs gekonnt in Szene und schafften es, die Menschen tief im Herzen zu berühren und sie köstlich zu unterhalten.
Während Nancy Wilson den großen Auftritt liebt, wirkt Diana Krall eher introvertiert. Beides ist gut, solange es ehrlich ist. Je nach Persönlichkeit und Ausdruck kann man Jazz intim vortragen oder das ganz große Kino für sich eröffnen.
Nancy Wilson – Guess who I saw today
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Mehr InformationenDiana Krall – Cry me a river
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Mehr InformationenIch hoffe, du hast einen guten Einblick in die Geschichte des Jazz bekommen und wünsche dir viel Vergnügen beim Anhören und Nachmachen!
Deine Ulita
Catharina Boutari sagt:
#1 - 16.12.2021 um 11:53 Uhr
Ella Fitzgeralds Improvisation ist ja der Hammer!