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Delay Design: So erstellt ihr eigene Custom Delays für euren DAW-Mix

Die Aufgabenstellung klingt banal, aber wie es häufig der Fall ist, steckt auch hier der Teufel im Detail und der auffällige Echo-Effekt klingt in eurer Vorstellung besser als über eure Speaker. Wie gelingt es den Profis, dass dieser Effekt musikalisch auffällt ohne verwaschen zu sein oder andere Mixelemente zu beeinträchtigen?

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Mit diesem Workshop möchten wir euch zeigen, welche unterschiedlichen Wege zum Ziel führen können. Vielleicht ist ja die ein oder andere Vorgehensweise zur Kreation rhythmischer Delays dabei, die ihr noch nicht auf dem Schirm habt. In diesem geht es vor allem um die Arbeit in der DAW, was aber nicht heißt, dass sich der Sachverhalt nicht auch auf eure Instrumente übertragen lässt. Einen speziellen Workshop zum Thema Gitarre und Delay sowie Reverb/Delay für Gitarre haben wir aber auch für euch!

Theorie

Delay-Effekte im Mix

Delay-Effekte werden praktisch in jedem Mix verwendet und genau genommen besteht selbst Nachhall aus vielen Delays. In der Praxis allerdings bezeichnet man in erster Linie Echo-artige Effekte sowie häufig auch Modulationseffekte (z.B. Chorus), welche in der Regel durch eine kurze, modulierte Delay-Zeit erzeugt werden, als einen Delay-Effekt. Entsprechen beim Erstgenannten die Delay-Zeiten einem metrischen Notenwert (z.B. 1/4, 1/8, 1/16) dann spricht man von einem BPM-Delay, was ein beliebtes Stilmittel ist, da sich dieser Effekt rhythmisch in den musikalischen Kontext integriert. Trotz dieser guten Voraussetzung führt der Einsatz dieses Effekts nicht immer unmittelbar zu einem zufriedenstellenden Ergebnis.

Zu viel des Guten?

Gerade weil dieser Effekt das Potential hat, eine Produktion groß und teuer klingen zu lassen, übertreibt man es gerne schon einmal (Lautstärke, Länge/Feedback). Manchmal möchte man aber ganz bewusst plakative Effekte erzeugen, die teilweise musikalische Funktionen übernehmen, doch kann es mitunter schwierig sein, das richtige Maß zu finden. Entweder man nimmt den Effekt kaum wahr oder er wirkt irgendwie störend, verwaschen oder verschlechtert sogar die Sprachverständlichkeit beim Einsatz auf Gesangsstimmen, welche in der zeitgenössischen Popmusik häufig ein bevorzugtes „Opfer“ rhythmischer Delays sind.

Und nun?

Die Lösung liegt in der Selektivität beim Einsatz des Effekts. Wird in einem Actionfilm die ganze Zeit nur rumgeballert, dann wird das Ganze schnell nervtötend und lenkt vom Inhalt (falls vorhanden) ab, wählt man für eine derartige Sequenz stattdessen den richtigen Moment und die richtige Intensität, dann können Spannung und Emotion gesteigert werden. Und was hat das jetzt mit einem Delay zu tun? Auch hier ist die kontinuierliche Präsenz des Effekts nicht immer zielführend, sodass der Schlüssel in der Auswahl und Intensität dieser Momente liegt. Hierzu gibt es generell zwei unterschiedliche Wege.

  1. Steuerung des Effektausgangs: Wann und wie stark hört man den Delay-Effekt?
  2. Steuerung des Effekteingangs: Auf welchen Teilen des Quellsignals kommt der Effekt zum Einsatz?

Zur kontrollierten Regelung der Effekterzeugung gibt es verschiedene Wege und Vorgehensweisen, die sich teilweise nur im Workflow unterscheiden, wohlwissend, dass unterschiedliche Workflows auch zu unterschiedlichen kreativen Ergebnissen führen können. Welche Möglichkeiten zur kontrollierten Kreation von rhythmischen Echo-Effekten gibt es?

Praxis

Weg 1: Business als usual – die normale Einbindung als Send FX

Ausnahmen bestätigen immer die Regel, aber die klassisch-tontechnische Vorgehensweise zur Einbindung von Hall und Delays ist die Ansteuerung des Effekts über einen Send/Aux-Weg des entsprechenden Kanals. Das Effektsignal bekommt in der Regel einen eigenen Stereokanal/FX Return auf dem Mischpult. Ob es sich beim Mixer sowie dem Delay-Prozessor um Hard- oder Software handelt, ist hierbei vollkommen unerheblich. Allerdings genügt innerhalb einer DAW, also bei der Verwendung von Plug-ins, zur Synchronisation der Delay-Zeiten zum Songtempo meistens ein Knopfdruck, während man bei einigen Hardwaregeräten entsprechend der folgenden Formel den Taschenrechner zur Berechnung der resultierenden Delayzeit bemühen muss:
4 x 60.000 ms : BPM x Notenwert (z.B. 0,25 = 1/4) = ms
Die Berechnung einer Achtelnote bei 100 BPM sieht z.B. folgendermaßen aus:
4 x 60.000 ms : 100 x 1 : 8 =  300ms
Neben der Delayzeit bieten viele Effektgeräte wie Plug-ins diverse weitere Parameter zur Klangformung, Modulation und Gestaltung des Stereobilds, welche hier nicht im Fokus stehen. Ein elementares Bedienelement allerdings ist der Feedback-Regler, welcher an quasi jedem Delay-Prozessor einen Anteil des Ausgangs- an das Eingangssignal routet und somit für die Länge des Echos verantwortlich ist. Ebenfalls wichtig und fast immer vorhanden sind Filter, welche den Frequenzverlauf des Effektsignals dämpfen und der klanglichen Einbettung des Effekts dienen. Somit ist der erste Schritt zu einer „aufgeräumten“ Verwendung von Echo-artigen Effekten bereits im Plug-in- bzw. Effektgerät durchführbar.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Standard-Vorgehensweise der Einbindung von Delay-Effekten als Send FX

Weg 2: Ducking Delay

Im Grunde handelt es sich hierbei einfach um eine simple aber äußerst zweckdienliche Erweiterung der Einbindung des Delay-Prozessors als Send FX. Die Idee ist, dass man den Effekt nur vordergründig wahrnimmt, wenn man ihn auch wahrnehmen soll. Auf eine Gesangsspur bezogen bedeutet dies, dass ein Echo-Effekt vorzugsweise in den Gesangspausen in Erscheinung und während des Gesangs in den Hintergrund tritt, um ein diffuses und unverständliches Klangbild zu vermeiden. Die Vorgehensweise simuliert eine beliebte Funktion des legendären TC 2290 Dynamic Digital Delay, welche das Ausgangssignal in Abhängigkeit vom Eingangssignal herunterregeln kann. In der DAW hat man die Möglichkeit, dieses Regelverhalten mit Side Chains nachzubauen, wobei es sich in Logic Pro X anbietet, den Side-Chain-fähigen „Compressor“ hinter dem Delay-Plug-in einzuschleifen. Als Side Chain, welche die Pegelreduktion des Effektsignals auslöst, wählt man im einfachsten Fall die Gesangsspur. Sind aber mehrere Gesangsspuren involviert, dann können diese in einem Bus zusammengefasst werden, welcher dann wiederum als Side Chain angewählt wird. Diese Art der Pegelkontrolle nennt man Ducking und es gibt sogar Plug-ins, wie beispielsweise den Multiband-Kompressor C6 von Waves, mit dem man frequenzselektiv „Ducken“ kann.

Fotostrecke: 2 Bilder Logics Compressor im Side-Chain-Modus

In den Audiobeispielen hören wir die Lead Vocal zunächst ohne und dann mit einem etwas verwaschenen Delay-Effekt, der in den darauffolgenden Beispielen das soeben beschriebene Ducking entschärft wird und sich besser in den Mix integriert. Die teilweise deutliche Pegelreduktion erfordert eine sanfte Release-Zeit der Kompressoren, welche in den entsprechenden Audiobeispielen ca. 731 ms beträgt, was einer Viertelnote entspricht.

Audio Samples
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Gesang ohne Delay Gesang mit viel Delay Gesang mit ducked Delay (Logic Compressor) Gesang mit ducked Delay (Waves C6)

Weg 3: Automation

Optional oder auch zusätzlich lassen sich Effekt-Send und Return per Automation steuern und im Endeffekt gibt es wohl kaum einen Mix, der – auch aus dramaturgischen Gründen – ohne automatisierte Effektspuren auskommt. Wollte man aber die Resultate des Duckings durch eine reine Spur-Automation ersetzen, dann wäre das eine ganz schöne Frickelei. Einen entscheidenden Vorteil bietet die Automation aber durch die detaillierte Kontrollmöglichkeit des FX Send. Falls man nur bestimmte Passagen oder Worte mit einem Delay-Effekt versehen möchte, dann ist ein automatisierter Send eine gute Wahl, wie man im Video am Ende dieses Workshops sehen kann.

Oben die FX-Send- und unten die FX-Return-Automation
Oben die FX-Send- und unten die FX-Return-Automation

Weg 4: Delay als Insert-Effekt

Rein theoretisch könnte man sich Sends und Returns sparen und stattdessen alle „klassischen“ Send-Effekte in den jeweiligen Spuren insertieren. Im Einzelfall kommt das vielleicht schon mal vor, aber bei „normalen“ Anwendungen überwiegen die Vorteile der zuvor beschriebenen Einbindung über Send und Return deutlich. 
Dieser Punkt beschreibt also ein „unnormale“ Anwendung, bei der man gewöhnliche Audiospuren der DAW als Effektspur nutzt, indem man ein Effekt-Plug-in (100 % wet) insertiert. Auf diese Spur kann man nach Belieben Teile anderer Spuren kopieren, um partielle Effekte zu erzeugen. Wie wir im vorherigen Punkt gehört haben und im Video noch sehen werden, kann man das natürlich auch per Automation bewerkstelligen, allerdings ist diese Vorgehensweise aus meiner Sicht vom Handling etwas spielerischer, animiert zu Experimenten und bietet noch einen weiteren Vorteil. Es kommt vor, dass man, um bei einer Gesangsspur zu bleiben, gewisse Ungenauigkeiten (Timing, Tuning) einer Vocal Performance „toleriert“ – menschliches Feeling muss ja nicht immer schlecht sein! Möchte man zum Beispiel aus dem letzten Wort einer Phrase ein auffälliges, dramaturgisches Echo mit vielen Wiederholungen kreieren, kann es aber unter Umständen sein, dass sich die beschriebene Unschärfe negativ bemerkbar macht. Mit diesem Workflow hat man die Möglichkeit zusätzliche Timing- und Tonhöhenkorrekturen vorzunehmen, ein metrisch und tonal einwandfreies Echo zu erzeugen, ohne dass man der Quellspur das Feeling klaut. In den folgenden Audiobeispielen ist auf dem Wort „Beat“ ein zu Demonstrationszwecken sehr lautes und langes Echo zu hören. Zunächst mit unkorrigiertem Original-Timing und im Anschluss hart auf den Beat versetzt, woraufhin der resultierende Effekt tighter und etwas „produzierter“ klingt.

Korrektur vs. Original auf der Effektspur (Delay im Insert, 100 % wet)
Korrektur vs. Original auf der Effektspur (Delay im Insert, 100 % wet)
Audio Samples
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„FX Track“ – unbearbeitetes Original-Timing „FX Track“ – bearbeitetes Timing

Weg 5: Delay als Region FX

Ähnliche (oder identische) Resultate erreicht man, wenn man mit sogenannten Region- oder Event-FX arbeitet, die inzwischen in fast jeder DAW verfügbar sind, auch wenn die Handhabung je nach Programm auf unterschiedliche Weise zum Kreativeinsatz dieser Funktion anregt. Ein herausragendes Beispiel, das zu kreativen Experimenten animiert ist die DAW Studio One von Presonus, doch auch Logic bietet seit Neuerem eine vergleichbare Funktion unter dem Menübefehl „Auswahlbasierte Verarbeitung“, die wir im anschließenden Video auch in Aktion sehen werden.

Die Funktion erlaubt das einrechnen von Plug-ins in selektierte Audioregionen. Wichtig: Bei ausklingenden Effekten „Effektfahne einfügen“ anklicken!
Die Funktion erlaubt das einrechnen von Plug-ins in selektierte Audioregionen. Wichtig: Bei ausklingenden Effekten „Effektfahne einfügen“ anklicken!

Weg 6: Delay ohne Delay-Effekt

Dieser letzte Punkt beschreibt die Kreation von Delays ohne Plug-in oder zumindest fast ohne Plug-ins, da ggf. andere Effektarten zum Einsatz kommen können. Hier wird der Delay-Effekt durch Kopien der Audioregion ersetzt, was zum einen vielleicht etwas umständlicher ist, zum anderen aber eine beispiellose Kontrolle über den konkreten Verlauf des Effekts ermöglicht und außerdem die bereits beschriebenen Korrekturmöglichkeiten (Weg 4) bietet. Sinnvolle Plug-ins zur Kontrolle des Klangverlaufs sind Filter/EQ sowie ggf. ein Halleffekt zur Erzeugung von Tiefe.

Low Cut, High Cut und Hallanteil des folgenden Audiobeispiels wurden entsprechend dieses Screenshots automatisiert.
Low Cut, High Cut und Hallanteil des folgenden Audiobeispiels wurden entsprechend dieses Screenshots automatisiert.
Audio Samples
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Delay_Design_Ws_A07_Region_copies_Automation.wav

Die wesentlichen Vorgehensweisen habe ich im folgenden Video noch einmal zusammengefasst. Viel Spaß!

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