Beim Namen Marleaux denkt man unweigerlich an traumhafte Bässe, die auf höchstem Niveau in Handarbeit in Deutschland gefertigt werden. Seit nahezu 30 Jahren ist die Edelschmiede aus dem Harz um Mastermind Gerald Marleaux eine Institution im internationalen Bassbau. Umso größer war daher die Überraschung, als Gerald beim “Guitar Summit” im Jahr 2017 einen Bass-Preamp mit dem bezeichnenden Namen “Tonwerk” präsentierte. Das erinnert unweigerlich an eine Fabrik, in der guter Sound produziert wird. Der Markt ist ja schon seit Jahren randvoll mit Preamps in kompakter Form. Gerade in Zeiten, in denen immer mehr Gigs mit In-Ear-Systemen anstelle von Amps und Boxen gespielt werden, erfreuen sich diese kleinen Helferlein großer Beliebtheit – fast alle namhaften Verstärker-Hersteller haben inzwischen ein Pedal dieser Art in ihrem Portfolio. Allerdings gibt es kaum Bassbauer, die dieses von sich behaupten können. Preamps gebaut aus der Sicht der Instrumentenbauer sind also eher eine Rarität. Gerade deshalb bin ich sehr gespannt auf das Tonwerk und wie Gerald Marleaux dieses spannende Thema interpretiert.
Details
Folglich war die erste Frage, die ich Gerald zum Tonwerk stellte: “Wie kommt ein Bassbauer auf die Idee, einen Preamp in Pedalformat zu bauen?” Die Antwort liegt näher, als man vielleicht denkt. Marleauxs letztes Bassmodell namens Tiuz besitzt eine neuartige und umfangreiche Elektronik an Bord, die viele Bassisten begeistert hat. Gerald bekam deshalb häufig Anfragen, ob man die Elektronik auch in andere Modelle verbauen könnte. Da dies ein enormer Aufwand bezüglich der Änderung von Fräs-Schablonen, Spannvorrichtungen etc. gewesen wäre, entstand die Idee, die Elektronik in ein Pedal auszulagern und somit allen Interessenten zugänglich zu machen.
Gesagt, getan: Gerald wandte sich an Wolfgang Behn, der seit “Tag 1” für die Elektroniken im Hause Marleaux verantwortlich ist – also auch für die des Tiuz-Modells. Nachdem die ersten Prototypen des Tonwerk fertig waren, gingen diese in die Hände von diversen Profibassisten. Die durchweg positive Resonanz bestärkte Gerald und Wolfgang, das Projekt in Angriff zu nehmen. Zuletzt musste nur noch geklärt werden, welche der vielen Kundenwünsche bezüglich Ausstattung man im Tonwerk unterbringt. Das Resultat dieser ganzen Geschichte liegt mir nun zum Test vor.
Schon beim Auspacken zeigt sich, dass das Tonwerk etwas ganz Besonderes ist. In einer sehr schicken silbernen Box aus recycelten Weißblechdosen auf weichem Schaumstoff gebettet, wartet das Schmuckstück darauf, vom Besitzer wachgeküsst zu werden. Zu dick aufgetragen? Okay, zurück zu den nüchternen Fakten …
Zunächst wirkt das Tonwerk mit seinem Druckguss-Gehäuse erst einmal sehr massiv und robust. Man bekommt keine Angst, dem guten Stück auch den rauen Bühnenalltag zuzumuten. Mit der Breite von 15 cm entspricht es etwa der Größe von zwei herkömmlichen Effektpedalen. Jeder einzelne Preamp wird von Wolfgang Behn in seiner Dortmunder Werkstatt von Hand gefertigt. Und das spürt man auch irgendwie, wenn man das Tonwerk in die Hand nimmt. Die Verarbeitung ist exzellent, alle Buchsen, Schalter und Potiknöpfe sind aus Metall und nicht etwa aus Kunststoff. Die Potis selbst besitzen eine angenehme Schwergängigkeit, die auf entsprechend gute Bauteile schließen lässt.
Die schwarze Oberseite mit der grauen Beschriftung der Bedienelemente wirkt nüchtern und sachlich. Auf der rechten Seite befindet sich der Instrumenten-Input, auf der linken Seite der Output, mit dem es dann zum Amp, zur Endstufe etc. geht. Zusätzlich gibt es noch einen D.I.-Ausgang, mit dem man das Signal an ein Mischpult oder Audio Interface weiterleiten kann. Dieser Ausgang lässt sich per Kippschalter auf drei verschiedene Arten konfigurieren. Position 1 bedeutet, dass das Signal bei aktivierten Preamp direkt an den Output und an den D.I.-Ausgang geleitet wird und nicht die Elektronik durchläuft. Hier handelt es sich also um einen waschechten True Bypass. In der mittleren Position liegt das mit dem Equalizer bearbeitete Signal zwar am Output an, nicht aber am D.I.-Ausgang (Pre Eq). In Position 3 kommt dann auch der D.I. Out in den Genuss des bearbeiteten Signals (Post Eq). Zusätzlich gibt es noch einen Anschluss für einen Kopfhörer und für ein Netzteil. Es besteht natürlich ebenfalls die Möglichkeit, das Tonwerk mit einer 9-Volt-Batterie zu betreiben.
Kommen wir zur Oberseite mit dem darauf befindlichen Kontrollzentrum. Insgesamt zähle ich zehn Regler, einen Kippschalter, drei LEDs und einen Fußschalter. Das ist für ein einzelnes Pedal schon eine ordentliche Anzahl. Die Funktion des Kippschalters haben wir schon angesprochen. Der Regler Input Level ist für die Eingangslautstärke zuständig, der Volumen-Regler für die Gesamtlautstärke. Allerdings wirkt dieser nur auf den Output und den Kopfhörerausgang, nicht auf den D.I. Out. So gehört sich das, dann gibt es auch keine Probleme mit dem Mischer, falls man mal auf der Bühne oder im Studio etwas nachregelt.
Das Herz des Tonwerk Preamps ist sicherlich der Vierband-Equalizer mit jeweils drei wählbaren Einsatzfrequenzen. Beim Bass-Regler sind dies 25, 40 oder 75 Hz. Der Mid-1-Regler bietet 300, 450 oder 750 Hz, der Mid-2-Regler 850, 1200 oder 1700 zur Auswahl. Bei den Höhen kann man sich zwischen 4, 8 und 16 KHz entscheiden. Die Frequenzen der beiden äußeren Bänder (Bass und Treble) können jeweils um 15 dB angehoben oder abgesenkt werden, die beiden Mittenbänder um jeweils 12 dB.