Echte Vintage-Keyboards sind seit vielen Jahren wieder richtig angesagt: Egal ob Hammond-Orgel, Wurlitzer, Hohner Clavinet, Fender Rhodes oder diverse Synthesizer-Raritäten. Weder im Studio noch auf der Bühne sind sie wegzudenken. Was könnte also näherliegen als dass sich jemand auf die Reparatur, Modifikation und optische Aufwertung spezialisiert und der hohen Nachfrage nachkommt? Luke Jones hat diesen Weg vor vielen Jahren eingeschlagen und ist heute mit seiner Firma „Custom Vintage Keyboards“ zu einer Top-Adresse für alle Keyboarder in Los Angeles und sogar über die Landesgrenze hinaus geworden. Etwas versteckt im San Fernando Valley von Los Angeles findet man seine Werkstatt, die auf mich wie eine illustre Mischung aus Schreinerei, Elektronik-Bastelstube und Instrumentenmuseum wirkt. Für einen Bonedo Gear-Chat der besonderen Art hat sich Luke Jones ein paar Stunden nach Ladenschluss zeitgenommen und mir Rede und Antwort gestanden.
Bonedo: Hallo Luke, es ist schön, dass Du Dir die Zeit genommen hast für unser Interview. Deine Werkstatt ist ein magischer Ort für Keyboarder – so viele alte Keyboards an einem Ort zu finden ist wirklich eine Besonderheit. Du hattest mal erwähnt, dass Du eigentlich selber Gitarrist bist. Wie bist du denn dazu gekommen, dich mit Keyboards zu befassen und wie ist das alles hier entstanden?
Luke Jones: Ich bin in Australien aufgewachsen und war schon im Kindesalter fasziniert von Holz, Möbeln und handwerklichen Fähigkeiten. Mein Vater ist Schreiner und Möbelmacher und deshalb war ich oft in seiner Schreinerei. Als ich mit der Schule fertig war sagte er zu mir „wenn Du nicht zum College gehst, dann könntest Du auch hier als Tischler arbeiten“. Schon zu dieser Zeit war ich ein guter Handwerker, denn ich habe bei ihm immer schon mitgearbeitet. Das war sozusagen eine natürliche Sache für mich. Außerdem ist meine Familie sehr musikalisch und ich war schon früh von Musikinstrumenten umgeben. Meine Tante spielte z. B. Harmonium, was ich sehr geliebt habe. Wir haben auch sonst in der Familie viel Musik gemacht und am Wochenende immer im Familienkreis gejammt. Irgendwann habe ich dann angefangen, als Techniker für Musiker und Bands zu arbeiten und habe praktisch alles Mögliche repariert – ganz egal ob es um Elektronik ging wie z. B. bei Verstärkern, oder auch Cases.
Bonedo: Hattest du denn damals schon eine Vorliebe für alte Keyboards?
Luke Jones: Das kann man zweifelsohne so sagen. Ab und zu hatte eine Band eine Hammond-Orgel dabei, und wenn etwas nicht funktionierte, z. B. das Leslie kaputt war, habe ich mich der Sache angenommen. Ich weiß nicht wie das z. B. in Deutschland ist, aber in Australien sind diese alten Keyboards wesentlich seltener zu finden als hier. Mit 27 Jahren bin ich dann zusammen mit meiner Frau in die USA gezogen. Ein guter Freund von mir, der bei Future Music auf dem Sunset Strip arbeitet, wusste von meinen Fähigkeiten und hat mich dann zu Ken Rich geschickt, für den ich einige Jahre gearbeitet habe. Ken Rich war schon damals ein Spezialist im Bereich Reparatur und Restauration von Vintage Keyboards und hat mich als Auszubildenden angenommen. Ich brauchte Arbeit, hatte eine Vorliebe für Instrumente und wusste, dass das genau der richtige Weg für mich ist. Ken und ich waren ein hervorragendes Team: Ich habe viel von ihm gelernt und konnte durch meine Tischlerausbildung etwas Neues in seine Firma einbringen. Sieben Jahre habe ich dann für ihn gearbeitet.
Bonedo: Wie genau kam der Entschluss in die USA auszuwandern?
Luke Jones: Etwa 80% der Musik die ich damals gehört habe, war amerikanischen Ursprungs. Egal ob Country, Blues, Rock – all diese Musik kam aus den Staaten. Ich wusste, dass ich hier hinwollte – besonders in Los Angeles, wo es so viele Musiker gibt. Es gibt kaum eine Stadt, wo man so viele Musiker, Bands und natürlich auch Instrumente findet. Ich bin damals zusammen mit meiner (Ex-)Frau in die USA gezogen, weil sie hier einen neuen Job angenommen hatte.
Bonedo: Als Du dich dann selbstständig gemacht hast – wie ging es dann weiter? Hattest du damals schon diese Werkstatt hier, oder hat sich der Aufbau langsam entwickelt?
Luke Jones: Nein, ich habe diese Werkstatt hier erst später gefunden. Zunächst war ich ein „One-Man-Business“. Es hat etwas gedauert bis es sich rumgesprochen hatte, dass ich mich selbstständig gemacht hatte. Aber dann wurden es langsam immer mehr Kunden, die zu mir kamen. Ich sehe das allerdings nicht als Konkurrenz – wir helfen uns eher gegenseitig. Jeder hat seine Spezialität, es gibt hier in der Gegend sowieso genügend Arbeit für alle.
1/3 In Luke Jones Werkstatt stehen Schätze vergangener Jahre. Hier werden gerade mehrere Fender Rhodes sowie ein Yamaha CP70 repariert (Foto: Christian Frentzen)
2/3 Das nicht geringe Wurlitzer-Inventar … (Foto: Christian Frentzen)
3/3 … bei Custom Vintage Keyboards (Foto: Christian Frentzen)
Bonedo: Gibt es eine Art Nische oder Spezialisierung, die Du gegenüber anderen Firmen, wie z. B. Ken Rich Sounds hast?
Luke Jones: Im Grunde gibt es das nicht. Wir machen hier wirklich sehr viel Verschiedenes. Ich würde behaupten, dass ich immer offen für neue Dinge bin und sehr gerne experimentiere. Ich habe hier vorne z. B. ein Experiment gewagt, und ich glaube man kann behaupten, dass es ist mir gelungen ist (lacht). Das ist ein Custom-Rhodes nach meinen eigenen Vorstellungen – aus drei verschiedenen Fender Rhodes habe ich es zusammengebaut. Ich hatte Dir ja im Vorfeld schon erzählt, dass ich die Pickups der späten 71er und 72er Rhodes sehr mag. Dieses Rhodes hat eine 71er Harfe und Pickups, allerdings habe ich die Tastatur aus einem 74er Rhodes genommen. Dieses Rhodes besteht sozusagen aus dem Besten von drei verschiedenen Pianos. Ich habe das ursprüngliche Holz durch Walnuss ersetzt.
Bonedo: Ist diese Anfertigung denn ein Sammlerstück, dass Du nicht verkaufst? Luke Jones: Dieses Rhodes biete ich tatsächlich zum Verkauf an. Ich muss dazu sagen, dass ich meine Keyboards nicht anfertige, um sie danach zu behalten. In meinem Beruf wird man nicht unbedingt reich und Ich könnte mir das nicht leisten, solche besonderen Anfertigungen zu behalten. Auch das 54-Tasten Suitcase Rhodes in meinem Showroom ist eine besondere Anfertigung. Ich betrachte das als meine persönliche Kunstform – solche Pianos anzufertigen ist etwas, das mich immer wieder erfüllt. Bonedo: Wir befinden uns gerade in deinem Showroom, hier gibt es diverse Keyboards und Maßanfertigungen zu finden. Könntest Du mir vielleicht eine kleine Vorstellung geben, was man hier sehen kann und was an diesen Keyboards besonders ist? Luke Jones: Okay, fangen wir hier vorne beim Rhodes in der Stagepiano-Ausführung an. Es besteht aus einer 1972er Mechanik und einer 1975er Harfe. Das Kabinett für dieses Rhodes ist aus Walnuss gefertigt. Ursprünglich wurde für die Rhodes Pianos Kiefernholz benutzt, aber Walnuss ist noch stabiler und hat eine schönere Farbe. Wir haben im Prinzip das ganze Rhodes restauriert: die Elektronik, die Mechanik und das Holzkabinett.
Bonedo: Verändert das Holz den Klang des Rhodes?
Luke Jones: Das Holz hat interessanterweise keinen wirklich großen Einfluss auf den Klang. Die Resonanz und der Sound finden hauptsächlich in der Harfe statt. Tatsächlich findet die Resonanz sogar größtenteils bei den Tines und Tonebars statt.
Bonedo: Was steht denn direkt links neben diesem Rhodes?
Luke Jones: Daneben steht eine 1967 Vox Super Continental. Die haben wir fast komplett erneuert, neuer Tolex, neue Elektronik. Sogar die Beine sind Neuanfertigungen von uns, denn es ist schwer Originalbeine in gutem Zustand zu finden. Und wiederum daneben steht eine Hammond A100, die als Spezialanfertigung für die Band Incubus – zunächst für Proben – gebaut wurde. Um genau zu sein habe ich davon später insgesamt drei gebaut – für eine Tour brauchte die Band dann mehrere Orgeln, und so wurde dann für eine Welttournee eine Orgel nach Europa und eine nach Asien geschickt, ganz einfach aus logistischen Gründen. Bei dieser Orgel ist außerdem interessant, dass ich einen Tongenerator ist aus dem Jahr 1960/61 benutzt habe, die Manuale hingegen stammen aus dem Jahr 1968. Hinzukommt ein etwas leichterer Pre-Amp, der den Sound etwas heller macht. Der Pre-Amp hat etwas mehr Output und ein paar Modifikationen: Einschleifwege für Effekte sowohl für das obere als auch untere Manual sowie einen variablen Line-Out-Ausgang.
Bonedo: Das sind ja doch eine ganze Menge Modifikationen, die Du da vorgenommen hast.
Luke Jones: Das stimmt. Wenn ich die Zeit habe, dann baue ich solche Dinge gerne auf Wunsch ein. Das sind hilfreiche Tools, die dem Instrument eine Menge Möglichkeiten bieten, den gewohnten Sound zu verändern.
Bonedo: Wie sieht es denn mit Hohner Clavinets aus? Gibt es die hier auch?
Luke Jones: Das ist richtig. Hier oben habe ich ein Hohner E7. Außerdem habe ich hier vorne noch ein Hohner Pianet, was mir sehr gut gefällt. Allerdings muss das noch restauriert werden, es ist in einem eher schlechten Zustand.
Bonedo: Ich habe mich immer wieder gefragt, warum z. B. die vielen Rhodes Pianos so verschieden klingen. Du hast da sicherlich eine Menge Erfahrung – woher kommen diese verschiedenen Timbres bei den Instrumenten und deine Vorlieben für Pickups, Vorverstärker etc.?
Luke Jones: Das Schöne an diesen alten Keyboards ist die hohe Varianz – diese Instrumente wurden früher ganz anders gebaut, als es heute der Fall ist. Ich habe mich darüber mal mit früheren Arbeitern aus der Wurlitzer Fabrik unterhalten. Heute sind das natürlich ältere Herren, aber sie erklärten es mir in etwa so: “Wir haben es so gemacht, dass es funktioniert und manchmal auch etwas variiert. Immer wieder haben wir neue Bauteile eingesetzt und geschaut, was das z. B. mit dem Klang macht“. Gerade in der Elektronik gab es bei den Bauteilen sehr hohe Toleranzen: früher waren es manchmal 10% oder 20%, heute oft nur noch 1%. Wenn man solche Bauteile in einer Schaltung zusammensetzt, dann kommt man schnell zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Das erklärt dann auch, warum z. B. manche Instrumente mehr rauschen oder beispielsweise mehr oder weniger Gain haben. In der Fabrik wurden diese Geräte dann zusammengebaut und justiert, was definitiv bedeutete, dass kein Rhodes oder Wurlitzer wirklich gleich geklungen hat.
Ich habe irgendwann mal ein nagelneues Rhodes aus der Verpackung geholt, weil sein Besitzer das Instrument damals gekauft hatte, aber nie benutzt hatte. Das hat leider nicht gut geklungen und die Mechanik war nicht einmal gut eingestellt: schlussendlich war dieses Instrument sehr uninspirierend zu spielen. Etwas Ähnliches ist mir mit einem 1972er Rhodes-Bass passiert: es wurde noch nie gespielt, hatte noch hellweiße Tasten. Es wurde in der Fabrik nicht richtig eingestellt und die Harfe lag nicht ganz perfekt auf. Erst nachdem wir es hier in der Werkstatt justiert hatten, war es gut zu spielen. Es gab also keine Garantie dafür, dass die Instrumente alle so richtig gut klingen. Für mich sind diese Instrumente wie individuelle Personen – jeder hat einen eigenen Charakter. Mit etwas Erfahrung weiß ich heute, wie ich die Instrumente zum Klingen bringe.
1/3 Rhodes-Harfen aus allen möglichen Jahrgängen sind in diesem Regal gelagert. (Foto: Christian Frentzen)
2/3 Dieses 88er Suitcase wird gerade auf Herz und Nieren gecheckt (Foto: Christian Frentzen)
3/3 Ein leeres Hammond-Gehäuse wird als Attrappe für die Bühne hergerichtet (Foto: Christian Frentzen)
Bonedo: Wenn ich an einen typischen Rhodes-Sound denke, dann gibt es für mich nicht den „einen“ Sound, sondern viele verschiedene Klangfarben, die sich auch im Verlaufe der Zeit geändert haben. Ich denke da z. B. an den etwas dumpfen Sound von Herbie Hancock in den späten 70ern oder den helleren und aggressiven Sound von George Duke.
Luke Jones: Man hat natürlich damals immer wieder versucht, mit der Zeit mitzugehen. Das kann man bei fast allen Instrumenten sehen: beim Rhodes gab es z. B. die Dyno-Variante, die von Keyboardern wie z. B. George Duke genutzt wurde. Auch bei den Hammonds kann man das im Verlauf der Zeit sehen. Die früheren Hammonds waren beispielsweise sehr basslastig und weniger höhenreich. Das hatte natürlich seinen Grund: in ihrem primären Zweck als Kirchenorgel sollten sie auch eher soft und keinesfalls aggressiv sein. Mit der Zeit hat sich der Markt natürlich vollkommen verändert und so hat sich auch der Sound der Hammond-Orgeln geändert. Seitens der Hersteller hat man immer wieder versucht, den Klang zu beeinflussen. Bei den Wurlitzer-Pianos hat man irgendwann festgestellt, dass der Klang heller wird, wenn man die Harfe etwas leichter macht und die Filz-Hämmer durch gummibeschichtete Hammer-Tips ersetzt. Ich finde diese Entwicklung und die Geschichte dahinter sehr interessant, denn sie zeigt wie facettenreich diese Keyboards sind. Es gehört ein unglaubliches großes Knowhow dazu denn neben den weitverbreiteten Rhodes und Clavinets gibt es ja noch eine unendlich große Menge an Keyboards, die sich nie so stark durchgesetzt haben. Aber auch diese kommen hier immer wieder zur Reparatur. Wir lernen hier selber ständig etwas dazu.
Bonedo: Gehen wir doch mal weiter in deiner Werkstatt. Du produzierst auch eine Menge an „Shells“ oder „Props“, d. h. Holzverkleidungen und Attrappen, die speziell für die Bühne gemacht wurden. So kann man z. B. seinen Nord Stage oder eine beliebige Workstation optisch aufwerten und die Illusion erzeugen, es sei ein echtes Klavier, was da auf der Bühne steht.
Luke Jones: Nun, die Bühnenpräsenz und der optische Eindruck zählt. Das ist kein Geheimnis! In der letzten Zeit habe ich ein Menge „Shells“ speziell für Stagepianos aus der Yamaha CP-Serie gemacht. John Fogertys Keyboarder hat z. B. eine davon benutzt und eine weitere ist gerade mit The Doors unterwegs.
Bonedo: Bietest Du auch Midifizierungen an?
Luke Jones: Klar, das ist nach wie vor sehr wichtig für manche Keyboarder. Einige meiner Kunden benutzen ihr Rhodes als Hauptinstrument und mögen einfach die Mechanik und das Feeling ihres Instruments. Für die gelegentliche Ballade brauchen sie dann aber auch mal einen Piano-Sound – da kommt die Midifizierung ins Spiel. Anstelle eines zusätzlichen Keyboards braucht man dann allenfalls ein Soundmodul, denn das Rhodes kann dann alle möglichen Midi-Quellen-Steuern. Und wer möchte dann einen hässlichen Controller auf sein Rhodes stellen (lacht)?
Bonedo: Verkaufst Du denn auch Ersatzteile?
Luke Jones: Ich habe über die Jahre eine Menge Keyboards gekauft. Einige dieser Keyboards dienen natürlich auch als Ersatzteillager und man sucht natürlich auch immer wieder nach Ersatzteilen. Im Gegensatz zur Gitarrenwelt, wo mittlerweile vieles wieder hergestellt wird, gibt es das in der Keyboardwelt leider nicht. Ich habe aber viele Teile gesammelt und aus diversen alten Instrumenten entnommen. So habe ich z. B. Teile aus jedem Jahr, in dem die Rhodes Pianos gebaut wurden: für die 60er Pianos, Rhodes-Bässe und auch für alle Wurlitzer-Modelle. Ich kann sogar behaupten, dass bei den meisten Ersatzteilen glücklicherweise einen so großen Fundus habe, dass ich damit sicherlich bis ans Lebensende versorgt bin. Und ich brauche diese Teile. Für jedes Modell braucht man Ersatzteile. In den 60ern gab es beispielsweise fast jedes Jahr einen neuen Pickup – teilweise wurden alle 6 Monate neue Pickups benutzt. Die Bauteile wurden einfach ständig weiterentwickelt.
Bonedo: Schauen wir doch mal in die Halle hier dort. Kannst Du mir etwas über die Instrumente dort sagen und wer die Spieler dahinter sind? Ich sehe die vielen Aufkleber an den Pianos.
Luke Jones: Das da hinten ist ein Yamaha CP70 von Alex, der eigentlich Bassist ist und u.a. bei Michael Jackson gespielt hat. Er suchte nach einem Bühneninstrument was eine Klavierhaptik hat. Es wird gerade von uns generalüberholt. Und im Regal ganz hinten habe ich sogar ein Rhodes-Piano, welches Harold Rhodes persönlich gehörte. Es klingt wie vier Rhodes-Pianos in einem Gerät. Harold hat damit experimentiert und ich habe es von einem seiner Freunde bekommen, der mir sagte, dass er es nicht mehr bräuchte. Ich habe es ihm dann sofort abgekauft! Außerdem überholen wir gerade ein ARP Solina String Ensemble und hinten bei meinem Mitarbeiter steht eine Farfisa Combo Compact Orgel, die eine neue Elektronik bekommt.
Bonedo: Sind die meisten dieser Instrumente für den Bühnengebrauch, oder werden sie eher im Studio eingesetzt? Gibt es da eine Tendenz?
Luke Jones: Das ist sehr gemischt. Manche dieser Instrumente kommen aus Tonstudios und gehören entweder Produzenten oder sogar zum Inventar der Studios. Mittlerweile hat es sich rumgesprochen, dass ich hier sehr viele Instrumente restauriere und teilweise auch ankaufe um sie anschließend weiterzuverkaufen. Es passiert also auch häufiger, dass ich einen Anruf bekomme von jemandem, der ein bestimmtes Rhodes oder Wurlitzer aus einem Jahr sucht. Dann kann es schon mal passieren, dass ich das sogar besitze oder jemanden kenne, der ein solches Gerät verkauft.
Bonedo: Du besitzt ja sogar ein lilafarbenes Clavinet mit einem speziellen Whammy-Bar!
Luke Jones: Genau – das ist ein Whammy-Bar-Clavinet was ich mit Violettholz ausgestattet habe, einer sehr speziellen und sehr schönen Holzart (im englisch „purpleheart wood”). Das ist keine Lackierung, sondern tatsächlich die natürliche Farbe des Holzes. Und die Whammy-Bar-Modifikation gibt es ja schon eine Weile. Trotzdem ist sie eine echte Rarität geblieben, denn sie hat sich nie richtig durchgesetzt. Zum ersten Mal gesehen habe ich diese Variante, als ich bei Ken Rich gearbeitet habe. George Duke hatte uns sein Plexiglas-Clavinet mit Whammy-Bar zur Reparatur vorbei gebracht. Das haben wir damals dann als eine Art Schablone für Whammy-Bar-Sets genutzt, die man dann separat erwerben konnte um sein Clavinet mit dem Whammy-Bar nachzurüsten. Ich glaube, dass wir davon in etwa 15 Stück angefertigt haben. Ein Dutzend habe ich dann später selber in Clavinets verbaut und nur ein paar Sets separat verkauft. Es bedarf ein wenig Geschick, um dieses System einzubauen.
Bonedo: Wofür genau benutzt man denn diesen Whammy-Bar und was ist das Besondere daran?
Luke Jones: Das Clavinet ist ein sehr vielseitiges Instrument – viele wissen das gar nicht. Oft wird es in der Rockmusik eingesetzt und es ermöglicht Keyboardern wie ein Gitarrist zu klingen. Mit dem Whammy-Bar kann man z. B. Bendings spielen, wie ein Gitarrist es mit seinem Finger oder eben einem Whammy-Bar macht. Der Keyboarder der Band „Crash Kings“ benutzt z. B. ein Whammy-Bar an seinem Clavinet – es lohnt sich das mal anzuschauen. Antonio Beliveau heißt er, und er hat das richtig drauf. Es ist eigentlich traurig, dass sich seine Band vor kurzer Zeit aufgelöst hat. Die Jungs haben Musik gespielt, die eigentlich reine Gitarrenmusik ist und mit Keyboards kaum zu realisieren ist!
Bonedo: Wer hat das System denn erfunden?
Luke Jones: Ursprünglich hatte Buddy Castle dieses System entwickelt und nannte es „Castlebar Clavinet“. Er hatte nur eine Handvoll dieser Whammy-Bars hergestellt, weil es für ihn eigentlich nur eine Erfindung war, nicht aber eine rentable Firmenidee. Das violette Clavinet hier vorne ist von Buddy, welcher übrigens ein großartiger Musiker ist und ganz genau weiß, wie man den Whammy Bar einsetzt. Buddy hatte noch eine andere geniale Idee: Er baute den Dämpfer aus, weil man damit klanglich nicht so viel machen kann. Stattdessen baute er einen Schlitz in die Holzplatte ein, damit man dadurch mit einem Finger für Saiten streichen kann, was dann wie bei der Gitarre als „Strumming“ eingesetzt werden kann. Das ist ein ziemlich genialer Effekt!
Bonedo: Wie genau funktioniert das denn dann? Man hält einen Akkord und streicht die Saiten dann mit dem Finger?
Luke Jones: Genau – man hält beispielsweise einen E-Dur-Akkord gedrückt (mit der linken Hand), dann kann man ihn mit der rechten Hand „strummen“. Beim Clavinet können immer nur die Saiten zu den jeweils gedrückten Tasten frei schwingen, alle anderen Saiten sind gedämpft. Das Clavinet klingt dann fast wie eine Gitarre! Glücklicherweise ist das System mit dem Whammy-Bar sehr verstimmungsfrei – man kann damit nichts kaputt machen!
Bonedo: Welche besonderen Projekte stehen denn als nächstes bei Dir an?
Lukes Jones: Ich arbeite an einer Hammond-Orgel mit komplett invertierter Tastatur, die nur über ein Manual verfügt. Die Drawbars kommen von einer Hammond G-Serie und der Tongenerator aus einer Hammond H-Modell. Der Vibrato Scanner und der Motor sind dabei umgekehrt angebracht und sitzen unter einer Plexiglas-Haube, damit man einen Einblick in die Klangerzeugung bekommt. Hier vorne arbeite ich gerade an einem Acetone Canary, das ist ein sehr seltener Synth, der Solina-ähnliche Sounds produziert. Die Kontakte der einzelnen Register und die Tastatur sind sehr mitgenommen.
Bonedo: Was ist für Dich das Besondere an deiner Arbeit bei Custom Vintage Keyboards?
Luke Jones: Das Schöne an meiner Arbeit ist die Möglichkeit für so viele verschiedene Bands und Künstler zu arbeiten. Sie bringen mir ihre Keyboards, die weitestgehend aus den 1930er bis zu den späten 1980er Jahren stammen. Meine Aufgabe ist es, sie wieder in Schuss zu bringen. Es geht ihnen darum, mit all diesen Instrumenten zu arbeiten und an dem einzigartigen Sound festzuhalten, den man anders einfach nicht erzeugen kann. Alle diese Instrumente haben eines gemeinsam: Sie inspirieren Menschen. Jedes Instrument hat etwas Magisches an sich. Schlussendlich sind wir ein Teil in dieser Kette, die es Künstlern ermöglicht etwas zu erfinden, zu experimentieren und etwas Inspirierendes zu erschaffen. Und das wiederum inspiriert natürlich auch alle, die diese Musik dann hören.
Vielen Dank für deine Zeit und das nette Gespräch!
Abschließend noch ein Video über Luke Jones und Custom Vintage Keys feat. Lisa Bella Donna Luke Jones’ Custom Vintage Keys sitzt in einem unscheinbaren Industriegebäude direkt an der „5“ in North Hollywood. Auf seiner Haustür steht ganz einfach “CVKEYS,” in der Art der Sticker, die man auf verrostete Briefkästen klebt. Es gibt keine andere Beschilderung. “Das ist mein verrückter Laden mit Keyboard Horror”, sagt Jones lachend. Das Ganze sieht eher ganz unscheinbar aus und man ahnt nicht, was hier so alles passiert.
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Der Showroom ist mit Dutzenden von fast unbezahlbaren Vintage-Keyboards bestückt, die alle zu einem besseren als brandneuen Zustand renoviert wurden. Aber es geht noch weiter. Hinten liegt eine Moog Liberation, deren Schaltung auf einer Werkbank in voller Auslage steht. (“Es ist im Grunde der erste echte Keytar-Synth, bevor Keytars dumm wurden”, sagt Jones). Daneben liegt auf einem Drahtgestell ein E-Piano, das in einem früheren Leben Teil der Tourenausrüstung von Fleetwood Mac war. Luke meint: “Ich finde, es ist so aufregend und interessant, für Bands und Künstler arbeiten zu können, denen man wirklich Instrumente gibt, die Musik für sie machen … Es ist der Klang, der inspirierend ist, denn wenn du Klänge findest, die dich inspirieren, das inspiriert andere Menschen und sie mögen deine Musik dafür. Wir sind gerne Teil der Kette, die das ermöglicht”.
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