Im dritten Teil der Reihe „Vocalized“ widmen wir uns dem Effekt Auto-Tune, ohne den die Popmusik der letzten 20 Jahre anders klingen würde. War der Autotune-Effekt zu Zeiten seiner Erfindung noch als Hilfsmittel für singende Künstler mit unsicherer Intonation gedacht, entwickelte er sich im Laufe der Jahre zum beliebten Stilmittel bei Sängern und Produzenten – zuletzt vor allem im HipHop/RnB-Bereich. Wie genau funktioniert Auto-Tune? Wie kann mit ihm und weiteren Special FX unkonventionelle Vocal-Sounds kreieren? Wir haben für euch nachgeforscht.
Hintergrundinformationen
Seit den 1970ern, als der Vocoder Einzug in die Popmusik hielt, experimentieren Sänger/innen und Produzenten mit der elektronischen Verfremdung der menschlichen Stimme. Heutzutage sind solche Verfremdungen ein fester Bestandteil der Musikwelt, sowohl im populären als auch im experimentellen Bereich. Nachdem wir uns in den ersten beiden Folgen dem Vocoder und dem Harmonizer gewidmet haben, geht es nun um die automatische Tuning-Korrektur, die in ihrer extremen Form deutlich über ihren ursprünglichen Zweck hinaus geht und zum Stilmittel geworden ist, an dem sich die Geister scheiden.
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Zur Geschichte von ‘Auto-Tune’
Anfang der 1990er Jahre wurde der amerikanische Elektro-Ingenieur Andy Hildebrand beim Mittagessen von einer Freundin gefragt, ob er ihr nicht ein Gerät bauen könne, welches sie „besser singen“ ließe. Daraufhin entwickelte Hildebrand einen Gesangseffekt, der 1997 unter dem Namen „Antares Auto-Tune“ auf den Markt kam.
Das Grundprinzip ist die automatische Tonhöhenkorrektur einer einstimmigen (Gesangs-)Melodie. Auto-Tune erkennt abweichende Tonhöhen und korrigiert sie zum nächstliegenden Ton einer einstellbaren Tonleiter. Wie sensibel und schnell der Effekt auf Abweichungen reagiert, lässt sich meist spezifisch festlegen. Bei einem Sänger, der die Töne seiner Gesangslinie teilweise nicht ganz exakt trifft, gleicht Auto-Tune also hörbare Unsicherheiten aus und säubert somit die Aufnahme von „schiefen“ Tönen.
Diese Funktion als bestenfalls nicht hörbares Hilfsmittel war die ursprüngliche Intention von Auto-Tune. Allerdings riefen die verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten des Effekts schnell experimentierfreudige Produzenten und Musiker auf den Plan. Als Urknall der überzogenen Verwendung von Auto-Tune wird oft der Song „Believe“ der Sängerin Cher aus dem Jahr 1998 bezeichnet. Die Tonhöhen-Korrektur wurde bei diesem Song sehr hart eingestellt, so dass Chers Stimme roboterartig und ungewohnt unmenschlich klingt. Somit wurde Auto-Tune nicht mehr als heimliches Hilfsmittel, sondern als bewusstes Stilmittel zur Stimmen-Modulation verwendet.
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Mehr InformationenDieses Prinzip wurde schon bald von anderen Künstlern übernommen und fand zunächst vor allem im HipHop-Bereich Verwendung. Als Meilenstein gilt in diesem Zusammenhang das Album „808s & Heartbreak“ des Rappers Kanye West von 2008. West machte den überzogenen Auto-Tune-Effekt zum Vocal-Grundsound seines Albums und definiert sich bis heute über diesen speziellen Klang.
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Mehr InformationenDie offensichtliche Verwendung von Auto-Tune ermöglicht es Rappern, die bekanntlich oft keine Meister des Melodie-Gesangs sind, ihre Vocal-Performance melodisch anzureichern. Der Effekt legt eine fast schon kaputte Künstlichkeit in die Melodien, entmenschlicht die Stimme und stellt sie irgendwo zwischen die Stühle der emotionalen Musik-Wahrnehmung des Menschen. Eine Wirkung, die sich zuletzt immer mehr etabliert und weiterentwickelt hat. Mittlerweile nutzen auch Folk/Pop-Künstler wie Bon-Iver oder Polica den Effekt und bewirken somit eine Symbiose handgemachter, natürlicher Instrumental-Sounds mit elektronisch angehauchtem Gesang.
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Mehr InformationenIm amerikanischen HipHop/RnB wird Auto-Tune oft mit weiteren Effekten kombiniert, um für verschiedene Künstler neue Signature-Vocalsounds zu erschaffen.
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Mehr InformationenAntares Auto-Tune und dessen Nachahmer
Antares Auto-Tune fand bald Nachahmer und heutzutage besitzen viele DAWs (Cubase, Logic etc.) ein hauseigenes Plug-in dieser Art. Häufig findet man dieses unter dem Namen „Pitch Correct“ vor, da der Begriff Auto-Tune bis heute von Antares geschützt ist. Zusätzlich gibt es mit Programmen wie Celemony Melodyne alleinstehende, spezialisierte Software mit diversen Einstell- und Bearbeitungsmöglichkeiten. Auch Hardware-Prozessoren für den Live-Einsatz wie etwa der Boss Vocal Performer oder Tascams TA1VP besitzen heute oftmals einen Pitch-Correction-Effekt.
Anwendung in der Praxis
In diesem Workshop habe ich vor allem mit dem Plug-in „Pitch Correct“ von Cubase gearbeitet. Die verschiedenen Parameter und Einstellungen sind jedoch bei allen Autotune-artigen Pitch-Correct-Effekten in etwa vergleichbar und lassen sich somit auf die meisten ähnlichen Programme und deren Bedienoberfläche übertragen.
Grundsätzlich ist es bei der Arbeit mit einer DAW wichtig, das Auto-Tune Plug-in stets am Anfang einer Effektkette einzusetzen, um nicht aus Versehen einen Hall oder andere Effekte nachträglich zu tunen – es sei denn, man möchte das ausdrücklich.
Ähnlich wie beim Harmonizer kann auch beim Pitch-Correct-Effekt einstellt werden, an welcher Tonleiter/Skala sich der Effekt bei seiner Arbeit orientiert. Dieses Feature ist als Grundlage bei allen herkömmlichen Auto-Tune-Programmen vorhanden. Bei einem Song in a-Moll sollte man also auch im Pitch-Correction-Plug-in als Tonleiter a-Moll (englisch : A Minor) angeben. Auto-Tune sorgt dann durch Tonhöhenkorrektur dafür, dass alle gesungenen Töne, die nicht Teil der vorgegebenen Skala sind, auf den nächsten leitereigenen Ton „gezwungen“ werden.
Wenn die Gesangsmelodie keiner spezifischen Tonleiter zugeordnet werden kann, hilft es, den „Chromatic“-Modus auszuwählen. Das Programm orientiert sich nun an Halbtonschritten und eine Korrektur hin zu ungewollten Tonhöhen ist unwahrscheinlich.
Nach Auswahl der richtigen Tonleiter gilt es, sich Gedanken über die Intensität des Auto-Tunings zu machen. Soll die Korrektur langsam, sanft und kaum hörbar oder eher extrem stark und schnell stattfinden? Eine hart eingestellte Auto-Korrektur ist zwar sehr genau im Pitch, jedoch klingt sie häufig roboterhaft und unmenschlich. Je stärker die Parameter Speed (Korrektur-Geschwindigkeit) und Tolerance (Toleranzbereich der zu korrigierenden Töne) eingestellt sind, desto intensiver wirkt der Auto-Tune-Effekt.
Wenn er nicht explizit als Stilmittel gewünscht ist, sollte ein derartiger Sound vermieden werden. Für eine weniger hörbare Korrektur legt man einen sanften, langsamen Auto-Tune auf die Stimme, indem Speed und Tolerance herabgesetzt werden.
Bei starken Aussetzern in der Intonation besteht außerdem die Möglichkeit, auf spezialisierte Software wie Melodyne zurückzugreifen, womit sich gezielte, manuelle Pitch-Veränderungen an einzelnen Tönen vornehmen lassen.
Manche Sänger/-innen haben eine so sichere Intonation, dass es kaum Veränderung bringt, wenn man Auto-Tune auf ihre Stimmen legt. Manche Produzenten verwenden heutzutage zur Sicherheit trotzdem eine sanfte Korrektur, häufig wird allerdings auch auf den Effekt verzichtet – somit kommt die Stimme ungefiltert beim Zuhörer an und wirkt authentisch und natürlich.
Außerdem sollte man sich den Einsatz von Auto-Tune überlegen, wenn ein Sänger zwar nicht immer den Pitch trifft, diese Unsicherheit jedoch seine Stimme und seinen Charakter ausmacht und trägt. Vor allem bei emotionalen Gesängen mit vielen gezogenen Tönen kann Auto-Tune den erwünschten Ausdruck einer Gesangslinie zerstören.
Schließlich gibt es bei vielen Pitch-Correct-Effekten die Möglichkeit, durch die Regulierung von Formanten die aufgenommene Stimme weiblicher/männlicher oder einfach nur entfremdet klingen zu lassen.
Dieser Effekt wird bei Pop/Rock-Produktionen eher selten genutzt, jedoch haben vor allem junge HipHop/RnB-Künstler daran Gefallen gefunden. Sie nutzen alle Funktionen und Einstellmöglichkeiten von Auto-Tune aus und kombinieren damit verschiedene Effekte wie Delay, Verzerrung oder Filter. Gern wird die Stimme auch gepitcht oder gedoppelt. Je nach Dosierung und Verwendung derartiger Effekt-Zutaten entstehen dann ganz eigene Vocalsounds, die zu unverwechselbaren Markenzeichen werden können. So konnten sich zum Beispiel Künstler wie Chance The Rapper, Jason Derulo oder Travis Scott mit charakteristischen, von Auto-Tune geprägten Vocal-Sounds international an den Chart-Spitzen positionieren.
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