AIR TimewARP 2600 Test

Bislang hatten wir kaum Produkte von AIR Music Technology im Test. Mit dem AIR TimewARP 2600 ändert sich das aber. Das Plugin digitalisiert ein Stück Synthesizer-Geschichte. Der ARP 2600 steht gerade oben auf der Liste der Wiederentdeckungen – Behringers Hardware-Clone Behringer 2600 sowie verschiedene preiswerte Softwareversionen belegen, wie groß das Interesse an dem Klassiker aktuell ist. In einem Feature haben wir euch die besten Emulationen des ARP 2600 vorgestellt. Hier widmen wir uns allein dem AIR TimewARP 2600. Der Produktname verrät bereits: Wir begeben uns auf Zeitreise.

Den AIR TimewARP 2600 gibt es schon etwas länger. Im Sommer 2024 folgte dann überraschend Version 2. Sie belebt den Klassiker nochmal neu. Das Besondere an dieser Emulation des ARP 2600: Es ist die einzige, die ARP-Gründer Alan R. Pearlman höchstpersönlich unterstützt hat. Den 50. Jahrestag dieses Instruments haben wir übrigens am 18. September 2021 mit dem ARP 2600 SYNTHposium gefeiert.

AIR TimewARP 2600 Test

DETAILS & PRAXIS

AIR TimewARP 2600 auf einen Blick

Der AIR TimewARP 2600 verlangt einen aktuellen Rechner. Mit Windows 10 und auf dem Mac ab 11.7 macht man ihn idealerweise über das inMusic Software Center startklar. Aufgepasst, das Plugin liegt im Ordner „Way Out Ware“ und nicht wie angenommen im Ordner „AIR Music Technology“.

Der der AIR TimewARP 2600 dient entweder als virtuelles Instrument für Performance und Recording oder er unterstützt beim Audio Processing, wofür ihr ihn aber leider nicht einfach als Effekt-Plugin aufrufen könnt. Anwender bekommen zwar Effekt-Presets, müssen aber mit zwei Spuren ein wenig tricksen.

AIR TimewARP 2600: GUI
Die grafische Oberfläche ist beim AIR TimewARP 2600 ziemlich gelungen und wechselt auf Wunsch das Farbschema – hier in der ansehnlichen Kombination Schwarz-Orange.

Anders als das Original könnt ihr den AIR TimewARP 2600 bis zu achtstimmig spielen. In den Menüs verliert man sich trotz des komplexen Aufbaus nicht. Alle Funktionen und Parameter befinden sich auf der Hauptseite. Das Patching läuft flüssig, während man das skalierbare GUI farblich (Blue Marvin, Grey Meenie, Black and Orange) verändern kann. Das Auge hört mit!

AIR TimewARP 2600: Komponenten

Wir haben es hier mit einer großzügig ausgestatteten Version des Vintage-Synthesizers zu tun. Es darf verkabelt werden, was das Zeug hält. Auf dem Panel befinden sich 89 Mini-Buchsen, davon 47 Eingänge, 35 Ausgänge und sieben Buchsen, die als Ein- und Ausgang fungieren. Damit es nicht langweilig wird, bekommt man noch 59 Sliders. MIDI-Controller-Zuweisung ist natürlich auch möglich.

AIR TimewARP 2600: VCO und VCF.
Drei VCOs und ein Tiefpass-Filter umrahmt von einigen Minibuchsen zur Modulation erzeugen den Basisklang des AIR TimewARP 2600.

Den Basissound generieren drei ähnlich strukturierte VCOs mit den klassischen Wellenformen Sägezahn, Dreieck, Rechteck, Pulsbreite und Sinus. Die Filtersektion besteht aus einem resonanzfähigen Tiefpass und ist offen für eintreffende Signale (RingMod, VCO1 Square, VCO2 Pulse, VCO3 Saw, Rauschen). Hinzu kommen zwei Hüllkurven (ADSR und AR).

Modulation gibt es reichlich. Zur Verfügung stehen zum Beispiel ein tempo-synchronisierbarer LFO und Sample & Hold, aber auch die Ringmodulation ist eine sichere Bank.

AIR TimewARP 2600: LFO und mehr.
LFO und Sample & Hold lassen abgefahrene rhythmische Sounds zu, die tempo-synchron laufen.

Eine große FX-Sektion sollte man zwar nicht erwarten, aber immerhin beherbergt das Plugin einen Stereo Reverb. Und was wäre ein modular-experimenteller Sound-Baukasten ohne Microtuning? Richtig, beim AIR TimewARP 2600 kann man verschiedene Tonsysteme fernab der chromatischen Stimmung abrufen.

AIR TimewARP 2600: Reverb.
Die Effektausstattung des AIR TimewARP 2600 speist sich allein aus einem Stereo-Reverb mit Vintage-Charakter.

AIR TimewARP 2600: Bedienung

Der semimodulare ARP 2600 ist nicht so selbsterklärend wie ein Minimoog, der ebenfalls in den frühen 70er Jahren aufkam. Dieser diente öfter als Lernobjekt an Hochschulen. Das bedeutet leider konrekt: So schnell haben Neulinge die Bedienung des AIR TimewARP 2600 nicht verinnerlicht. Deshalb möchte ich an dieser Stelle den englischsprachigen User Guide positiv hervorheben. Absolut lesenswert ist der Abschnitt „Patching the TimewARP 2600“. Tatsächlich profitiert man hier von einem Tutorial mit über 60 konkreten Patch-Beispielen. Man kann sie im Browser (Order „patchman“) anwählen und direkt probieren. Wer etwas lernen möchte, bekommt hier die Chance.

AIR TimewARP 2600: Preset Check

Air Music Technology hat bekannte Kreative fürs Sounddesign engagiert. So haben sich neben dem Factory Content und dem Patch Book etwa Lisa Bella Donna, Huston Singletary, Howard Scarr und Richard Devine mit ihren persönlichen Ideen im ARP 2600 verewigt. In der Summe erwartet die User also ein buntes und nicht zu knappes Preset-Aufgebot. Über ein Dutzend dieser Vorlagen haben wir für euch angespielt. 

AIR TimewARP 2600: Presets.
Viele und gute Vorlagen für den schnellen Spaß mit dem AIR TimewARP 2600 enthält der Preset Browser.

Die klanglichen Stärken des Plugins liegen eindeutig in den Bereichen „Wired“ und „Vintage“. Da ist es natürlich umso schöner, dass man diesen virtuellen ARP 2600 auch achtfach polyfon spielen kann, ohne eine extreme CPU-Belastung zu befürchten. Für die typischen Bläser, Strings und Pads holt man sich aber besser eine der guten Oberheim- oder Sequential-Emulationen.

Audio Samples
0:00
Late Bloomer Poly-Pyramids Random Marimba Puff Tines Barock String FM Sequential Flutter Pad Low Down Bass Slowly Evolving Orchestra Alien Jungle Flint Lead Techno Minimal Astral Passages Bubble Babble

AIR TimewARP 2600: Update-Wünsche

Wie die Audio-Demos zeigen, klingt das Plugin in Version 2 ziemlich authentisch. Da AIR Music Technology den AIR TimewARP 2600 aber sicherlich während der nächsten Monate und Jahre noch weiterentwickeln wird, möchten ich an dieser Stelle meine drei Wünsche dafür nennen: Ich hätte gern einen Arpeggiator/Step-Sequencer, ein Multimode-Filter sowie eine große Effektabteilung, die neben einem Reverb auch ein Tape Delay integriert. Mit diesen zusätzlichen Features wären wir sicherlich schon bei Version 3 oder 4 des AIR TimewARP 2600 angekommen.

Fazit

Der AIR TimewARP 2600 verfractet eine Synthesizer-Ikone in die DAW. Er klingt ziemlich gut und strapaziert vor allem das Konto nicht. Da es kein Nullachtfünfzehn-Analog-Synth ist, sollte man schon ein bisschen neugierig und experimentierfreudig sein und vor allem Vintage-Sounds mögen. Schließlich hat der AIR TimewARP auch einen pädagogischen Wert. Man erfährt dank der dokumentierten Patches einiges übers Sounddesign. Wer das gute Plugin nicht direkt kaufen will, kann die Demo-Version nutzen.

Vieles richtig gemacht, AIR! Der TimewARP 2600 ist für diesen Preis und mit dem ansprechenden GUI ein Tipp unter den Emulationen des semimodularen Klassikers aus den Siebzigern.

Features

  • Emulation des ARP 2600 Vintage-Synthesizers
  • Semimodulare Klangerzeugung mit bis zu acht Stimmen
  • Drei Oszillatoren, Tiefpass mit Resonanz
  • Zwei Hüllkurven, Envelope Follower
  • Ringmodulator, Rauschgenerator
  • Sample & Hold
  • Stereo Reverb
  • Preamp-Eingang
  • Virtual ARP 3620 Keyboard
  • Skalierbares GUI
  • Zahlreiche Presets
  • Systemvoraussetzungen: Ab Windows 10, Mac OS X ab 11.7, Online-Aktivierung
  • VST, VST3, AU, AAX
  • PREIS: € 95 (Straßenpreis am 1. September 2024)
Unser Fazit:
0 / 5
Pro
  • Überzeugende Emulation
  • Vintage-Charakter
  • Viel Synthese/FX-Power
  • Nützliche Library
  • Günstiger Preis
Contra
  • Nicht als Effekt-Plugin aufrufbar
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AIR TimewARP 2600 Test
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