Analoge Klangerzeugung, verlockender Preis und eine scheinbar gute Hardware: Der Behringer MS-5 soll den Roland SH-5 heute nach fast fünfzig Jahren aufleben lassen. Der MS-5 ist ein Synthesizer, der über Full-Size-Tasten und ein klappbares Panel mit rund 70 Bedielementen verfügt. Schon diese Eckdaten stimmen Live-Performer neugierig, die lieber „echte Instrumente“ spielen und nicht mit einer Miniatur-Desktop-Version vorlieb nehmen wollen.
Behringer MS-5 – das Wichtigste in Kürze
- Redesign des monophonen Roland SH-5 von 1976
- Zwei VCOs mit vier Wellenformen
- Multimode- und zusätzliches Bandpass-Filter
- Je zwei LFOs und Hüllkurven
- Ringmodulator, Sample/Hold, Noise
- Klappbares Panel
Auf diesen Test des Behringer MS-5 freue ich mich schon. Das hat Gründe: Schon länger nutze ich den Behringer Model D und Pro-800 im Studio. Beide Synthesizer packen es, den Sound der Originale ziemlich preiswert und überzeugend nachzubilden. Ja, ich kenne sie gut, einen Minimoog und auch den Prophet-600 hatte ich über viele Jahre unter meinen Fingern. Der Behringer MS-5 wird klanglich auch sehr dicht am originalen Roland SH-5 sein. Zudem dürfte sich dieser monophone Tastatur-Synthesizer angenehm bedienen lassen, was man von Behringers Desktop-Modellen nicht ganz behaupten kann.
Schauen wir uns doch mal erst das Original an – was zeichnet den Roland SH-5 aus?
Das historische Vorbild: Roland SH-5
Der Roland SH-5 erschien 1976. Tatsächlich war dies Japans späte Antwort auf den sehr erfolgreichen Minimoog und seinen Nebenbuhler ARP Odyssey. Der Roland SH-5 ging damals für rund 3.000 DM hierzulande eher sporadisch über die Ladentheke. Heute kann man buchstäblich die Währung austauschen und froh sein, wenn ein gebrauchter Roland SH-5 für 3.000 Euro zu ergattern ist.
Der Japaner steckt in einem großen Holzgehäuse mit Vinylbeschichtung und bietet funktionell mehr als der Klassiker von Moog. Heraus ragen Ringmodulator, Multimode-Filter, LFO und Sample&Hold. Mit dem SH-5 stellte Roland erstmals den „Roland-typischen“ Bender als Spielhilfe vor. Dieser erlaubt manuelles Pitchbending oder die Modulation des Filters mit nur einem Hebel und befindet sich in der Controller-Sektion links von der Tastatur mit dreieinhalb Oktaven.
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Auch klanglich hat der Roland SH-5 seinen eigenen Charakter. Er liefert verschiedenste Patches, ohne aber den erhabenen Sound und die Perkussivität eines Minimoog zu erreichen.
Roland MS-5: Nicht als Plugin zu bekommen
Ob Arturia, Cherry Audio oder Roland selbst: Eine überzeugende Emulation des SH-5 ist bis heute (Stand: Oktober 2024) nicht verfügbar. Ich denke, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Software-Hersteller eines Clones annimmt. Ein Abbild des Roland SH-5 auf Sample-Basis ist übrigens in der Kollektion IK Multimedia Syntronik 2 zu finden.
Behringer MS-5 im Überblick
Der Behringer MS-5 ist ein monofoner Analog-Synthesizer mit zwei synchronisierbaren Oszillatoren (VCOs) und Rauschgenerator (White/Pink). Er bietet ein Multimode-Filter (LP, HP, BP) plus Bandpass-Filter, jeweils zwei Hüllkurven (AR und ADSR) und LFOs, sowie eine Sample&Hold-Schaltung und einen Ringmodulator.
Obwohl der Behringer MS-5 nicht semimodular aufgebaut ist, erlaubt er interessante Verknüpfungen zwischen Parametern und Klangbausteinen. So lassen sich über die Mixer-Sektion beide VCOs, der Ringmodulator oder Noise-Generator beliebig auf die beiden Filter und den VCA-Block verschalten. Zudem können externe Audio-Signale in die Klangerzeugung eingespeist werden.
Wie das historische Vorbild bietet der Behringer MS-5 weder Arpeggiator noch Step-Sequenzer. Nützliche Standard-Effekte wie Chorus oder Delay gibt es auch nicht. Mit der kostenfreien App „Synthtribe“ lassen sich globale Einstellungen treffen oder auch Firmware Updates durchführen. Auch bietet dieser SH-5-Nachfolger keine Speicherplätze. Ihr solltet also schon viel Lust aufs Klangschrauben haben.
Behringer MS-5 mit qualitativ mäßiger Hardware
Ausgepackt sehen wir ein Gerät, das insgesamt kleiner ist als der Roland SH-5, aber dennoch komfortabel bedienbar ausfällt. Tatsächlich bekommt ihr über 70 Bedienelemente auf dem Panel, das sich wie beim Minimoog aufklappen lässt. Leider werde ich beim ersten haptischen Kontakt an den sehr günstigen Preis des Behringer MS-5 erinnert.
Die 37 anschlagdynamischen Tasten in normaler Größe spielen sich schwammig, leisten kaum Widerstand und fühlen sich fast wie eine Waterfall-Tastatur an. Zweiter Kritikpunkt ist der Bender in der Control-Sektion links neben der Tastatur. Er fühlt sich ausgeleiert an und schnallt nicht zuverlässig in die Mittenposition zurück. Außerdem reflektiert die glatte Oberfläche ein wenig, was bei ungünstigen Lichtverhältnissen stören kann.
Auf der Rückseite befinden sich – von links nach rechts – Netzteilbuchse, ein USB-Port, ein klassisches MIDI-Trio, Keyboard CV und Keyboard Gate, ein winziger Taster für Autotuning, Trigger- und Audio-Buchse für eingehende Audio-Signale, ein Stereo-Output (Panning ist möglich) sowie vier Pedal-Anschlüsse (VCF, VCO, Output, Input). Das macht alles einen ordentlichen Eindruck.
Behringer MS-5: Oszillatoren und zwei separate Filterblöcke
Der Behringer MS-5 verfügt über zwei VCOs, die bis auf die Steuerung der PWM in etwa gleich aufgebaut sind. Sie bieten die Wellenformen Sägezahn, Dreieck, Rechteck und eine modulierbare Pulswelle. Die Feinstimmung muss über den großen Pitch-Regler erfolgen. Eine Oszillator-Synchronisation steht in zwei Modes (Strong und Weak) bereit, und auch der Noise-Generator (white und pink) fehlt nicht. Bis dahin ist dies alles nicht spektakulär, mit der schon erwähnten Mixer-Sektion ändert sich das aber: Fünf Signale (Noise, VCO1, VCO2, Ringmod, Ext In) lassen sich separat auf VCF, VCF/BPF, BPF und VCA schalten. Eine solche flexible Schaltzentrale wünsche ich mir auch bei anderen Analog-Synthesizern.
Als nächste Attraktion erlebe ich die Filtersektion des Behringer MS-5. Ihr bekommt ein Multimode-Filter mit drei Typen (Tief-, Hoch- und Bandpass) sowie noch ein separates, ebenfalls resonanzfähiges Bandpass-Filter. Bei dieser praktischen Kombination werde ich hellhörig – klanglich enttäuscht sie nicht!
Behringer MS-5: Ringmodulation und Sample/Hold
Wie das Flaggschiff Jupiter-8 integriert der SH-5 – und so auch der Behringer MS-5 – einen Ringmodulator. Mit ihm lassen sich disharmonische Klänge erstellen – von rau bis metallisch. Der Ringmodulator speist VCO 1 oder ein externes Audio-Signal ein. Beim zweiten Eingang des Ringmodulator kann man zwischen VCO 2, Noise oder LFO1/2 wählen. Das ringmodulierte Signal lässt sich in der Mixer-Sektion auf ein Filter oder beide Filter sowie auf den VCA-Block schalten, wenn es ungefiltert bleiben soll. Insgesamt ist das ein tolles Feature beim Soundbasteln.
Für die rhythmische Modulation bietet der Behringer MS-5 noch eine Sample/Hold-Schaltung mit den Reglern Sample Time und Lag Time, und einer Auswahl von Sägezahn, Dreieck oder Random. Übrigens: Wenn ihr tempo-synchrone Klänge erwartet, ist der MS-5 nicht der passende Synthesizer. Auch die beiden LFOs folgen nicht automatisch per MIDI dem Songtempo der DAW.
Software: Synthtribe für den Behringer MS-5
Behringers Freeware „Synthtribe“ erkennt selbstverständlich auch den Behringer MS-5, sobald er per USB-Kabel mit dem Computer verbunden ist. Aufregend ist die App nicht, es lassen sich immerhin das Betriebssystem (derzeit OS 1.2.4) aktualisieren und noch ein paar globale Einstellungen wie MIDI-Kanal, Key Priority oder Velocity durchführen. Die „Poly Chain“-Funktion einiger monophoner Desktop-Synths von Behringer, mit der sich bis zu 16 Units per MIDI verbinden und polyfon spielen lassen, bietet der Behringer MS-5 leider nicht.