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Interview und Gear-Chat: Aaron Comess

Mit dem Song „Two Princes“ gelang den Spin Doctors 1992 der absolute Durchbruch. Neben Platinplatten, Grammy-Nominierungen und über zehn Millionen verkauften Tonträgern ist das Gründungsmitglied Aaron Comess dank seines facettenreichen Spiels jedoch nicht nur mit den Spin Doctors unterwegs. Als gefragter Studiodrummer arbeitet er bereits mit Joan Osbourne, Bilal und Isaac Hayes zusammen.

Bild: zur Verfügung gestellt von Aaron Comess
Bild: zur Verfügung gestellt von Aaron Comess


Nach der Produktion des Albums „Williamsburg“ mit Marius Müller Westernhagen holte ihn dieser auch direkt in seine Liveband. Seitdem tourt der sympathische Wahl-New-Yorker mit dem deutschen Rockmusiker alle Jahre wieder durchs Land. Im Rahmen der Open-Air Tournee des „MTV Unplugged“ Albums trafen wir Aaron Comess in der Berliner Waldbühne zu einem Gespräch über die Zusammenarbeit mit Westernhagen, seine weiteren Projekte und das Leben als Kreativer im Big Apple.

Marius Müller-Westernhagen ist ja als deutscher Künstler vornehmlich auch im deutschsprachigen Raum auf Tour. Wie kam es zu deiner Zusammenarbeit mit ihm?

Ich bin in Dallas aufgewachsen und lebe seit ziemlich genau 30 Jahren in New York City. Vor sieben oder acht Jahren bekam ich dann von Kevin Bents, dem musikalischen Leiter der Liveband und Produzenten von Marius’ letzten Alben, einen Anruf. Er produzierte damals das Album „Williamsburg“ in New York und engagierte mich für die Studiosession. Westernhagen wollte zu dieser Zeit auch eine neue Liveband zusammenstellen, hatte schon ein paar Sachen von Kevin und mir gehört, kannte die „Spin Doctors“ und fragte mich anschließend auch für die Tour an. Jetzt bin ich gerade auf der fünften Tour mit ihm und durfte auf zwei Alben und dem MTV Unplugged spielen. Es macht echt großen Spaß!

Hast du mittlerweile eine Wohnung in Deutschland?

Nein, so oft bin ich ja dann doch nicht hier. Alle zwei Jahre spiele ich mal eine Tour mit Westernhagen oder wir arbeiten an neuen Songs. Den Rest der Zeit verbringe ich in Amerika.

Wie unterscheidet sich deine Herangehensweise an die Songs des MTV Unplugged von den regulären Liveshows?

Es ist auf jeden Fall alles viel abgespeckter und basiert auf dem akustischen Ansatz. Ich spiele deshalb viel mit Besen, Mallets und Rods und eigentlich nur bei vier bis fünf Songs normale Drumsticks. Es ist interessant, diese Songs mal anders zu beleuchten und ihnen ein neues Gewand zu geben. Trotzdem werden die Sachen kraftvoll gespielt und können auch mal losrocken. Es ist ja eine relativ große Show. Da muss schon etwas Dampf dahinter sein.

Wenn es von breiten Rockriffs zu einem akustischen Ansatz geht, denkt man natürlich erstmal an kleinere Drums und leisere Becken. Hast du dein Setup auch so an die Musik angepasst?

Ich nutze tatsächlich die gleichen Größen, dämpfe aber viel mit unterschiedlichen Methoden. Mit der Big Fat Snare Drum Auflage verändere ich den Klang der Snare drastisch und bekomme einen tiefen, nassen Sound. Auch die Tomsounds verändere ich mit Stoffauflagen von Roots EQ oder nutze einfache Küchenhandtücher. Als einzige Erweiterung nutze ich LP Bongos. Ich glaube, dass die größte klangliche Veränderung durch die andere Herangehensweise und den veränderten Touch beim Spiel passiert.

Fotostrecke: 2 Bilder Aaron beim Soundcheck in der Waldbühne.

Wechselst du auch Snares aus, um andere klangliche Facetten zu erreichen?

Nein, aber ich verändere so ziemlich in jedem Song die Dämpfung der Trommeln oder verwende Shaker und andere Sticks oder Besen. Deshalb unterscheidet sich der Drumsound dann doch sehr von Song zu Song.

Stimmst du das mit dem Tonmann ab?

Als wir vor einem Jahr die Aufnahmen gemacht haben, sprachen wir uns im Detail ab. Mir war es wichtig, dass sich die klanglichen Ideen auch bemerkbar machen, und wir haben genau geguckt, was man realisieren kann und was sich auf einer großen Bühne durchsetzt. Damals haben wir ja eigentlich ein Album an einem Abend vor Publikum eingespielt, und jetzt freue ich mich, dass wir diese Sounds auch auf großen Bühnen präsentieren können. Das hängt aber auch wirklich damit zusammen, dass unser Tonmann großartig ist. Wenn das nicht so wäre, würde man wahrscheinlich von all meinen Klangvariationen rein gar nichts hören.

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In welche Projekte bist du neben Marius Müller-Westernhagen involviert?

Nun, die „Spin Doctors“ sind mittlerweile seit fast 30 Jahren ein Teil meines Lebens, und wir spielen nach wie vor sehr viele Konzerte. Daneben spiele ich mit Joan Osbourne, deren kommendes Album ich auch gerade eingetrommelt habe. Außerdem habe ich mein eigenes Studio in Williamsburg, Brooklyn und nehme dort viel auf.

Klingt spannend. Produzierst du auch Musik?

Früher habe ich alles selber gemacht. Ich war Produzent, Engineer und Drummer. Das ist aber einfach zu viel. Mittlerweile spiele ich mehr Drums auf Alben von Künstlern ein, die mich dafür engagieren und habe einen Engineer, mit dem ich zusammen arbeite. Das ist jetzt mein drittes Studio und es ist wichtiger denn je.

Fotostrecke: 2 Bilder Live verändert Aaron den Drumsound von Songs zu Song mit verschiedensten Sticks und unterschiedlicher Dämpfung.

Bis auf wenige Ausnahmen scheinen ja wirklich gerade alle großen Studios zu schließen…

Ja, gerade ging ja auch durch die Medien, dass das legendäre Avatar Studio in New York auch noch schließt. Glücklicherweise wird wohl das Berklee College of Music es übernehmen. Damit bleibt es ja wenigstens ein Studio. Ich spiele zwar hin und wieder noch in ein paar dieser großen Studios wie Electric Ladyland Sessions, aber mittlerweile wird wirklich mehr und mehr aus Studios wie meinem gearbeitet, die kleiner sind und nur so in einer so teuren Stadt wie New York überhaupt eine Überlebenschance haben. Außerdem sind die Budgets in der Musiklandschaft ja viel kleiner geworden. Trotzdem ist die New Yorker Kreativszene sehr aktiv, und aus den vielen kleinen Studios kommt großartige Musik. Man muss sich eben an die neuen Gegebenheiten anpassen.

Hast du das Gefühl, dass es heute schwerer als damals ist, in New York von der Musik zu leben?

New York war schon immer teuer. Es war und wird immer hart sein, dort gut von Musik zu leben. Als ich aus Dallas nach New York gezogen bin, haben sich meine Ausgaben mehr als verdreifacht. Heute ist auch noch die Musikindustrie völlig am Boden. Es gibt aber immer noch unglaublich gute junge Musiker, die nach New York ziehen, dann weiter außerhalb in Brooklyn in einer WG wohnen und sich nebenbei mit Hochzeitsgigs über Wasser halten. Als Musiker ein komfortables Leben in dieser verrückten Stadt zu führen, ist definitiv härter geworden. Man muss also wirklich gut sein.

Bereits drei Alben spielte Comess mit Westernhagen. Nun tourt er mit ihm erneut durch Deutschland.
Bereits drei Alben spielte Comess mit Westernhagen. Nun tourt er mit ihm erneut durch Deutschland.

Heutzutage hat über das Internet jeder die Möglichkeit, großartige Workshops, Masterclasses oder Online Lessons zu gucken und kann so aus einem großen Fundus schöpfen. Denkst du, dass junge Musiker dadurch heute auch oft noch besser sind?

Gute Frage. Ich denke, dass jede Generation unglaublich talentierte Musiker hervor bringt. In jedem Jahrzehnt ändert sich der Sound und die Art zu spielen. Es gibt zwar heute viele einfache Möglichkeiten, an gutes Übungsmaterial zu kommen, gleichzeitig gibt es aber eine unglaubliche Informationsfülle, und es gibt auch einfach schlechte Videos, in denen Leute behaupten, dass das was sie machen, der richtige Weg ist. Ein YouTube-Video ersetzt auch definitiv keinen Lehrer oder einen Konzertbesuch. Das schlimmste ist aber die immer kürzer werdende Aufmerksamkeitsspanne, weshalb viele Drummer lieber in 60 Sekunden alle Fills, Licks und Chops unterbringen. Das hat dann oft wirklich nichts mehr mit Musik zu tun.

Du spielst bei Westernhagen, Joan Osbourne und den Spin Doctors sehr songdienlich. War das schon immer so oder hattest du auch deine wilde Fusion-Zeit?

Bei diesen Acts steht ja der Künstler und der jeweilige Song im Vordergrund. Meine Soloplatten waren schon immer Instrumentalplatten und deshalb freier. Ich würde es nicht Fusion nennen, aber sie sind definitiv jazzorientiert. Das ist auch ein großer Bestandteil meines Spiels. Mit meiner Band spiele ich viele Gigs in New Yorker Clubs, aber wenn ich mit Singer-Songwritern spiele, respektiere ich die Komposition. Es geht immer um den Song und muss dem musikalischen Kontext entsprechen.

Vielen Dank für’s Gespräch!

Bild: zur Verfügung gestellt von Aaron Comess.
Bild: zur Verfügung gestellt von Aaron Comess.
Aarons Equipment:
  • Drums: Yamaha Absolute Hybrid Maple in Solid Black
  • 22“ x 16“ Bassdrum
  • 12“ x 8“ Tom
  • 16“ x 16“ Floortom
  • 14“ x 5“ Snaredrum
  • LP Galaxy Bongos 7 ¼“ und 8 5/8“
  • Becken: Zildjian
  • 15“ K Light Hi Hat
  • 20“ K Dark Crash
  • 22“ K Light Ride
  • 20“ A Custom Crash
  • Sticks: Vic Firth SD4 Combo
  • Felle: Remo

Weblink: aaroncomess.com

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