Wer ein Software-Abo anbietet, das laufend neue Versionen verspricht, muss sich ranhalten. Und so veröffentlichte der Hersteller mit Bitwig Studio 5.3 die Beta des dritten DAW-Updates seit dem Release von Bitwig Studio 5. Welche neuen Features brachten die Updates 5.1, 5.2 und 5.3?
Das Wichtigste In Kürze
- Bitwig 5.1: Filter + und Sweep, 10 neue Grid-Module, Audio-Quantisierung
- Bitwig 5.2: Compressor+, Analog-EQs Focus, Sculpt und Tilt, Undo für Plugins
- Bitwig 5.3: 808 / 909 Drum Machines, Sequencer Stepwise, 5 neue Grid Module, Windows ARM
- DAWProject zum Öffnen von Projekten aus Studio One und Cubase
- Verbesserte Ladezeiten von Plugins und großen Projekten
Was Ableton Live mit Version 12 und vor allem mit dem Update auf Version 12.1 an neuen Features und Devices aufgetischt hat, ließ die Bitwig-Community aufhorchen. Selten waren Foren und Facebook-Gruppen so voll mit „Aber Ableton hat doch…, warum dann nicht Bitwig…“-Posts wie in den letzten Monaten. Wo Bitwig in den vergangenen Jahren oft fortschrittlicher wirkte und die Updates schneller kamen, sah es im Vergleich zum großen Konkurrenten etwas alt aus. Ändert sich das mit dem Update auf Bitwig Studio 5.3?
DETAILS & PRAXIS
Bitwig Studio 5.1: Filteremulationen und Workflow-Verbesserungen
Was mit Version 3.2 und EQ+ begann und mit Delay+, Phaser+, Flanger+ und Chorus+ in Version 4.2 fortgesetzt wurde, wird mit Filter+ in Version 5.1 weiter ausgebaut. Mit 14 Waveshapern mit unterschiedlichen Distortion-Sounds und 10 Filtertypen von Moog über Korg (MS-20) bis Oberheim ist das Modul für analoges Anwärmen und Zerren gedacht.
Als Modulatoren bietet Filter+ einen Envelope Follower und einen Stereo-LFO (kennt man aus Vital). Da der Effekt auf der Grid-Architektur basiert, kann man ihn dort auch direkt öffnen und im Detail verändern – als könnte man Auto Filter aus Ableton Live direkt in Max-for-Live bearbeiten.
Für dich ausgesucht
Hinzu kommt Sweep, bei dem zwei Filter parallel (oder seriell) für Filter-Sweeps aller Couleur zuständig sind. Durch die Verdoppelung sind auch getrennte Filterläufe links und rechts für Stereoeffekte möglich. Die erwähnten Filteremulationen sind auch in Bitwigs Synth-Wunderwaffe Polymer integriert, das dadurch deutlich analoger und bissiger klingt. Stichwort bissig: In Polymer ist auch ein neuer Oszillator namens Bite mit dabei. Hier wird FM mit HardSync, PWM und Ringmodulation zu einem fauchenden Synth-Cocktail gemixt.
Dazu kommen einige Workflow-Verbesserungen. So ist es jetzt möglich, die Mixer-Ansicht individueller anzupassen, z.B. Spuren zu verbreitern und Plugins pro Spur als Miniversionen anzuzeigen. Die mit Version 5 integrierte neue Audio-Engine, die eine genauere Erkennung und ein verbessertes Warping von Audiodaten ermöglicht, brachte mit 5.1 zwei Neuerungen: Quantisierung und Normalisierung von Audioclips. Beides wichtige Features, die im Vergleich zur Konkurrenz längst überfällig waren.
Kurz vor dem Release von 5.1 trat Bitwig dann mit einem Feature ins Rampenlicht, das in der DAW-Welt für Aufsehen sorgte: DAWproject. Zusammen mit Presonus hatte der Hersteller ein universelles DAW-Format entwickelt, das den Austausch zwischen DAWs inklusive Automationsdaten, externen Plugins (sofern auf beiden Systemen vorhanden) und vielen weiteren Projektdaten ermöglicht. Mittlerweile ist das Format auch in Cubase 14 integriert. Hoffen wir auf wachsende Unterstützung!
Compressor+, Analog-EQs und Undo: Bitwig Studio 5.2
Das Update auf Bitwig Studio 5.2 brachte noch mehr Analog-Flavor, dazu Hardware-Beschleunigung der Grafik-Engine und Undo für Plugins. Gerade letzteres hilft ungemein, da man nicht mehr versehentlich mit STRG/CMD+Z das ganze Plugin aus dem Track entfernt, da dies bisher der letzte Schritt war, den die Undo-History aufgezeichnet hatte.
Compressor+, der nächste Analog-Effekt in Bitwig, ist mehr als nur eine weitere Emulation bekannter Kompressoren wie 1176, LA-2A oder Fairchild. Hier treffen moderne Features auf analogen Sound. So analysiert der Kompressor auf vier Frequenzbändern, was eine extrem präzise und besonders weiche Kompression ermöglichen soll. Mit Vanilla, Smooth, Over, Glue, Resist und Smash gibt es dann sechs Kompressionsmodi, die sich an den genannten Vorbildern orientieren. Und die klingen durchweg gut, vielleicht fehlt an manchen Ecken ein wenig das analoge „Mojo“.
Die drei neuen Effekte Focus, Sculpt und Tilt sind dem Klangcharakter und Workflow von Studio-EQs nachempfunden. So orientiert sich Sculpt am Bassspezialisten Pultec EQP-1, Focus am Pultec MEQ-5 und Tilt weniger an einem einzelnen Modell, als vielmehr an der Fähigkeit mancher älterer Studio-EQs, gleichzeitig Höhen abzusenken und Bässe anzuheben oder umgekehrt. Sculpt und Focus bieten dafür zwar einen Transistor- und einen Röhrenmodus für analoges Anwärmen. Aber warum man diese drei nicht einfach als Kurven und Analog-Optionen in EQ+ integriert hat, ist mir nicht ganz klar.
Version 5.3: Electronic Drum Machines
Nachdem sich die ersten Updates Effekten und Workflow widmeten, waren neue Sounds und Instrumente überfällig. Mit Bitwig 5.3 halten gleich 31 neue Drum Devices Einzug in die DAW und zwar in drei Kategorien: v8 (808 Sounds), v9 (909 Sounds), v0 und v1 (Digital Drums). Für jeden Sound gibt es ein eigenes Modul, mit dem man den Klangcharakter über Tonhöhe, Decay und weitere Parameter verändern kann – alles per Drum-Synthese.
Und klanglich gibt es hier wirklich nichts zu meckern. Es drückt, es schiebt und wenn man die integrierte Distortion aktiviert, dann kratzen die 808 Kicks fast wie im Original. Und mit Bitwigs Modulations-Engine lassen sich darüber hinaus Sounds erzeugen, von denen Ableton & Co. nur träumen können.
Stepwise und Resampling
In Kombination mit dem neuen Mini-Step-Sequenzer Stepwise wird Bitwig zur ultraschnellen Beat-Maschine. Acht Spuren (Lanes), jede mit eigener Geschwindigkeit, Länge und separaten Velocity- und Timing-Offsets bieten alles, um blitzschnell neue Grooves zu bauen. Step-Sequencer sind nichts Neues, aber mit Stepwise hat Bitwig vieles richtig gemacht. Hier Grooves zu programmieren, diese dann über die Offset-Parameter leicht zu variieren, das macht Spaß, das geht schnell und das groovt wie Hölle.
Oben im Transportbereich ist ein Feature hinzugekommen, das vielen Sounddesignern entgegenkommen dürfte: eine Mitschneidefunktion, ähnlich dem Resample-Workflow in Ableton. Bei Bitwig heißt sie Mittschnitt. Bisher war es zwar schon möglich, den Eingang einer Audiospur auf die Masterspur zu routen und so mitzuschneiden, was gerade in der DAW lief. Mit dieser Funktion geht das Resamplen jetzt viel schneller. Wann immer man kurz einen Mitschnitt von dem machen möchte, was man gerade spielt, reicht ein Klick auf den kleinen Aufnahmeknopf – sehr praktisch!
Schnell, schneller, Bitwig
Was ich auch noch mal gesondert positiv hervorheben möchte, sind zwei Neuerungen unter der Haube. Zum einen hat man an der Geschwindigkeitsschraube gedreht, was das Laden von Projekten und Plugins betrifft. Wie schnell sich Omnisphere, Kontakt und andere Plugins jetzt in Bitwig öffnen, hat fast schon einen Wow-Effekt. Vor allem, wenn man das mit der gemächlichen Oma Ableton vergleicht. Auch größere Projekte, wie die Demo-Projekte öffnen sich merklich schneller in der Beta von 5.3.
Das andere neue Feature ist die Audiokonfiguration. Das wird vor allem die freuen, die öfter mit verschiedenen Interfaces arbeiten, beispielsweise das kleine Interface zuhause und das große im Studio. Denn hier lassen sich jetzt feste Routings und Konfigurationen einstellen, die sich Bitwig merkt, wenn man das Audiointerface das nächste Mal anschließt.
Bitwig 5.3 Test – Fazit
„We’re working on some fundamental workflow improvements to how you work on the Arranger and in the piano roll.“ Dieses Versprechen am Ende der Ankündigung von Bitwig Studio 5.3 für die nächsten Versionen macht Hoffnung, denn hier gibt es in der DAW neben einiges zu tun, im Vergleich zur Konkurrenz.
Was die Updates 5.1, 5.2 und 5.3 gutmachen: die neuen Drum Synths klingen hervorragend, der Sequencer Stepwise macht Spaß, die Effekte klingen durch die Bank sehr gut. Aber insgesamt wirkt das etwas „dünn“, vergleicht man mit den letzten Updates der direkten Konkurrenten Ableton Live oder FL Studio. Der Fluch eines Abosystems, das zu häufigen Updates zwingt, rächt sich in diesen recht kleingeratenen Updates ein wenig.
Features
- plattformübergreifende DAW (Windows, OS X, Linux)
- Sequenzer zum linearen Arrangieren
- Clip-Mode zum nicht-linearen Songaufbau
- Neuer Browser für schnellere Suche nach Instrumenten, Effekten und Presets
- volle Multi-Core- und Multi-Prozessor-Unterstützung
- The Grid: eigene Instrumente, Effekte und (neu) MIDI-Devices aus 184 Modulen erzeugen
- VST3 Support
- CLAP Support
- MPE Support
- integrierte 32/64-Bit-Plug-in-Bridge
- Sandbox als Plug-in-Crash-Schutz
- Multi-Display-Unterstützung für bis zu drei Bildschirme
- unbegrenzte Audio-, MIDI- und Effekt-Spuren
- 43 Modulatoren
- 53 Audio-Effekte (Neu: Transfer)
- 38 Software-Instrumente (Neu: 31 Drum Synths)
- 21 Container
- 25 Noten-Effekte (Neu dabei: Stepwise
- 8 Hardware Devices (Für CV und Clock)
- Projekt-Import: DAWProject für Projekte aus Studio One und Cubase, sowie .als-Dateien von Ableton Live (ab 8.1) und .flp-Dateien von FL Studio
- PREISE
- Bitwig Studio: 399,- EUR
- Bitwig Studio Producer (abgespeckte Version): 149,- EUR
- Bitwig Studio Essentials: 79,- EUR
- Upgrade von Bitwig Studio Producer Track auf Vollversion: 94,- EUR
- Upgrade-Plan (alle Updates für die nächsten 12 Monate): 159,- EUR
- Schnelles Beatbauen mit Stepwise
- Soundqualität von Filter+
- Qualität der neuen Drum Synths
- DAWProject für Import und Export zu anderen DAWs
- Sculpt, Focus und Tilt-EQs etwas überflüssig
- Updates mit vergleichsweise wenig Neuerungen
KallePeng sagt:
#1 - 16.12.2024 um 10:47 Uhr
Sowohl für meinen etwas betagten M-Audio Code 49 Controler, als auch für meinen Fantom 08 bietet mir Ableton einfach ab Werk Controler-Settings an. Bei Bitwig werde ich nicht Warm. Zu kompliziert, zu schlecht erklärt ein viel zu zeitraubender Weg meine Hardware mit Spaßfaktor an den Start zu bringen. Die Idee, das die Community Settings erstellt und untereinander austauscht versagt hier vollkommen. Zumal welcher Musiker lernt denn bitteschön erst JavaScript um sein Keyboard an den Start zu bringen? Oder habe ich hier etwas grundsätzlich falsch verstanden? Dann kann mir der Hersteller dieses Wissen nicht so vermitteln, dass ich es verstehe ;-) Ich habe Bitwig ausprobiert, weil ich mittelfristig auf Linux umsteigen werde, aber einfach mal installieren und loslegen, da ist mir die Lernkurve bislang bei Bitwig zu steil.