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John Sykes – Biografie, Spielweise und Equipment des Powergitarristen 

Fragt man nach den großen Lichtgestalten der 80er-Jahre-Hardrock-Szene, darf ein Name nicht fehlen: John Sykes! Auch wenn er im Vergleich mit seinen Zeitgenossen Yngwie Malmsteen, Steve Vai oder Eddie Van Halen in der öffentlichen Wahrnehmung eher ein Schattendasein fristete, zeugen doch Alben wie „1987“ von Whitesnake oder der Blue Murder Longplayer von seinen herausragenden Qualitäten als Saitenvirtuose, aber auch als Songwriter. Die unglaubliche Kraft seines Spiels, sein Gespür für Melodik und sein sagenhafter Ton sind dabei nur einige seiner herausstechenden Trademarks. Gründe genug, dem kürzlich verstorbenen Powerplayer diesen Workshop zu widmen.

Credit: Shutterstock / Larry Marano

Biographie von John Sykes

John James Sykes wurde am 29. Juli 1959 in Reading, Berkshire, geboren und griff bereits im Alter von 14 Jahren zur Gitarre. Als frühe Einflüsse nennt er Jimmy Page, Ritchie Blackmore, Gary Moore, aber auch John McLaughlin oder Allan Holdsworth. Sein Debüt gab er mit dem Streetfighter-Song „She’s No Angel“, der 1980 auf der NWoBHM – Compilation „New Electric Warriors“ erschien.  

Danach schloss er sich der Band Tygers of Pan Tang an, mit der er 1981 die beiden Alben „Spellbound“ und „Crazy Nights“ veröffentlichte. Über den Tygers-of-Pan-Tang-Produzenten Chris Tsangarides kam Sykes in Kontakt mit Thin Lizzy-Frontmann Phil Lynott und trat 1982 der Band bei. Sykes wirkte auf dem 1983 erschienenen Album „Thunder and Lightning“ mit und war Co-Writer der Single „Cold Sweat“. Durch die modernere Ausrichtung seines Spiels brachte Sykes frischen Wind in die Formation und lenkte den Stil stärker in die Metal-Richtung. Obwohl Sykes und Lynott an der Band festhielten, wurde die Tour zum Album als Abschiedstournee deklariert, und 1983 löste sich Thin Lizzy zunächst auf. 

Das Album “1987” von Whitesnake machte Sykes unsterblich

Trotz weiteren Kollaborationen mit Phil Lynott trat Sykes unmittelbar danach der britischen Rockband Whitesnake bei, die er auf einer Tournee mit Thin Lizzy kennengelernt hatte. Wie bei Thin Lizzy war es zunächst Sykes Job, die eher Bluesrock orientierte Band zu modernisieren und Gitarrenparts für die US-Veröffentlichung von „Slide It In“ aus dem Jahr 1984 beizusteuern. Dadurch wurde das Album der erste große Erfolg in den Vereinigten Staaten und verkaufte sich über eine halbe Million Mal. Das Folgealbum „1987“ entstand in enger Kooperation mit Sykes und David Coverdale. Auch wenn „1987“ als Meilenstein der Band gilt und sich in den USA über acht Millionen Mal verkaufte, stand die Produktion unter keinem guten Stern. Innere Spannungen sorgten dafür, dass Coverdale das Vertrauen in seine Mitmusiker verlor und kurzerhand die gesamte Band einschließlich Sykes feuerte. Das Verhältnis zu Coverdale blieb bis zuletzt angespannt, und Sykes war extrem verbittert über seinen Rauswurf. 

Nach seiner Entlassung bei Whitesnake gründete Sykes die Band Blue Murder, die 1989 ihr selbst betiteltes Debütalbum veröffentlichte. Obwohl sich „Blue Murder“ gut eine halbe Million Mal verkaufte und auch von Kritikern hochgepriesen wurde, blieb der erwartete Erfolg aus. Während der Aufnahmen zum zweiten Album bekam John Sykes ein Angebot von Def Leppard, die sich jedoch letztendlich für Vivian Campbell entschieden. Nach dem zweiten Blue Murder Album „Nothin’ But Trouble“ wurde die Band schließlich von ihrem Label fallen gelassen und löste sich auf. 

John Sykes konzentrierte sich in späteren Jahren vor allem auf seine Solokarriere

Im Anschluss gab es mehrere Versuche, Blue Murder wieder zu vereinen, und es sollte auch zu einer kurzen Thin-Lizzy-Reunion ohne den verstorbenen Phil Lynott kommen. Sykes konzentrierte sich jedoch auf seine Solokarriere und releaste einige Alben unter seinem Namen. Am 20. Januar 2025 wurde bekannt, dass Sykes an Krebs gestorben ist, laut offizieller Website im letzten Jahr im Alter von 65 Jahren. Da Sykes aufgrund unglücklicher Fügungen nie die Chance hatte, längerfristig in den Top-Bands seiner Zeit mitzuwirken, fällt sein Name in der Riege der 80s-Guitar-Heroes immer ein wenig unter den Tisch. Das ist meiner Meinung nach jedoch vollkommen ungerechtfertigt, denn sowohl spielerisch als auch kompositorisch bewegte er sich mindestens auf Augenhöhe mit den größten Rockgitarristen der 80er-Jahre.

Das Equipment von John Sykes

Sykes ist in erster Linie durch seine schwarze 78er Gibson Les Paul Custom mit einem silbern eingerahmten Dirty Fingers-Pickup in der Stegposition bekannt. Dieser wurde jedoch in den vergangenen Jahren durch einen PAF-Reissue ausgetauscht. Darüber hinaus setzte er auch noch andere Les Paul Modelle, Strats und Teles ein. Bei dem Album „1987“ und dem Blue Murder Debüt lief das Signal über zwei Mesa Boogie Coliseum Topteile, die zwar MKIII Vorstufen besaßen, aber mit sechs 6L6 Röhren bestückt waren. Neben diesem Setup verwendete Sykes außerdem Marshall JCM800 50-Watter, Mesa Boogie Rectifier, Mark IIC+, Mark III und EVH 5150III Topteile sowie den Tri-Axis Preamp. In seinem Rack fanden sich ein Dunlop Crybaby, ein Lexicon PCM 41, Lexicon PCM 70 und eine H&H V800 Endstufe. An Saiten verwendete John 010er-Sätze von Ernie Ball.

John Sykes – Der Workshop

John Sykes Stil ist geprägt von einer unfassbaren Power und Autorität, die seinem Spiel einen extrem starken Ausdruck verleihen. Sykes gelingt es sehr überzeugend, erdige, bluesige Elemente mit – zumindest für die damalige Zeit – modernen Rock- und Metal-Gimmicks zu verbinden. Sein Solospiel zeigt viele Blues-Phrasen, die mit Moll-Tonleiterelementen wie Nonen und Sexten, aber auch Metal-typischen Sequenzen und schnellen Picking-Runs gespickt sind. Besonders hervorzuheben ist sein Gespür für Melodik, sein Ton, sein Vibrato und seine geschmackvollen Bendings, die ihn aus meiner Sicht deutlich von seinen Zeitgenossen abheben. Das Ganze mit einem brachialen Gitarrensound in Szene gesetzt, den er durch seine langen Slides auf den tiefen Saiten und den Einsatz seiner Flageoletts ausgiebig auszukosten weiß. 

Hellbound – Tygers of Pan Tang (“Spellbound”)

“Hellbound” wurde 1981 auf dem Tygers of Pan Tang Album “Spellbound” releast. Hier zeigt Sykes ein schnelles Riff in A-dorisch, das erstaunliche Ähnlichkeiten zum Dio-Riff von „Stand Up and Shout“ aufweist. Am Ende hört ihr einen 3er-Gruppen-Run aus der Am-Tonleiter.

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Hellbound – Tygers of Pan Tang – Original Hellbound – Tygers of Pan Tang – Playback

Cold Sweat – Thin Lizzy (“Thunder and Lightning”) 

„Cold Sweat“ bietet ein tolles Riff in F#m und erschien 1983 auf dem letzten Thin Lizzy-Studioalbum „Thunder and Lightning“. Der Song, der als einer der letzten während der Recording-Session aufgenommen wurde, wurde zur erfolgreichsten Single des Albums und stieg im Vereinigten Königreich auf Platz 28 der Charts ein. Da Thin Lizzy bereits vor John Sykes Einstieg das komplette Material geschrieben hatte, entstand das Stück nach seiner Riff-Vorlage direkt im Studio.

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Cold Sweat – Thin Lizzy – Original Cold Sweat – Thin Lizzy – Playback

Give me all your love – Whitesnake (“1987”)

„Give me all your love“ war die vierte Single-Auskoppelung aus dem Album „1987“ und erreichte Platz 48 der US Top 100 Charts. Der Song entsprang einer Zusammenarbeit von David Coverdale und John Sykes und war noch lange nach Sykes’ Ausscheiden fester Bestandteil der Whitesnake-Setlist. Hier finden wir ein tolles Terz-Riff in einem interessanten Shuffle-Rhythmus.

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Give me all your love – Whitesnake – Original Give me all your love – Whitesnake – Playback

Bad Boys – Whitesnake (1987)

Bad Boys, ebenfalls vom Longplayer “1987”, bietet eine wahre Enzyklopädie an Sykes Rhythm-Trademarks. Das Riff steht in einem relativ flotten Tempo und bewegt sich tonal zwischen E-dorisch und E-äolisch. Hier hört man brachiale Slides, geschmackvolle Harmonics und am Ende einen filigranen Leersaiten-Run!

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Bad Boys – Whitesnake – Original Bad Boys – Whitesnake – Playback

Billy – Blue Murder (Blue Murder)

Im Riff von Billy, zu finden auf dem Blue Murder Debütalbum aus dem Jahre 1989, hört man Sykes Vorliebe für doppelt gepickte Runs auf den Basssaiten. Dieser Song veranschaulicht sehr gut Sykes Riff-Handschrift, die auch das Whitesnake Album „1987“ immens geprägt hat. 

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Billy – Blue Murder – Original Billy – Blue Murder – Playback

Bad Boys – Solo – Whitesnake (1987)

Zum Abschluss gibt es noch das Solo von „Bad Boys“, das es ganz schön in sich hat. Hier findet man eine Fülle von Sykes Spielweisen, wie tolle Blueslicks, Skalen-Runs und energetisch gespielte Bendings. Bei dem schnell gepickten Lauf in den Takten 6 bis 9 müsst ihr nicht allzu sehr auf übertriebene Akkuratesse achten, denn hier zählt die Energie. Petrucci-mäßige Sauberkeit würde euch hier nicht den Sound bringen, und John Sykes lässt auch gerne mal fünf gerade sein.

Audio Samples
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Bad Boys – Solo – Original Bad Boys – Solo – Playback

Wer noch ein paar weitere John Sykes-Perlen des Whitesnake Albums „1987“ sucht, wird hier fündig:

Get the Sound 

Um Johns Sound hinzubekommen, empfiehlt sich ein Humbucker in der Stegposition und eine amerikanisch orientierte Ampzerre. Falls ihr einen solchen Verstärker nicht zur Hand habt, würde ich auf ein aggressives Distortionpedal zurückgreifen. Ich persönlich habe für die Soundfiles ein Redstuff 1987 Pedal vor einem Fender Bassman eingesetzt. Sykes Sound ist auch relativ „wet“, sodass ihr mit Reverb und bei Leadsounds mit Delay nicht geizen müsst. Auch gehört zur Wahrheit, dass John trotz seines ohnehin schon fetten Sounds die Gitarrenspuren häufig noch einmal mindestens doppelt! Hier ein Soundvorschlag meinerseits mit dem Neural DSP Archetype: Petrucci:

Soundvorschlag - Neural DSP Archetype: Petrucci
Soundvorschlag – Neural DSP Archetype: Petrucci
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