Der YouTube-Channel GitarrenTunes ist mittlerweile mit über 76.000 Abonnenten der zweitgrößte deutschsprachige Kanal zum Thema Gitarrespielen Lernen. Wir trafen Till, den sympathischen und kompetenten Gitarrenlehrer des Channels in Berlin, um für euch einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Hallo Till, erzähl uns doch zu Anfang für die Leser, die GitarrenTunes noch nicht kennen, etwas über dich und deine Arbeit.
Ich wohne in Berlin, bin 2012 hierhergezogen, um Musikproduktion mit dem Hauptfach Gitarre an der hdpk Berlin zu studieren und habe 2013 mit dem YouTube Channel angefangen. Nebenher unterrichte ich auch noch privat, mittlerweile schon seit über 10 Jahren.
Tatsächlich habe ich mit 15 schon die ersten Gehversuche als Gitarrenlehrer gemacht. Angefangen hat’s bei mir mit 6 Jahren auf dem Klavier, mit 10 ist das Cello dazugekommen. Witzigerweise habe ich erst mit 14 mit dem Gitarrespielen begonnen, durch meine musikalische Vorbildung aber sehr schnell Fortschritte gemacht und auch wirklich viel geübt. Seit ich in Berlin wohne, unterrichte ich viel und durchgehend und inzwischen auch hauptberuflich – natürlich auch durch meinen Gitarrenkanal.
Du hast schon dein Studium erwähnt. Was kann man sich unter dem Studiengang Musikproduktion genau vorstellen?
Musikproduktion ist ein Kombinationsstudiengang. Das ist weder ein klassisches Instrumentalstudium noch ein klassisch-technisches Studium. Das heißt, wir haben sowohl Anteile an Musiktheorie, Komposition, Gehörbildung, Instrumentalunterricht und Bandspiel – also alles, was mit handgemachter Musik zu tun hat – aber dann eben auch viel Studiotechnik, Mixing, Mastering und auch Popularmusikgeschichte. Was ist beispielsweise der Roland 808, was ist ein Sequenzer, welche Sequenzer gibt es, wie haben sich diese entwickelt etc.. Im weiteren Verlauf geht es dann aber auch um Projektorganisationen, Medienrecht und Existenzgründung.
Also eigentlich alles, was man heutzutage so braucht als Musiker.
Genau. Die Gründer unserer Uni waren großenteils studierte Musiker, die, nachdem sie ins Arbeitsleben gestartet waren, feststellen mussten, dass ihnen viel Know How fehlte, um auf dem Markt zu bestehen. Zum Beispiel, wie ich einen vernünftigen Vertrag aufsetze, wenn ich meine Musik anbiete, und was eigentlich die GEMA macht. So wurde ein Kombinationsstudiengang geschaffen, der sowohl die musikalischen als auch die technischen und organisatorischen Anforderungen dieses Berufs abdeckt.
Für dich ausgesucht
Und würdest du rückblickend sagen, dass sich der Studiengang für dich gelohnt hat?
Ja, der hat sich sehr für mich gelohnt. Das ist natürlich eine persönliche Erfahrung, weil es auch Leute gibt, für die das Studium vielleicht weniger lohnenswert ist. Aber die Kombination aus technischem Arbeiten im Studio, also dieses etwas “Nerdige”, verbunden mit der kreativen Arbeit und dem Thema Komposition, ist für mich sehr relevant und deshalb fand ich die Ausbildung sehr gut.
Dann lass uns mal auf den YouTube Channel zu sprechen kommen. Wie bist Du auf die Idee gekommen, online Gitarrenunterricht zu geben?
Lustigerweise war die Idee gar nicht von mir, sondern von von einem der damaligen Geschäftspartner, der neben seinem BWL-Studium auch Gitarre spielte. Auf der Suche nach einem geeigneten Lehrer stießen Startup-Gründer auf mein Gitarrenlehrer-Profil, mit dem ich auf diversen Seiten registriert war, und schrieben mich an.
Ich muss zugeben, dass ich vorher eigentlich gar kein großer Youtuber war, da ich vom Land komme und wir damals dort noch keine besonders schnelle Internetleitung hatten. Ein YouTube-Video zu laden dauerte also eine gefühlte halbe Stunde. YouTube war deshalb erstmal für mich gar nicht so präsent. Tatsächlich bin ich aber jetzt, seit ich dort selber zu finden bin, auch privat viel mehr auf YouTube unterwegs.
Als es dann losging, hieß es erstmal “erklär mal ein paar Songs, die du kannst.” Ich habe zu der Zeit viel Straßenmusik gemacht und hatte ungefähr 30 Songs im Repertoire, von denen wir dann einfach ein paar gemacht haben. Dann fingen wir an, uns an den Charts zu orientieren und beispielsweise so was wie Ed Sheeran gemacht.
Die Lektionen sind ja generell sehr songorientiert, oder?
Ja, songbasierte Lessons waren auch die Grundidee des Channels. Dass man also in erster Linie Songs erklärt und wie man sie auf der Akustikgitarre spielt. Aber auch, wie man Songs auf der Akustikgitarre umsetzt, die von Haus aus nicht unbedingt Akustikgitarren-Songs sind. Wir haben dann später auch andere Sachen aufgenommen, wie beispielsweise eine Gitarrenschule mit den ersten typischen sechs Stunden im Gitarrenunterricht. Vor ein paar Wochen haben wir “mit 3 Tipps in 5 Minuten” ein neues Format gestartet, das bisher ganz gut läuft und zudem ich auch schon wieder neue Ideen im Kopf für weitere Folgen habe.
Aber auch Grundlagen z.B. zu “Wie halte ich ein Plektrum richtig?” oder “Wie ziehe ich Saiten richtig auf” sind immer wieder ein Thema, um die Fragen abzudecken, vor denen jeder am Anfang irgendwann steht. Wir halten aber trotzdem den Schwerpunkt bei Songs, da man Gitarre einfach immer noch am besten übers Spielen lernt.
Möchte man die Zuschauer bei der Stange halten, ist die trockene Musiktheorie ja auch etwas schwerer zu vermitteln.
Das ist genau der Punkt, vor dem ich mittlerweile schon seit einem Jahr stehe und warum ich zum Thema Musiktheorie noch nichts gemacht habe. Aber ich möchte es gerne und es ist auch schon was geplant. Die Frage ist nur noch, in welchem Format wir das anbieten werden, da das Thema ja sehr umfangreich ist.
Es geht also darum, wie die Videos gestaltet werden, sodass der Zuschauer sie gut versteht und danach auch Lust hat, sich noch das nächste Video zum Thema anzuschauen.
Du hast ja eine Menge Abonnenten, die auch Fragen stellen. Wie gehst du mit den vielen Songwünschen um? Kannst Du noch auf jeden eingehen?
Tatsächlich ist genau das seit ca. einem dreiviertel Jahr zum Problem geworden. Vorher war das noch etwas überschaubarer. Es sind aber mittlerweile über 75000 Abonnenten und die Reichweite ist inzwischen so groß, dass viel zu viele Songwünsche eingehen. Teilweise sind es sehr unbekannte Songs, die ich gerne machen würde, aber aus Gründen der Fairness nicht machen kann. Ich kann leider nicht alle Songwünsche erfüllen, da an einem Tag mehrere eingehen, wir aber nur vier, maximal fünf Videos im Monat produzieren. Dennoch hab ich zwei Spotify Playlisten mit Songwünschen zu Akustikgitarre und E-Gitarre und arbeite die nach und nach ab.
Du machst jetzt auch Reviews zu Gitarren. Können die Zuschauer da in Zukunft mit noch mehr Material rechnen?
Gitarren-Reviews werden wir auf jeden Fall nochmal machen. Da ist nur noch nicht so genau klar, wann. Es gab auch schon die Überlegung, Reviews zu Effektgeräten zu machen. Was das getestete Equipment betrifft, versuche ich das natürlich immer in einem preislichen Rahmen zu halten, der für die Community interessant ist. Wenn ich mich mit einer Dreienhalbtausend-Euro-Taylor vor die Kamera setze, kann ich davon ausgehen, dass dies dem Großteil meiner Community, die ja eher aus Einsteigern besteht, nicht viel nützt.
Würdest Du trotz der vielen Online-Angebote einem Einsteiger noch einen “analogen” Gitarrenlehrer empfehlen?
Lustig, dass du fragst. Ich hab zu diesem Thema schon einmal ein Video gemacht, ob ein Gitarrenlehrer sinnvoll ist. Ich finde, ja. Ein YouTube-Video ist immer einseitig und kann einen guten Lehrer nicht ersetzen, der auf deine Fragen eingeht. Daher denke ich, braucht man einen richtigen Lehrer und damit das Interaktive. Ich finde, es gibt da auch noch nichts, dass das ersetzt.
YouTube kann aber dennoch dem Gitarrenlehrer Zeit und dem Schüler Geld ersparen. Mit meinen sechs Unterrichtsstunden für Anfänger frühstücke ich z.B. eine Menge Basics ab, die ein Gitarrenlehrer dann auch nicht zum x-ten Mal vermitteln muss, sondern mit dem Schüler gleich auf einem höheren Level starten kann. Wenn der Schüler wiederum merkt, dass er mit den Online-Lessons nicht weiterkommt, kann er ja immer noch zu einem richtigen Lehrer gehen. Zudem denke ich, dass man Online-Lessons ergänzend zum Gitarrenunterricht verwenden kann.
Ist ein Gitarrenlehrer sinnvoll? | Gitarren 1×1
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Weitere InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenLass uns für deine Zuschauer mal einen Blick hinter die Kulissen werfen. Wie läuft der Produktionsprozess und die Vorbereitung zu den Videos ab?
Ich bereite die Videos erst einmal zu Hause vor. Das muss sein, da die Dauer des Drehs natürlich davon abhängt, wie gut ich vorbereitet bin. Wir drehen dann an einem Drehtag die Lessons für einen Monat.
Zu Hause suche ich die Songs aus und versuche dabei ausgewogen vorzugehen und natürlich auch auf die Wünsche der Community einzugehen. Daraus resultiert dann ein guter Mix aus Klassikern, Modernem und auch Sachen aus den Charts, wenn sich da gerade etwas anbietet.
Bei den Aufnahmen der Songs orientiere ich mich in der Regel an der Studioversion oder, wenn diese nicht so viel hergibt, an einer Unplugged-Version.
Vereinfachst du Songs, wenn diese beispielsweise viele Barré-Akkorde enthalten?
Ja, manchmal mache ich zwei Versionen. Eine mit den normalen Akkorden und eine Kapodaster Version, die mehr offene Akkorde beinhaltet.
Wie läuft dann die weitere Produktion ab, da hat sich im Laufe der Zeit was geändert, oder?
Also früher haben wir das Material in einem kleinen Studio des Start Ups aufgenommen. Von Anfang an wurde dabei darauf geachtet. dass der Qualitätsstandard relativ hoch ist.
Der White Screen hat sich tatsächlich einfach am Anfang so ergeben und wurde mit der Zeit dann die Corporate Identity des Channels. Das haben wir mit dem Umzug auch übernommen, arbeiten aber mittlerweile mit einem Green Screen und machen den abschließend weiß. Die Qualität im neuen Studio ist jetzt auch noch einmal ein bisschen gestiegen, da das Studio wirklich sehr professionell ist, viel Erfahrung mitbringt und z.B. auch im Bereich der Filmproduktion tätig ist.
Wir drehen dann drei Folgen an einem Tag ab und Sebastian, mein jetziger Partner im Studio, macht die Nachbearbeitung für den Ton. Abschließend schicken wir das Material nach Hamburg. Dort sitzt der Cutter von bonedo, der die Videos schneidet. Es ist ein wirklich ganz tolles Team, das möchte ich an der Stelle auch noch mal sagen, weil wirklich alles sehr professionell und rund läuft. Das ist sehr cool!
Abschließende Frage: Kommst Du bei der ganzen Arbeit eigentlich noch manchmal privat zum Üben?
Ja, ich habe auch wieder angefangen, Musik zu schreiben. Es ist so, dass ich inzwischen meinen beruflichen Rahmen geordnet habe und feste Tage habe, an denen ich arbeite. So hab ich jetzt wieder den Kopf frei, selbst zu spielen und zu schreiben.
Ich übe immer mal wieder und gucke mir dazu auch gerne Sachen auf YouTube an. Kürzlich bin ich dabei z.B. auf Vicki Genfan gestoßen, eine Fingerstyle-Gitarristin aus den Staaten. Supercool – richtig geschmackvoll, was die da macht!
Nebenher produziere ich aber auch und bastel an Tracks rum. Definitiv muss man sich aber auch etwas disziplinieren, wenn man nebenher noch Musik machen will. So versuche ich also meinen Tag dahingehend zu strukturieren, dass ich es auch noch schaffe, kreativ zu arbeiten und auch zu üben.
Oasis – Don’t Look Back In Anger | Gitarren Tutorial Deutsch
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Weitere InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen