Das Einzählen von Songs gilt im Allgemeinen als ziemlich einfache Angelegenheit: Ein lautstarkes „EINS – ZWO – DREI – VIER!“, und schon startet der Song. Naja, fast! Befasst man sich einmal intensiver mit allen Komponenten rund ums Einzählen, stellt sich das oben genannte Szenario schnell als trügerisches Klischee heraus.
In Wirklichkeit birgt das Einzählen eines Songs nämlich weitaus mehr Verantwortung, als der Band lediglich das richtige Tempo vorzugeben. In diesem Workshop geben wir euch Tipps mit Audiobeispielen, um euch einige Anregungen zu geben, worauf ihr beim Einzählen achten solltet.
Der Situation angemessen Einzählen
Es gibt laute und leise Songs, große und kleine Bühnen, wilde und andächtige Konzertrahmen… Man sollte immer bedenken, dass der Einzähler nicht nur den Songstart vorbereitet, sondern auch mehr oder weniger Teil der Bühnenshow ist. Während eine große Festivalbühne nach einem lauten und deutlichen Einzähler verlangt, ist gleichzeitig ein leises Tippen des Tempos auf der Hi-Hat oft genau das Richtige für die ruhige Ballade beim Unplugged-Konzert im Club. Der Einzähler sollte also einerseits verständlich sein, andererseits aber auch zur Stimmung des Songs und zum Konzertrahmen passen.
Blickkontakt ist die halbe Miete
Im Moment des Einzählens sollte jeder aus der Band startklar sein, den nächsten Song zu spielen. Zählt man ein, während der Gitarrist noch damit beschäftigt ist, seine Klampfe zu stimmen, läuft das Ganze zwangsläufig schief, und man muss ein zweites Mal starten oder spielt schlimmstenfalls die ersten Takte ohne Gitarre. Solche Situationen lassen sich ganz einfach mit einem kurzen Blick in die Runde vermeiden. Sind alle bereit? Dann kann es losgehen.
Die richtige Länge des Einzählers wählen
Es lohnt sich, darauf zu achten, einen Song nicht zu kurz oder zu lang einzuzählen. Bewegt sich ein Song in einem mittleren bis höheren Tempo oder geht ihm etwa ein Auftakt oder Pick-up voraus, so ist in den meisten Fällen ein zweitaktiger Einzähler („1 – – – 2 – – – 1 – 2 – 3 – 4“) notwendig, um den Bandkollegen genügend Vorlauf zu geben.
Für dich ausgesucht
Ein eintaktiger Einzähler ist bei Tempi weit über 100 bpm hingegen oft viel zu kurz:
Besonders bei langsamen Tempi kann ein zweitaktiger Einzähler aber auch schnell zu viel des Guten sein. Die Bandkollegen können dadurch schnell in eine gelangweilte Stimmung kommen, die beim Musikmachen auf jeden Fall zu vermeiden ist. Hier reicht meistens ein eintaktiger Einzähler:
Das richtige Mikrotiming antizipieren
Liegt einem Song ein geshuffeltes Mikrotiming zugrunde, kann man mit dem richtigen Einzähler seine Mitmusiker schon vor dem ersten Ton in das richtige Groove-Gefühl bringen. Dazu zählt man einfach einen Laut mit, der das geshuffelte Feeling antizipiert.
Swing und Jazz-Samba Einzählen
Swing Beat: „1 – 2 – 3 – 4“
Im Swing liegt immer eine stärkere Gewichtung auf den Zählzeiten „2“ und „4“. Dementsprechend sollte hier mit einer Betonung auf „2“ und „4“ eingezählt werden. Wer hingegen einen Jazz-Standard mit einer kräftigen „1“ und „3“ einzählt, darf sich nicht wundern, wenn er in fragende Gesichter blickt.
Alla Breve – Jazz Samba: „1 – 2 – 1 – 2“ oder „1 – 2 – 2 – 2“
Der Samba gehört zu den Musikstilen, die in „alla breve“ gespielt und demnach auch entsprechend eingezählt werden müssen. Hier sind nicht die Viertel, sondern die halben Noten die Zählzeit.
Walzer und 6/8 Takte Einzählen
Walzer im 3/4-Takt werden grundsätzlich über zwei Takte eingezählt:
3/4-Takt: „1 – 2 – 3 2 – 2 – 3“
Bei einem 6/8 Groove zählt man ebenfalls über zwei Takte ein. Im zweiten Takt des Einzählers sollte man alle Unterteilungen deutlich hörbar mitzählen.
Schneller 6/8-Takt: „1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6“
Ungerade Taktarten Einzählen
Grooves, die sich in ungeraden Metren wie etwa einem 5/4- oder 7/8-Takt bewegen, unterliegen immer einer rhythmischen Struktur aus Zweier- und Dreiergruppen. Der Einzähler sollte hier also eine Betonung haben, die mit der rhythmischen Struktur des Grooves übereinstimmt.
5/4-Takt (Rhythmische Struktur hier: 3 + 2): „1 – 2 – 3 – 4 – 5“
Bei einem flotten 7/8-Takt ist es aufgrund des höheren Tempos der Achtelebene mühsam und eher kontraproduktiv, wenn man jede Zählzeit auszählen würde. Hier bietet sich an, die rhythmische Struktur des Grooves etwa mit den Sticks anzudeuten und lediglich den Taktanfang zu markieren.
7/8-Takt (Rhythmische Struktur hier: 2 +2 + 3): „1 – x – x – – 2 – x – x – – usw.
Songs Einzählen üben, so geht’s richtig
Zum Ende des Workshops soll natürlich nicht unerwähnt bleiben, dass es essentiell wichtig ist, beim Einzählen das richtige Tempo des Songs einzuzählen. So banal das auch klingen mag, kann es sogar gestandenen Profis im Eifer des Gefechts passieren, dass sie einen Song zu schnell oder zu langsam einzählen. Die Konsequenz besteht zwangsläufig immer darin, dass sich die Band entweder im falschen Tempo durch den Song quält oder das Tempo im Verlauf des Songs anpassen muss, was beides natürlich nicht optimal ist. Da das Gefühl für Tempo nunmal bei allen Menschen absolut von der Tagesform abhängig ist, lohnt es sich immer, auf das gute alte Metronom zurückzugreifen.
Mit dem Metronom lässt sich auch sehr gut im stillen Kämmerlein das Einzählen üben und überprüfen, falls ihr in diesem Punkt noch unsicher seid. Auf der Bühne oder während der Band- oder Orchesterprobe gibt man sich einfach kurz vor dem Einzählen das Tempo des nächsten Songs auf die Ohren – das man sich natürlich im Vorfeld notiert hat – und ist so auf der sicheren Seite. Mit vielen digitalen Metronomen oder auch Apps wie „Tempo“ ist es obendrein möglich, sich vor dem Konzert eine Setlist mit allen Songs und den jeweiligen Tempi zu erstellen. Das erspart einem dann auf der Bühne wiederum das Umschalten der BPM-Zahl.
Viel Spaß beim Ausprobieren! – Jonas
Knecht ruprecht sagt:
#1 - 24.08.2023 um 07:35 Uhr
Alles gut verständlich erklärt,danke hierfür!