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Roland SYSTEM-500 Complete Set Test

Die Roland SYSTEM-500 Eurorack Module sind der vorläufige Höhepunkt des Analog-Comebacks des japanischen Traditionsherstellers. Die Nachricht, dass Roland einige Hauptkomponenten der berühmten SYSTEM-100m / 700 Modularsysteme als SYSTEM-500 im Eurorack-Format wiederauferstehen lässt, war eines der Highlights der Musikmesse 2015. Bis die in Zusammenarbeit mit Malekko gefertigten Module in nennenswerten Stückzahlen verfügbar waren, dauerte es dann noch ein wenig. Jetzt hatten wir endlich die Gelegenheit, das komplette Set aus den Modulen 512, 521, 530, 540 und 572 und dem Case SYR-E84 einem Test zu unterziehen.

Das Roland SYSTEM-500 ist die Eurorack-Wiedergeburt des SYSTEM-100m.
Das Roland SYSTEM-500 ist die Eurorack-Wiedergeburt des SYSTEM-100m.


Das SYSTEM-100m aus dem Jahr 1979 gilt neben den Systemen von Moog und Buchla als einer der großen modularen Synthesizer der 1970er. Ausgehend vom semi-modularen Vorgänger SYSTEM-100 hatte Roland ein flexibles Modularsystem entwickelt, das sich bis heute großer Beliebtheit erfreut. Angesichts des aktuellen Booms modularer Systeme ist es nur konsequent, die Komponenten des SYSTEM-100m ins Eurorack-Format zu bringen. Wie man an den Namen unschwer erkennt, basieren die fünf Module des SYSTEM-500 auf den Modulen 112, 121, 130, 140 und 172 des SYSTEM-100m und bilden damit den Kern des Originals ab. Preislich liegen die Module einzeln allesamt über 400 Euro und das Komplettsystem schlägt derzeit mit satten 2260 Euro zu Buche. Ob sich diese Investition lohnt, werden wir im Test herausfinden.

Details

Erster Eindruck

Das Roland SYSTEM-500 besteht aus den Eurorack-Modulen 512, 521, 530, 540 und 572, die jeweils 16 HP Breite einnehmen. Zusätzlich gibt es ein Case namens SYR-E84 mit 84 HP. Alle Bestandteile sind einzeln erhältlich. Zum Test stand uns das komplette Set mit allen fünf Modulen und dem Case zur Verfügung. 
Die Verarbeitung der von Malekko gefertigten Module macht einen ausgezeichneten Eindruck. Potis, Buchsen und auch die Roland-typischen Schieberegler fühlen sich hochwertig und langlebig an. Außerdem fällt sofort auf: Die Module und auch das Case sehen toll aus! Das Komplettsystem macht optisch einiges her und auch zwischen Modulen anderer Hersteller dürften die Komponenten des SYSTEM-500 durch ihr edles, klassisches und zeitloses Design herausstechen.  

Fotostrecke: 5 Bilder Die fünf Module 512, 521, 530, 540 und 572 orientieren sich an Modulen des SYSTEM-100m.

Zum ersten Eindruck gehört aber auch die Erkenntnis, dass die Bedienelemente der mit Funktionen vollgepackten Roland/Malekko-Module selbst für Eurorack-Standards sehr nah beieinander liegen. In einem mit Patchkabeln vollgestopften Rack braucht man spitze Finger, um die Potis und Fader zu erreichen. Leidgeprüfte Eurorack-Nutzer kennen das aber natürlich und dürften sich von diesem Umstand kaum abschrecken lassen.
Neben den Modulen und dem Case enthält das Komplettpaket eine Tüte mit zehn knallroten Patchkabeln. Qualitativ gibt es hier nichts zu meckern; die Kabel besitzen einen Textilmantel und machen einen hochwertigen und langlebigen Eindruck. Allerdings sind zehn Kabel für das komplette SYSTEM-500 eindeutig zu wenig. Für die Übersicht wäre es außerdem besser, wenn das Set einige verschiedene Längen und Farben enthielte.

Das 512 Modul enthält zwei identisch ausgestattete VCOs.
Das 512 Modul enthält zwei identisch ausgestattete VCOs.

Roland 512 Dual VCO

Das 512 Dual VCO Modul basiert auf dem 112 und enthält wie dieses zwei identisch aufgebaute, analoge Oszillatoren. Beide erzeugen die Schwingungsformen Sägezahn, Dreieck und modulierbare Pulsschwingung, die sich über separate Buchsen abgreifen lassen. Zur händischen Einstellung der Pulsbreite und zur Wahl der Modulationstiefe gibt es jeweils zwei Fader, flankiert von je einem Eingang zur Pulsbreitenmodulation. Darunter liegen pro Oszillator ein Drehschalter für die Fußlage (32′ bis 2′) und ein Regler für das Finetuning, der etwa den Bereich von ± einer Quinte abdeckt. Es folgen je ein Sync-Ein- und Ausgang und ein Schalter zur Umschaltung zwischen Hard- und Soft-Sync pro Oszillator. Unten sind die Eingänge zur Modulation der Oszillatorfrequenzen zu finden. Für beide VCOs gibt es jeweils einen festen Key-Input (im Normalfall vom CV Out einer Tastatur oder eines Sequencers) und zwei weitere Eingänge, die sich mit Fadern regeln lassen. Was in der kurzen Anleitung nicht erwähnt wird: Ist nur eine der Key-Buchsen belegt, so folgen beide Oszillatoren der hier anliegenden Steuerspannung. Das ist eine praktikable Lösung für den gängigen Fall, dass man beide VCOs mit der gleichen Sequenz bzw. Tastatur steuern möchte. Sobald jedoch einer der VCOs autark eingesetzt werden soll, z.B. zur Frequenzmodulation, ist das weniger praktisch. Noch besser wäre daher ein Link-Schalter, mit dem man die VCOs bei Bedarf aneinander koppeln kann.

Die beiden Filter des 521 Moduls klingen ausgezeichnet.
Die beiden Filter des 521 Moduls klingen ausgezeichnet.

Roland 521 Dual VCF

Doppelt geht’s weiter: Das Modul 521 enthält zwei unabhängige Filter-Einheiten, bestehend aus je einem modulierbaren 24dB-Tiefpass mit Resonanz und einem in drei Stufen schaltbaren Hochpass (aus/1/2). Jede Einheit hat drei getrennt regelbare Eingänge, wodurch das Filtermodul auch als Mixer arbeiten kann. In der Mitte liegen die Drehpotis für Cutoff und Resonanz. Der Hochpass lässt sich mit einem arg klein geratenen Schiebeschalter aktivieren. Daneben ist jeweils die Ausgangsbuchse zu finden. Hier finde ich die Platzierung etwas unglücklich: Der Output, der ja bei Verwendung des Filters in jedem Fall belegt ist, liegt direkt neben dem Resonanz-Poti, welches dadurch immer besonders fummelig zu bedienen ist. Praktischer wäre es, wenn der Ausgang im unteren Bereich des Moduls Platz gefunden hätte. Dort findet man stattdessen wie bei den Oszillatoren die Modulationseingänge. Auch hier gibt es einen fixen Key Input und zwei regelbare Eingänge pro Filter.

Das Modul 530 bietet zwei VCAs.
Das Modul 530 bietet zwei VCAs.

Roland 530 Dual VCA

Zwei VCOs, zwei VCFs – zwei VCAs! Das Modul 530 umfasst spannungsgesteuerte Verstärker in doppelter Ausführung. Auf beiden Seiten gibt es je drei regelbare Eingänge, sodass innerhalb des SYSTEM-500 eine weitere Mixer-Stufe zur Verfügung steht. Pro VCA steht ein „Initial Gain“-Poti bereit, mit dem sich die Verstärkung ohne anliegende Steuerspannung regeln lässt. Daneben findet man je zwei Level-LEDs (grün für Pegel, rot für Übersteuerung) und eine Ausgangsbuchse. Die darunter liegenden SUM-Buchsen geben das summierte Signal beider VCAs aus, wodurch sich das Modul auch als 6-Kanal-Mixer nutzen lässt. Die Regelcharakteristik kann pro VCA zwischen linear und exponentiell umgeschaltet werden, sodass sich diese Sektion gleichermaßen für Audio- als auch Steuersignale eignet. Im unteren Bereich sind wie üblich die Modulationseingänge zu finden; hier gibt es pro VCA drei Inputs mitsamt Attenuator-Fadern.

Das Modul 540 ist mit zwei Envelopes und einem LFO die Modulations-Zentrale.
Das Modul 540 ist mit zwei Envelopes und einem LFO die Modulations-Zentrale.

Roland 540 Dual Envelope Generator / LFO

Das Modul 540 entspricht dem 140 und ist die Modulations-Zentrale des SYSTEM-500. Es enthält zwei ADSR-Hüllkurven und einen LFO. Hier weicht Roland vom senkrechten Layout der bisherigen drei Module ab: Die identisch ausgestatteten Hüllkurven sind oben und unten zu finden, der LFO liegt in der Mitte. Die beiden ADSR Envelopes haben jeweils Schieberegler für Attack, Decay, Sustain und Release. Pro Envelope gibt es einen Gate-Eingang (EXT) und einen roten Button zur manuellen Auslösung. Das Ausgangssignal steht zweifach positiv und einmal negativ zur Verfügung. Außerdem findet man pro Envelope noch zwei Schiebeschalter. Einer davon schaltet zwischen Fast und Slow um. Mit dem anderen lässt sich die Hüllkurve loopen (CYCL), wodurch sie ihre Attack- und Decay-Phasen zyklisch durchläuft. Dadurch werden vielschichtige, wiederkehrende Modulationen möglich.
Der mittig platzierte LFO besitzt zwei Potis für die Frequenz und die Einsatzverzögerung. Die Frequenz ist über einen CV Input spannungssteuerbar. Außerdem gibt es einen Schiebeschalter mit drei Stufen, mit dem man die Frequenzbereiche Slow, Medium und Fast auswählen kann. Im Fast-Modus schwingt der LFO im unteren Audiobereich, richtig schnell wird er nach heutigen Standards aber nicht. Zwei weitere Schiebeschalter ermöglichen den Reset der LFO-Schwingung bzw. des Delays vom Ext-Input der Hüllkurven 1 oder 2. Ausgangsseitig bietet die LFO-Sektion Buchsen für die Schwingungen Rechteck, Dreieck, Sägezahn fallend, Sägezahn steigend sowie Sinus, die sich selbstverständlich alle gleichzeitig verwenden lassen.

Mit Phase Shifter, Delay und Gate Delay bietet das 572 einige Effekte.
Mit Phase Shifter, Delay und Gate Delay bietet das 572 einige Effekte.

Roland 572 Phase Shifter / Delay / LFO

Das Effekt-Modul 572 umfasst vier einzelne Bausteine: Phaser, Eimerketten-Delay, Gate Delay und einen einfachen Hilfs-LFO mit einer Dreieckschwingung, dessen Output auf die Phaser- und Delay-Abteilungen normalisiert ist. Die Grenzfrequenz der Phasenverschiebung kann mit dem Regler SHIFT FREQ eingestellt und per CV moduliert werden. Wenn die Buchse EXT CV nicht belegt ist, kommt automatisch der LFO zur Modulation zum Einsatz und macht sich bemerkbar, wenn man den MOD-Regler aufdreht. Auch die Resonanz ist regelbar, kann aber nicht per CV moduliert werden. Gleiches gilt für den Effektanteil.
Das Eimerkettendelay bietet eine einstell- und modulierbare Delayzeit. Auch hier gilt: Steckt kein Kabel in EXT CV, so stammt das Modulationssignal vom LFO. Die Resonanz bzw. das Feedback ist regelbar. Schließlich enthält das Modul 572 noch ein Gate Delay. Diese Einheit erzeugt ein Gate-Signal mit regelbarer Gate-Zeit und Verzögerung, sobald das Eingangssignal den mit dem Threshold-Poti eingestellten Pegel überschreitet.

Fotostrecke: 2 Bilder Das SYR-E84 Case ist gut verarbeitet und eine Augenweide.

Roland Eurorack-Case SYR-E84

Das schmucke Case macht mit den hölzernen Seitenteilen optisch richtig etwas her und die Verarbeitung stimmt auch. Auf dem Deckel ist ein praktischer Tragegriff angebracht. Das Case lässt sich auf drei verschiedene Weisen aufstellen. In der senkrechten Variante ist es stapelbar, wofür man den Deckel als Stütze an der Rückseite anbringen sollte (dafür sind die rückseitigen Verschlussbeschläge gedacht). Hinten bzw. unten befindet sich der Anschluss für das mitgelieferte Netzteil. Zur internen Verkabelung der Module liegen dem Case zwei Flachbandkabel für insgesamt bis zu 10 Eurorack-Module bei. Die Stromversorgung stellt 2000 mA bei +12 V, 300 mA bei +5 V und 500 mA bei -5 V bereit.
Die fünf bislang verfügbaren Module des SYSTEM-500 belegen zusammen 80 HP. Beim Complete Set bleiben daher 4 HP frei und sind mit einer Blende verschlossen. Hier kann man zum Beispiel noch ein Multiples-Modul unterbringen oder vielleicht sogar ein schmales MIDI-Interface. Im Sinne eines Komplettsystems als in sich geschlossener Synthesizer würde ich es begrüßen, wenn Roland diese 4 HP noch mit etwas Nützlichem füllen würde – vorstellen könnte ich mir neben Multiples zum Beispiel auch ein kombiniertes MIDI-Eingangs- und Audio-/Kopfhörer-Ausgangsmodul, das das SYSTEM-500 autarker von weiterem Modular-Equipment machen würde.

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