Die deutsche Bassszene – Workshop-Interview-Serie #6: Markus Setzer

In dieser Folge unserer Portrait-Serie über die deutsche Bassszene trifft Lars Lehmann auf Markus Setzer. Neben seiner Tätigkeit als Musiker hat sich der Wahl-Hamburger vor allem mit seinen deutschlandweiten Bassworkshops einen sehr guten Namen erarbeitet. Die Seminare liefen (und laufen!) derart gut, dass der Endorser von Glockenklang-Equipment und Ruokangas-Bässen sich 2008 entschied, sogar eine eigene Bass-Ausbildung in Hamburg anzubieten: die Markus Setzer Bass Akademie. Darüber hinaus produzierte Markus Lehr-DVDs, schreibt eine Workshopkolumne für “Gitarre & Bass” und veröffentlicht immer wieder Tonträger – wie etwa sein Soloalbum “_Shades” von 2013. Über viele Jahre unterhielt Markus mit seiner Frau Sabine Reimer auch das Duo REIMER I SETZER, von welchem es 2016 nach langer Pause wieder ein Lebenzeichen gab. Mehr als genug Themen also für einen ausführlichen Bass Talk … (Alle Noten und Fotos zur Verfügung gestellt von Markus Setzer)

Der Bassist Markus Setzer im Interview
Der Bassist Markus Setzer im Interview (Foto: © Sigi Baramsky)

Markus, meines Wissens stammst du aus einem kleinen westfälischen Dorf und hast 1986 deinen ersten Bass gekauft. Wie kam es, dass du dich für den E-Bass entschieden hast und nicht z.B. in einem Blasorchester gelandet bist? Das ist ja auf dem Land nicht so ganz abwegig.

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Markus Setzer: “Spielmannszug Hagen aTW”! (lacht) Soweit ich weiß, hatten wir damals tatsächlich einen Spielmannszug im Wiesental. Das wird den wenigsten Lesern jetzt etwas sagen. Hagen aTW – da komm ich her. Und um das noch nur kurz zu erwähnen: Es liegt im Süden von Niedersachsen: “sturmfest und erdverwachsen”! Das “Niedersachsenlied” kennst du sicher, du kommst ja aus Hannover. Wir haben das damals sogar noch in der Schule gelernt. Aber Blasmusik war ehrlich gesagt noch nie meins. Ich habe früher viel Fußball gespielt, und vor den Spielen lief immer Blasmusik, das hat mich damals als Junge schon … sagen wir mal … irritiert! (lacht) Uniformen, Schützenverein, marschieren … Nee, das war mir zu militant! Mein Musiklehrer auf dem Gymnasium hat mir einen Kontrabass nahegelegt. “Du bist groß, mach das mal.” Dafür bin ich ihm heute noch dankbar. Das war so mit 14 Jahren, glaube ich. Also waren zunächst Bogenspiel, Simandl und Orchester angesagt. Eigentlich komme ich aber vom Klavier. Meine Mutter erzählt manchmal die Geschichte, dass ich das aus freien Stücken als kleiner Stöpsel unbedingt wollte: Klavierspielen mit fünf Jahren! Ich kann mich da ehrlich gesagt gar nicht mehr dran erinnern. Ich fand es nachher eher doof, zum Klavier-Unterricht zu müssen, während die anderen Jungs gebolzt haben. Zum Glück haben meine Kumpels und ich viel Rock und Metal gehört, und in der Schule wollten wir dann eine Band gründen. Mein Plan war natürlich, Keyboarder zu werden – wegen Tasten und Klavier und so. Aber es kamen zwei günstige Umstände zusammen, sodass ich Bassist wurde: erstens hatte ich nicht genug Geld, um mir ein Keyboard zu kaufen, und zweitens haben wir einfach keinen Bassisten gefunden. Da ich unbedingt wollte, dass diese Band losgeht, habe ich mir von meinem gesparten Geld einen Aria-Pro The Cat II für 430,- Mark gekauft.

Bassist Markus Setzer
(Foto: © Gehape)

Stimmt es denn, dass du im Grunde Autodidakt bist – abgesehen von einer kurzen Phase, in der du bei Claus Fischer in Köln Unterricht genommen hast?

Markus Setzer: Fast! Ich habe jedenfalls nie an einer Hochschule studiert oder war am MI in den USA oder ähnliches. Leider hatte ich auch keinen weisen alten Lehrer, der mich in die Basswelt eingeführt hat. So einen “Klekih Petra” wie bei Winnetou hätte ich mir damals eigentlich gewünscht! Ich habe immer wieder versucht, Unterricht zu nehmen und habe händeringend einen Lehrer gesucht. Es war damals noch nicht so, dass man sich seinen Lehrer aussuchen konnte. Heute gibt es in Osnabrück und im Umland haufenweise Basslehrer, nicht zuletzt durch die Entwicklungen um den Pop-Studiengang an der IFM in Osnabrück. Das ist großartig für die jungen Wilden heute! Meine Versuche mit Lehrern waren damals allerdings eher deprimierend: Gitarristen, die Bass-Unterricht gaben – oder Leute, die nicht bereit waren, ihr Wissen in letzter Konsequenz weiterzugeben. Nicht gut – das Universum hat mich mit der Nase drauf gestoßen, dass ich gefälligst meinen eigenen Weg gehen soll!

Konntest du denn als Autodidakt sicherstellen, dass du dir keine falsche Technik aneignest?

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Markus Setzer: Nö, konnte ich nicht! Aber mir ging es auch am Anfang noch überhaupt nicht um Technik! Ich wollte einfach mit meinen Kumpels ne Band machen, das war das Wichtigste! Mit allem, was dazu gehörte: zusammen abhängen, Bier trinken, rauchen, cool sein, etc. Ich weiß nur noch, wie mir ein Bass-Verkäufer beim Kauf meines ersten Basses so ungefähr gezeigt hat, wie man anschlägt: ” Den Daumen setzt du erstmal auf dem Tonabnehmer ab!” Danach kamen ja diese tollen Videos auf von Stu Hamm, Billy Sheehan, John Patitucci, usw. Dort und bei diversen Live-Gigs habe ich mir damals viel abgehört und -geschaut. Nix Youtube etc. Aber ich hatte einfach Glück, dass ich, seit ich denken kann, Musik gemacht habe, also auch gesungen und gut hingehört habe. Durch das Klavierspielen war mein Gehör ganz gut, und auch das Kontrabass-Spiel hat natürlich geholfen. Damals hieß es noch: Platte auflegen und die Sachen raushören! Natürlich hat das nicht immer beim ersten Mal alles geklappt, aber ich kann extrem hartnäckig sein, wenn ich etwas wirklich will.

Wie war der Unterricht bei Claus? Was hat dich bewogen, ihn in Sachen Unterricht zu kontaktieren? Und woran habt ihr gearbeitet?

Markus Setzer: Das war toll! Claus habe ich in Osnabrück im Unikeller mit der Franck Band gehört und gesehen – das war echt eine Erleuchtung für mich! Geile Band, Hammer Musik, tierischer Bassist. Ich bin einfach nach dem Gig zu ihm gegangen und habe ihn sofort nach Unterricht gefragt. Er: “Geht nicht, wohne in Köln!” Ich: “Egal, habe ein Auto!” Er wollte aber irgendwie nicht privat unterrichten und hat mir dann das “BSM” vorgeschlagen. Ich bin also nach Köln zum “BSM” gefahren – allerdings, ich hoffe, ich darf das hier sagen, das “BSM” und diese Bücher haben mich schlicht nicht interessiert: Ich wollte von diesem “Tier” lernen! Ich war immer froh, wenn die anderen aus der Klasse nicht da waren: Ich weiß bis heute nicht, warum die den Unterricht so teuer bezahlt hatten, dann aber kaum gekommen sind. Aber ich war froh, Claus in solchen Momenten ganz alleine ausquetschen zu können! Ein Konzept oder so gab es da nicht, hatte er auch nicht. Das war aber auch überhaupt nicht wichtig, denn ich hatte eh immer genug Fragen und muss insofern ein echt unangenehmer, nerviger Schüler gewesen sein! (lacht) Ich kann mich noch genau an die Aufnahmeprüfung erinnern: Ich hatte einen Gig mit einer Top40-Band irgendwo im Emsland, bin um 4 Uhr morgens zusammen mit dem Gitarristen mit dem Auto nach Hause gefahren, und um 11:00 musste ich in Köln vorspielen. Ich möchte nicht wissen, wie ich da ausgesehen habe! Damals habe ich zum ersten Mal etwas von einer 1625-Verbindung gehört. Ich habe da an der Schule nie eine Prüfung gemacht, weil ich dafür nicht lange genug dort war. Aber Claus hat mir schon sehr geholfen. Es waren so einfache Tipps wie: “Kauf dir mal ein RealBook!” Das kannte ich damals noch nicht. Ich konnte alle Sachen von Iron Maiden, Led Zeppelin, Rush und Deep Purple auswendig spielen – aber Jazz? Das war neu! Claus, vielen herzlichen Dank noch mal an dieser Stelle und immer noch!

Bassist Markus Setzer
(Foto: Gregor Fris)

Top40 ist ein gutes Stichwort: Meines Wissens hast du bereits in jungen Jahren schon viel in verschiedenen Bands gespielt – Metalbands, Coverbands … Würdest du aus heutiger Sicht z.B. das Spielen in Coverbands jungen Bassisten empfehlen?

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Markus Setzer: Ja, unbedingt – soweit das heute noch geht! Generell würde ich als junger Musiker immer spielen, was das Zeug hält. Es geht ja nicht nur um das Spielen und Erarbeiten der Musik an sich, wobei man aber auch schon wahnsinnig viel lernen kann. Es fängt ja mit dem Proben, Vorbereiten und Aufbauen an, dem Kontakt zum Veranstalter, Kontakt mit dem Publikum, Präsenz auf der Bühne, Spielen im Blindflug, weil man sich nicht hört, Mischen, Tontechnik, Kontakt zu anderen Musikern bekommen, usw. Ich habe von meinem 18. bis zu meinem 27. Lebensjahr sehr, sehr viele Gigs mit den wahnsinnigsten Bands gespielt. Ich meine das im ursprünglichen Wortsinn! Hört sich doof an, aber der alte Spruch “von ABBA bis Zappa” stimmt da total. Alle Stile und alle Songs, die man sich so vorstellen kann. Auch mit dem Remote-Keyboard habe ich bei vielen Gigs den Bass gespielt, Anfang der 90er-Jahre. Ich sage nur Culture Beat, Dr. Alban und Konsorten. Und ich habe auch einige Künstler begleitet, die man heute nicht mehr unbedingt in seiner Referenzen-Liste habe möchte. (lacht) Aber es schult einfach ungemein, denn man lernt das Business von der Pike auf kennen. Ich würde es immer wieder so machen! Ich habe es halt gewollt, ich wollte unbedingt Musiker sein und Musik machen.

1997 bist du von Osnabrück nach Hamburg gezogen – wie kam es zu dieser Entscheidung?

Markus Setzer: Die Liebe! Ich bin ja zuvor schon einmal 1995 nach Hamburg gegangen, das hat aber gar nicht geklappt. Ich habe es drei Monate ausprobiert und war total enttäuscht von der Stadt. Das lag im nach hinein aber zu 100% an mir, denn ich war in den falschen Läden, den Popkurs kannte ich nicht, usw. Ich war einfach viel zu naiv und zu blöd und habe mit den falschen Leuten gespielt. Ich wollte aber so oder so schon lange aus Osnabrück weg. 1997 habe ich Sabine auf einem Geburtstag eines befreundeten Musikers kennengelernt, der viel in Hamburg gemuckt hat. Kai spielte mit Sabine ein Brecht-Programm, und wir hatten zusammen unsere damalige Band ZIMT – “Samba Funk Sex und Bären” hieß unser Programm, aber wir “waren unserer Zeit zu weit voraus” – wenn du verstehst, was ich meine! (lacht)

In Hamburg begann für dich dann auch die “REIMER I SETZER”-Phase – nicht nur privat, sondern musikalisch. Zwischen 1999 und 2008 hast du mit deiner Frau und Sängerin Sabine Reimer Alben gemacht und zahllose Konzerten gegeben, u.a. in den Niederlanden, Polen, Lettland, Italien, Dänemark, Spanien, der Schweiz, sowie in ganz Deutschland. Wie kam es zu diesem Projekt und dem Entschluss, es damit mal ernsthaft zu versuchen?

Markus Setzer: Die spezielle Duo-Kombination nur mit Bass und Stimme hatte mich schon lange gereizt und interessiert. Schon bevor ich Sabine kennen lernte, wollte ich das immer mal ausprobieren. Mich hat die Fragilität einer derartigen Besetzung gereizt und auch die Spannung, die zwischen den Tiefen des Basses und der Stimme der Sängerin entsteht. Außerdem hatte ich als alleiniger “Begleitmusiker” der Sängerin alle Möglichkeiten, den Song zu bedienen. Also nicht “nur” die Basslinie zu spielen, wie ich es aus unzähligen Bands kannte. Bitte nicht falsch verstehen: das “normale” Bassspielen finde ich super cool! Aber hier in dieser Konstellation konnte ich viel mehr ausloten, hier durfte ich alle Parameter der Musik ausschöpfen. Mir war es auch wichtig, eben nicht mit einem Looper oder ähnlichem zu arbeiten, das hätte sich für mich nicht richtig angefühlt. Ich wollte wirklich alles live und in “real time” machen. Dadurch habe ich wahnsinnig viel gelernt, z.B. in punkto Rhythmus halten ohne Drummer, Harmonisieren, Reharmonisieren, Stimmführungen, Stilistiken usw. Und natürlich nicht zuletzt im spieltechnischen Bereich! Wenn ich alleine eine Sängerin begleite, hört man leider einfach jede blöde Leersaite klingen, die gerade nicht klingen soll!

Du hast ja in diesem Projekt durch technisch sehr anspruchsvolles Spiel geglänzt, hast viel geslappt, Akkord-Tappings gemacht, usw. Insofern lagen ja die Auftritte auf Bassdays, Musikmessen etc. natürlich nahe. Hat dich dieser spieltechnische Fokus auf Dauer irgendwann genervt?

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Markus Setzer: Wenn ich Akkorde, eine Basslinie und rhythmische Elemente gleichzeitig spielen möchte, kommt natürlich etwas dabei raus, was vielleicht etwas komplizierter zu spielen ist. Der Ursprung war aber nie: “So, jetzt zeige ich mal, was ich kann!”, sondern immer: “Was will der Song?” Mein persönlicher kompositorischer Anfang ist immer das Singen. Ich habe den ganzen Tag Musik im Kopf. Manchmal singe ich Songs, die ich gerade beim Einkaufen in der Formatschleife gehört habe, manchmal gehe ich spazieren und plötzlich dreht sich was in meinem Kopf, bei dem ich denke: “Hey, klingt interessant!” Frag mich nicht, wo das herkommt, ich weiß es nicht! Die Kunst ist – und das kenne ich von vielen Musikern, egal, ob Hobby- oder Profimusiker – ist, sich nicht von Gedanken wie “Klingt das jetzt nicht wie …?” oder “Gab es das nicht schon mal?” verrückt machen zu lassen. Manche sagen auch: “Das ist zu billig, zu einfach, das kannst du nicht bringen!” Meine Antwort ist dann immer: “Hör dir mal die Rolling Stones an. So manches Riff von denen, womit die Millionen machen, würden sich die meisten Hobbybands nicht als Basis eines neuen Songs erlauben!

2008 war plötzlich Schluss mit dem Projekt – wieso?

Markus Setzer: Von außen betrachtet war vielleicht plötzlich Schluss, für uns war es aber ein langer Prozess, der auch nicht einfach war! So ein Baby loszulassen, das wir über Jahre aufgebaut hatten und in das wirklich viel Energie gesteckt wurde, war wirklich nicht leicht. Der Grund war ganz einfach: Es ging nicht weiter, denn Bass und Stimme ist eben nicht Mainstream. Bei all der missionarischen Grundlagenarbeit, die wir betrieben haben, mussten wir diese bittere Pille leider letztendlich dann doch schlucken. Wir haben über Jahre immer wieder in denselben Clubs gespielt, oftmals vor denselben Leuten – und manchmal leider auch vor verdammt wenig Leuten! Und dann ließ irgendwann einfach die Leidenschaft nach bzw. verlagerte sich auf andere Bereiche. Sabine begann zu malen. Was heißt “begann”, sie hat schon immer gemalt, aber es wurde halt immer mehr in punkto Aufträge, Ausstellungen etc. Bei mir haben spätestens seit 2007 die Workshops einen sehr großen Raum eingenommen. Wenn man auf der einen Seite tolles Feedback und Aufmerksamkeit erhält und es leicht geht, während die andere Seite – sprich: das Duo – stagniert, dann ist es irgendwann nur noch die Frage der Zeit. Wir haben uns dann auf dem Rückweg eines Gigs in Dresden im Auto ehrlich angeschaut und gesagt, was los ist. Wir hatten beide Angst, den anderen zu verletzen, doch glücklicherweise haben wir das Gleiche gefühlt und waren danach sehr erleichtert. Also war 2008 Schluss. Vorerst zumindest!

Bassist Markus Setzer
(Foto: © Sigi Baramsky)

Langweilig dürfte es dir dennoch nicht geworden sein, denn die deutschlandweiten Bassworkshops in Musikhäusern, Kulturvereinen etc. nahmen ja immer mehr Platz ein. Außerdem hast du in Hamburg eine Bassausbildung ins Leben gerufen, die “Bass Akademie”. Und eine Basskolumne in “Gitarre & Bass” schreibst du ja schließlich auch noch. Das Unterrichten bzw. Weitergeben von Wissen scheint dir also durchaus zu liegen!

Markus Setzer: 2017 feiere ich mein 20jähriges Bassworkshop-Jubiläum! Vielleicht sollte ich dazu ein T-Shirt rausbringen und ne Party feiern, mit Feuerwerk und so. Nein, Scherz! Ja, “langweilig” ist ein Wort, das ich nicht so richtig kenne. Ich habe täglich zig Ideen, wovon aber nur wenige geboren werden. Ich mag, es neue Sachen auszuprobieren. Und wenn auf dem Workshop der Micha fragt: “Hey, wieso machst du nicht mal eine ganze Woche einen Workshop, ich hätte da ne Idee für einen Raum am Bodensee!”, und ich die Idee interessant finde, dann probiere ich das halt aus. Ich war schon immer ein Macher! Mitmachen ist nicht so meins, außer man lässt mich machen. Wenn man mich verdrehen oder komprimieren will, dann funktioniert es nicht mehr! Und ja, ich unterrichte total gerne. Ich hatte zwischendurch mal eine Phase, da wurde es mir ein wenig zu viel. Aber ich habe das einfach wieder in die Balance gebracht. Darauf achte ich seitdem sehr stark!

Hast du relativ früh bemerkt, dass du dein Wissen gerne mit anderen Leuten teilst? Bei nicht wenigen Musikern ist das Unterrichten ja eher ein notwendiger Broterwerb!

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Markus Setzer: “Notwendiger Broterwerb” ist ein spannendes Thema – egal, welchen Job man macht. Ich weiß, dass es eine radikale Sichtweise ist, aber ich würde nie etwas machen, was mir keinen Spaß macht. OK, Buchhaltung und Steuer muss man halt machen, da kommt keiner drum herum. Haushalt, Staubsaugen … OK, anderes Thema! Aber einen Job zu machen, den ich nicht mag – das könnte ich nicht! Ich kann nur jedem empfehlen, der nicht gerne unterrichtet, Bus fährt oder Menschen operiert: Lasst es sein! Es tut einem nicht gut, und den anderen auch nicht! Ich habe die Überzeugung, dass jeder etwas hat, was ihm oder ihr total Spaß macht. Es ist vielleicht nicht immer gesellschaftskonform oder wahnsinnig lukrativ, aber darum darf es in meinen Augen auch nicht gehen. Man sollte Bock drauf haben und Spaß dran haben, ansonsten ist das Leben zu kurz. Manchmal muss man halt etwas länger suchen oder etwas machen, was vielleicht nicht in das Format und die Vorstellung der Menschen passt. Ich sage nicht, dass das ein leichter Weg ist oder dass es einfach ist, seine Berufung zu finden. Das kann ein schwerer Weg sein, der mit vielen Entbehrungen verbunden ist. Bei mir war das auch nicht anders: Meine Eltern haben mich nur kopfschüttelnd angeschaut! Meinen Klavierunterricht haben sie brav bezahlt, aber glaub mal nicht, dass das Bassspielen unterstützt wurde. Ich war deswegen ziemlich lange sauer auf die beiden. Mittlerweile weiß ich aber, dass das “mein” Weg war. Das war gut so und hat mich von Anfang an überprüft: Willst du das wirklich? Das, was alle machen, oder was wir tun, weil es andere gut finden, ist für den Einzelnen meist nur frustrierend. Ich habe auch schmerzliche Erfahrungen machen müssen. Manchmal zerplatzen Bilder und Träume, die man lange mit sich herumgeschleppt hat. Bilder, über die man sich lange definiert hat! Und wenn diese Bilder, die man lange von sich hatte, sich plötzlich in Luft auflösen oder als falsch herausstellen, kann das sehr weh tun. Das habe ich gerade in 2016 auch wieder mal erlebt. Wenn man seins finden will, muss man durch eine gewisse Angst gehen. Die kann sich für jeden ganz anders anfühlen. Aber da muss man durch, wie durch einen Geburtskanal, erst dann kann sich etwas Neues auftun. Wie gesagt, ist ja nur meine Meinung. Meinen ersten Unterricht habe ich mit 17 gegeben. Das kann ich aus heutiger Sicht allerdings nicht wirklich Unterricht nennen, weil zwei Nachbarsjungen zu mir kamen, die Songs rausgehört haben wollten. Die saßen also bei mir im “Kinderzimmer” und ich habe denen ihre Lieblingssongs rausgehört. Das hat natürlich keinen Mehrwert, der Schüler lernt ja im Grunde nichts dabei. Er muss immer wieder zu einem kommen und sich den nächsten Song raushören lassen. Furchtbar, aber so ging das halt los … Ich habe das Unterrichten auch nie als nervig oder niedere Arbeit empfunden. Ich bin immer wieder auf Kollegen getroffen, die mich fragten, wieso ich mir das antue. Ich habe da immer nur gedacht, dass jeder Mensch ja in dem anderen nur sich selbst sehen kann. Will sagen: SIE haben keine Lust auf das Unterrichten! Das ist voll OK! Das Problem vieler Menschen ist, dass sie ihre Bilder auf alle übertragen wollen. Am Ende meist nur deswegen, um sich zu versichern, dass sie selbst das vermeintlich Richtige tun. Aber “das Richtige” gibt es nun einmal nicht! Es gibt nur das Richtige für mich, für dich, für Lieschen Müller. Alle wollten und wollen natürlich Rockstars sein, ohne zu wissen, was das wirklich bedeutet. Warum? Weil das Marketing und die Werbung einem verspricht, dass dann alles super ist! Aber was Rockstar sein wirklich bedeutet, wissen die meisten überhaupt nicht, wenn sie anfangen, Musik zu machen. Sie schauen sich die tollen Bilder und Videos an und wollen das auch machen oder haben. “Der sieht so cool aus, wenn er Gitarre spielt und dabei eine raucht!” Ist doch total verständlich, dass man das mit 16, 18 oder 20 noch glaubt. Aber mit 35 oder 40 auch noch? Also bitte! Unterrichten fanden viele total uncool, ich habe das aber nie verstanden. Schon damals nicht, weil ich meine Miete bezahlen konnte und immer meinen Tank füllen konnte. Das Unterrichten macht mich bis heute total unabhängig! Und in das Gesicht eines Menschen zu blicken, wenn er plötzlich seine Lieblingsbasslinie spielen kann oder gerade Slappen gelernt hat … oder die tiefe E-Saite macht unter seinem Daumen “BOOOOOOOM!”, weil er endlich die Bewegung drauf hat, und er bekommt das Grinsen nicht aus dem Gesicht – das ist das pure Glück, ich finde das toll! Am liebsten sind mir aber die Momente, wenn jemand, der irgendwo gehört, hat er sei “unmusikalisch” – wahrscheinlich von einem Lehrer, der seinen Job als “notwendigen Broterwerb” sieht – ganz direkt erfährt, dass ihm da einer Scheiße erzählt hat! Nehmen wir z.B. einen meiner Workshops: Wenn wir alle zusammen ein Bassorchester bilden und der vermeintlich Unmusikalische spielt mit! Er ist ein Teil der Gruppe, er ist ein Teil dieser tollen Musik, die da erklingt! Das ist pure Heilung – und ich darf das erleben. Da bin ich immer wieder so was von demütig und denke einfach nur: DANKE!

Markus Setzer
(Foto: © Gehape)

Erzähl mal von deiner “Bass Akademie”. Wie kam es zu der Idee? Musstest du z.B. bürokratische Hürden nehmen?

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Markus Setzer: Ich habe für die Bass Akademie keine staatliche Anerkennung, die möchte ich auch gar nicht haben. Mit dem Begriff “Staatliche Anerkennung” sind für mich Bedingungen verbunden, die ich nicht erfüllen möchte! Die “Bass Akademie”, das ist Markus, der Unterricht gibt, auf seine ganz eigene Weise. Ich bin sozusagen eine Einzelkämpfer-Privatschule, ohne eine Schule zu sein. Ich als Markus biete verschiedene Formate an. Das beginnt beim Einzel-Coaching, also einer persönlichen Bassstunde, bis hin zur zweijährigen Bass-Ausbildung. Und es steht immer eins im Mittelpunkt: der Lernende! Bei mir gibt es keine Subs, also Ersatzlehrer, die meine Stunde übernehmen, wenn ich mit Künstler XY auf Tour bin. Die Bass Akademie ist meine #1, das ist mein Arbeitsplatz, den ich mir selbst geschaffen habe! Ich mache immer ein Jahr im voraus die Termine für die Wochenenden meiner Ausbildungsgruppen und dann kann kommen was oder wer will, diese Termine sind weder absagbar noch verschiebbar. Außerdem gibt es bei mir auch keine Formatierung: Tag 1, Buch 1, Seite 1, Übung 1, Tag 2, Buch 1, Seite 2, Übung 2 … das habe ich schon bei meinen Ferienjobs mit 14 gehasst. Du weißt, was als nächstes kommt: genormter Unterricht! FURCHTBAR!!! Das macht doch alles kaputt! Ich möchte jeden individuell abholen. Wo steht der Einzelne, wo will er hin, wie tickt er? Was ist sie oder er für ein Lerntyp? Wie kann ich sie oder ihn erreichen? Das finde ich total spannend. Das, was ich gar nicht spannend finde, ich das Vorhersehbare, denn ich langweile mich so schnell! (lacht) Ich habe in meiner Akademie die volle Palette an Teilnehmern vom blutigen Anfänger bis zum Vollprofi, der schon 25 Jahre sein Geld mit Bassspielen verdient und einen Hochschulabschluss hat, vom 18jährigen Abiturienten bis zum Rentner – alle dabei! Bei mir gibt es genau eine Voraussetzung: “Hast Du Bock? Dann sei dabei!” Meine Aufnahmeprüfung ist nicht dazu da, um auszuchecken, ob die Leute Dur von Moll unterscheiden können oder mir ne Zwischendominante erklären können. Ich will den Menschen kennenlernen und wissen, wohin sie oder er will. Die Chemie zwischen Lehrer und Schüler ist doch eminent wichtig. Wenn wir uns riechen können und vielleicht sogar mögen, ist das die beste Voraussetzung, um gemeinsam einen Weg zu gehen und um etwas zu lernen. Also komm zu mir, um etwas zu lernen. Du musst nichts können!

Das ist eine schöne Philosophie, Markus, und ich kann mir denken, dass dieses Angebot gerne angenommen wird! Kann man denn die Bassausbildung z.B. als Berufstätiger mit Familie unter einen Hut bekommen? Wenn ja: wie?

Markus Setzer: Ja, meine Bass-Ausbildung habe ich exakt für dieses Klientel konzipiert! Deswegen findet der Unterricht alle zwei Monate an einem Wochenende statt. Das kann jeder planen. Jeder studiert seine Themen in seinem Tempo und an den Wochenenden befruchtet sich die Gruppe in all ihrer Dynamik in meinem Studio in Hamburg. Da sitzen die unterschiedlichsten Menschen zusammen und profitieren voneinander. Der eine spielt super, der andere kann noch wenig, ist als Mensch aber schon sehr, sehr weit. Und plötzlich merkt der Vollprofi mit all seiner Routine, dass er von dem Anfänger total viel lernen kann. Herrlich, ich liebe das! Es gibt ja auch beim Unterricht nehmen so viel Vorurteile! Ich höre dann Fragen wie: “Wie bekommst du die unterschiedlichen Level unter einen Hut?” oder “Wie viele Teilnehmer sind dabei?” Das suggeriert stets: “Je weniger Teilnehmer, desto besser, dann bekomme ich mehr ab!” Die Leute denken immer, sie lernen nur von dem Deppen, der da vorne sitzt – also mir – und unterschätzen total, dass sie von Max Mustermann, der neben ihnen sitzt, plötzlich möglicherweise die Weisheit für ihr Leben mitbekommen. Wenn man etwas lernen möchte, sollte man sich öffnen, in jede Richtung! Die Frage nach dem “Wie bekomme ich das mit meiner Familie und Arbeit unter einen Hut?” versuche ich mit jedem Einzeln zu erörtern. Dazu gilt es herauszufinden: Wann bin ich fit? Was soll ich überhaupt üben? Wann kann ich üben? Wie schaffe ich mir Freiraum, etc. Auch da gibt es keine 08/15-Formel, aber eins ist klar: Jeder hat mehr Zeit zum Üben und Lernen, als er glaubt! Zeit ist heutzutage das wertvollste Gut.

Was mich noch interessieren würde: Merkst du eigentlich, dass du als Anbieter von Basskursen und Autor dreier Lehr-DVDs mit den vielen Umsonst-Angeboten im Internet in Konkurrenz stehst? Leute wie Scott Devine bringen ihren Unterricht seit geraumer Zeit sehr erfolgreich international umsonst unter die Leute. Stellt man da fest, dass die Leute ziemlich satt sind? Etwa, was das Rekrutieren von Workshop-Teilnehmern oder den Verkauf von DVDs angeht?

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Markus Setzer: Bei den DVDs merke ich das, ja. Die sind ja auch nur auf Deutsch erhältlich und haben sich anfangs sehr gut verkauft. Seit einigen Jahren geht das aber zurück. Einerseits, weil der Markt natürlich total begrenzt ist. Aber die Technik hat sich auch enorm weiterentwickelt. Man denke nur an HD-Bildqualität etc. Und durch die ganzen YouTube-Kanäle und Angebote verkaufen sich meine DVDs logischerweise nicht mehr so gut. Aber das ist OK, ich verstehe das total und würde es auch nicht anders machen als Verbraucher. Ich bin nicht jemand, der stehen bleibt und sich darüber beklagt, dass früher alles besser war! (lacht) Ich habe es schon immer als spannende Herausforderung empfunden, mich umzuorientieren, neue Wege zu gehen und Neues auszuprobieren, denn ich war schon immer neugierig. Ich kann meine Energie damit verschwenden, mich über AppleMusic und Spotify zu beschweren und darüber, dass ich nicht an jeder Straßenecke für 500,- Euro Gage einen Gig spielen kann. Oder ich kann meine Energie benutzen, positiv zu denken und mir eine neue Nische suchen. Jeder Mensch hat zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit, sich zu entscheiden. Das ist doch das Tolle an der Dualität. Ich finde das spannend! Aber auf der anderen Seite ist es doch total klar, dass eine DVD oder ein YouTube-Abo nicht einen echten Lehrer ersetzen kann. Das Entscheidende ist doch immer noch der Lehrer als Spiegel, und das kann kein Medium dieser Welt leisten. Unbewusste Inkompetenz in bewusste Inkompetenz umwandeln und am besten viele Wege aufzeigen, wie man daran mit Spaß arbeiten und sich entwickeln kann. Das ist das, was ich auch immer wieder von meinen Teilnehmern höre: Alles schön und gut mit diesem YouTube-Kanälen, ich kenne jede Skala und weiß viel. Aber es ist einfach nicht nachhaltig, tiefgehend und schon gar nicht individuell! Das Wissen steht im Netz, aber das wie, was, wann und warum meist nicht – schon gar nicht optimiert für den Einzelnen. Ich bin aber auch nicht eifersüchtig oder so, was andere Lehrer angeht. Ich finde es absolut sinnvoll, sich verschiedene Meinungen einzuholen. Das sage ich all meinen Teilnehmern: Geht auch zu anderen Lehrern und holt euch andere Perspektiven ab! Das ist ganz wichtig! Und vergesst nie kritisch zu sein! Wenn euch ein Lehrer sagt: Mach mal diese Übung: Fragt immer: “Warum? Was ist das Ziel? Wieso und wofür brauche ich das?” Seid kritisch!

Bassist Markus Setzer
(Foto: © Sigi Baramsky)

Das Business hat sich ja in den letzten Jahren ziemlich verändert: Liveclubs sterben, es gibt kaum noch Vorschüsse von Plattenfirmen. Jeder ist sich selbst der nächste und sein eigener Herr, was zweifellos Fluch und Segen zugleich ist. Da du ja viele junge Bassisten eine Zeitlang auf ihrem Weg begleitest: Kannst du denen mit Überzeugung zu einer Karriere als Musiker raten?

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Markus Setzer: Ich habe noch nie einen Vorschuss einer Plattenfirma bekommen! Ich hätte fast mal in einer Band gespielt, die 100.000,- Mark Vorschuss von einem Verlag bekommen hat. Das fand ich voll super! Es gab die Audition und dann musste ich für mich leider feststellen, dass das einfach nicht meine Musik war. Ich bin da sehr konsequent! Zur Gesamtsituation habe ich ja schon einiges gesagt: Kein Einzelner kann die Entwicklung aufhalten. Musik entwertet sich selbst und wird mehr und mehr entwertet. Anstatt zu klagen, könnte man es als Herausforderung nehmen. Wir sind doch Musiker, Kreative – also seid bitte kreativ! Und ich kann nur jedem raten, genau das zu tun, was ihn glücklich macht. Wenn du Musiker sein willst, weil es dir um “auf Tour sein” geht oder darum, ein Rockstar zu sein: Lass es! Wenn du Musik liebst: Go for it! Und niemals vergessen: Du bist dann Selbst-Ständig! (lacht) Man muss es halt wirklich wollen. Ich führe manchmal mit meinen Studenten interessante Diskussionen. Da geht es dann z.B. um so einen einfachen Sachverhalt. Markus zum Studenten: “Bist du dir wirklich sicher, dass du alles dafür geben möchtest, Musiker zu sein?” Student: “Ja klar!” Markus: “Warum beklagst du dich dann über so Kleinigkeiten, wie das Gewicht eines Bass-Verstärkers? Wenn du nicht bereit bist, fünf Minuten einen Verstärker vom Auto auf die Bühne zu tragen, um drei Stunden maximalen Spaß zu haben, bin ich mir nicht sicher, ob du das wirklich möchtest!” Es mag sich reduziert und vereinfacht anhören, aber solche Sachen sollte man sich fragen. Wir diskutieren über Bass-Topteile, die drei Kilo wiegen. Und dann sagt einer: “Das wiegt aber fünf Kilo, das ist mir zu schwer!” Und nimmt lieber eins, was billiger ist, scheiße klingt und rauscht, nur um weniger tragen zu müssen. Ich prophezeie solchen “Musikern”, dass sie es nicht weit bringen werden, weil beim Selbstständig sein noch ganz andere Unwägbarkeiten warten als ein 5-Kilo-Amp. Ich kann auch nur jedem Einzelnen den Tipp geben, genau zu überprüfen, wie sie oder er tickt. Mache ich alles selbst, oder bin ich eher ein Mitmacher? Wo sehe ich mich? Als Dienstleister? Im Orchestergraben? Als Bandleader? An der Musikschule? Das alles ist bitte ohne Wertung zu verstehen! Es gibt Menschen, die brauchen Sicherheit, um stressfrei leben zu können. Wenn du das für dich feststellst, dann versuche dir – wenn irgend möglich – Sicherheit zu schaffen. Ich habe für mich festgestellt, dass ich Freiheit brauche. Ich möchte selber gestalten, dann bin ich am besten. Auch im Team, sprich: in der Band. Wenn da einer ist, der meint, alles kontrollieren zu müssen und jeden unter der Fuchtel zu haben, ist mein direkter Weg der zum nächsten Ausgang. Egal, was das Bankkonto gerade sagt und egal, was da gerade auf dem Spiel steht. Ich brauche eins ganz gewiss nicht: Nervkram!

Gehen wir noch mal zu REIMER I SETZER zurück, denn 2016 seid ihr wieder tätig geworden und habt auch ein schönes neues Video produziert! Was hat euch bewogen, wieder in dieser Besetzung zu arbeiten?

Markus Setzer: Ganz einfach: Wir hatten wieder Bock drauf! Wir saßen bei einem leckeren Rotwein abends auf dem Sofa und Sabine meinte plötzlich: Ich hätte echt Bock, mal wieder mit dir ein paar Gigs zu machen. Ich fand die Idee super, es hat gleich gekribbelt! Es war mir aber auch schnell klar, dass es etwas Neues sein soll. Sabine wollte auch nicht die alte Suppe wieder aufkochen und wir fragten uns, warum wir nicht einfach unsere Lieblingssongs spielen sollten? Unsere ganz speziellen REIMER I SETZER-Interpretationen. Dann haben wir uns einfach einen Zettel, einen Stift und ich meinen Akustikbass geschnappt, und wir hatten schnell 20 Songs zusammen. Das hat irre Spaß gemacht. Ende April haben wir dann für Freunde und Familie einen kleinen Probegig gemacht – es war einfach toll! Halt genau wie bei einem alten Ehepaar, als ob wir nie weg gewesen wären … nach acht Jahren. Es hat sich einfach richtig angefühlt.

Das neue Video von Sabine Reimer und Markus Setzer:

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Wenn ich mir eure neuen Sachen anhöre, so habe ich das Gefühl, als hättest du da so eine Art “neue Einfachheit” für dich entdeckt. Nicht, dass dein Spiel nicht mehr anspruchsvoll wäre. Aber deine früheren Bass-Begleitungen habe ich spieltechnisch als wesentlich ausgetüftelter in Erinnerung, mit viel mehr Fokus auf Virtuosität. Liege ich da richtig?

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Markus Setzer: Unsere erste Platte ist fast 20 Jahre her. Ich war damals ein ganz anderer Markus und heute begleite ich anders. Damals war ich ein junger Racer, um es mal im “Mopped-Deutsch” zu sagen. Heute bin ich eher ein Cruiser mit einem, sagen wir mal, hin und wieder nervösen rechten Handgelenk. Beides fühlt sich für mich aber genau richtig an! Damals war es genau so richtig wie heute, weil ich es aus meinem momentanen Gefühl und der momentanen Stimmung heraus gemacht habe und mache. Und ich verändere mich ja glücklicherweise ständig. Die Werbung sagt uns ja manchmal: Alles soll so bleiben, wie es ist! Au weia, bitte nicht! (lacht) Aber wirklich: Ich denke beim Musikmachen niemals über Technik nach, sondern versuche das, was ich gerade im Kopf singe, bestmöglich auf mein Griffbrett zu übertragen. Und wenn ich alleine eine Sängerin begleite, brauche ich in meinem Werkzeugkasten eben mehr als nur den herkömmlichen Schraubenzieher. Je mehr Tools da drin sind, mit denen ich bestenfalls auch umgehen kann, desto besser kann ich das umsetzen, was ich gerade im Kopf singe. Und dass das natürlich beeinflusst ist, ist ja klar. Damals eben anders als heute. Aber eine Sache ist wirklich sehr anders: Früher habe ich für jeden Song eine Begleitung gesucht. Wenn ich die gefunden hatte, habe ich immer probiert, die möglichst so umzusetzen und zu spielen. Heute weiß ich genau eins: die Tonart – und los geht es! Wir haben dieses Jahr ca. 20 Gigs gespielt und ich habe nicht einmal einen Song genau gleich gespielt. Ich bin viel mehr im Moment und lasse den Song passieren. Ich improvisiere. Früher war ich viel statischer.

Wird man auch im Jahr 2017 noch neue Musik von REIMER I SETZER hören?

Markus Setzer: Meinst du eigene Kompositionen? Das ist eine spannende Frage. Ich weiß es nicht! Ich weiß, dass wir spielen werden. Wir freuen uns sehr darüber, dass viele Menschen uns nicht vergessen haben, Zuhörer wie Booker. Das ist eine schöne Erfahrung, wenn man hört: “Ach, ich dachte, euch gibt es gar nicht mehr. Schön, dass ihr euch meldet!” Das tut wahnsinnig gut und ich hätte das so niemals erwartet! Ein Zuhörer hat im Herbst nach einem Gig gesagt: “Es gibt ja mittlerweile einige “Bass & Stimme”-Duos, aber ihr seid die Legende.” Das geht natürlich runter wie Butter, auch wenn es seine exklusive Meinung ist. Aber es freut mich wahnsinnig, weil unsere Energie, die wir jahrelang da reingesteckt haben, sich in so einem Satz spiegelt. Wir haben vier CDs gemacht und sind neun Jahre lang getourt, REIMER I SETZER war für uns kein Nebenprojekt! Wir waren REIMER I SETZER und nix anderes! Und wir haben auch schon einige interessante Gigs für nächstes Jahr. Unter anderem auch in Finnland.

Solokonzerte bzw. kleine Duo- und Triobesetzungen scheinen überhaupt sehr dein Ding zu sein: Du hast während der letzten Jahre Auftritte mit deiner eigenen Band gespielt, warst mit deinem Namensvetter, dem Gitarristen Marcus Deml, aktiv, und hast auch mit dem finnischen Gitarristen Antti Paranko Duogigs gespielt. In mannstarken Bands, z.B. mit dickem Bläsersatz, habe ich dich noch nicht bewusst gesehen und gehört. Was reizt dich an diesen kleinen Besetzungen?

Markus Setzer: Es ist einfach mehr Platz da! Und das Musizieren zu zweit hat auch etwas sehr Intimes. In einer Bigband kann ich mich an der Kraft und der Power und dem Gesamtklang erfreuen. Eine Rockband knallt, alles super. Aber diese direkte Kommunikation zu zweit finde ich hoch spannend. Da geht es mit runtergelassener Hose, Nasenspitze an Nasenspitze um alles, um jede Nuance. Das finde ich super!

Markus solo auf der “Holy Grail Guitar Show”:

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Wie handhabst du eigentlich das Thema Booking? Wie organisierst du das Booking und wie konsequent gehst du das Thema an? Oder gibst du diesen Bereich in andere Hände?

Markus Setzer: Wenn es um mich ging oder geht, mein Trio oder REIMER I SETZER, habe ich immer selbst gebooked. Das ist eine Arbeit, die dazugehört und – wenn man Gigs bekommt – auch sehr viel Spaß machen kann. Es ist, wie ich es oben schon gesagt habe: Als Musiker sind wir selbst-ständig! Und booken ist ein bisschen, wie einen SVT oder eine Bugatti schleppen: es gehört dazu. Wenn ich nicht bereit, bin das zu tun, bekomme ich keinen Gig – fertig! Also in erster Linie bin ich Unternehmer. Und dazu gehören dann auch Sachen, die man machen sollte, auch wenn man sie nicht ganz so super findet. Insgesamt betrachtet ist Musiker und Musiklehrer sein genau das, was ich sein und machen möchte. Kleine Kompromisse gehören natürlich dazu, aber davon lasse ich mich nicht abschrecken!

Lass uns mal über dein Equipment sprechen: Du hast im Laufe der Jahre schon mit vielen Herstellern zusammengearbeitet, Yamaha, Magnus Guitars, Warwick, Le Fay – und nun spielst du seit einigen Jahren Bässe des finnischen Herstellers Ruokangas. Eine lange Reise! Wie bist du zuletzt bei diesen Bässen aus Finnland gelandet?

Markus Setzer: Firmenchef Juha und ich sind schon lange befreundet! Das Gute ist, dass wir erst Freunde waren und dann erst angefangen haben, zusammen zu arbeiten. Ich habe ihn auf der Messe in Frankfurt schon 1996 kennengelernt. Und ich habe ihn immer mit der Frage geärgert, warum er nur Kinderbässe baut. Er ist ja selbst Gitarrist und baute ursprünglich auch nur Gitarren. Irgendwann kam er dann tatsächlich mit einem Bass um die Ecke, der mich aus dem Stand umhaute. Ich hatte zu der Zeit nur meinen alten Joseph – meinen Kontrabass – und meinen 71er-Preci. Also fragte ich ihn, ob er sich vorstellen könne, auf Basis dieses “Prototypen” zusammen mit mir ein Instrument zu entwickeln. Das haben wir dann getan. In den letzten fast 30 Jahren habe ich unzählige Bässe gespielt und kann meine Präferenzen so zusammenfassen: Ich mag es, wenn der Bass mich spielen lässt und das umsetzt, was ich ihm vorgebe. Ich mag es nicht, wenn ein Bass einen zu starken und dominanten Eigensound hat oder die Informationen, die ich ihm mit meinen Fingern gebe, nicht gänzlich umsetzen kann. Ein Music Man, ein Höfner Beatles Bass oder ein Ken Smith machen mir kurz Spaß und passen bestimmt auch für gewisse Gelegenheiten, aber auf Dauer ist mir das zu eindimensional. Juhas Instrumente sind etwas ganz Besonderes, weil so unglaublich viel penetrante Liebe zum Detail drin steckt. Und “penetrant” meine ich in diesem Zusammenhang nur positiv! Diese Instrumente sind hochsensibel und machen alles mit, alles! Du kannst sie treten und sie machen es in höchster Qualität mit. Du kannst sie streicheln, und sie werden jedes Detail deines Spiel abbilden. Ich liebe das! Außerdem hat Juha eine Einstellung und Sicht auf das Leben, die mit meiner sehr kongruent ist. Das gesamte Paket macht es dann! Ich würde nie jemandem sagen: Kauf dieses oder jenes Instrument, denn jeder muss seinen eigenen Bass finden. Aber ich kann jedem der auf der Suche ist eins empfehlen: Probiert mal ein Instrument von Juha!

Was für Amps spielst du derzeit? Immer noch Glockenklang?

Markus Setzer: Ja, immer noch. Wie langweilig, oder? Hahaha!

Kein bisschen, die Sachen sind ja auch einfach tierisch! Was schätzt du persönlich denn an dem Equipment von Udo Klempt-Gießing?

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Markus Setzer: Es ist einfach “gut”: Zuverlässig ohne Ende, unkaputtbar, einfachst zu bedienen – und klingt in jeder Band super. Steck einen Bass vorne rein und du hörst den Bass und den Musiker. Steck einen Bass in einen Ampeg und du wirst zu 60% erst einmal Ampeg hören. Diejenigen, die das lieben, sind da genau richtig, ich aber nicht! Und wieder: Bitte nicht als Wertung verstehen, denn es geht ja nur um Geschmack! Stell dir vor, wir würden alle die gleiche Frau oder den gleichen Mann lieben, das gäbe großes Chaos! (lacht) Auch das ist natürlich wie alles in der Musik eine Geschmacksfrage, aber wenn es um schnelle Ansprache, detaillierte Auflösung und einen definierten Ton geht, ist Glockenklang einfach sehr weit vorne. Viele von den anderen Digitalteilen rauschen, immer noch! Damit kann ich nicht umgehen, da bekomme ich Pickel! Und als Beispiel: Jeder Tontechniker, den ich erlebt habe, freut sich, wenn ich ihm sage: Wir können meinen DI nehmen, ich habe einen Glockenklang. Egal, ob im Studio oder auf der Bühne: alle lächeln dann wissend und zufrieden. Beispiel: Ich habe letztes Jahr in einem Bluesrock-Projekt mitgemacht und es hieß immer: Wir brauchen Röhre, wir spielen Bluesrock. Ich dachte mir damals: “Warum eigentlich nicht?”, und habe ein wenig rumprobiert. Im Studio hatte ich letztendlich einen Ampeg SVT aus den 70ern dabei, den ich mir extra angeschafft hatte – und meinen Glockenklang Bass Art. Wir haben glücklicherweise beide Amps aufgenommen. Alle dachten: “Klar, der Ampeg wird es machen!” Nur so viel: Von dem Ampeg ist auf der Platte nicht viel zu hören!

Wie stehst du zum Thema Effekte? Gibt es bestimmte Pedale, die in deinem Setup nicht fehlen dürfen?

Markus Setzer: Bass-Effekte setze ich nur sehr marginal ein. Meine Tonkette ist: Finger-Bass-Kabel-Amp, fertig! Ganz selten setze ich bei Solokonzerten einen Hall und/oder ein Delay ein.

Haben wir noch etwas vergessen? Kabel etc.?

Markus Setzer: Ich finde Rheingold-Kabel toll! Jürgen Weidner von Rheingold hat mir mal eins mitgegeben, und das hat mich wirklich umgehauen. Außerdem spiele ich schon seit der Steinzeit Elixir-Saiten. Außerdem sollten die bonedo-Leser mal die DeeFlexe von HooVi ausprobieren – das lohnt sich! Darf ich noch meine Oma grüßen? (lacht)

Sehr gerne, bonedo ist doch familienfreundlich, haha! Apropos: Sag mal, du bist ja schon seit Jahren freiberuflich tätig. Gleichzeitig bist du aber auch Familienvater – ein gewisses Maß an Sicherheit ist also unabdingbar! Denkt man da mitunter schon mal darüber nach, wie es im nächsten Jahr weitergehen wird? Oder in fünf oder zehn Jahren? Machst du dir derartige Gedanken?

Markus Setzer: Nein! Ich möchte so weder denken, noch handeln! Ich habe in meinem bassistischen Leben einige lukrative Angebote bekommen, von Bands wie auch von Herstellern. Aber das Monetäre siegt bei mir nie über das Gefühl! Meine Lebensqualität wird zu 100% von meinem Gefühl von meinem Herzen bestimmt und nicht von meinem Kontostand. Viele Leute sind finanziell betrachtet reich, aber weil sie etwas tun, was sie nicht fühlen, sind sie eigentlich bettelarm! Ich könnte mich total reduzieren, wenn es mal hart auf hart kommt. Ich hänge nur an sehr wenigen Dingen und schere mich null um sozialen Abstieg. Aber ich denke auch nicht ständig daran. Angst macht eng! Und wenn ich permanent daran denke, dass ich morgen kein Bass mehr spielen kann, weil mir vielleicht etwas passieren könnte, wird es passieren. “Es passiert, was ich denke!” – das ist einer meiner Leitsätze!

Sabine Reimer und Markus Setzer
(Foto: © Heike Duettmann)

Blicken wir doch trotzdem mal nach vorn: Wo siehst du dich in … sagen wir: zehn Jahren?

Markus Setzer: Noch weniger Haare, und die verbliebenen werden wohl komplett weiß sein! Nein, Spaß beiseite: Ich habe keine Ahnung. Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass ich eine “Bass Akademie” haben würde, hätte ich das nicht ahnen können. Ich bin gespannt und offen und freue mich auf das, was kommen wird!

Aber denkst du als Musiker eigentlich an das Thema Altersvorsorge?

Markus Setzer: Klar! Jeder klar denkende Freiberufler sollte das meiner Meinung nach tun! Wir haben uns vor Jahren z.B. eine Wohnung in Hamburg gekauft. Wenn ich meinen jährlichen Brief von der BFA bekomme, musste ich vor Jahren noch schmunzeln. Mittlerweile denke ich nur noch: “Ach, herrje!” Aber ich denke, dass geht sicher den meisten Single-Selbständigen so. Ich bin wirklich kein Sicherheitsfanatiker, aber daran denke ich schon und versuche so gut es geht ein wenig vorzusorgen.

Zurück zur Musik! Welche Bassisten haben dich in jungen Jahren geprägt? Und hast du heute noch “Vorbilder”? Oder Leute, die du dir generell noch sehr gerne anhörst?

Markus Setzer: Steve Harris war mein erster Hero, ganz klar! Die erste Platte, die ich komplett durchspielen konnte, war “Live After Death”, das Doppel-Livealbum! Dann muss ich unbedingt John Paul Jones nennen von Led Zeppelin, Geddy Lee von Rush, Chris Squire von Yes, Billy Sheehan und Marcus Miller. Ich muss gestehen, dass ich zu Jaco Pastorius erst viel später kam. Ich konnte mit ihm lange nicht wirklich etwas anfangen. Mit Mark King habe ich das Slappen gelernt und es später mit Miller und Victor Wooten erweitert. Ich habe mich aber wirklich nie nur an Bassisten orientiert. Ich fand schon bei Geddy Lee und John Paul Jones toll, dass sie auch Keyboards gespielt haben. Ich habe immer das rausgehört, was sich für mich toll anhörte oder was mich einfach interessiert hat. Ich bin z.B. ein Riesenfan von Chick Corea und John Scofield. Die Krönung aber ist für mich Zappa! Ich habe von keinem Interpreten so viele Platten wie von ihm. OK, es hat aber auch keiner so viele gemacht wie er! (lacht)

Wie würdest du deinen heutigen Personalstil beschreiben?

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Play-Alike Bass-Edition – Bass Workshop

Markus Setzer: Offen! Ohne Scheiß, ich spiele so viel Musik gerne und bin überhaupt nicht auf irgendwas festgelegt. Ich habe wirklich zu fast jeder Art von Musik gleich etwas im Kopf, was ich gerne spielen würden wollte. Das kann Reggae genauso sein wie Bluesrock oder Latin-Jazz. Es gibt keine schlechte Musik, nur schlechte Musiker – ist nicht von mir, ist von Zappa! Meine Wurzeln liegen aber klar im Rock. Aber ich kann mir auch vorstellen und hätte großen Spaß daran, bei Incognito, Erykah Badu oder Stevie Wonder zu spielen, den finde ich hammermäßig! Ich würde natürlich in jeder Band anders spielen, aber was dann das “Markusmäßige” ausmacht, wüsste ich gar nicht. Auf jeden Fall sicher die Musikalität! Ich denke, die Eigenständigkeit und Melodie in der Basslinie. Aber ich habe weder “den” Sound noch “den” Stil – leider und Gott sei Dank! Ich habe in den letzten Jahren Bluesrock, Classic Rock, Fusion, Funk, Soul, Jazz und unser Duo gespielt. Ich versuche immer darauf zu hören, was die Musik braucht, und setze das dann auf meine Art um. Das sind dann manchmal Achtel, manchmal eine geshuffelte Linie, manchmal Akkorde – je nachdem, was gerade angesagt ist!

Du hast uns für den Workshopteil dieses Interviews einige Beispiele deines Könnens mitgebracht. Was sind das für Beispiele im Einzelnen?

Beispiel 1: “Confident”

Markus Setzer: Ich mag das Akkordspiel auf dem Bass sehr. “Confident”, der Opener meiner Solo-CD “_Shades”, ist hierfür ein gutes Beispiel. Wie ich konzeptionell an das Harmonisieren und das Akkord- und Melodie-Spiel auf dem Bass herangehe, erzähle ich im Video.

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Beispiel 2: “Fano”

Markus Setzer: Basstöne mit Flageoletts zu kombinieren, finde ich auch sehr spannend. Bei “Fano”, ebenfalls einem Song von “_Shades”, zeige ich im Video, wie ich diese Dinge genau umsetze:

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Beispiel 3: “Play Bass”

Markus Setzer: Seit ich Ende der 80er-Jahre Mark King zum ersten Mal gehört habe, finde ich das Slappen klasse! Bei meinem Song “Play Bass”, den ich das erste Mal für meine Lehr-DVD “Discover Your Groove 1.0” aufgenommen habe, setze ich diese Spieltechnik ein. Kombiniert mit ein paar mit der Strumming-Technik gespielten Akkorden ergibt sich der “Play Bass”-Groove. Einzelheiten gibt es hier im Video:

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Vielen Dank für diese Einsichten in deinen Stil, Markus! Gibt es eigentlich Kollegen aus der hiesigen Szene, die du schätzt oder dir gerne anhörst?

Markus Setzer: Ich höre in letzter Zeit sehr wenig Musik. Ich bin natürlich durch meine Studenten und Schüler immer up to date und bekomme so sehr viel unterschiedliche Musik mit, aber mich bewusst hinsetzen und Musik hören tue ich schon länger gar nicht mehr. Bei Kollegen aus der hiesigen Szene fallen mir Benny Greb und Henrik Freischlader ein. Was die beiden machen, finde ich toll! Mit Benny habe ich ja schon ein paar Mal zusammengearbeitet. Mit Henrik hatte ich noch nicht die Ehre. Er spielt ja gerade mit Alex Grube zusammen und das kann ich sehr gut verstehen. Ein Hammerbassist! Finde ich toll, wie der groovt!

2013 hast du eine sehr schöne Solo-CD namens “_Shades” aufgenommen, die von getragenen, atmosphärischen Kompositionen dominiert wird. Mir hat diese Seite von dir damals sehr gut gefallen. Wird es davon irgendwann noch einmal eine Fortsetzung geben?

Markus Setzer: Dankeschön! Die Frau eines meiner Studenten hat mich nach dem Hören der CD gefragt, ob ich ein melancholischer Mensch sei oder Depressionen habe. “_Shades” ist sicher ein untypisches Bassalbum: Ruhig, langsam, und die Melodie steht immer im Fokus. Kein Slapgewitter usw. Das waren einfach Songs, die raus wollten. Ich habe noch einige Songs auf meinen Festplatten und vielleicht, wenn der Moment passt, nehme ich mal wieder welche auf. Gute Idee eigentlich!

Hier könnt ihr ein Medley aus Markus Setzers Solo-CD “_Shades” hören:

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Meines Wissens hast du damals sogar einige Solokonzerte gegeben, als du die CD vorgestellt hast. Das bringt mich zu der Frage: Hast du eigentlich noch Lampenfieber vor manchen Gigs? Oder bei deinen Workshops?

Markus Setzer: Das ist eine spannende Frage, weil ich das eigentlich nicht kenne. Schon ganz früher, als kleiner Stöpsel bei den Klaviervorspielen habe ich das nicht gehabt. Ich kenne Anspannung und Freude vor den Gigs, aber Angst kenne ich nicht. Einmal hatte ich allerdings eine echt krasse Erfahrung: Das war der erste BassDay, den Sabine und ich gespielt hatten, 2001 in Venlo. Da standen 300 Holländer mit verschränkten Armen im Publikum und wollten hören, was der Typ da mit seinem Sechssaiter so anzubieten hat. Ich war eigentlich beim Gig total entspannt und es hat richtig Spaß gemacht. Aber nachts bin ich schweißgebadet aufgewacht und hatte Fieber. Ich musste da wohl erstmal ein bisschen was verarbeiten! (lacht) Morgens war aber alles wieder gut!

Eines deiner jüngsten Projekte hört auf den Namen “BassNav”; eine von dir entwickelte App. Was ist Bassnav und für wen ist es interessant?

Markus Setzer: BassNav ist ein Nachschlagewerk für alle möglichen Töne, Intervalle, Pentatoniken, Skalen und Akkorde. Also eigentlich eine Grifftabelle, nur eben in App-Form und mit Sound. Der User kann sich an jeder Stelle seines Griffbrettes das anzeigen lassen, was er gerne spielen möchte, wissen möchte oder erfahren möchte – und kann sich immer gleich alles anhören, was er sucht und sich anzeigen lässt. Das große Plus ist, dass man sich seinen Bass konfigurieren kann und alles auf “seinem” Griffbrett darstellen lassen kann. Egal, ob Vier-, Fünf- oder Sechssaiter, Fünfer mit hoher C-Saite, Viersaiter von B bis D, usw. Und es gibt ein großes Exercises Chapter, in dem der User bewusst lernen kann und sich überprüfen kann. Da werden dann z.B. Skalen angezeigt, bei denen bestimmte Töne fehlen, die der User ergänzen muss. BassNav zeigt dann die Lösungen. Ich werde BassNav gemeinsam mit meinem Team weiter ausbauen und weitere Features und Übungen einbauen. Ich habe noch viele Ideen, was der User mit BassNav alles üben und erfahren kann. Aber schaut doch einfach mal auf meiner Website vorbei, da gibt es einen tollen Info-Text!

Was treibst du, wenn er nicht den Bass im Kopf hat? Machst du immer noch viel Yoga?

Markus Setzer: Gar nicht mehr, 2008 habe ich den Kontakt zum Yoga verloren. Einen Ausgleich zu schaffen ist für mich aber trotzdem sehr wichtig. Früher habe ich alles gnadenlos durchgezogen, 24/7! Heute achte ich besser auf mich und auch darauf, dass ich ausreichend Pausen einlege. Dann setze ich mich auf mein Mopped – ich habe eine Reise-Enduro – und “bin dann mal weg!” Ich liebe es auch, am Meer zu sein, oder im Wald. Dann aber eher und sehr gerne zu Fuß. Um fit zu bleiben, laufe ich und mache meine Übungen.

Hast du für 2017 schon Pläne geschmiedet? Was erwartet uns von dir in der nahen Zukunft?

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Workshop: Kreativ E-Bass üben

Markus Setzer: Ja, 2017 starte ich mit meinem neuen Format: der Fern-Bass-Akademie. Ich habe durch meine Erfahrungen mit den “Bass-Akademikern” eine sehr gute Fern-Unterricht Methode entwickelt, die wirklich gut funktioniert. Eigentlich habe ich mich ja seit Jahren gegen Skype- und Fernunterricht gewehrt, habe mich aber durch das positive Feedback meiner Akademiker überzeugen lassen. In der zweijährigen Ausbildung sehen wir uns ja alle zwei Monate für ein komplettes Wochenende in Hamburg. Dazwischen betreue ich meine Teilnehmer mit Videos, Rhythmusdiktaten etc. Und dadurch, dass sie mir gespiegelt haben, dass sie diesen Unterricht als Ergänzung sehr wertvoll finden, habe ich mich breitschlagen lassen. Ich habe auch schon viele Interessenten und Anmeldungen und freue mich sehr auf das, was passieren wird und bin sehr gespannt, was daraus noch so alles entstehen wird. Außerdem gibt es an der Bass Akademie ab 2017 einen Masterkurs, also einen fortführenden Jahreskurs, bei dem ich ausnahmsweise Kenntnisse voraussetze. Dort wird es viel um das Musikmachen an sich gehen: Improvisation, Interaktion etc. Außerdem haben wir schon einige Gigs mit REIMER I SETZER … 2017 wird cool, ich habe da ein gutes Gefühl!

Danke für deine Zeit, lieber Markus! Alles Gute für dich und deine Familie!

Markus Setzer: Danke dir, lieber Lars! Dasselbe wünsche ich dir auch und den bonedo-Lesern!

Surftipp zum Thema: www.markussetzer.com

(Foto: © Nico Bizer)
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